OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.06.2020 - OVG 10 N 34.19
Fundstelle
openJur 2020, 74622
  • Rkr:

Fortführung von OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 22. Januar 2019 - OVG 10 N 74.18 -, juris

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. April 2019 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 91.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Errichtung einer Lagerhalle sowie die Aufstellung von Containern zur Vermietung auf dem Grundstück B...Straße2... in Berlin-Pankow, für das keine verbindliche Bauleitplanung besteht. Die westlich des vorgenannten Grundstücks angrenzen Grundstücke sind mit Wohngebäuden bebaut. Der Kläger leitete ein Verfahren zur Erteilung eines Vorbescheides ein, in dem er am 19. April 2017 folgende Fragen stellte:

Errichtung einer Lagerhalle zur Lagerung von gewerblichen Gütern; Errichtung von Lagercontainern zur Vermietung.

Frage 1 gem. BauGB § 34 Abs. 1

Ist die Nutzung einer Halle zur Lagerung von gewerblichen Gütern genehmigungsfähig?

Frage 2 gem. BauGB § 34 Abs. 1

Ist die Errichtung einer Halle an der im Plan eingetragenen Position genehmigungsfähig?

Frage 3 gem. BauGB § 34 Abs. 1

Ist die Nutzung der Lagercontainer zu Zwecken der Einlagerung von gewerblichen und privaten Gütern genehmigungsfähig?

Frage 4 gem. BauGB §34 Abs. 1

Ist die Errichtung der Lagercontainer so wie in dem Lageplan anbei eingezeichnet genehmigungsfähig?

Den Fragen fügte er einen Lageplan bei, in dem insbesondere die geplanten Standorte von 84 "Überseecontainern" und eine Lagerhalle eingezeichnet sind. Der Beklagte wies den Vorbescheidsantrag mit Bescheid vom 31. Januar 2018 zurück, der Sache nach, weil der Antrag mit den eingereichten Unterlagen nicht bescheidungsfähig sei. Der Kläger hatte bereits zuvor Klage erhoben, die er als Verpflichtungsklage fortgeführt hat. Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger allein ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.

Mit den von dem Kläger angeführten Gründen sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht aufgezeigt. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und nicht nur die Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (u.a. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 03. März 2020 - OVG 10 N 41.17 -, juris Rn. 3).

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegt auf Grundlage der Darlegungen des Klägers nicht vor.

Aus den Darlegungen des Klägers, nach denen das Verwaltungsgericht die Anforderungen, die an die Beantragung eines Bauvorbescheides zu stellen seien, überspannt habe und der Antrag des Klägers bescheidungsfähig sei, ergibt sich nicht, dass an der Richtigkeit des Ergebnisses der angegriffenen Entscheidung ernstliche Zweifel bestünden.

Die Erteilung eines Vorbescheides setzte nach § 74 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln a.F. (vgl. auch § 75 BauO Bln n.F.) einen Antrag der Bauherrin oder des Bauherrn zu Einzelfragen des Bauvorhabens voraus. Der Vorbescheid regelt als vorweggenommener Teil der Baugenehmigung einzelne, das Baugenehmigungsverfahren betreffende Fragen verbindlich und abschließend. Er ist, wie die Baugenehmigung, ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt, dessen Inhalt durch den auf Erteilung gerichteten Antrag vorgegeben wird. Dabei müssen sich in diesem Zusammenhang gestellte Fragen auf ein bestimmtes Bauvorhaben beziehen. Es ist Sache des Klägers festzulegen, was das "Vorhaben" und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sowie die der selbstständigen Beurteilung zugängliche Frage sein soll. Der Vorbescheid setzt deshalb einen Antrag des Bauherrn voraus. Aus diesem müssen sich die einzelnen Fragen und das Vorhaben hinreichend bestimmt ergeben (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 22. Januar 2019 - OVG 10 N 74.18 -, juris Rn. 7; Beschluss vom 15. Oktober 2012 - OVG 10 N 43.09 -, juris Rn. 5 m.w.N.). Neben der hinreichend konkreten Bestimmung des Bauvorhabens können weitere Angaben erforderlich sein, um die rechtliche Beurteilung des Bauvorhabens zu ermöglichen. Dies hat zur Folge, dass ein Vorbescheidsantrag insbesondere dann nicht bescheidungsfähig ist, wenn die zur Entscheidung gestellte Frage nicht ohne Kenntnis des Gesamtvorhabens beurteilt werden kann oder die Bauvorlagen eine Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 15. Oktober 2012 - OVG 10 N 43.09 -, juris Rn. 6 m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht hat der Sache nach unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze ausgeführt, dass der Kläger keine bescheidungsfähige Frage beim Beklagten eingereicht habe. Seine Fragen nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Lagerhalle und der Container seien zu unbestimmt für die Erteilung eines Vorbescheides. Die Beurteilung des Vorhabens nach § 34 Abs.1 BauGB sei nicht möglich. So ließen sich aus dem Lageplan weder die Höhe der Lagerhalle noch dessen Eingänge (im Hinblick auf die Anbindung der Halle durch eine wegemäßige Erschließung) entnehmen. Zur Art der Nutzung habe der Kläger weder das Vermietungskonzept für die Container noch die Art der Güter weiter näher konkretisiert. Dem Antrag lasse sich auch nicht entnehmen, mit welchem An- und Abfahrtsverkehr bei dem Vorhaben zu rechnen sei, was insbesondere im Hinblick auf die unmittelbar angrenzenden schutzbedürftigen Gebäude des reinen Wohngebiets für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ausschlaggebend sei.

Diese Beurteilung und Bewertung wird durch das Vorbringen des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Soweit der Kläger meint, das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an die Bestimmtheit des Vorhabens zur Beantragung eines Vorbescheides, trifft dies nicht zu. Die Anforderungen des Verwaltungsgerichts entsprechen den oben genannten Rechtssätzen. Soweit der Kläger weiter vorbringt, das Verwaltungsgericht fordere ein detailliertes Betriebskonzept, ein solches könne er aber erst nach der Klärung der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des Standortes mit den jeweiligen Mietinteressenten der Container entwickeln, berücksichtigt er nicht, dass der Vorbescheidsantrag selbst das Vorhaben auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung hinreichend bestimmt angeben muss. Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der Art der Nutzung ein "Vermietungskonzept" verlangt. Dies ist der Sache nach rechtlich richtig, denn das jeweilige Nutzungskonzept des Vorhabens ist erforderlich, um dieses nach der Art der baulichen Nutzung beurteilen zu können. Aus ihm muss hier insbesondere hervorgehen, ob alle der geplanten 84 Container und die Lagerhalle vermietet werden sollen oder ob nur ein Teil dieser vermietet wird. Nicht hinreichend bestimmt wurde auch, ob die geplante Nutzung auch in der (Zwischen-) Lagerung von (Übersee-) Containern bestehen soll oder ob die Container selbst zur Einlagerung von gewerblichen oder privaten Gütern dienen sollen. Vorgenannte Angaben zum konkreten Nutzungskonzept sind insbesondere für die Beurteilung erforderlich, ob sich das Vorhaben nach Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung, in der sich auch mehrere Wohngebäude befinden, einfügt i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB. Es bedarf nämlich hier der Überprüfung, ob das in der vorgenannten Norm enthaltene Gebot der Rücksichtnahme durch die Nutzungen des Vorhabens gewahrt bleibt. Ziel des Rücksichtnahmegebots ist es nämlich, einander abträgliche Nutzungen in rücksichtsvoller Weise zuzuordnen sowie Spannungen und Störungen zu vermeiden. Vom Nutzungskonzept hängt überdies ab, in welchem Umfang das Vorhaben Lärmimmissionen durch den An- und Abfahrtsverkehr hervorruft. Auch soweit der Kläger behauptet, er müsse nicht angeben, welche Güter in der geplanten Lagerhalle eingelagert werden sollen, trifft dies nicht zu. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass je nachdem welche Art der Güter (z.B. Baumaterial) eingelagert werden, die Frequenz des Anliefer- und Abfuhrverkehrs unterschiedlich sein kann und es darüber auch unter diesem Gesichtspunkt erforderlich ist, im Vorbescheidsantrag Angaben zu machen, wie die wegemäßige Erschließung des Grundstücks im Hinblick auf das Vorhaben konkret erfolgen soll. Letzteres ist für die Beurteilung des Vorhabens von Relevanz, da der Umfang der durch den An- und Abfahrtsverkehr ausgelösten Lärmimmissionen maßgeblich dafür ist, ob der vom Vorhaben ausgehende Lärm die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für die angrenzenden Wohngebäude wahrt.

Soweit der Kläger weiterhin vorträgt, in dem Lageplan seien die geplanten Bruttogeschossflächen des Containerstandorts und die vorgesehene Anzahl angegeben, trifft dies zwar zu. Hierdurch wird zwar das Maß der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB des Vorhabens näher angegeben. Dies ersetzt aber nicht die notwendige Bestimmung des Vorhabens im Hinblick auf dessen konkrete Art der baulichen Nutzung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 9.2 und 9.1.2.6 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (im Internet abrufbar unter http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php), wobei der Senat der nicht beanstandeten erstinstanzlichen Wertfestsetzung folgt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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