OLG München, Beschluss vom 21.09.2020 - 1 Ws 685/20
Fundstelle
openJur 2020, 73557
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten W... vom 22.07.2020 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein vom 15.07.2020, mit dem der Antrag des Verurteilten vom 09.07.2020, Richter am Landgericht B... wegen Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen wurde, wird als unbegründet kostenpflichtig verworfen.

Gründe

I.

Mit Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 24.10.2016, rechtskräftig seit 26.06.2018, wurde der Beschwerdeführer wegen Betrugs in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 12.01.2018, rechtskräftig seit 14.02.2019, wurde der Beschwerdeführer wegen 17 tatmehrheitlicher Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt.

Aus den Einzelstrafen der beiden vorgenannten Verurteilungen bildete das Amtsgericht München unter Auflösung der Gesamtstrafen mit Beschluss vom 18.02.2020, rechtskräftig seit 03.06.2020, eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von 3 Jahren 1 Monat.

Mit Verfügung vom 22.06.2020 wies Richter am Landgericht B... von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein den Beschwerdeführer unter anderem darauf hin, dass "aufgrund der eventuell voll verbüßten Strafzeit die Frage nach dem Eintritt einer Führungsaufsicht und damit verbundener Weisungen im Raum" stehe, die Strafkammer die Voraussetzungen für die Bestellung einer Pflichtverteidigerin nicht als gegeben ansehe und räumte dem Beschwerdeführer hierzu Gelegenheit zu einer kurzfristigen Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 26.06.2020 nahm der Beschwerdeführer Stellung und beantragte, Frau Rechtsanwältin Dr. G... als Pflichtverteidigerin beizuordnen.

Mit Beschluss vom 02.07.2020 lehnte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein den Antrag des Verurteilten, ihm einen Pflichtverteidiger zu bestellen, ab. Dieser Beschluss ist von Richter am Landgericht B... unterschrieben.

Am 03.07.2020 ging der Antrag der Staatsanwaltschaft München I vom 24.06.2020 auf Ausgestaltung der Führungsaufsicht bei der Strafvollstreckungskammer ein.

Mit Verfügung von Richter am Landgericht B... vom 03.07.2020 räumte die Strafvollstreckungskammer dem Verurteilten und seiner Verteidigerin, Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen zum Antrag der Staatsanwaltschaft München I ein.

Mit Schreiben vom 09.07.2020 lehnte der Beschwerdeführer Richter am Landgericht B... wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung verwies der Beschwerdeführer auf die Ablehnung seines Antrags auf Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. G... als Pflichtverteidigerin und darauf, dass ihm mit Schreiben der Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht Traunstein der Eintritt der Führungsaufsicht mit Vollverbüßung mitgeteilt worden sei, obwohl noch die Stellungnahmefrist der Strafvollstreckungskammer zur Ausgestaltung der Führungsaufsicht lief.

Am 14.07.2020 nahm Richter am Landgericht B... dienstlich Stellung zum Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers.

Mit Beschluss vom 15.07.2020 wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein den Befangenheitsantrag vom 09.07.2020 gegen Richter am Landgericht B... zurück.

Gegen diesen ihm am 22.07.2020 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.07.2020, welches am 27.07.2020 bei Gericht einging, sofortige Beschwerde ein.

Mit Ablauf des 18.07.2020 hat der Beschwerdeführer die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 18.02.2020 vollständig verbüßt, bis 14.07.2020 befand sich der Beschwerdeführer in der JVA Bernau, seit seiner Verlegung befindet sich der Beschwerdeführer in der JVA München und seit 19.07.2020 in Untersuchungshaft.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hält die sofortige Beschwerde für zulässig, aber unbegründet.

Mit Verfügung vom 10.09.2020 leitete der Senat dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsanwältin die dienstliche Stellungnahme von Richter am Landgericht B... vom 14.07.2020 zu und teilte mit, dass der Senat nicht vor dem 17.09.2020 über die sofortige Beschwerde entscheiden werde.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft.

Es ist in der Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags im Strafvollstreckungsverfahren statthaft ist (so MüKoStPO/Conen/Tsambikakis StPO § 28 Rn. 17; Siolek in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2016, § 28 Rn. 47 für das Verfahren über die bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 StGB i.V.m. § 454 StPO; Chlosta NStZ 1987, S. 291 f. mit ablehnender Anmerkung zu OLG Düsseldorf NStZ 1987, S. 290 f.; OLG München vom 18.03.1988, 2 Ws 87/88; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2007, S. 222 f.; OLG Hamm NStZ 2009, S. 53; OLG Zweibrücken vom 26.11.2007, 1 Ws 479/07) oder nicht (so Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt 63. Aufl. § 28 Rn. 6a; BeckOK StPO/Cirener, 37. Ed. 1.7.2020, StPO § 28 Rn. 9.3; Alexander in Radtke/Hohmann StPO § 28 Rn. 6; OLG Brandenburg NStZ 2005, S. 296; OLG Braunschweig BeckRS 2012, 24967; OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 mit umfangreicher Darstellung des Sach- und Streitstands samt weiterer Nachweise; OLG Karlsruhe vom 25.09.2017, 2 Ws 294/17).

Trotz der im Vordringen befindlichen, mittlerweile wohl überwiegenden jüngeren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (so Scheuten in KK StPO 8. Aufl. § 28 Rn. 5, ohne sich selbst zu positionieren), welche die sofortige Beschwerde in Strafvollstreckungssachen in analoger Anwendung von § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO für nicht statthaft erachtet, hält der Senat die sofortige Beschwerde für statthaft.

Dafür spricht zunächst der eindeutige Wortlaut der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn eine sofortige Beschwerde soll nur dann nicht statthaft sein, wenn die Entscheidung einen "erkennenden Richter" betrifft. In diesen Fällen kann die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsantrags nur zusammen mit dem "Urteil" angefochten werden. "Erkennende Richter" sind diejenigen Richter, welche dazu berufen sind, in der Hauptverhandlung mitzuwirken (Scheuten in KK StPO 8. Aufl. § 28 Rn. 5; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt 63. Aufl. § 28 Rn. 6). Dabei beginnt die Eigenschaft als erkennender Richter mit der Rechtshängigkeit und endet mit der Urteilsfällung (Bockemühl in KMR StPO 83. Erg.lief. § 28 Rn 7 f.). Damit sind Richter, die in Strafvollstreckungssachen und damit erst nach einem rechtskräftigen Urteil entscheiden, keine "erkennenden Richter" i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO, zumal da diese nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entscheiden. Letztlich teilen auch die Oberlandesgerichte, die die sofortige Beschwerde in Strafvollstreckungssachen für nicht statthaft erachten, die Auffassung, dass der Wortlaut Strafvollstreckungssachen nicht erfasst und wenden daher § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO analog an (vgl. OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 Rn. 17 zitiert nach juris).

Soweit angeführt wird, dass auch im Bereich des § 305 S. 1 StPO der Begriff des "erkennenden Richters" verwendet und dort vielfach auch auf die Richter der Strafvollstreckungskammern angewendet wird (vgl. OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 Rn. 25 zitiert nach juris), so hat der Senat diese Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Jedenfalls haben § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO und § 305 S. 1 StPO unterschiedliche Regelungszwecke, so dass hieraus nicht zwingende Vorgaben für die Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO abzuleiten sind (so auch OLG Bremen a.a.O.).

Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO eine analoge Anwendung in Strafvollstreckungssachen gebieten. § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO eröffnet aus Zweckmäßigkeitsgründen einen von § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO abweichenden Instanzenzug (Scheuten in KK StPO 8. Auf. § 28 Rn. 8). Der Senat sieht den Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechend dem wörtlichen Anwendungsbereich darin, den Ablauf der Hauptverhandlung, welche nur begrenzt unterbrochen werden kann, zu schützen (so auch OLG Zweibrücken vom 26.11.2007, 1 Ws 479/07 Rn. 6 zitiert nach juris; Chlosta NStZ 1987, S. 291). Eine § 229 StPO vergleichbare Regelung gibt es im Strafvollstreckungsverfahren nicht. Zwar können in einzelnen Strafvollstreckungsverfahren durchaus mehrere Personen an einem Verfahren beteiligt sein (z.B. Verteidiger, Sachverständiger, behandelnde Ärzte, Bewährungshelfer so OLG Karlsruhe vom 25.09.2017, 2 Ws 294/17 Rn. 9 zitiert nach juris), allerdings finden nicht in jedem Strafvollstreckungsverfahren mündliche Anhörungen statt (vgl. § 462 Abs. 1 Satz 1 StPO; § 463 Abs. 6 Satz 1 StPO). In den Strafvollstreckungsverfahren, in denen mündliche Anhörungen erforderlich sind, können diese erfahrungsgemäß an einem Tag durchgeführt werden, zumal da die Anwesenheit nur weniger Beteiligter von Gesetzes wegen gefordert wird (§ 453 Abs. 1 Satz 4 StPO: mündliche Anhörung des Verurteilten; § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO: mündliche Anhörung des Verurteilten, mit Ausnahmemöglichkeiten nach § 454 Abs. 1 Satz 4 StPO; § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO: mündliche Anhörung des Sachverständigen mit Mitwirkungsmöglichkeit für Staatsanwaltschaft, Verurteiltem, Verteidiger und Justizvollzugsanstalt). Nach alledem liegt nach Ansicht des Senats in den meisten Fällen der Strafvollstreckungsverfahren keine mit einem umfänglichen Hauptverfahren vergleichbare Interessenlage vor.

Soweit darauf abhoben wird, dass auch in Strafvollstreckungsverfahren der verfassungsrechtliche Beschleunigungsgrundsatz gilt und unabhängig von der Willensrichtung des Verurteilten gesetzliche Fristen, z.B. die Prüffristen des § 67 e Abs. 2 StGB, einzuhalten sind (vgl. OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 Rn. 20 zitiert nach juris mit weiteren Nachweisen) rechtfertigt dies keine analoge Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn es liegt regelmäßig kein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot vor, wenn es bei ansonsten umsichtiger Verfahrensgestaltung und zügiger Bearbeitung von zulässig eingelegten Rechtsbehelfen zu unvermeidbaren Verfahrensverzögerungen kommt, da ein entsprechender Zeitbedarf letztlich aus der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelsystems folgt (vgl. BVerfG NJW 2003, S. 2228 zur Frage der Nichtberücksichtigung der Dauer des Revisionsverfahrens bei der Bemessung von überlanger Verfahrensdauer).

Auch das Argument der Prozesswirtschaftlichkeit führt zu keiner zwingend analogen Anwendbarkeit des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn es entspricht umgekehrt auch dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit und der Verfahrensbeschleunigung, wenn bereits in einem frühen Verfahrensstadium geklärt wird, ob bei einem Richter, der zur Entscheidung berufen ist, die Besorgnis einer Befangenheit besteht oder nicht. Denn, falls sich die Besorgnis der Befangenheit auch auf die Verfahrensgestaltung ausgewirkt haben sollten, müsste allein deswegen die Entscheidung aufgehoben und das Verfahren erneut erstinstanzlich durchgeführt werden (so auch OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 Rn. 21 a.E. zitiert nach juris).

Zwar erkennt der Senat an, dass in gewissen Verfahrenskonstellationen eine mit vorgeschobenen Befangenheitsanträgen verfolgte Verzögerungstaktik auch im Interesse des verurteilten Beschwerdeführers liegen kann (z.B. in Widerrufssachen; vgl. OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 Rn. 19 zitiert nach juris). Dies rechtfertigt aber keine analoge Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO, da es dabei bleibt, dass es in einer Vielzahl von Strafvollstreckungssachen im Interesse des Verurteilten liegt, eine schnelle Entscheidung des Gerichts zu erhalten, so dass missbräuchliche Befangenheitsanträge insoweit nicht zu erwarten sind. Ferner stellt das Gesetz hierfür in § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO ein eigenes Instrument zur Verfügung.

Schließlich sieht der Senat in einer analogen Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO auf das Strafvollstreckungsverfahren auch eine Umkehrung des gesetzlich vorgesehenen Regel-Ausnahmeverhältnisses. Denn nach § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO ist grundsätzlich das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen Befangenheitsanträge ablehnende Entscheidungen vorgesehen. Nur in den in § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO beschriebenen Ausnahmefällen soll die sofortige Beschwerde nur zusammen mit dem Urteil bzw. bei analoger Anwendung zusammen mit der Endentscheidung möglich sein. Wenn aber § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO neben dem Hauptverfahren auch in dem gesamten Strafvollstreckungsverfahren gelten soll (dort in analoger Anwendung), dann verbleiben als Anwendungsbereich für den gesetzlich eigentlich als Grundsatz vorgesehenen § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO nur mehr die Entscheidungen im Vor- bzw. Ermittlungsverfahren (so auch OLG Bremen vom 07.01.2019, 1 Ws 116/18 Rn. 26 zitiert nach juris). Soweit aber im Vorverfahren überhaupt richterliche Entscheidungen ergehen, so ist nach § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO eine Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Entscheidung nicht vorgesehen, falls durch die Gewährung rechtlichen Gehörs der Zweck der Anordnung gefährdet wäre. Ein Befangenheitsgesuch ist aber unzulässig, falls die Entscheidung schon getroffen ist (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt StPO 63. Aufl. § 26 Rn. 11; Scheuten in KK StPO 8. Aufl. § 26 Rn. 12). Damit ist selbst im Vorverfahren der tatsächliche Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO eingeschränkt.

Nach alledem erachtet der Senat die sofortige Beschwerde für statthaft. Sie ist auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt gemäß § 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO.

2. Die sofortige Beschwerde erweist sich allerdings als unbegründet.

Soweit der Beschwerdeführer meint, dass Richter am Landgericht B... befangen sei, weil dieser die Bestellung von Frau Rechtsanwältin Dr. G... als Pflichtverteidigerin abgelehnt habe, obwohl er doch in seinem Antrag ausgeführt habe, dass er weder über die notwendige Sach - noch Rechtskompetenz verfüge und sich nicht selbst verteidigen könne, so begründet dies nicht die Besorgnis der Befangenheit.

Eine Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO). Dies ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der oder die abgelehnten Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnehmen, die ihre Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Dabei kommt es zwar auf den Standpunkt des Ablehnenden an, nicht aber auf seinen (möglicherweise einseitigen) subjektiven Eindruck und seine unzutreffende Vorstellung vom Sachverhalt. Maßgebend sind vielmehr der Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten und die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder, bei voller Vernunft befindlicher Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann. Der Ablehnende muss daher Gründe für sein Ablehnungsbegehren vorbringen, die jedem unbeteiligten Dritten einleuchten (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt StPO 63. Aufl. § 24 Rn. 8). Die Mitwirkung an Zwischenentscheidungen im anhängigen Verfahren und die in solchen Entscheidungen geäußerten Rechtsmeinungen rechtfertigen die Ablehnung in der Regel nicht. Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine Zwischenentscheidung auf einem Verfahrensfehler, einem tatsächlichen Irrtum oder sogar auf einer unhaltbaren Rechtsansicht beruht. Anders verhält es sich nur, wenn die von den abgelehnten Richtern getroffene Entscheidung bzw. ihre Begründung völlig abwegig ist oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt StPO 63. Aufl. § 24 Rn. 12, 14).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe und unter Berücksichtigung der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters vom 14.07.2020 kann der vom Beschwerdeführer vorgetragene Sachverhalt daher eine Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Dies gilt umso mehr als der Senat mit Beschluss vom 30.07.2020 (Az.: 1 Ws 594/20) die gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung eingelegte sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen hat.

Soweit der Beschwerdeführer aus dem Schreiben der Führungsaufsichtsstelle zu dem Aktenzeichen FA 127/20, in welchem ihm der Eintritt der Führungsaufsicht mitgeteilt wurde, schließt, die Strafvollstreckungskammer habe trotz noch laufender Stellungnahmefrist bereits einen Beschluss gefasst, so verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Nach § 68 f Abs. 1 StGB tritt von Gesetzes wegen nach Vollverbüßung von Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren wegen vorsätzlicher Straftat(en) Führungsaufsicht ein. Es bedarf hierzu keiner besonderen richterlichen Entscheidung (vgl. hierzu auch Fischer StGB 67. Aufl. § 68 f Rn. 7). Daher hatte die Führungsaufsichtsstelle unabhängig von der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer den Beschwerdeführer über den Eintritt der Führungsaufsicht informiert. Die Gelegenheit zur Stellungnahme durch die Strafvollstreckungskammer betraf die konstitutive Entscheidung über ein mögliches Absehen von der Führungsaufsicht nach § 68 f Abs. 2 StGB und die Ausgestaltung der Führungsaufsicht mit Weisungen nach § 68 b StGB und die Festlegung der Dauer der Führungsaufsicht. Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit nach den obigen Maßstäben lassen sich diesem Sachverhalt nicht entnehmen.

Die sofortige Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 464, 473 StPO.