OLG München, Beschluss vom 09.01.2019 - 21 U 2834/18
Fundstelle
openJur 2020, 74838
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 01.08.2018, Aktenzeichen 33 O 1574/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.790,52 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sog. "Diesel-Abgasskandal". Der Kläger verlangt die Rückabwicklung des mit der Firma Autohaus ... GmbH in Cloppenburg geschlossenen Kaufvertrages, hilfsweise Schadensersatz infolge eines Wertverlustes seines Fahrzeugs.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 01.08.2018 sowie auf Ziffer I. des Hinweisbeschlusses Bezug genommen. Änderungen oder Ergänzungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen:

1. an den Kläger € 26.790,52 nebst Zinsen von 5% - Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges der Marke Audi Q 5, 2.0 TDI, Fahrgestellnummer ...45.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Rücknahme des Fahrzuges gemäß Ziffer 1 im Annahmeverzug befindet.

Hilfsweise wird beantragt,

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz, mit mindestens € 6.000,00 nebst Zinsen von 5% - Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,

die Berufung zurückzuweisen.

Verwiesen wird ferner auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 01.08.2018, Aktenzeichen 33 O 1574/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen, an dem nach erneuter Überprüfung im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 02.01.2019, Bl. 104 d.A., festgehalten wird. Bezug genommen wird weiter auch auf die Urteilsgründe des Landgerichts.

1. Es verbleibt dabei, dass dem Kläger bei der hier vorliegenden besonderen Fallkonstellation weder ein Rückabwicklungsanspruch noch ein Schadensersatzanspruch zusteht. Vertragliche Ansprüche scheiden schon deshalb aus, weil der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht bei der Beklagten gekauft hat, diese lediglich Herstellerin des Fahrzeugs ist. Auch ein deliktischer Anspruch, insbesondere ein solcher aus § 826 BGB, liegt hier nicht vor. Ein solcher Anspruch scheitert - wie im Hinweisbeschluss ausführlich dargelegt - an einem Schädigungsvorsatz der Beklagten, der in der Person des handelnden verfassungsmäßig berufenen Vertreters der Beklagten vorliegen müsste. Da die Beklagte unstreitig bereits im Oktober 2015 eine Internetwebseite geschaltet hat, auf der über die Abgasproblematik informiert worden ist und der Kläger sein Fahrzeug erst am 20.11.2015 erworben hat, scheidet ein Schädigungsvorsatz bei der Beklagten zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Kaufvertragsabschlusses aus. Die Beklagte hat durch die Angaben auf der Internetseite die maßgeblichen Aspekte offengelegt, so dass nicht (mehr) davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte eine Schädigung des Anspruchstellers in ihren Willen aufgenommen, für möglich und billigend in Kauf genommen hat, vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.06.2016, Az. VI ZR 536/15.

2. Auf die Frage der Kausalität, die der Senat im Hinweisbeschluss unter Ziffer 3. erörtert hat, kommt es insoweit nicht mehr entscheidungserheblich an. Es kann deshalb letztlich dahinstehen, ob der Kläger - wie er nunmehr behauptet - zum Zeitpunkt des Pkw-Erwerbs keine Kenntnis von der Abgasproblematik hatte. Lediglich ergänzend ist zu der dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 02.01.2019 beigefügten Erklärung des Klägers selbst anzuführen, dass dieser nur auf einen Teil der zur Verfügung stehenden Informationsmedien Bezug nimmt, nämlich Zeitung und Fernsehen. Gerade als Lkw-Fahrer kommt aber auch eine Information über das Radio in Betracht, die der Kläger in seine Aufzählung nicht mit aufnimmt. Dass der Abgasskandal (zunächst in Bezug auf den VW-Konzern) ab September 2015 Gegenstand einer breiten nationalen wie internationalen Medienberichterstattung war, steht für den Senat außer Zweifel (vgl. auch Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 02.11.2017, vorgelegt als Anlage B 2, sowie der diesbezügliche nicht bestrittene Beklagtenvortrag erster Instanz).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.