LAG Köln, Beschluss vom 27.04.2020 - 11 Ta 51/20
Fundstelle
openJur 2020, 74555
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 Ga 11/20
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 26.03.2020- 3 Ga 11/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Streitwert Beschwerdeverfahren: 29.166,67 € (unverändert)

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um den Inhalt der vertragsgemäßen Beschäftigung des Antragstellers.

Der Antragsteller ist aufgrund Dienstvertrag vom 27.08.2010 bei der Antragsgegnerin, die ein Universitätsklinikum in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts betreibt, seit dem 01.10.2010 als Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie - Schwerpunkt Chirurgie - (UKA) beschäftigt. Seine Dienstaufgaben in der Krankenversorgung der UKA stehen laut Arbeitsvertrag in untrennbarem Zusammenhang mit den Dienstaufgaben in Forschung und Lehre, was seine einschlägige Professur an der Medizinischen Fakultät der R Hochschule A (R ) betrifft. Hinsichtlich der Einzelheiten des Dienstvertrages vom 27.08.2010 wird auf Bl. 10 ff. d. A., wegen der Einzelheiten seines Dienstvertrages mit der R wird auf Bl. 16 ff. d. A. verwiesen.

Neben der Klinik UKA betreibt die Beklagte die Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie mit eigener Klinikleitung (Prof. Dr. H ). Nachdem die Antragsgegnerin ein weiteres Krankenhaus übernommen hatte, das F A (F ), gab es Überlegungen, ein gemeinsames Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie zu schaffen, welches an zwei räumlich getrennten Standorten (Universitätsklinikum einerseits, F andererseits) geschaffen werden sollte. Eine einvernehmliche Lösung zur Umsetzung der Überlegungen unter Einbeziehung der beiden Klinikleiter scheiterte. Unter anderem waren die Grundzüge der Befugnisse der neu zu schaffenden Position des Zentrumskoordinators umstritten.

Nach den Planungen der Antragsgegnerin sollte zum 01.04.2020 die Wirbelsäulenchirurgie der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie zugeordnet werden. Hinsichtlich der Kinderorthopädie ist dies streitig, die im Bereich des Antragstellers zuletzt tätige Oberärztin mit entsprechender Zusatzqualifikation schied zum 31.03.2020 aus, die Nachfolge ist noch nicht geregelt. An der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie arbeiten Kinderorthopäden mit einschlägiger Zusatzqualifikation. Die restliche Klinik UKA sollte im F angesiedelt werden.

Mit dem Antrag auf einstweilige Verfügung wendet sich der Antragsteller gegen die von der Antragsgegnerin betriebene Organisationsänderung und begehrt eine vertragsgemäße Beschäftigung.

Mit Beschluss vom 26.03.2020 (Bl. 358 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne im Ergebnis trotz Zweifel dahin stehen, ob ein Verfügungsanspruch bestehe. Jedenfalls fehle es an einem Verfügungsgrund mangels besonderer Eilbedürftigkeit. Inhalt und Reichweite des Direktionsrechtes seien im Hauptsacheverfahren zu klären. Hinsichtlich der Herauslösung der Wirbelsäulenchirurgie und Zuordnung zur Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie sei mangels selbst durchgeführter Operationen des Antragstellers kein Verlust von Kenntnissen, Qualifikationen, Berechtigungen, Zertifikate oder dergleichen zu befürchten. Die organisatorische Zuordnung könne rückgängig gemacht werden, hinreichende Anhaltspunkte für einen Reputationsverlust seien nicht vorgetragen. Gelenksoperationen könne der Antragsteller weiterhin, wenn auch nicht im Hauptgebäude des Universitätsklinikum, so doch in den Räumlichkeiten des F durchführen. Da die Maßnahme erst zum 01.04.2020 umgesetzt werde, könne noch nicht davon ausgegangen werden, dass die Operationssäle nicht den notwendigen Standard aufweisen würden. Hinsichtlich der Kinderorthopädie könne die Maßnahme rückgängig gemacht werden, sobald den Beteiligten es gelinge, eine Nachfolge für die ausgeschiedene Oberärztin zu finden. Tumor-Operationen könnten weiterhin in den zur Verfügung gestellten Operationskapazitäten des Hauptgebäudes des Klinikums durchgeführt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Beteiligten erster Instanz wird auf I., wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf II. der Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit der am 27.03.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und zugleich begründeten sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag führt der Antragsteller aus, der geltend gemachte Beschäftigungsanspruch sei evident, besondere Anforderungen an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht zu stellen. Der Entzug der Kinderorthopädie und der Wirbelsäulenchirurgie führe zu einem Verlust von mehr als 50 % der Patientenfälle gemessen in Erlösäquivalenten. Eine Reduzierung der Klinik UKA auf die Sektion Gelenkchirurgie/Endoprothetik gefährde die Fortführung wissenschaftlicher Projekte, da durch die Verlegung der Restorthopädie an das F die zwingend erforderliche räumliche Nähe zwischen Klinik und Labor verloren gehe. Zudem hätte die Klinik UKA keinen Zugriff mehr auf die Patienten und Probanden aus den Bereichen der Kinderorthopädie und der Wirbelsäulenchirurgie. Damit seien gravierende Auswirkungen verbunden, denn die Wirbelsäule stelle einen langjährigen Forschungsschwerpunkt dar. Es entstehe eine maximale Verunsicherung bei Patienten und Zuweisern. Aufgrund der wegfallenden Zuständigkeiten sei der Antragsteller nicht mehr in der Lage, die erforderlichen Lerninhalte der Kinderorthopädie und der Wirbelsäulentherapie zu vermitteln. Das F als Tätigkeitsort komme aufgrund seines Zustandes bzw. Ausstattung nur für einen geringen Teil der vom Antragsteller durchzuführenden Operationen in Betracht, Ressourcen und Infrastruktur des F seien unzureichend. In der Konsequenz würden orthopädische Assistenten nur noch wenige Monate ihre Weiterbildung in der "Restorthopädie" verbringen. Die Leistungserbringung im Bereich der verbliebenen Gelenkchirurgie am F sei hochgradig gefährdet. OP-Kapazitäten erhalte die Klinik UKA nur noch in Abhängigkeit von und nach Rücksprache mit der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie. Der Antragsteller könne damit weder den Lehrstuhl noch die Klinik für Orthopädie in Krankenversorgung, Forschung und Lehre glaubhaft nach innen und außen vertreten. Die Umsetzung des Vorhabens der Antragsgegnerin führe zu irreversiblen Nachteilen für den Antragsteller, der Antragsgegnerin hingegen sei die vorübergehende Beibehaltung des Status quo zumutbar.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses

den Antragsteller über den 31.03.2020 hinaus vertragsgerecht als Direktor der Klinik für Orthopädie mit den Schwerpunkten

- Gelenkchirurgie

- Wirbelsäulentherapie und -chirurgie

- Kinderorthopädie

- Tumororthopädie

zu beschäftigen und hierzu insbesondere die erforderlichen OP- und Bettenkapazitäten im Universitätsklinikum - zumindest unter Beibehaltung des Standes der Zuweisung vom 17.02.2020 - sicherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 26.03.2020- Az. 3 Ga 11/20 - aufrechtzuerhalten.

Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres Vortrags erster Instanz. Dem Antragsteller würden keine Qualifikationen oder Berechtigungen verloren gehen. Trotz des Entzugs von Teilbereichen der Klinik UKA werde er unter Beibehaltung der Hierarchieebene als Klinikdirektor weiter beschäftigt. Ein Reputationsverlust sei damit nicht verbunden. Seine eigene Tätigkeit bleibe unverändert, ein erheblicher Renovierungsbedarf beim neuen Tätigkeitsort F hospital bestehe nicht. Die einzige Änderung bestehe darin, dass er nicht mehr letztverantwortlich für die Fachbereiche Wirbelsäulenchirurgie und Kinderorthopädie, letzteres befristet bis zur Neueinstellung eines Kinderorthopäden mit einschlägiger Zusatzqualifikation, sei. Arbeitsvertraglich sei eine Verantwortlichkeit des Antragstellers für den Bereich der Kinderorthopädie nicht geschuldet, der Arbeitsvertrag weise nicht aus, welche Bereiche im Einzelnen der Klinik UKA zugewiesen seien. Die neue Tätigkeit sei auch nicht mit der eines Sektionsleiters vergleichbar, vielmehr seien dem Kläger weiterhin sechs Sektionen jeweils mit Sektionsleitern unterstellt. Würde die bereits erfolgte Umorganisation rückgängig gemacht werden, führe dies zu einer schweren Verunsicherung bei Patienten und Zuweisern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten vom 27.03.2020, 17.04.2020, 20.04.2020 und 23.04.2020 nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, denn sie ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ArbGG statthaft und wurde ordnungsgemäß gemäß § 78 ArbGG i. V. m. § 569 ZPO eingelegt und begründet.

2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdeinstanz sind nicht geeignet, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu rechtfertigen. Der Antragsteller hat jedenfalls einen Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht.

a) Das Arbeitsgericht hat den Verfügungsantrag entsprechend § 133 BGB dahin gehend ausgelegt, dass der zum 17.02.2020 bestehende organisatorische Status quo erhalten bleiben soll und jegliche Änderung an den zugewiesenen Operationssälen und die Bettenverteilung seitens der Antragsgegnerin zur Erfüllung des Beschäftigungsanspruch untersagt werden soll. Diesem Verständnis des Verfügungsantrags sind die Beteiligten nicht, auch nicht im Beschwerdeverfahren, entgegen getreten. Es ist daher der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen.

b) Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis wird aus den §§ 611, 613 i. V. m. § 242 BGB hergeleitet. Er beruht auf der arbeitsvertraglichen Förderungspflicht des Arbeitgebers im Hinblick auf das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG zum Persönlichkeitsschutz (BAG, Urt. v. 09.04.2014 - 10 AZR 637/13 - m. w. N.). Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung oder Gesetz festgelegt sind. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers dient nur der Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, beinhaltet aber nicht das Recht zu einer Änderung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung; eine Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten ist auch dann unzulässig, wenn die bisherige Vergütung fortgezahlt wird (BAG, Urt. v. 24.10.2018 - 10 AZR 19/18 - m. w. N.).

b) Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt voraus, dass Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht worden sind, aus denen sich herleiten lässt, dass eine Entscheidung im Eilverfahren zur Abwehr wesentlicher Nachteile erforderlich ist (§§ 935, 940 ZPO). Wesentliche Nachteile sind bei der im einstweiligen Verfügungsverfahren vorzunehmenden summarischen Überprüfung von Anordnungen und Weisungen des Arbeitgebers nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Allein der Umstand, dass eine möglicherweise vertragswidrige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, reicht hierfür nicht aus. Vielmehr kann vom Vorliegen eines Verfügungsgrundes für eine einstweilige Verfügung, die sich gegen Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Art der Arbeitsleistung richtet, nur dann ausgegangen werden, wenn ein deutlich gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers vorliegt, wie es allenfalls bei erheblichen Gesundheitsgefahren, einer drohenden irreparablen Schädigung der beruflichen Entwicklung, der Reputation oder bei schweren Gewissenskonflikten bestehen kann. Einem Arbeitnehmer ist es in der Regel zuzumuten, einer Versetzungsanordnung oder einer arbeitsvertraglichen Weisung zunächst Folge zu leisten und sodann den Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers in einem Hauptsacheverfahren klären zu lassen. Etwas anderes kann gelten, wenn die arbeitgeberseitige Maßnahme offenkundig rechtswidrig ist (LAG Köln, Urt. v. 24.01.2018 - 11 SaGa 22/17 - m. w. N.). Zudem hat aufgrund der Befriedigungswirkung einer Leistungsverfügung eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der materiellen Rechtslage und Auswirkungen auf die Interessen der Parteien stattzufinden (LAG Köln, Urt. v. 08.07.2015 - 11 SaGa 11/15 - m. w. N.).

c) Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers an das Vorliegen des Verfügungsgrundes im Streitfall keine nur geringen Anforderungen zu stellen sind, sondern erhöhte Anforderungen. Der vom Antragsteller geltend gemachte Inhalt seines Beschäftigungsanspruchs ist nicht evident, sondern eher zweifelhaft. Die zum 01.04.2020 erfolgte Neuorganisation ändert formal nichts an dem Status des Antragstellers, er verbleibt Direktor der UKA und bleibt auch für diverse Sektionen verantwortlich. Die Annahme einer offenkundigen geringerwertigen Tätigkeit ist daher nicht gerechtfertigt. Der abgeschlossene Dienstvertrag beinhaltet weder ausdrücklich eine Beschäftigung mit den Schwerpunkten Wirbelsäulentherapie und -chirurgie und Kinderorthopädie noch eine bestimmte Operations- oder Bettenkapazität an einem bestimmten Ort, hier Universitätsklinikum mit Stand 17.02.2020. Anhaltspunkte für eine Konkretisierung des Beschäftigungsanspruchs auf eine Direktorenposition hinsichtlich einer Klink der Orthopädie mit Ortsbezug und bestimmten Teilbereichen einschließlich einer konkreten Kapazität sind nicht vorgetragen und aus dem Akteninhalt auch nicht ersichtlich. Es ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass sich Arbeitspflichten, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren können und somit das Direktionsrecht beschränken können. Hierzu bedarf es eines Vertrauenstatbestandes des Inhalts, dass aufgrund besonderer Umstände und eines konkludenten Verhaltens des Arbeitgebers der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG, Urt. v. 13.06.2012 - 10 AZR 296/11 - m. w. N.). Allein die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum genügt für die Annahme einer Konkretisierung nicht (BAG, Urt. v. 24.05.2018 - 6 AZR 116/17 - m.w.N.). Darüber hinaus ist zu beachten, dass der endgültigen Ausgliederung des Teilbereichs der Wirbelsäulenchirurgie und der zumindest zeitweisen Ausgliederung des Teilbereichs der Kinderorthopädie eine sachlich begründete unternehmerische Entscheidung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ressourcennutzung bzw. der durchgehenden Versorgung im Bereich der Kinderorthopädie zugrunde liegt, deren Zweckmäßigkeit von den Arbeitsgerichten nicht zu überprüfen ist. Bei der Ausübungskontrolle hinsichtlich der Wahrung des billigen Ermessens bei Maßnahmen des Arbeitgebers kommt dieser ein besonderes Gewicht zu. Das unternehmerische Konzept ist dabei nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Die unternehmerische Entscheidung ist ein zwar wichtiger, aber nicht der alleinige Abwägungsgesichtspunkt. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Belange des Arbeitnehmers entgegenstehen. Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Anordnung rechtfertigt. Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG, Urt. v. 30.11.2016 - 10 AZR 11/16 - m. w. N.).

d) Vor diesem Hintergrund kann dem Abwehrinteresse des Antragstellers nur dann der Vorrang eingeräumt werden, wenn die Umsetzung der unternehmerischen Maßnahmen zu außergewöhnlich schweren, irreparablen Schäden führt. Dies kann auch nach dem Vorbingen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht bejaht werden. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die endgültige Ausgliederung des Teilbereichs der Wirbelsäulenchirurgie einen nicht unerheblichen, dauerhaften Kompetenzverlust für den Antragsteller mit sich bringt. Dies gilt umso mehr als sie mit der jedenfalls vorübergehenden Aufgabenübertragung der Kinderorthopädie an die Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie verbunden ist. Jedoch sind diese Maßnahmen dem Antragsteller vorübergehend zuzumuten, weil die Neuorganisation weder offenkundig noch willkürlich einen etwaigen Beschäftigungsanspruch des Antragstellers als Direktor der Klinik UKA verletzt. Die Gefährdung wissenschaftlicher Projekte ist zwar behauptet, aber nach dem Vortrag des Antragstellers nicht konkret nachvollziehbar. Es bleibt offen, welche konkreten wissenschaftlichen Projekten in welchem Ausmaß und mit welcher Intensität unwiederbringlich gefährdet sind. Die vom Antragsteller beschriebene Gefährdung der wissenschaftlichen Tätigkeit aufgrund räumlicher Entfernung von Klinik und Labor sowie mangelndem Zugriff auf Patienten und Probanden bleibt im Ungefähren. Dies gilt ebenso für die behauptete dauerhafte Beeinträchtigung der Reputation, ein irreparabler Qualifikationsverlust ist nicht dargetan. Die Weiterbildungsermächtigungen des Antragstellers sind weder aktuell noch in naher Zukunft greifbar gefährdet. Der Antragsteller wird weiterhin im Verzeichnis der Ärztekammer mit seinen Weiterbildungsbefugnissen geführt, eine anstehende Änderung dieser Situation aufgrund der Neuorganisation ist nicht substantiiert vorgetragen. Die Unmöglichkeit der Leistungserbringung in den Räumlichkeiten des F wird vom Antragsteller nicht behauptet. Soweit er Mängel in der Ausstattung anspricht, sind diese entweder kurzfristig behebbar oder durch Nutzung der Kapazitäten im Hauptgebäude überbrückbar, so dass die behaupteten grenzwertigen und gefährlichen Situationen für Operateure und Patienten aufgrund angeblicher Mängel bei der operativen Versorgung vermieden werden können. Die dadurch entstehende Abhängigkeit von der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, verbunden mit einer Reputationsminderung, führt nicht zu einem außergewöhnlich nachhaltigen und dauerhaften Schaden des Antragstellers, so dass ihm die damit verbundenen Erschwernisse jedenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum bis zu einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache zumutbar sind.

3. Die Entscheidung erfolgte durch den Vorsitzenden alleine ohne Heranziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 78 Satz 3 ArbGG. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde mit einem Monatsgehalt entsprechend den nicht angegriffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts bemessen.

4. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.