VG Wiesbaden, Urteil vom 17.02.2011 - 5 K 122/09.WI
Fundstelle
openJur 2020, 73941
  • Rkr:

Die Erlaubnispflicht für die gewerbliche Spielvermittlung ist nicht zu beanstanden.

Auch das Internetverbot begegnet keinen verfassungs- und europarechtlichen Bedenken.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, früher eine AG, jetzt eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz in A-Stadt, war seit 1999/2000 als gewerbliche Spielvermittlerin bundesweit im Internet tätig und begehrt in erster Linie die Feststellung, dass sie auch ab 2009 berechtigt ist, zugelassene Lotterieprodukte in Hessen ohne Erlaubnis und ohne Auflagen im Internet zu vermitteln und dafür zu werben.

Auf ihren Antrag hin erhielt die Klägerin mit Bescheid vom 21.12.2007 die Erlaubnis, in Hessen im Jahre 2008 Lotterieverträge der Lotterien "Lotto 6 aus 49", "Spiel 77" und "Super 6" sowie "Glücksspirale" und "ARD-Fernsehlotterie" an die Lotterie-Treuhandgesellschaft Hessen bzw. die Deutsche Fernsehlotterie im Internet zu vermitteln, unter anderem mit der Auflage, den Spielteilnehmer vor Abschluss eines Spielvermittlungs-vertrages zu befragen, ob er sich in Hessen aufhält (die dagegen erhobene Klage im Verfahren 5 K 1370/08 wurde teilweise mit dem hiesigen Verfahren verbunden, soweit ein Feststellungsantrag gestellt wurde, im Übrigen wurde sie nach Erledigung eingestellt).

Mit am 23.09.2008 beim Beklagten eingegangenem Schreiben vom 19.09.2008 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Internet-Vermittlererlaubnis für die gewerbliche Vermittlung der Lotterien "Lotto 6 aus 49" mit Zusatzlotterien, "Spiel 77", "Super 6", "Glücksspirale", "ARD-Fernsehlotterie", "Norddeutsche Klassenlotterie und Süddeutsche Klassenlotterie" an die Lotteriegesellschaften bzw. -veranstalter der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein sowie das Saarland gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) für die Zeit ab dem 1. Januar 2009. Zusätzlich werde die Erlaubnis zur Vermittlung von ODDSET-Sportwetten, KENO und Rubbellosen, soweit diese von den genannten Lotterieveranstaltern angeboten werden, und die Vermittlererlaubnis für die geplante Landeslotterie Euro-und Extralotto, sofern die Lotterie-Treuhandgesellschaft Hessen dafür eine Veranstaltererlaubnis erhalte, beantragt. Der Antrag solle hilfsweise auch für die Spielvermittlung außerhalb des Internets gelten.

Zum Jahresende 2008 gab die Klägerin ihre Tätigkeit im Bereich der Internet-Lottovermittlung auf. Dieser Geschäftsbereich wurde zum 1. Januar 2009 durch die Firma A. mit Sitz in London übernommen. Seit dem 8. Januar 2009 vermittelt die Firma A. sogenannte Zweitlotterien der Firma D., ebenfalls mit Sitz in London. Nachdem bis zum 30. April 2009 die Klägerin zu 100 % an der Firma D. und diese wiederum zu 100 % an der Firma A. beteiligt waren, hat die Klägerin diese Beteiligungsverhältnisse zum 30. April 2009 verändert, um eine sogenannte "Entherrschung" zu erreichen. Seit dem 30. April 2009 ist die Klägerin nur noch mit 40 % an der Firma D. beteiligt; 60 % der Anteile hält die Schweizerische Stiftung "E.", die von der Klägerin gegründet worden ist. Die Firma D.. wiederum ist zu 40 % an Firma A. beteiligt, auch hier gehören die weiteren 60 % der Schweizerischen Stiftung (so die Feststellungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 24.06.2010, Az.: 8 B 2939/09, vorgehend: VG Wiesbaden, Az.: 5 L 591/09).

Mit Bescheid vom 27.01.2009 lehnte der Beklagte die Erlaubnisanträge der Klägerin ab und setzte für diese Entscheidung eine Gebühr von 562,60 € fest. Obwohl die Klägerin bisher über keine Erlaubnis einer deutschen Behörde verfüge, ab 1. Januar 2009 weiterhin Lotterien zu vermitteln, vermittele sie trotzdem auch nach diesem Zeitpunkt unvermindert Lotterien über das Internet. Damit verstoße sie gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV und das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Ihre glücksspielrechtlich relevante Betätigung habe die Klägerin auf ihre Tochterfirmen verlagert. Jetzt vermittele die Firma A. unter der Internetadresse www.Firma-A. Spielverträge an die Firma D. als Veranstalter. Bei diesen Spielverträgen handele es sich um Wetten auf die Ergebnisse des deutschen Lottos, nicht jedoch um eine Teilnahme am deutschen Lotto.

Die von der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Internetverbot seien nicht begründet. Das Bundesverfassungsgericht habe darüber mit Beschluss vom 14.10.2008 (Az.: 1 BvR 928/08) bereits entschieden. Auch die europarechtliche Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit seien nicht verletzt, da das Internetverbot aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses eingeführt worden sei. Die geplante Vermittlung von Lotterieverträgen per SMS stelle so, wie die Klägerin sie beschreibe, einen Vertrieb über das Internet dar. Wie die Vermittlung außerhalb des Internets geplant sei, lasse sich den bisher vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen.

Soweit der Antrag darauf gerichtet sei, in Hessen die Teilnahme an Lotterien von Veranstaltern anderer Bundesländer zu vermitteln, stünden dem die Vorschriften des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV und des § 14 Abs. 2 Hessisches Glücksspielgesetz (GlüG) entgegen. Soweit der Antrag darauf gerichtet sei, Lotterien und Ausspielungen in Hessen durch Direktmailing und außerhalb des Internets an die Hessische Lotterieverwaltung zu vermitteln, müsse dieser nach § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 6 Nrn. 3, 4 und 6 GlüG abgelehnt werden, weil die Klägerin in der Vergangenheit kontinuierlich gegen § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen habe. Nach dieser Vorschrift sei seit dem 1. Januar 2008 jede Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verboten. Bis vor kurzem seien Werbebanner der Klägerin auf verschiedenen Internetseiten deutscher Internetportale zu finden gewesen. Auf die Unvereinbarkeit dieser Werbung mit § 5 Abs. 3 GlüStV sei die Klägerin mehrfach hingewiesen worden, habe das Werbeverhalten aber trotzdem über Monate hinweg fortgesetzt.

Außerdem habe sie ihr Vertriebskonzept außerhalb des Internets nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt, und nicht erklärt, wie sie im Falle eines auf Hessen begrenzten Vertriebs den Anforderungen des Jugendschutzes entsprechen werde. Schließlich sei eine Erlaubnis auch deshalb ausgeschlossen, weil sich die Klägerin jetzt über ihre Tochterfirmen als Veranstalterin in Deutschland nicht erlaubter Wetten betätige.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 11.02.2009 erhobenen Klage.

Sie habe zwar ihre Geschäftstätigkeit bis zur Klärung der Rechtslage in Deutschland eingestellt, wolle diese aber wieder aufnehmen, sobald der aus ihrer Sicht verfassungs- und europarechtswidrige Glücksspielstaatsvertrag außer Kraft gesetzt sei.

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV und das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstießen gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht und seien deshalb unanwendbar. Bislang habe die Klägerin zugelassen landesübergreifend im Internet staatlich veranstaltete Lotterien, insbesondere des Deutschen Lotto-Toto-Blocks, vermitteln können. Das Angebot sei auch vom Ausland aus nutzbar gewesen. Durch die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sei diese Betätigung von heute auf morgen ab 01.01.2008 verboten worden. Die Klägerin habe keine realistische Möglichkeit, auf einen legalen Vertriebsweg umzustellen. Von der Internetvermittlung staatlicher genehmigter Lotterieangebote gehe nachweislich keine schwerwiegende Gefahr aus. Das Angebot der Klägerin entspreche dem der Lottoannahmestellen. Mit der Suchtbekämpfung seien die Einschränkungen der gewerblichen Betätigung nicht zu rechtfertigen, weil das Lotteriespielen kein nennenswertes Suchtpotential aufweise. Die Abgabe eines Lottoscheins über das Internet sei nicht vergleichbar mit einem Online-Spiel.

Der Erlaubnisvorbehalt (ohne Erlaubnisanspruch) für die gewerbliche Spielvermittlung sei auch im Übrigen unverhältnismäßig und widerspreche dem Bestimmtheitsgebot.

Außerdem wendet sich die Klägerin gegen das Regionalitätsprinzip, das sie für kartell- und verfassungswidrig hält, und rügt die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Annahmestellen und gewerblichen Spielvermittlern.

Wegen Verstoßes gegen die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit seien die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und des Glücksspielgesetzes insgesamt unanwendbar. Der grenzüberschreitende Bezug sei durch zahlreiche Internetnutzer aus anderen Mitgliedsstaaten der EU hergestellt.

Es stelle sich nicht nur die Frage der Verhältnismäßigkeit, sondern auch die Frage, wie das Verbot der Internetvermittlung von harmlosen Lotterien einerseits und die Internetvermittlung und -veranstaltung von Pferdewetten andererseits mit dem Kohärenzgebot zu vereinbaren sei. Für die behauptete Gefahr der Spielsucht treffe den Gesetzgeber die Darlegungs- und Beweislast.

Bei den bislang ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur gewerblichen Spielvermittlung handele es sich um Nichtannahmebeschlüsse, die sich allein auf eine bereits im Sportwettenurteil vom 28.03.2006 zitierte Studie stützten. Demgegenüber hätten sich das Verwaltungsgericht B-Stadt und das Verwaltungsgericht Halle ausführlich mit weiteren Untersuchungen auseinandergesetzt und eigene Erhebungen angestellt. Beide Gerichte seien zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gefährdungspotential des Lottospiels als gering einzustufen sei.

Obwohl einzig im Internet Einsatzbegrenzungen und Spielersperren bundesweit umgesetzt werden könnten, habe der Gesetzgeber nicht diesen Vertriebsweg, sondern insbesondere den über Annahmestellen gewählt. Diese seien von den Regelungen des Spielerschutzes nach § 22 Abs. 2 Satz 1 GlüStV ausdrücklich ausgenommen. Sogar gesperrte Spielsüchtige dürften nach dem Glücksspielstaatsvertrag Lotto spielen. Auch Einsatzgrenzen seien nicht vorgesehen.

Die Ausspielungen des Deutschen Lotto-Toto- Blocks fänden bundesweit durch Poolung statt, die Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler solle aber auf das jeweilige Bundesland beschränkt werden.

Die derzeitige Werbe- und Vertriebspraxis der staatlichen Lotteriegesellschaften, zum Beispiel mit der Höhe des Jackpots, widerspreche den Zielsetzungen des Glücks-spielstaatsvertrages. Die Werbung sei auch geradezu omnipräsent.

Es fehle gänzlich an negativen Erfahrungen mit der über 10-jährigen Internetvermittlung von Lotto. Wer außerhalb des Internets nicht wirklich vor Spielsucht bei Lotto schütze, dürfe nicht den Internetvertrieb von Lotto verbieten, um vor Lottosucht zu schützen.

Im Übrigen bestehe kein generelles Internetverbot, sondern es sei zum Beispiel die Vermittlung von Lotto durch Internet-Brief möglich, Gewinnspiele dürften sich in Telemedien an die Allgemeinheit richten. Außerdem gebe es zahlreiche Internetterminals zur Lottotippabgabe, die an öffentlichen Orten aufgestellt seien. Sowohl aufgrund alter DDR-Genehmigungen als auch nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz sei Internetvermittlung und -veranstaltung möglich, obwohl es sich bei diesen Sportwetten um eine gefährlichere Art von Glücksspielen handele.

So hätten auch in jüngster Zeit das Verwaltungsgericht Gera und das Verwaltungsgericht Minden das Internetverbot und den Erlaubnisvorbehalt für gewerbliche Spielvermittler für unanwendbar erklärt.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass die Klägerin im Land Hessen in der bislang von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche (z.B. Lotto 6 aus 49 mit Zusatzlotterien und Sonderauslosungen, SKL, NKL, Glücksspirale und ARD-Fernsehlotterie) bzw. Rubbellose im Internet tätig sein darf, insbesondere festzustellen,

a) dass die Klägerin mit Bezug auf das Land Hessen berechtigt ist, auch ohne eine Erlaubnis des Beklagten gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. §§ 9, 14, 15, 17 Abs. 1 Nr. 1 GlüG in Deutschland zugelassene Lotterien und Glücksspiele (etwa von Gesellschaften der Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Klassenlotterien) mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche und Rubbellose zu vermitteln,

b) dass die Klägerin hierbei mit Bezug auf das Land Hessen berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV im Internet zu vermitteln,

c) dass die Klägerin hierbei mit Bezug auf das Land Hessen berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4, § 3 Abs. 4 GlüStV i.V.m. § 9 Abs. 3, § 14 Abs. 2 GlüG auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Landes Hessen und auch für Personen mit Aufenthalt im Land Hessen an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 3 GlüStV, § 17 Abs. 1 Nr. 4 GlüG für ihre Tätigkeit auch im Internet werben darf und

e) dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, § 17 Abs. 1 Nr. 3 GlüG mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern darf,

und

2. den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 27. Januar 2009 aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27. Januar 2009 zu verpflichten, die beantragte Erlaubnis zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Feststellungsanträge für unzulässig, da bereits das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.10.2008 die Rechtslage zu Ungunsten der Klägerin geklärt habe.

Der Vertriebsweg Internet werde nicht nur der Klägerin, sondern auch allen anderen Veranstaltern und Vermittlern verboten; der Vertriebsweg über örtliche Verkaufsstellen sei in Hessen für gewerbliche Spielvermittler auch früher nicht erlaubt gewesen.

Der Klägerin bleibe der exklusive Vertriebsweg des Direktmarketings, der auch für die Klassenlotterien zur Verfügung stehe.

Europarecht finde auf einen reinen Inlands-Sachverhalt (wie den vorliegenden) keine Anwendung. Im Übrigen sei der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV verfassungs- und europarechtlich unbedenklich. Das gelte auch für das generelle Internetverbot. Dabei handele es sich um eine monopolunabhänge Regelung.

Die von der Klägerin zitierten alten DDR-Erlaubnisse stünden unter dem Vorbehalt von Beschränkungen aus anderen Rechtsvorschriften.

TV-Gewinnspiele unterfielen dem Glücksspielstaatsvertrag, soweit sie sich unter den Glücksspielbegriff fassen ließen.

Der Pferdewettmarkt habe sich historisch bedingt anders entwickelt als der übrige Glücksspielmarkt. Mit einem Marktanteil von unter einem Prozent und einem noch geringeren Prozentsatz, der über das Internet abgewickelt werde, könne dieser keine Inkohärenz des allgemeinen Internetverbots begründen.

Über die Lotto-Terminals könne nur ein personalisierter Wettschein ausgedruckt werden, der dann an der Kasse der Annahmestelle vorgelegt werde. Es handele sich dabei nicht um ein Spiel im Internet. Dasselbe gelte für den E-Postbrief in Hessen. Hier werde nicht im Internet gespielt, sondern ein Brief in digitaler Form versandt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akten 5 K 1370/08 und 5 L 591/09 sowie auf die vorgelegten Behördenakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Ziffer 1 des Klageantrags ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

Anders als über einen Feststellungsantrag, dass sie für ihre Betätigung bundesweit und im Internet keiner Erlaubnis bedarf, kann die Klägerin ihr umfassendes Rechtsschutzziel auf Klärung ihrer Rechtsbeziehungen zum Beklagten nicht erreichen.

Dem steht die grundsätzliche Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) nicht entgegen, denn mit der zusätzlich erhobenen Anfechtungsklage kann die Klägerin nur gegen die im Bescheid vom 27.01.2009 genannten Ablehnungsgründe vorgehen, aber keine abschließende Klärung ihrer Rechtsposition erzielen.

Die Klägerin hat - obwohl sie momentan ihre Tätigkeit eingestellt hat - nach wie vor ein Feststellungsinteresse, weil sie wieder in Deutschland aktiv werden möchte, wenn die Rechtslage geklärt ist.

Die Klage ist mit ihrem ersten Hauptantrag jedoch nicht begründet.

Die Vorschriften der §§ 4 Abs. 1, 19 GlüStV, 9, 14, 15 GlüG sind auf die Spielvermittlung der Klägerin in Hessen anwendbar.

Soweit die Betätigung der Klägerin generell unter Erlaubnisvorbehalt gestellt wird, ist dies nicht zu beanstanden.

Weder der europäische Gerichtshof (vgl. zuletzt in den Urteilen vom 08.09.2010, Rs. C-46/08 und Rs. C-316/07 u.a.) noch das Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 14.10.2008, Az.: 1 BvR 928/08; Urteil vom 28.03.2006, Az.: 1 BvR 1054/01) verlangen im Bereich des Glücksspiels uneingeschränkte Gewerbefreiheit. Vielmehr wird dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Prognosespielraum eingeräumt; welches Schutzniveau er anstrebt und welche Maßnahmen er zum Schutz der Bevölkerung und im Allgemeininteresse für nötig hält, liegt grundsätzlich in seinem Ermessen.

Die neu eingeführte Erlaubnispflicht ist weder inkohärent noch unverhältnismäßig oder diskriminierend. Vielmehr passt sie ins Regelungssystem der §§ 284 ff. StGB, 1 und 4 GlüStV, 9 GlüG, 1 und 2 Rennwett- und Lotteriegesetz, 1 Hessisches Spielbankengesetz und der §§ 33 c, d, e und i Gewerbeordnung. In diesen Vorschriften haben sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass sie Gefahren, die vom Glücksspiel ausgehen, kontrollieren und ihnen begegnen wollen, und dass sie den unzweifelhaft vorhandenen Spieltrieb in kontrollierbaren Bahnen halten wollen.

Eine behördliche Erlaubnis ist dafür ein geeignetes Mittel.

Die nach der aktuellen Gesetzeslage bestehende Erlaubnispflicht hat nach Auffassung der Kammer grundsätzlich auch dann Bestand, wenn sich das staatliche Lotterie-Veranstaltungsmonopol als verfassungs- oder europarechtswidrig erweisen würde. Der Erlaubnisvorbehalt dient nicht dazu, das Angebotsmonopol durchzusetzen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.11.2010, Az.: 8 C 13.09).

Der Glücksspielstaatsvertrag regelt nicht nur den Zugang von Veranstaltern zum Glücksspielmarkt, sondern legt daneben die Anforderungen an die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen und die Werbung hierfür fest. Diese Regelungen können unabhängig davon, ob neben dem staatlichen Monopolveranstalter weitere private Veranstalter aus Gründen der Dienstleistungs- oder Berufsfreiheit zum Lotteriemarkt zugelassen werden müssen, bestehen (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2010, Az.: 11 MC 429/10; OVG B-Stadt-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2010, Az.: OVG 1 S 204.10).

Der Rechtsauffassung des VG Halle (Urteil vom 11.11.2010, Az.: 3 A 158/09), dass - bei festgestellter Europarechtswidrigkeit - mit dem Glücksspielveranstaltungsmonopol auch alle Regelungen, die die Vermittlung betreffen, unanwendbar werden, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Vielmehr müssten für diesen Fall nur die Vorschriften der §§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, 6 Abs.1 und 6 GlüG unangewendet bleiben, ohne dass der Glücksspielstaatsvertrag und das Hessische Glücksspielgesetz im Übrigen ihren Sinn verlieren würden.

Denn auch wenn anderen Veranstaltern Zugang zum hessischen Lotteriemarkt einzuräumen wäre, würden diese einer Erlaubnispflicht unterliegen, wie sie derzeit für den Monopolisten gilt (§§ 6 Abs. 4, 9 GlüG, 4 Abs. 1 GlüStV). Entsprechendes gilt für die - nicht monopolisierte - gewerbliche Spielvermittlung. Deren Zulässigkeit knüpft an die in Hessen zugelassenen Lotterien an, unabhängig davon, ob diese monopolisiert oder im regulierten Markt veranstaltet werden.

Die Erlaubnispflicht ist auch weder unverhältnismäßig noch diskriminierend. Sie gilt für alle gewerblichen Spielvermittler gleichermaßen und erfordert keinen Aufwand, der für die bundesweit tätigen Vermittler unzumutbar wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, Az.: 1 BvR 928/08). Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch den Erlaubnisvorbehalt wiegt im Übrigen weit weniger schwer als solche Zulassungsschranken, die sämtliche Grundrechtsträger vom Beruf ausschließen. Die strengen Kriterien, die die Rechtsprechung für die Zulässigkeit eines Monopols entwickelt hat, sind insoweit hier nicht einschlägig (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010, Az.: 8 C 13.09).

Der Einführung der Erlaubnispflicht kann auch nicht die im Verhältnis zu anderen Glücksspielarten relativ niedrige Suchtgefahr der von der Klägerin vermittelten staatlichen Lotterien entgegengehalten werden. Denn auch die Veranstaltung dieser Lotterien und Ausspielungen ist grundsätzlich erlaubnispflichtig (§ 4 Abs. 1 GlüStV, § 9 GlüG) und gesetzlich reglementiert, um den Jugend- und Spielerschutz gewährleisten zu können. Für die Notwendigkeit der Ausdehnung dieser Erlaubnispflicht auch auf diejenigen, die - erlaubte - Glücksspiele vermitteln, bestand aus der Sicht des Gesetzgebers begründeter Anlass.

Nach den Erläuterungen zum Entwurf des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (unter www.gluestv.de) gaben unter anderem der bisherige Marktauftritt einiger gewerblicher Spielvermittler und die an die Verbraucherzentrale gerichteten Beschwerden Anlass, die Beachtung der suchtpräventiven und allgemeinwohlbezogenen Zielsetzungen des Staatsvertrages auch in diesem Bereich durch eine vorgehende Erlaubnisprüfung sicherzustellen. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Erläuterung zu zweifeln.

Auch in der amtlichen Begründung zu § 15 GlüG hält der hessische Gesetzgeber eine stärkere Reglementierung des Berufs des gewerblichen Spielvermittlers für geboten, unter anderem mit der Begründung, dass der Geschäftsablauf bislang nicht hinreichend transparent gewesen sei (vgl. Hessischer Landtag, 16. Wahlperiode, Drucksache 16/7656 vom 23.08.2007).

Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV muss allerdings in diesem Zusammenhang verfassungs- und europarechtskonform ausgelegt werden.

Denn ein System vorheriger behördlicher Erlaubnisse ist nur gerechtfertigt, wenn es auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die dem Ermessen der nationalen Behörden Grenzen setzen (so EuGH, Urteil vom 08.09.2010, Rs. C-46/08, Rdnr. 87). Solche Kriterien lassen sich der schlichten Formulierung, dass kein Anspruch auf eine Erlaubnis besteht, nicht entnehmen. Auch der Verweis in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüG, dass bei der Ermessensausübung den Zielen des § 1 GlüStV Rechnung zu tragen ist, beinhaltet lediglich eine Selbstverständlichkeit, benennt aber keine ermessenbindenden Kriterien. Aus dem Gesamtkontext der Normen lässt sich aber die Verpflichtung der Behörde ableiten, dass dann, wenn alle zulässigen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und keine Unzuverlässigkeitsgründe i.S.v. § 35 Abs. 1 GewO vorhanden sind, eine Erlaubnis erteilt werden muss, weil das Ermessen auf Null reduziert ist.

Auch der Feststellungsantrag, bezogen auf eine Betätigung der Klägerin im Internet, muss erfolglos bleiben.

Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Eine Ausnahme war nach § 25 Abs. 6 GlüStV nur für die Übergangszeit von einem Jahr zulässig.

Das generelle Internetverbot gilt für alle dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallende Glücksspielbereiche. Es gilt in Hessen auch für die Betätigung aufgrund von Erlaubnissen, die während des Bestehens der DDR erteilt wurden, denn diese Erlaubnisse haben in Hessen keine Geltung, sondern allenfalls in dem Bereich, über den den damaligen DDR-Behörden Gebietsgewalt zustehen konnte (vgl. BVerwG, GewArch 2006, S. 412).

Im Übrigen kann ein eventueller Bestandsschutz nur im Rahmen der allgemein geltenden Ausübungsregelungen bestehen (vgl. dazu m.w.N. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.06.2009, Az.: 6 U 93/07).

Auf die - bundesrechtlichen - Regelungen für die Automatenspiele kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an, denn diese Spiele werden nicht im Internet angeboten. Terminals in Annahmestellen, an denen der Lottoschein erstellt und ausgedruckt werden kann, oder die Weiterleitung des Lottoscheins per E-Postbrief ermöglichen kein direktes Internetspiel.

Lediglich die von privaten konzessionierten Buchmachen angebotenen Pferdewetten werden zum Teil über das Internet vertrieben, weil es bundesgesetzlich im Rennwett- und Lotteriegesetz vom 08.04.1922 kein ausdrückliches Internetverbot gibt. In Anbetracht dieser Sonderstellung kann jedoch das im Übrigen geltende Internetverbot als notwendige und geeignete Maßnahme zur wirksamen Bekämpfung übermäßigen Glücksspiels nicht in Frage gestellt werden.

Sowohl das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 14.10.2008, Az.: 1 BvR 928/08) als auch der Europäische Gerichtshof (vgl. Urteil vom 08.09.2010, Rs. C-46/08, Rdnrn. 100 ff.) betonen die spezifischen Gefahren des Internets im Glücksspielbereich, besonders im Hinblick auf die zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots und die erleichterten Zugriffsmöglichkeiten. Es liegt im weiten Ermessen des Gesetzgebers, besondere Veranstaltungs- und Vertriebsmöglichkeiten als gefährlich anzusehen und sie zu verbieten, unabhängig davon, ob einzelne (auch staatliche) Anbieter auf die Wiedereinführung des Internetangebotes dringen. Das umfassende Internetverbot kann grundsätzlich als zur Bekämpfung der Spielsucht und zum Jugendschutz geeignet angesehen werden, auch wenn das Anbieten von Glücksspielen über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (vgl. dazu auch OVG B-Stadt-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2010, Az.: OVG 1 S 204.10; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2010, Az.: 11 MC 429/10).

Auch in diesem Zusammenhang kommt es auf die Frage, ob das Lotteriemonopol europarechtlicher Überprüfung standhalten kann, nicht entscheidend an. Denn das Internetverbot gilt allgemein in den durch den Glücksspielstaatsvertrag geregelten Bereichen, seien sie monopolisiert oder dem regulierten Markt zuzurechnen. Die gerichtlichen Entscheidungen, die sich mit der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols befassen, sind vorliegend nicht einschlägig.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Internetverbot diskriminierend angewandt würde. Es gilt für alle Veranstalter und Vermittler, die der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages in Hessen unterliegen.

Die - noch - für die Pferdewetten-Vermittlung geltend gemachten Ausnahmen stellen die Kohärenz und Systematik des Regelungswerks nicht in Frage.

Art. 56 AEUV- der vorliegend deshalb zu prüfen ist, weil die Klägerin eine europäische Gesellschaft ist, bisher ausländische Kunden hatte und wieder auch grenzüberschreitend und im Internet tätig werden möchte (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 10.05.1995, Rs. C-384/93) - gebietet zur zulässigen Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit kohärente, also zusammenhängende und in einem einheitlichen Rahmen stehende Regelungen (vgl. Art. 7 AEUV) im gesamten Glücksspielbereich (so EuGH, Urteil vom 08.09.2010, Rs. C-46/08). Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Glücksspiele in gleicher Weise zu regeln wären; vielmehr darf der Gesetzgeber - anhand nachvollziehbarer Kriterien - differenzieren und auch zwischen unterschiedlichen Vorgehensweisen zur Erreichung des die Einschränkungen rechtfertigenden Zieles wählen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24.11.2010, Az.: 8 C 15/09).

Wenn der Bundesgesetzgeber die Pferdewetten-Veranstaltung und -Vermittlung im Internet bislang nicht ausdrücklich verboten hat, zeugt dies im Vergleich zu den dem Glücksspielstaatsvertrag landesrechtlich unterworfenen Glücksspielen von einen Systembruch, der eine gewisse Inkonsequenz (so das OLG Frankfurt am Main, a.a.O.) aufweist, in Anbetracht der geringen Bedeutung der Pferdewetten im Vergleich zu dem übrigen Glücksspielangebot und der insoweit geringeren Suchtgefahr aber hingenommen werden kann (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2010, Az.: 11 MC 429/10; LG Düsseldorf, Urteil vom 03.11.2010, Az.: 12 O 232/09; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2010, Az.: 4 B 733/10).

Dass fiskalische Interessen des Staates eine Sonderstellung der Pferdewetten-Vermittlung begründen würden, ist nicht ersichtlich. Die Regelungen des Pferdewett-Bereichs beruhen auf historischen Gründen (Förderung der Pferdezucht und des Pferdesports), die Möglichkeiten und Gefahren des Internets waren damals nicht abzusehen. Einen aktuellen Handlungsbedarf hat der Bundesgesetzgeber bislang nicht gesehen, zumal das Rennwett- und Lotteriegesetz in § 2 Abs. 2 ausdrücklich von einem Ortsbezug der Buchmachererlaubnis ausgeht.

Außerdem erteilt die nach Landesecht zuständige Behörde die Erlaubnis, die sie mit Auflagen versehen kann (§ 1 Rennwett- und Lotteriegesetz). Eine solche Auflage könnte das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV beinhalten, denn die Regelungen des ordnungsrechtlich legitimierten Glücksspielstaatsvertrages können auf alle öffentlichen Glücksspiele Anwendung finden, soweit in diesem Bereich keine spezielleren Normen vorhanden sind.

Auch hinsichtlich der Werbung im Internet ist der Feststellungsantrag unbegründet.

§ 5 Abs. 3 GlüStV verbietet generell die Werbung für Glücksspiele im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen. Dieses Verbot gilt wie das Veranstaltungsverbot für alle Anbieter und alle Glücksspielarten, auf die der Glücksspielstaatsvertrag anwendbar ist. Für das Werbeverbot gelten dieselben Erwägungen wie für das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung. Es ist zur konsequenten Bekämpfung der auch von erlaubten Lotterien ausgehenden Suchtgefahren unabdingbar (so die Erläuterungen zum Entwurf des GlüStV, 14.12.2006, unter: www.gluestv.de). Wegen der Breitenwirkung und der Zielgruppenorientierung der genannten Medien wird durch das Verbot der Omnipräsenz des Glücksspielangebots entgegengewirkt. Es bleibt der Klägerin auch für die Werbung der Postweg als traditionelle, keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizende Möglichkeit, ihr Angebot zu präsentieren (vgl. Hecker/Ruttig in: Dietlein/Hecker/Ruttig, § 5 GlüStV, Rdnr. 48).

Der Wunsch der Klägerin, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen und ermuntern zu dürfen, widerspricht § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV. Werbung hat sich auf Information und Aufklärung über die Möglichkeiten der Teilnahme an den Lotteriespielen zu beschränken (vgl. BVerfG, Urteil vom 28.03.2006, Az.: 1 BvR 1054/01).

Jede Form der Image- und Sympathiewerbung ist als zum Spielen motivierende Aussage unzulässig. Die Teilnahme am Glücksspiel darf nicht zu positiv zu beurteilendem, wünschenswertem oder sozial verantwortlichem Handeln aufgewertet werden (so BVerwG, Urteile vom 24.11.2010, Az.: 8 C 13.09 und 15.09 m.w.N.).

Die Feststellungsklage ist auch unbegründet, soweit sie das Regionalitätsprinzip betrifft.

Die Regionalisierungsverpflichtung (§§ 3 Abs. 4, 9 Abs. 4 Satz 1 GlüStV, 14 Abs. 1 und 2 GlüG) fordert in Bezug auf die Spielvermittler, dass - soweit dem Spieler in Hessen die Möglichkeit der Teilnahme eröffnet wird (§ 3 Abs. 4 GlüStV) - der Spieler sich in Hessen aufhält und sein Spielauftrag nur für Lotterien und Ausspielungen, die in Hessen zulässig sind, entgegengenommen wird. Diese Vorschrift ist in Anbetracht der Regelung des § 9 Abs. 3 GlüG auch auf Spieler anzuwenden, die in Hessen wohnen. Damit dürfen in Hessen Spielaufträge auswärtiger Spieler, die sich auch nicht in Hessen aufhalten, nicht an Lotto Hessen vermittelt werden. Auch Spielaufträge hessischer Spieler dürfen nicht an andere Lottogesellschaften weitergeleitet werden, wenn das Vermittlungsgeschäft in Hessen stattfindet. Diese Einschränkungen machen die überregionale Vermittlung unmöglich und verlangen im Ergebnis die Bildung von Spielergemeinschaften nach Bundesländern getrennt. Damit geht das Gesetz über die bisherigen Regelungen in § 14 Lotteriestaatsvertrag hinaus; es will den Wettbewerb verschiedener Veranstalter um Kunden verhindern und das Angebot sozialverträglich begrenzen (so die amtliche Begründung zu § 15 GlüG, Hessischer Landtag, 16. Wahlperiode, DS 16/7656 vom 23.08.2007). Auch wenn die im Deutschen Lotto-Toto-Block zusammengeschlossenen Lottogesellschaften der einzelnen Bundesländer bundeseinheitlich die Ziehung "6 aus 49" ausspielen, ist die ordnungsrechtliche Kontrolle durch die Landesbehörden aufgrund der beschränkten Gebietshoheit nur im Bereich des jeweiligen Bundeslandes möglich. Entsprechendes gilt für die Erlaubnis, auch diese kann von einer hessischen Behörde nur für eine Betätigung in Hessen erteilt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat vergleichbare Regelungen anderer Bundesländer als einen Eingriff in die Berufsfreiheit der gewerblichen Lotterievermittler angesehen, der aber gerechtfertigt ist, obwohl er maßgeblichen Einfluss auf die Rentabilität des Gewerbebetriebes hat, weil er der Verwirklichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages dient (Beschluss vom 14.10.2008, Az.: 1 BvR 928/08). Das staatliche Glücksspielangebot soll lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebs dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen (so BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, Az.: 1 BvR 928/08, unter Bezugnahme auf BVerfGE 115, 276 ).

Eine ordnungsbehördliche Begrenzung und Überwachung auch der Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler begegnet darüber hinaus keinen europarechtlichen Bedenken, weil die Dienstleistungsfreiheit im Bereich des Glücksspiels keinen unbeschränkten Marktzugang fordert, sondern nur unangemessene Einschränkungen und den diskriminierenden Ausschluss einzelner Bewerber verhindern will. Die Vorteile des Wettbewerbs für den Verbraucher, Produkte und Dienstleistungen in höchster Qualität zum günstigsten Preis zu erhalten, sollen gerade im Bereich des Glücks- und Geldspiels nicht zum Tragen kommen (vgl. dazu die Schlussanträge des Generalanwalts Bott im Verfahren RS.C-42/07; EuGH, Urteil vom 08.09.2010, RS.C-316/07 u.a.). Das gilt auch für die Spielvermittlung.

Unter der Prämisse, dass im Glücksspielrecht den einzelnen Mitgliedsstaaten ein weites Auswahlermessen hinsichtlich der von ihnen zum Spielerschutz ergriffenen Maßnahmen zusteht (vgl. EuGH, Urteile vom 08.09.2010, Rs. C-46/08 und 316/07), kann eine unverhältnismäßige Beschränkung insoweit nicht festgestellt werden, zumal den gewerblichen Spielvermittlern nach Erteilung entsprechender landesrechtlicher Erlaubnisse - auf die sie nach Ansicht des Gerichts (vgl. Urteil vom 06.01.2011, Az.: 5 K 9/11.WI) bei Vorliegen aller Voraussetzungen einen Anspruch haben - nach wie vor der gesamte Glücksspielmarkt in Deutschland offensteht.

Soweit der Bundesgerichtshof die Regionalisierung kartellrechtlich zu prüfen hatte, hat dessen Beschluss vom 14.08.2008 (Az.: KVR 54/07) keine Auswirkungen auf die ordnungsrechtliche Zulässigkeit einer nach Landesrecht erforderlichen Erlaubnis.

Die am 11.02.2009 erhobene Anfechtungsklage gegen den Ablehnungsbescheid vom 27.01.2009 (Klageantrag Ziffer 2) ist zulässig. Von dem Bescheid geht nach wie vor eine Belastung für die Klägerin aus, die sie beseitigen möchte, um wieder in Deutschland tätig werden zu können.

Die Klage ist jedoch mit ihrem Haupt- und ihrem Hilfsantrag unbegründet.

Die Klägerin darf weder ohne Erlaubnis Spielvermittlung im und außerhalb des Internets betreiben noch steht ihr ein Anspruch auf Erlaubniserteilung zu. Eine Ermessensre-duzierung auf Null kann nicht festgestellt werden.

Dass die generelle Erlaubnispflicht nach §§ 19 i.V.m. 4 Abs. 1 GlüStV, § 15 GlüG, und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV, die beide für die Klägerin ab 01.01.2009 uneingeschränkt gelten, weder gegen Verfassungs- noch gegen Europarecht verstoßen, hat das Gericht bereits festgestellt. Insoweit kann in vollem Umfang auf die Ausführungen zur Begründetheit der Feststellungsklage Bezug genommen werden.

Das gilt auch für den Wunsch der Klägerin, länderübergreifend tätig zu werden. Eine Erlaubnis, in anderen Bundesländern und an andere Lottogesellschaften Spielaufträge im Internet zu vermitteln, kann die Klägerin außerdem mit einem an das Land Hessen gerichteten Antrag schon wegen mangelnder Gebietshoheit des Beklagten nicht erreichen.

Der Ablehnungsbescheid ist auch insoweit rechtmäßig, als keine Erlaubnis für eine Vermittlung erst geplanter Landeslotterien erteilt wird. Auf eine vorgreifliche Vermittlungserlaubnis, die noch nicht eingeführte Lotterien betrifft, besteht kein Rechtsanspruch (vgl. § 14 Abs. 2 GlüG).

Auch soweit der Beklagte den Erlaubnisantrag, bezogen auf eine Spielvermittlung außerhalb des Internets, abgelehnt hat, muss die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erfolglos bleiben.

Die von der Klägerin vorsorglich beantragte Vermittlung per SMS ist derzeit weder zulässig noch erlaubnisfähig. Zum einen hat die Klägerin insoweit kein abschließendes Vertriebskonzept vorgelegt, zum anderen steht diesem Vertriebsweg der zu gewährleistende Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 und § 4 Abs. 3 GlüStV) entgegen (vgl. VG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.06.2009, Az.: 7 K 1307/09). Wenn schon die Werbung für Glücksspiele über Telekommunikationsanlagen verboten ist, muss dies erst recht für die Vermittlung der Spielteilnahme gelten.

Zu Recht hat der Beklagte im Übrigen die Unzuverlässigkeit der Klägerin wegen Nichtbeachtung des seit 01.01.2008 geltenden Werbeverbots im Internet festgestellt. Mit ihrer Presseerklärung vom 08.12.2008 hat die Klägerin selbst die bisherige Online-Werbung bestätigt und darauf hingewiesen, diese werde ab 2009 weitgehend eingestellt. Die Werbung im Internet war im Jahre 2008 aber weder durch die Erlaubnis vom 21.12.2007 noch durch gesetzliche Vorschriften legalisiert.

Die Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 6 GlüStV lässt nur § 4 Abs. 4 GlüStV für die Dauer eines Jahres unangewendet; § 5 Abs. 3 GlüStV gilt dagegen bereits ab Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages und des Glücksspielgesetzes.

Einer anderen Auslegung ist die Übergangsvorschrift nicht zugänglich (vgl. Postel in: Dietlein/Hecker/Ruttig, § 25 GlüStV, Rdnr. 41).

Auch wenn die Rechtslage in Deutschland von den Gerichten nach wie vor unterschiedlich beurteilt wird und eine allgemeinverbindliche, abschließende höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht, sind der Glücksspielstaatsvertrag und das Hessische Glücksspielgesetz geltendes Recht, das von den Normadressaten zu beachten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.562,60 € festgesetzt.

Gründe

Das Gericht ist der Auffassung, dass die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin an der positiven Bescheidung ihrer beiden Anträge jeweils weit über den Mindeststreitwert aus Ziffer 54.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hinaus gehen.

In Anlehnung an den Beschluss des Hessischen VGH vom 29.10.2007 (Az.: 7 TG 2891/06) setzt das Gericht im Klageverfahren je 50.000,-- € für den Feststellungsantrag und für den Anfechtungs- mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag an.

Hinzu kommen die im Bescheid vom 27.01.2009 festgesetzten Gebühren in Höhe von 562, 60 €.

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