StGH des Landes Hessen, Urteil vom 09.03.2011 - P.St. 2320 e.A.
Fundstelle
openJur 2020, 73895
  • Rkr:

1. Das Verfahren der Abstimmungsprüfung in § 15 Abs. 2 VAbstG HE i.V.m. §§ 51 und 50 StGHG HE schließt weder eine Verfassungsstreitigkeit noch ein einstweiliges Anordnungsverfahren aus, die gegen einen Beschluss des Landtags zu einem Erläuterungstext hinsichtlich der Verfassungsänderung gerichtet sind.

2. a) Erweist sich die Hauptsacheklage nicht von vornherein als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet, so haben bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen, die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, außer Betracht zu bleiben. Der Staatsgerichtshof muss dann die nachteiligen Folgen gegeneinander abwägen, die einerseits einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Antragstellerin in der Hauptsache aber Erfolg hätte, bzw. die andererseits entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, den Anträgen in der Hauptsache aber letztlich der Erfolg zu versagen wäre.

b) Bei der Abwägung hat der Staatsgerichtshof einen besonders strengen Maßstab anzulegen, wenn er durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung in den Ablauf eines Verfahrens zur Verfassungsänderung und damit in die Volksgesetzgebung eingreifen würde.

c) Die einstweilige Anordnung kann nicht ergehen, wenn sofortige erhebliche Auswirkungen der geplanten Verfassungsänderung auf Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht zu erwarten sind, weil die verfassungsrechtliche Lage in Hessen durch das Grundgesetz weitgehend vorgezeichnet ist. Ein Eingriff in das Verfahren zur Verfassungsänderung ist unter diesen Umständen nicht gerechtfertigt.

Tenor

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

Gerichtskosten sind nicht zu erheben, außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Gründe

A

I. Mit ihren im einstweiligen Anordnungsverfahren gestellten Anträgen begehrt die Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag in erster Linie, die Durchführung der - für den 27. März 2011 geplanten - Volksabstimmung über das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen - Gesetz zur Schuldenbremse) vorläufig auszusetzen; hilfsweise soll dem vom Landtag beschlossenen und mit den Abstimmungsunterlagen bereits an alle Stimmberechtigten übersandten Erläuterungstext eine von der Antragstellerin gewünschte Textergänzung nachgesandt und das Inkrafttreten des verfassungsändernden Gesetzes einstweilen verhindert werden. Die Antragstellerin rügt in der Hauptsache eine Verletzung von Rechten aus der Verfassung des Landes Hessen, insbesondere eine Verletzung der Rechte auf Chancengleichheit und auf Minderheitenschutz.

Die Begrenzung der Verschuldung der öffentlichen Hand beschäftigt die politische Öffentlichkeit und die Parlamente von Bund und Ländern, aber auch die Institutionen der Europäischen Union seit längerem. Auf Bundesebene wurden unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Union namentlich aus Art. 126 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (früher Art. 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) und im sogenannten Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2248) die Absätze 2 und 3 von Artikel 109 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland - GG - geändert.

Diese lauten nunmehr:

(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung.

(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.

Nach Art. 143d Abs. 1 Sätze 2 bis 4 ist Art. 109 GG in der ab dem 1. August 2009 geltenden Fassung erstmals für das Haushaltsjahr 2011 anzuwenden. Die Länder dürfen im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2019 nach Maßgabe der geltenden landesrechtlichen Regelungen von den Vorgaben des Art. 109 Abs. 3 GG abweichen. Die Haushalte der Länder sind aber so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe aus Art. 109 Abs. 3 Satz 5 GG erfüllt wird.

In Hessen erlaubt gegenwärtig Art. 141 Satz 1 der Verfassung des Landes Hessen (Hessische Verfassung - HV -) die Beschaffung von Geldmitteln im Wege des Kredits (nur) bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken. Die Fraktionen von CDU und FDP legten hierzu am 30. August 2010 den Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen - Gesetz zur Schuldenbremse) vor (LT-Drs. 18/2732). Im Laufe des parlamentarischen Verfahrens verständigten sich die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und brachten am 6. Dezember 2010 einen gemeinsamen Änderungsantrag (LT-Drs. 18/3441) ein, der die später verabschiedete Fassung des Gesetzes zur Schuldenbremse enthielt:

Artikel 1 Die Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946 (GVBl. S. 229, GVBl. 1947 S. 106, 1948 S. 68), zuletzt geändert durch Gesetze vom 18. Oktober 2002 (GVBl. I S. 626, 627, 628), wird wie folgt geändert:

1. Art. 141 erhält folgende Fassung:

"Artikel 141 (1) Der Haushalt ist ungeachtet der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung des Landtages und der Landesregierung grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen.

(2) Artikel 137 Abs. 5 bleibt unberührt.

(3) Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung kann von Abs. 1 abgewichen werden. In diesem Fall sind die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen.

(4) Bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann von Abs. 1 abgewichen werden. Die Abweichung ist mit einer Tilgungsregelung zu verbinden. Die Kredite sind binnen eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen.

(5) Das Nähere bestimmt das Gesetz."

2. Art. 161 erhält folgende Fassung:

"Artikel 161 "Artikel 141 in der ab dem (einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes) geltenden Fassung ist erstmals für das Haushaltsjahr 2020 anzuwenden. Bis dahin ist Artikel 141 in der bis zum (einsetzen: Datum der Verkündung dieses Gesetzes) geltenden Fassung anzuwenden. Der Abbau des bestehenden Defizits beginnt im Haushaltsjahr 2011. Die Haushalte sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe des Artikels 141 Abs. 1 in der ab dem (einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes) geltenden Fassung erfüllt wird."

Artikel 2 Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

§ 3 Abs. 2 des Gesetzes über Volksabstimmung - VAbstG - räumt dem Landtag die Möglichkeit ein, eine Erläuterung des verfassungsändernden Gesetzes zu beschließen, welche die Gemeinden den Stimmberechtigten mit den sonstigen Abstimmungsunterlagen zu übersenden haben. Am 15. Dezember 2010, dem Tag der Dritten Lesung des Gesetzes, brachten die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen entsprechenden Dringlichen Entschließungsantrag (LT-Drs. 18/3493) mit folgendem Erläuterungstext ein:

"‚Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte ist in den vergangenen Jahren ständig gewachsen. Der Hessische Landtag hat daher ein Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen - Gesetz zur Schuldenbremse) (Drs. 18/3459 zu Drs. 18/3138 zu 18/2732) beschlossen, um wirksam gegen die weitere Verschuldung des Landes vorzugehen. Ziel dieses Gesetzes ist es, das Land zu verpflichten, ungeachtet der Einnahme- und Ausgabeverantwortung des Landtages und der Landesregierung seinen Haushalt ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Die Neuverschuldung lässt sich aber nur schrittweise vollständig zurückführen, sodass die Verpflichtung erst ab dem Jahr 2020 gelten soll. Zugleich schränkt die Schuldenbremse die in Artikel 137 Absatz 5 der Hessischen Verfassung verankerte finanzielle Absicherung der Kommunen nicht ein.

Bereits im Jahre 2009 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geändert und die Verschuldungsregeln zunächst für den Bund, aber ebenso für alle Länder deutlich verschärft. Auch das Grundgesetz gewährt den Ländern bis zum Ende des Jahres 2019 Zeit, ihre Haushaltsführung der Schuldenbremse anzupassen, sodass sie erst danach ihre volle Wirksamkeit entfaltet. Die Bestimmungen des Grundgesetzes sehen aber für die Länder keine Ausnahmen vor, in denen von den Vorgaben abgewichen werden darf. Würde das Land Hessen nicht auch durch eigene Regelungen Ausnahmen vorsehen, würde ab dem Jahre 2020 in Hessen ausnahmslos das absolute Schuldenverbot gelten. Dann könnte das Land auf Naturkatastrophen, außergewöhnliche Notfälle oder einen von der normalen Entwicklung deutlich abweichenden Konjunkturverlauf nicht mehr reagieren. Eine solche Situation wäre staatspolitisch nicht zu verantworten. Für Sonderfälle extremer Belastungen des Landeshaushalts muss daher Vorsorge getroffen werden. So bleibt das Land handlungsfähig und kann das weitere Anwachsen der Staatsverschuldung dennoch beenden und sie schließlich auch zurückführen.

Um die Verfassung in diesem Sinne auf die aktuellen Erfordernisse einstellen zu können, ist der Landtag auf die Zustimmung der Bürger angewiesen; denn Änderungen der Hessischen Verfassung, die der Landtag beschlossen hat, müssen von den Wählerinnen und Wählern bestätigt werden, um wirksam werden zu können".

Nach Verteilung der Drucksache während der Plenardebatte zu einem anderen Tagesordnungspunkt beschloss der Landtag nach entsprechender Debatte zur Geschäftsordnung die Dringlichkeit des Entschließungsantrags und die Verbindung der Debatte darüber mit der Dritten Lesung (LT-PlPr. 18/62 S. 4269 ff.), wobei zwischen den Beteiligten umstritten ist, ob das dabei beobachtete Verfahren, namentlich im Hinblick auf den Aufruf der Sache, ordnungsgemäß ablief. Die Antragstellerin brachte nach einer etwa halbstündigen Unterbrechung einen Änderungsantrag zu dem Entschließungsantrag mit folgendem Wortlaut (LT-Drs. 18/3494) ein:

"Der Landtag wolle beschließen:

1. In Absatz 1 des Erläuterungstextes wird "Der Hessische Landtag" ersetzt durch "Die Mehrheit des Hessischen Landtages".

2. Im selben Absatz werden vor dem Wort "Ziel" die Worte "Die Mehrheit des Landtages ist der Auffassung:" eingefügt.

3. Vor dem letzten Absatz wird folgender neuer Absatz eingefügt:

"Eine Minderheit im Hessischen Landtag ist folgender Auffassung:

Die öffentlichen Schulden sind nicht durch Investitionen in Bildung, Soziales oder Infrastruktur entstanden, sondern durch Steuersenkungen bei Vermögenden, Konzernen und Banken.

Durch diese Steuersenkungen hat das Land Hessen seit 1998 Steuereinnahmen in Höhe von etwa 10 Mrd. € verloren. In nur zwölf Jahren haben Steuersenkungen damit mehr als ein Viertel der hessischen Schulden verursacht.

Das Land selbst hat aber nur sehr geringe Spielräume, durch Entscheidungen des Landtages oder der Landesregierung seine Einnahmen zu verbessern. Die Vorgaben einer Schuldenbremse sind für das Land also vor allem durch Kürzungen bei den Ausgaben einzuhalten.

Die Einführung einer Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung führt somit zu einem Zwang zum Kürzen öffentlicher Leistungen des Landes. In der Folge werden Menschen für Steuersenkungen bezahlen müssen, die auf ein handlungsfähiges Hessen angewiesen sind, vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen.

Statt der Verankerung einer sogenannten Schuldenbremse ist es notwendig, die Schulden des Landes durch höhere Einnahmen des Landes zu verbessern. Die Einführung einer Schuldenbremse trägt zu diesem Ziel nichts bei, sondern zwingt die Landesregierung und den Landtag, die Ausgaben für Kommunen, Bildung, öffentliche Infrastruktur und Daseinsfürsorge zu kürzen.

4. Im letzten Absatz werden die Worte: "Änderungen der Hessischen Verfassung, die der Landtag beschlossen hat, müssen von den Wählerinnen und Wählern bestätigt werden, um wirksam zu werden." ersetzt durch die Worte "über Änderungen der Hessischen Verfassung, die der Landtag beschlossen hat, müssen die Wählerinnen und Wähler entscheiden."

Sowohl der Dringliche Entschließungsantrag von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch der Änderungsantrag der Antragstellerin wurden im weiteren Verlauf der Plenarsitzung gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 20, der Dritten Lesung des Gesetzes zur Schuldenbremse, aufgerufen (LT-PlPr. 18/62 S. 4292). In der Debatte gingen der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Al-Wazir (LT-PlPr. 18/62 S. 4299) und das Fraktionsmitglied der Antragstellerin Dr. Wilken (LT-PlPr. 18/62 S. 4301) ausdrücklich auf den Erläuterungstext ein.

Nachdem der Antragsgegner in namentlicher Abstimmung den Gesetzentwurf mit 106 Ja- gegen fünf Nein-Stimmen angenommen hatte, lehnte er - wiederum in namentlicher Abstimmung - den Änderungsantrag der Antragstellerin zu dem Erläuterungstext mit 106 Nein- gegen fünf Ja-Stimmen ab. Schließlich nahm er den unveränderten Entschließungsantrag zu dem Erläuterungstext mit den Stimmen der die Gesetzesänderung tragenden Fraktionen gegen die Stimmen der Antragstellerin an (LT-PlPr. 18/62 S. 4304).

Die Hessische Landesregierung bestimmte auf der Grundlage von § 2 Satz 2 VAbstG durch die Verordnung über den Tag der Volksabstimmung vom 22. Dezember 2010 (GVBl. I S. 602) den 27. März 2011 - an dem in Hessen außerdem Kommunalwahlen durchgeführt werden - als Tag der Volksabstimmung.

II. Die Antragstellerin hat mit zwei auf den 8. Februar 2011 datierten Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten, die bereits am 7. Februar 2011 beim Staatsgerichtshof eingegangen sind, eine Verfassungsstreitigkeit eingeleitet und ergänzend Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung trägt sie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen vor:

1. Ihre Anträge seien nach § 26 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof des Landes Hessen - StGHG - statthaft.

Die Anträge seien auch nicht wegen ihres Inhalts unzulässig, insbesondere nähmen sie die Hauptsache nicht vorweg oder gingen über diese hinaus. Es handele sich um das Begehren einer in der Hauptsache zwar nicht möglichen, der Entscheidung in der Hauptsache jedoch verwandten Anordnung, die lediglich dazu dienen solle, bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern, dass der Antragsgegner als Verfassungsorgan auf die Entscheidung der Stimmberechtigten werbenden Einfluss nehme und diese durch eine unsachliche, genauer: objektiv unrichtige und unvollständige "Erläuterung" zum verfassungsändernden Gesetz in die Irre geführt würden.

Auch sei der Hilfsantrag zu Nr. 1, mit dem die Antragstellerin erreichen will, dass der unter Nr. 3 ihres Änderungsantrags aufgeführte Text den Abstimmungsberechtigten als Teil der Abstimmungsunterlagen nachträglich zugesandt werde, nicht etwa deswegen unzulässig, weil nach § 3 Abs. 2 VAbstG nur ein vom Landtag beschlossener Erläuterungstext diesen beigefügt werden dürfe. Vielmehr ließe sich durch eine dem Hilfsantrag zu Nr. 1 entsprechende einstweilige Anordnung dem Mangel, der in der Versendung allein der vom Antragsgegner beschlossenen, verfassungswidrigen Erläuterung liege, zumindest partiell abhelfen.

Schließlich könne die Antragstellerin nicht auf das Abstimmungsprüfungsverfahren verwiesen werden, da es sich nicht um eine gleichwertige Alternative zur anhängigen Verfassungsstreitigkeit handele.

2. Das Hauptsachebegehren sei weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet.

Bei der Hauptsache handele es sich um eine Verfassungsstreitigkeit im Sinne von Art. 131 Abs. 1 HV i.V.m. § 42 StGHG. Die Antragstellerin sei als Fraktion antragsberechtigt und im Sinne des § 42 Abs. 3 StGHG antragsbefugt. Es fehle auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Namentlich könne sie nicht auf das Abstimmungsprüfungsverfahren nach § 15 Abs. 2 VAbstG verwiesen werden. Über die Verfassungsmäßigkeit der Volksabstimmung insgesamt oder einzelner Verfahrensschritte müsse so früh wie möglich Klarheit geschaffen werden.

In der Sache verletzten die angegriffenen Beschlüsse insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen durch das Parlament (Recht auf Chancengleichheit) und den im Demokratieprinzip wurzelnden Schutz parlamentarischer Minderheiten (Oppositionsrechte). Diese der Antragstellerin als Fraktion zustehenden Rechte seien für das gesamte Verfahren zur Verfassungsänderung einschließlich des Volksabstimmungsverfahrens maßgeblich.

Die von der Mehrheit beschlossene Erläuterung habe werbenden Charakter für ein positives Votum des Volkes. Eine solche Empfehlung für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten und der damit verbundene Eingriff in die Fraktionskonkurrenz im Abstimmungskampf seien dem Landtag als Verfassungsorgan jedoch untersagt. Die Erläuterung des Landtags sei zudem unvollständig, weil sie keinerlei Hinweis auf Argumente enthalte, die gegen das Gesetz zur Schuldenbremse sprächen. Schließlich sei die Erläuterung unrichtig, weil sie den irreführenden Eindruck erwecke, als sei die unter Umständen drohende Gefahr eines Staatsnotstandes nur mit der beschlossenen Verfassungsänderung und nicht auch durch ein einfaches Gesetz abzuwenden. Der Beschluss über die Ablehnung des Änderungsantrags der Antragstellerin nehme dieser die Möglichkeit, ihre kritische Sicht den stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in einem offiziellen Dokument des Landtags, das mit den Wahlunterlagen versandt wird, zur Kenntnis zu bringen, obwohl das Prinzip der Chancengleichheit der Fraktionen verlange, dass die politischen Vorstellungen aller parlamentarischen Gruppierungen in der Erläuterung ihren Niederschlag finden. Das Verfahren im Landtag habe zudem - wegen der Eile, mit der die Sache behandelt worden sei, wegen der Verbindung der Debatte darüber mit der Dritten Lesung des Gesetzes und wegen des fehlenden förmlichen Aufrufs des Entschließungsantrags der Mehrheit vor dem Beschluss über dessen Dringlichkeit und über die gemeinsame Behandlung mit der Dritten Lesung - gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Fraktionen im Parlament und die Rechte der Antragstellerin als parlamentarischer Minderheit verstoßen.

3. Auch die übrigen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lägen vor. Dabei seien entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht nur keine besonders strengen Maßstäbe anzulegen, der Prüfungsmaßstab sei vielmehr sogar entschärft, namentlich da weder eine bereits geltende Rechtsnorm außer Vollzug gesetzt werden solle noch mit der beantragten einstweiligen Anordnung ein erheblicher Eingriff in die Kompetenzen der Legislative verbunden wäre.

Ein überragend wichtiger Nachteil, der durch ihren Erlass abgewendet werden könne, ergebe sich aus der Gefahr, dass das Abstimmungsergebnis wegen vorheriger Fehlinformationen in Zweifel gezogen werden könnte. Die Landesverfassung insgesamt und die geänderten Verfassungsnormen im Besonderen seien aber unbedingt vor dem Verdacht zu bewahren, es könnte sich um verfassungswidriges Verfassungsrecht handeln. Zudem sei zwar Art. 141 HV in seiner neuen Fassung erstmals im Jahr 2020 anwendbar, das verfassungsändernde Gesetz habe jedoch Vorwirkungen. In diesem Zusammenhang habe der Antragsgegner sogar bereits konkrete Maßgaben für ein Ausführungsgesetz zum geänderten Art. 141 HV beschlossen. Es sei daher anzunehmen, dass das entsprechende Gesetzgebungsverfahren demnächst eingeleitet werde. Insofern habe die beschlossene Verfassungsänderung auch im vorliegenden Fall unmittelbare Auswirkungen auf die Gesetzgebung.

Gegen eine einstweilige Anordnung sprechende öffentliche Interessen seien nicht ersichtlich. Die Verschiebung der Volksabstimmung sei hinzunehmen.

Bei einer einstweiligen Anordnung entsprechend dem Hilfsantrag, den ergänzenden Text aus dem abgelehnten Entschließungsantrag der Antragstellerin den Abstimmungsunterlagen beizufügen, könnte die Volksabstimmung wie vorgesehen stattfinden. Die Textergänzung würde aber wenigstens zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Erläuterung und damit zur Versachlichung und Objektivierung des Abstimmungskampfes beitragen. Im Interesse eines ergebnisoffenen Hauptsacheverfahrens müsse zudem verhindert werden, dass das verfassungsändernde Gesetz über die Schuldenbremse nach positivem Ausgang der Volksabstimmung bis zur Entscheidung in der Hauptsache in Kraft treten könne.

Die Antragstellerin beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung anzuordnen:

Die Landesregierung, der Landeswahlleiter und die Gemeinden werden angewiesen, die Durchführung der für den 27. März 2011 vorgesehenen Volksabstimmung über das "Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen - Gesetz zur Schuldenbremse)" bis zur Entscheidung in der Hauptsache, jedenfalls aber für die Dauer der Geltung der einstweiligen Anordnung, vorläufig auszusetzen.

Hilfsweise beantragt sie anzuordnen:

1. Der Landeswahlleiter und die Gemeinden werden angewiesen, bei der Durchführung der für den 27. März 2011 vorgesehenen Volksabstimmung über das "Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen - Gesetz zur Schuldenbremse)" in Ergänzung der den Stimmberechtigten bereits übermittelten "Erläuterung", die der Hessische Landtag am 15. Dezember 2010 auf seiner 62. Sitzung mehrheitlich beschlossen hat (Plenarprotokoll 18/60, S. 4304), den im abgelehnten Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 15. Dezember 2010 (LT-Drucksache 18/3494) unter Nr. 3 enthaltenen Text als Bestandteil der Abstimmungsunterlagen nachzusenden.

2. Der Hessische Ministerpräsident wird angewiesen, das möglicherweise durch die Volksabstimmung am 27. März 2011 zustande gekommene "Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen (Aufnahme einer Schuldenbremse in Verantwortung für kommende Generationen - Gesetz zur Schuldenbremse)" während der Dauer der Geltung der einstweiligen Anordnung nicht auszufertigen und zu verkünden.

III. Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Mit der beantragten einstweiligen Anordnung solle in ein offenes Verfahren zur Änderung der Hessischen Verfassung und damit unmittelbar in die Gesetzgebungsfunktion des Landtags und des Staatsvolks eingegriffen werden. Insbesondere deswegen sei bei der Prüfung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wie bei einem Eingriff in Regierungsfunktionen ein besonders strenger Maßstab anzulegen.

Die mit dem Hauptantrag angestrebte Aussetzung der Volksabstimmung könne nicht zulässiger Inhalt einer einstweiligen Anordnung gemäß § 26 StGHG sein, weil sie über das, was die Antragstellerin bei einem Erfolg in der Hauptsache erreichen könne, hinausgehe.

Der Hilfsantrag zu Nr. 1 sei unzulässig, da er die Hauptsache vorwegnähme. Zudem könne nach § 3 Abs. 2 VAbstG allein ein vom Landtag beschlossener Text den Abstimmungsunterlagen beigefügt werden. Landesregierung, Landeswahlleiter und Gemeinden als Anordnungsadressaten seien daher gar nicht befugt, den Abstimmungsunterlagen weitere Texte beizufügen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt sei weiter unzulässig, weil die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechte ihr unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen könnten. Im Übrigen sei der Antrag in der Hauptsache offensichtlich unbegründet. Insbesondere gelte das bei Wahlen von den Staatsorganen zu beachtende Neutralitätsgebot bei vom Landtag initiierten Volksabstimmungen für diesen nicht, es komme nur ein Gebot der Sachlichkeit in Form und Inhalt der Äußerungen in Betracht. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs beständen gegen den Erläuterungstext in der Sache jedoch keine Einwände. Das parlamentarische Verfahren sei ordnungsgemäß abgelaufen.

Auch die Folgenabwägung gehe zu Lasten der Antragstellerin aus.

Insbesondere könne sie in der Hauptsache nicht mehr erreichen als die Feststellung, durch die angegriffenen Beschlüsse seien ihre Rechte verletzt worden. Eine nicht wieder gutzumachende Beeinträchtigung dieses Rechtsschutzbegehrens sei durch die Durchführung der Abstimmung nicht zu befürchten. Im Übrigen habe auch die Antragstellerin - abgesehen von dem undeutlichen Hinweis auf ein möglicherweise mit dem Makel von Fehlinformationen der stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger behaftetes Ergebnis der Volksabstimmung - relevante Nachteile nicht aufzuzeigen vermocht. Durch die Aussetzung der Volksabstimmung würde dagegen in tiefgreifender Weise in das laufende Verfahren eingegriffen, eine erneute Ansetzung dürfte vor Herbst 2011 nicht in Betracht kommen. Das politische Anliegen des Antragsgegners würde damit über einen erheblichen Zeitraum hinweg vereitelt. Zudem seien durch eine Aussetzung Irritationen bei den Bürgern und eine geringere Abstimmungsbeteiligung zu befürchten.

Der Hilfsantrag zu Nr. 1 gehe nicht nur über das hinaus, was die Antragstellerin in der Hauptsache erreichen könnte, sondern nehme diese auch in unzulässiger Weise vorweg. Dem angestrebten Verbot, das verfassungsändernde Gesetz auszufertigen und zu verkünden, stehe der Gesichtspunkt eines Eingriffs in ein laufendes Volksabstimmungsverfahren entgegen. Überdies habe die Antragstellerin - selbst wenn die Vorgehensweise des Antragsgegners sie in ihren Rechten verletzt haben sollte - nicht dargelegt, dass dies zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Schuldenbremse führen könnte. Hinsichtlich der behaupteten Rechtsverletzungen sei daher im Hauptsacheverfahren ausreichender Rechtsschutz auch ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung gewährleistet.

IV. Die Landesregierung beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Auch die Landesregierung ist der Auffassung, die Anträge könnten keinen Erfolg haben.

Überwiegend seien sie bereits wegen ihres Inhalts unzulässig. Der Hauptantrag gehe nämlich über das in der Hauptsache allenfalls Erreichbare hinaus. Der Staatsgerichtshof sei zudem zu einem Eingriff in ein laufendes Volksabstimmungsverfahren nicht befugt. Das Verfahren zur Abstimmungsprüfung nach § 15 Abs. 2 VAbstG schließe andere verfassungs- oder fachgerichtliche Zuständigkeiten aus. Formal ergebe sich das aus der Verweisung des § 13 VAbstG auf § 46 Landtagswahlgesetz - LWG -, materiell aus dem Zweck dieser wahlrechtlichen Konzentrationsnorm, einen möglichst störungsfreien Ablauf des Wahl- oder Abstimmungsvorgangs sicherzustellen. Damit sei eine verfassungsgerichtliche Überprüfung auch der hier angegriffenen Beschlüsse ausgeschlossen, da der einmal beschlossene Erläuterungstext über § 3 Abs. 2 VAbstG konstitutiver Bestandteil des Volksabstimmungsverfahrens werde.

Weiter sei der Antrag in der Hauptsache offensichtlich aussichtslos. Die Antragstellerin habe bereits eine Verletzung ihr zustehender organschaftlicher Recht nicht schlüssig vorgetragen. Die angegriffenen Beschlüsse stellten kein rechtserhebliches Verhalten dar, das - selbst wenn diese inhaltlich fehlerhaft wären - geeignet sein könnte, die Antragstellerin in eigenen Rechten zu beeinträchtigen. Auch sei der Inhalt der vom Antragsgegner beschlossenen Erläuterung nicht zu beanstanden.

Schließlich seien die besonderen Voraussetzungen des § 26 StGHG nicht erfüllt. Insbesondere stehe dem Erlass einer einstweiligen Anordnung ein vorrangiges öffentliches Interesse entgegen, denn die Volksabstimmung habe angesichts der Ausgabe der Briefwahlunterlagen seit dem 14. Februar 2011 schon begonnen.

Mit besonderem Nachdruck spreche die Folgenabwägung gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dem Antragsgegner gehe es aus gutem Grund darum, das geplante Kreditaufnahmeverbot und seine Ausnahmen gerade in der Hessischen Verfassung zu verankern. Von einem einfachgesetzlichen Kreditaufnahmeverbot könne der Haushaltsgesetzgeber bis zum Wirksamwerden von Art. 109 Abs. 3 GG im Jahre 2020 jederzeit abweichen. Ebendiese Dispositionsbefugnis solle ihm durch die Verfassungsänderung genommen werden. Ein bestätigendes Votum der Abstimmenden vorausgesetzt, verpflichte Art. 161 HV in seiner künftigen Fassung das Land, bereits im Haushaltsjahr 2011 mit dem Abbau des bestehenden Defizits zu beginnen und die Haushalte so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe des neuen Art. 141 Abs. 1 HV erfüllt werde. Diese Festlegung der Konsolidierungspflicht gehe entscheidend über die weniger strikte Maßgabe des Art. 143d Abs. 1 GG hinaus, die den Ländern bis zum 31. Dezember 2019 die Abweichung vom Kreditfinanzierungsverbot freistelle. Dessen Verankerung in der Hessischen Verfassung mache überdies deutlich, dass die "Schuldenbremse" auch unabhängig von der aktuell vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffenen Normierung im Grundgesetz gelten solle. Diese Wirkungen würden für geraume Zeit aufgeschoben, wenn der Hauptantrag Erfolg hätte.

V. Die Landesanwältin bei dem Staatsgerichtshof beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Nach Auffassung der Landesanwältin bei dem Staatsgerichtshof ist der Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen. Eine solche sei nicht dringend geboten.

Das Inkrafttreten der Verfassungsänderung hätte keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen. Die zur Abstimmung gestellte Neufassung des Art. 141 HV sei nämlich erstmals für das Haushaltsjahr 2020 anwendbar. Bis dahin wäre Art. 141 HV in der derzeit geltenden Fassung anzuwenden. Mehr könne letztlich auch durch eine einstweilige Anordnung nach Maßgabe des hilfsweise gestellten Antrags zu Nr. 2 nicht erreicht werden.

Unter diesen Umständen müssten zumindest gewichtige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der im Hauptsacheverfahren angegriffenen Beschlüsse des Landtags bestehen, um eine einstweilige Anordnung als dringend geboten erscheinen zu lassen. Dies sei schon nach dem Vortrag der Antragstellerin eher nicht der Fall.

In der Antragsschrift selbst werde darauf hingewiesen, dass für die Antragstellerin "durchaus Gelegenheit bestanden hätte, auch zum Text jener ‚Erläuterung‘ kritisch Stellung zu nehmen". Die Antragstellerin habe ihre Minderheitenrechte auch insoweit ausgeübt, als sie einen eigenen Antrag zur Abstimmung gestellt habe. Dass dieser abgelehnt worden sei, könne ein etwaiges Recht auf Chancengleichheit und Minderheitenschutz nicht verletzen. Auch genüge der beanstandete Erläuterungstext - anders als die von der Antragstellerin gewünschte Textergänzung - dem von ihr als Prüfungsmaßstab herausgearbeiteten Gebot der Objektivität und Sachlichkeit.

Da somit gewichtige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Beschlüsse nicht hinreichend belegt seien, komme auch eine Aussetzung der Ausfertigung einer Verfassungsänderung nach Maßgabe des hilfsweise gestellten Antrags zu Nr. 2 nicht in Betracht.

B

Die Anträge sind abzulehnen. Der Hauptantrag (dazu I.) und der hilfsweise gestellte Antrag zu Nr. 2 (dazu III.) können keinen Erfolg haben, da jedenfalls die im Rahmen von § 26 Abs. 1 StGHG notwendige Folgenabwägung gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung spricht. Den ursprünglich als ersten Hilfsantrag gestellten Antrag hat die Antragstellerin wegen seiner zwischenzeitlichen Erledigung zurückgenommen. Der hilfsweise gestellte Antrag zu Nr. 1 ist unzulässig, weil die begehrte Entscheidung die Hauptsache in unzulässiger Weise vorwegnähme (dazu II.).

I. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 StGHG für den Erlass der mit dem Hauptantrag beantragten einstweiligen Anordnung sind nicht gegeben.

1. Der Antrag ist allerdings statthaft. § 26 Abs. 1 StGHG, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Regelung eines Zustands im Streitfall vorsieht, gilt grundsätzlich für alle Verfahrensarten (vgl. StGH NJW 1999, S. 1538 [1539]; Günther, Verfassungsgerichtsbarkeit in Hessen, 2004, § 26 Rdnr. 10). Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz kann dementsprechend auch in Ergänzung der - unter dem Geschäftszeichen P.St. 2319 ebenfalls bereits anhängigen - Verfassungsstreitigkeit der Beteiligten gestellt werden.

2. Die Antragstellerin ist als Fraktion des Hessischen Landtags nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 StGHG auch antragsberechtigt. Zwar werden die Landtagsfraktionen in Art. 131 Abs. 2 HV nicht als Antragsberechtigte erwähnt. Doch war, wie der Staatsgerichtshof im Urteil vom 11. Juni 2008 (StAnz. 2008, S. 1960 [1969 ff.]) ausführlich dargelegt hat, der Landesgesetzgeber dadurch nicht gehindert, den Fraktionen durch einfaches Gesetz ein eigenes Antragsrecht zu verleihen.

3. Weiter ist der Staatsgerichtshof für den Streitfall in der Hauptsache zuständig (zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vgl. etwa Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 1200). Es handelt sich um eine Verfassungsstreitigkeit im Sinne von Art. 131 Abs. 1 HV i.V.m. § 42 Abs. 1 StGHG.

4. Auch schließt das in § 15 Abs. 2 VAbstG i.V.m. §§ 51 und 50 StGHG vorgesehene Verfahren der Abstimmungsprüfung eine (vor der Wahl eingeleitete) Verfassungsstreitigkeit und ein korrespondierendes einstweiliges Anordnungsverfahren nicht aus.

Der Staatsgerichtshof hat zwar den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen wahlorganisatorischer Maßnahmen wie des Einsatzes von Wahlcomputern im Hinblick auf die Ausschlussklausel des § 46 LWG während eines laufenden Wahlverfahrens für unzulässig erachtet (vgl. ESVGH 59, 1). Er ist jedoch bereits in seinem Beschluss vom 25. Januar 1991 (StAnz. 1991, S. 451 [454 f.]) davon ausgegangen, dass das nach Durchführung einer Volksabstimmung mögliche Abstimmungsprüfungsverfahren eine Normenkontrolle der bei Volksabstimmungen regelmäßig notwendigen Volksabstimmungsverordnung (vgl. § 2 Satz 2 VAbstG) nicht ausschließe. Die Ausschließlichkeit des mit der Abstimmungsprüfung zur Verfügung stehenden Sonderrechtsweges sei weder der gleichrangigen Aufzählung von Normenkontrolle und Anfechtung des Ergebnisses einer Volksabstimmung in Art. 131 Abs. 1 HV noch der einfachgesetzlichen ergänzenden Verweisung des § 12 VAbstG a.F. (jetzt § 13 VAbstG) auf das Landtagswahlgesetz zu entnehmen.

Dementsprechend ist das Abstimmungsprüfungsverfahren auch im Verhältnis zu einer Verfassungsstreitigkeit und einem korrespondierenden einstweiligen Anordnungsverfahren nicht vorrangig und das hiesige Verfahren daher nicht im Hinblick auf die Ausschlussklausel des Landtagswahlgesetzes unzulässig. Das Abstimmungsprüfungsverfahren beginnt - anders als das Wahlprüfungsverfahren (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 StGHG i.V.m. § 15 Wahlprüfungsgesetz [WPG]) - unmittelbar vor dem Staatsgerichtshof. Eine vorrangige Zuständigkeit des Wahlprüfungsgerichts (bzw. eines Abstimmungsprüfungsgerichts), die vom Staatsgerichtshof zu respektieren wäre (vgl. nochmals ESVGH 59, 1), besteht nicht. Vor allem aber hat der in § 46 LWG vorgesehene Ausschluss anderer Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, den Zweck, die Durchführung einer Wahl - und insoweit dürfte Gleiches hinsichtlich einer Abstimmung gelten - gleichmäßig und termingerecht zu ermöglichen. Dementsprechend ist die Ausschlussklausel des § 46 LWG auf wahlorganisatorische (bzw. abstimmungsorganisatorische) Maßnahmen beschränkt, da diese typischerweise im Rahmen eines Wahl- bzw. Abstimmungsverfahrens in großer Zahl getroffen werden müssen. Selbst wenn der in § 13 VAbstG enthaltene Verweis auf das Landtagswahlgesetz die Ausschlussklausel umfassen sollte und sie daher bei einer Volksabstimmung von Bedeutung sein könnte, würde sie daher im konkreten Fall nicht eingreifen. Denn die hier streitigen Beschlüsse gehören weder begrifflich noch dem Zweck der Ausschlussklausel nach zu den abstimmungsorganisatorischen Maßnahmen. Sie gehen dem Abstimmungsverfahren im engeren Sinne vielmehr voraus und werden nur einmal gefasst, so dass ihre Vorabkontrolle keine Probleme aufwirft, die den Schwierigkeiten einer Überprüfung der organisatorischen Einzelmaßnahmen im Verlauf des Abstimmungsverfahrens vergleichbar wären.

5. Die materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen jedoch nicht vor.

Der Staatsgerichtshof kann nach § 26 Abs. 1 StGHG, um im Streitfall einen Zustand vorläufig zu regeln, für eine sechs Monate nicht übersteigende Frist eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn es zur Abwendung schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund dringend geboten ist und ein vorrangiges öffentliches Interesse nicht entgegensteht.

a) Bei der Anwendung von § 26 Abs. 1 StGHG geht der Staatsgerichtshof in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen aus (vgl. für viele etwa StGH, Beschl. v. 11.08.2004 - P.St. 1964 e.A. - juris; StGH NVwZ-RR 2003, S. 1; für das BVerfG vgl. aus jüngster Zeit Beschl. v. 08.12.2010 - 1 BvR 2743/10 - juris): Wegen der weittragenden Folgen einer einstweiligen Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren ist bei der Prüfung, ob die einstweilige Anordnung dringend geboten ist, ein strenger Maßstab anzulegen. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Hauptsacheklage erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. außer den bereits genannten Entscheidungen StGH LVerfGE 8, 251 [252]; BVerfGE 91, 252 [257]). Der Staatsgerichtshof muss vielmehr die nachteiligen Folgen gegeneinander abwägen, die einerseits einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Antragstellerin in der Hauptsache aber Erfolg hätte, bzw. die andererseits entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, den Anträgen in der Hauptsache aber letztlich der Erfolg zu versagen wäre. Bei dieser Abwägung sind nicht nur die Interessen der Antragstellerin, sondern alle in Frage kommenden Belange und Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wobei nach § 26 Abs. 1 StGHG entgegenstehenden vorrangigen öffentlichen Interessen ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. nochmals StGH LVerfGE 8, 251 [252]; BVerfGE 96, 120 [128]).

Der schon üblicherweise strenge Maßstab ist hier entgegen der Auffassung der Antragstellerin nochmals verschärft. Die Außervollzugsetzung einer Rechtsnorm ist nicht die einzige Fallkonstellation, in der der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch besonders gewichtige Gründe des Allgemeinwohls geboten sein muss (vgl. Berkemann, in: Umbach/Clemens/Dollinger [Hrsg.], BVerfGG - Mitarbeiterkommentar, 2. Aufl. 2005, § 32 Rdnr. 166, außerdem Graßhof, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG - Kommentar, Loseblatt, § 32 Rdnr. 55 [Stand: 07/02]). Vielmehr hat der Staatsgerichtshof wegen des gebotenen Respekts gegenüber demokratisch legitimierten Entscheidungsträgern und insbesondere anderen Verfassungsorganen auch dann besondere Zurückhaltung zu wahren, wenn er durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung in deren Autonomie oder deren Entscheidungen eingreifen würde (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfGE 106, 253 [261]). Im konkreten Fall führte der Erlass einer einstweiligen Anordnung zudem zu einem Eingriff in den verfassungs- und einfachrechtlich vorgezeichneten Ablauf eines Verfahrens zur Verfassungsänderung und damit der Volksgesetzgebung. Damit liegt ein weiterer Grund vor, der den Staatsgerichtshof dazu zwingt, von dieser Möglichkeit nur in besonders engen Grenzen Gebrauch zu machen.

b) Die auf Grund dieses Maßstabs gebotene Folgenabwägung steht dem Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegen. Ob die in der Hauptsache gestellten Anträge von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind, kann dabei offenbleiben.

Mit der beantragten Eilentscheidung wäre ein massiver Eingriff in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren und den durch verhältnismäßig kurze Fristen gekennzeichneten Ablauf des Volksabstimmungsverfahrens verbunden. Die Volksabstimmung könnte zu dem vorgesehenen Termin und innerhalb der in § 1 VAbstG vorgesehenen Frist nicht durchgeführt werden. Die zeitliche Nähe des Gesetzesbeschlusses im Landtag einerseits und der Volksabstimmung andererseits, die im Hinblick auf den öffentlichen Diskussionszusammenhang auch von inhaltlicher Bedeutung ist, wäre nicht mehr gewahrt. Nachdem die Briefwahlunterlagen bereits seit dem 14. Februar 2011 ausgegeben werden, müsste zudem hinsichtlich der auf diesem Wege bereits abgegebenen Stimmen die Abstimmung wiederholt werden. Der Staatsgerichtshof würde durch den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung daher in starkem Maße in das laufende Verfahren der Verfassungsänderung eingreifen. Damit wären gerade angesichts der Zurückhaltung, die der Staatsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu wahren hat, Nachteile von ganz erheblichem Gewicht verbunden, wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass die Antragstellerin dort keinen Erfolg haben kann und die Aussetzung und jedenfalls teilweise Wiederholung der Volksabstimmung nicht geboten war.

Demgegenüber sind mit der Ablehnung des Antrags weniger schwerwiegende Auswirkungen verbunden. Würde die einstweilige Anordnung nicht ergehen, müsste der Ministerpräsident - vorausgesetzt das verfassungsändernde Gesetz findet in der Volksabstimmung eine Mehrheit - dieses binnen zwei Wochen (Art. 120 HV) nach (Feststellung des Ergebnisses durch den Landeswahlausschuss und) Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses im Staatsanzeiger durch den Landeswahlleiter (§ 16 VAbstG) ausfertigen und im Gesetz- und Verordnungsblatt verkünden.

Damit könnte möglicherweise verfassungswidrig zustande gekommenes Verfassungsrecht in Kraft treten. Der Staatsgerichtshof hat dies im Verfahren P.St. 1119 e.V. (StAnz. 1991, S. 451) durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung verhindert, mit der er (u.a.) den Hessischen Ministerpräsidenten angewiesen hat, das verfassungsändernde Gesetz vorläufig nicht auszufertigen und nicht zu verkünden. Er hat dabei hervorgehoben (a.a.O., S. 456), dass das öffentliche Ansehen der Landesverfassung dadurch Schaden erleiden müsste, dass nicht verfassungsgemäß zustande gekommene Rechtsnormen zunächst in Kraft gesetzt worden wären, sich dann aber als nichtig herausstellen würden. Es habe hohe Bedeutung für die staatsnotwendige Akzeptanz des Verfassungsrechts als der Grundordnung des demokratisch-republikanischen Rechtsstaats, dass abgesehen von Änderungen im Regelungsumfang, die durch Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz des Bundes entstanden seien, der Bestand an Verfassungsnormen, der den Maßstab für niederrangiges Recht liefert, nicht selbst zum Teil als verfassungswidrig in Zweifel gezogen werden kann. Der Staatsgerichtshof hat den Erlass der einstweiligen Verfügung im Verfahren P.St. 1119 e.V. gerade auch damit begründet, dass sich die Änderung der Verfassungslage grundsätzlich sofort auf Gesetzgebung und Rechtsprechung auswirke.

Demgegenüber macht es eine Besonderheit des vorliegenden Verfahrens aus, dass eine sofortige erhebliche Auswirkung der Verfassungsänderung auf Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht zu erwarten ist. Dies mindert das Gewicht der Nachteile, die entstünden, wenn die beantragte einstweilige Anordnung nicht erginge, ganz erheblich. Denn die rechtliche Lage ist durch das Grundgesetz weitgehend vorgezeichnet: Die "Schuldenbremse", wie sie durch den neuen Art. 141 Abs. 1 in der Hessischen Verfassung verankert werden soll, also das Gebot, den Haushaltsausgleich grundsätzlich ohne die Aufnahme von Krediten herzustellen, findet sich bereits in Art. 109 Abs. 3 GG. Dieser enthält dabei nicht bloß Vorgaben an die Länder, die noch der Umsetzung durch diese bedürften, sondern hat unmittelbar von den Ländern zu beachtendes Recht geschaffen. Die Schuldenbremse wird also unabhängig von der hier umstrittenen Verfassungsänderung das Handeln der Landesorgane und insbesondere des Haushaltsgesetzgebers bestimmen.

Auch die in Art. 161 HV vorgesehenen Vorwirkungen - danach beginnt der Abbau des bestehenden Defizits bereits im Haushaltsjahr 2011, die Haushalte sind so aufzustellen sind, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe des Art. 141 Abs. 1 HV erfüllt wird - nehmen nur Verpflichtungen auf, die sich im Wesentlichen ebenso aus Art. 143d Abs. 1 GG und dort insbesondere aus Satz 4 ergeben, so dass der Erlass der einstweiligen Anordnung an der Wirksamkeit der "Schuldenbremse" nichts ändern würde. Der einfache Gesetzgeber wäre, auch wenn das verfassungsändernde Gesetz vorläufig nicht in Kraft treten könnte, dementsprechend nicht gehindert, ein Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse zu schaffen. Ein Gesetz mit entsprechenden Inhalten könnte, worauf die Antragstellerin selbst hinweist, der Gesetzgeber zudem sogar gänzlich ohne verfassungsrechtliche Vorgaben erlassen. Aus Sicht der Antragstellerin drohende Nachteile, die durch das Inkrafttreten des verfassungsändernden Gesetzes und ein daran orientiertes Handeln insbesondere der Landesregierung und des Haushaltsgesetzgebers verursacht werden, haben bei der Abwägung daher geringeres Gewicht, weil sie sich auch durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vollständig vermeiden ließen.

Im Ergebnis kann daher wegen der begrenzten Auswirkungen des Inkrafttretens des Gesetzes nicht davon ausgegangen werden, dass die bei der Ablehnung einer einstweiligen Anordnung drohenden Nachteile von hinreichendem Gewicht sind, um die einstweilige Anordnung zu rechtfertigen.

II. Nummer 1 des hilfsweise gestellten Antrags ist im Hinblick auf den Inhalt der beantragten einstweiligen Anordnung unzulässig.

Die begehrte einstweilige Anordnung würde eine Situation schaffen, die einer Vorwegnahme der Hauptsache - in diesem Fall bezogen auf den in der Hauptsache unter Nr. 2 gestellten Antrag - zumindest nahekäme, beziehungsweise der Antragstellerin sogar mehr geben, als sie in der Hauptsache erreichen könnte. Die Volksabstimmung würde nämlich auf der Basis von Abstimmungsunterlagen durchgeführt, die gerade die Textergänzung enthielten, die die Antragstellerin wünscht. Dies ließe sich nach Durchführung der Volksabstimmung nicht mehr korrigieren. Eine entsprechende einstweilige Anordnung hätte - selbst wenn bei der Versendung auf die Anordnung des Staatsgerichtshofes hingewiesen und damit eine für die Abstimmungsberechtigten sichtbare Unterscheidung im Verhältnis zu dem vom Antragsgegner verabschiedeten Text hergestellt würde - zur Folge, dass die Antragstellerin das mit dem Hauptsacheantrag inhaltlich verfolgte Ziel im einstweiligen Anordnungsverfahren erreichen würde. Für eine solche Vorwegnahme der Hauptsache besteht aber kein Anlass.

III. Hinsichtlich der Nr. 2 des hilfsweise gestellten Eilantrags gelten im Wesentlichen die gleichen Überlegungen, wie sie im Rahmen der Folgenabwägung zu dem Hauptantrag angestellt wurden. Zwar könnte die Volksabstimmung wie vorgesehen durchgeführt werden. Es bliebe jedoch bei dem Eingriff in die Entscheidungen des Landtags und in ein laufendes Verfahren der Volksgesetzgebung, hinsichtlich deren der Staatsgerichtshof in besonderem Maße zur Zurückhaltung verpflichtet ist.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 28 Abs. 1 und 7 StGHG.

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