LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 12.06.2019 - 18 Qs 20/19
Fundstelle
openJur 2020, 72611
  • Rkr:
Tenor

1. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Erlangen vom 25.03.2019 (Gz. 9 Gs 152/19) in Gestalt des Beschlusses des Amtsgerichts Erlangen vom 11.04.2019 (Gz. 9 Gs 183/19) wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft legt dem 62 Jahre alten Beschuldigen und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Anklageschrift vom 05.06.2019 (zusammengefasst) zur Last, die im Tatzeitpunkt 53 Jahre alte Anzeigeerstatterin G. am 10.03.2019 gegen 11:45 Uhr als Busfahrer der Linie ... im Stadtgebiet ... im Verlauf der Busfahrt sowie während einer Unterbrechung der Fahrt "sexuell genötigt" zu haben (§ 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB). Konkret soll der Beschwerdeführer die Anzeigeerstatterin zunächst mit der Äußerung, er sei "stärker" als diese, dazu veranlasst haben, es gegen ihren Willen zuzulassen, dass er während der Busfahrt unter der Bekleidung der Anzeigeerstatterin an deren Busen manipulierte ("kneten"). Nachdem sich die Anzeigeerstatterin im Anschluss an diesen sexuellen Übergriff in den hinteren Teil des - im Tatzeitraum nicht mit weiteren Fahrgästen besetzten - Linienbusses begeben habe, soll der Beschwerdeführer die Fahrt unterbrochen, vor der Anzeigeerstatterin sein Geschlechtsteil entblößt und diese aufgefordert haben, seinen Penis zu "streicheln". Als die Anzeigeerstatterin dem nicht nachgekommen sei, soll der Beschwerdeführer seine Hose wieder geschlossen und erneut unter der Bekleidung der Anzeigeerstatterin an deren Busen manipuliert haben.

Der von diesem Sachverhalt ausgehende, beschwerdegegenständliche, am 25.03.2019 vom Ermittlungsrichter am Amtsgericht Erlangen (§ 54 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d aa GZVJu) erlassene Haftbefehl (Gz. 9 Gs 152/19) war entsprechend dem Antrag des vormals zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft zunächst auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) gestützt worden. Im bereits stattgefundenen Termin zur mündlichen Haftprüfung am 11.04.2019 ersetzte das Amtsgericht diesen Haftgrund durch denjenigen der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO) und ordnete Haftfortdauer an (Gz. 9 Gs 183/19).

Nach Abschluss der kriminalpolizeilichen Ermittlungen (der Schlussbericht der Kriminalpolizeiinspektion ... datiert vom 07.05.2019) hat der Beschwerdeführer durch seinen Wahlverteidiger am Mittwoch, dem 22.05.2019, per Telefax bei dem Amtsgericht Haftbeschwerde eingelegt. Ein Haftgrund bestehe nicht; außerdem bestünde "kein besonders hoher Grad an Wahrscheinlichkeit", dass eine Verurteilung des Beschwerdeführers "tatsächlich zwingend erfolgen" werde. Hilfsweise solle der Haftbefehl gegen geeignete Auflagen außer Vollzug gesetzt werden.

Die der Staatsanwaltschaft aufgrund ermittlungsrichterlicher Verfügung vom 23.05.2019 am Folgetag (Freitag, 24.05.2019) per Telefax "zur Antragstellung" übermittelte Haftbeschwerde wurde von der Dezernentin am Dienstag, dem 28.05.2019, an das Amtsgericht mit dem Antrag zurückgeleitet, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Dem kam das Amtsgericht am 29.05.2019 nach. Es verfügte unter demselben Datum (Mittwoch, 29.05.2019) die Rückübersendung der Akten an die Staatsanwaltschaft zur Beschwerdevorlage an das Landgericht. Bei der Staatsanwaltschaft gingen die Akten aus für die Beschwerdekammer nicht nachvollziehbaren Gründen erst am Dienstag, dem 04.06.2019, ein.

Die Vorlage der Beschwerde mit den Zweitakten an das Landgericht verfügte die Dezernentin der Staatsanwaltschaft zeitgleich mit dem Abschluss der Ermittlungen und der Unterzeichnung einer (inhaltlich dem Haftbefehl entsprechenden) Anklageschrift zum Amtsgericht - Schöffengericht - Erlangen am Mittwoch, dem 05.06.2019. Hinsichtlich der Haftbeschwerde stellte sie den Antrag, das Rechtsmittel kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.

Bei dem Beschwerdegericht kamen die Zweitakten aus ebenfalls nicht mehr nachvollziehbaren Gründen erst am Dienstag nach Pfingsten (11.06.2019) in Einlauf.

Die Anklageschrift war laut telefonischer Auskunft der zuständigen Dezernentin der Staatsanwaltschaft am 11.06.2019 dort aufgrund von Verzögerungen wegen der Herstellung von Drittakten noch nicht an das als Tatgericht zuständige Amtsgericht - Schöffengericht - Erlangen übermittelt worden. Eine erneute telefonische Nachfrage am 12.06.2019 ergab, dass die Verfahrensakten bei der Staatsanwaltschaft nach wie vor nicht in Auslauf gelangt seien; dies sei erst mit dem planmäßigen Aktentransport nach Erlangen am morgigen Donnerstag (13.06.2019) vorgesehen.

II.

Der gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Haftbeschwerde war der Erfolg nicht zu versagen. Insbesondere ist die Beschwerdekammer bis zum Eingang der Anklageschrift bei dem Amtsgericht Erlangen (§ 170 Abs. 1 StPO) zur Entscheidung berufen (vgl. Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 117 Rn. 12). In der Sache besteht gegen den Beschwerdeführer zwar auch nach eigener Beurteilung der Beweislage durch die Beschwerdekammer der dringende Verdacht, dieser habe sich eines Vergehens gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB schuldig gemacht (dazu unter 1.). Die Kammer vermochte jedoch keine zureichenden Umstände zu erkennen, welche die Annahme des Haftgrunds der Fluchtgefahr (oder eines anderen Haftgrunds) rechtfertigen könnten (dazu unter 2.). Unabhängig davon gibt - ohne dass es darauf noch entscheidend ankam - auch die erhebliche Überschreitung der Drei-Tages-Frist zur Vorlage der Haftbeschwerde an das Beschwerdegericht (§ 306 Abs. 2 Halbs. 2 StPO) Anlass zu Bedenken im Hinblick auf den Fortbestand des Haftbefehls (dazu unter 3.).

1. Der Beschwerdeführer ist nach dem Ergebnis der kriminalpolizeilichen Ermittlungen eines Vergehens des sexuellen Übergriffs zum Nachteil der Anzeigeerstatterin dringend verdächtig. Hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten nimmt die Beschwerdekammer auf den bereits genannten Schlussbericht der Kriminalpolizeiinspektion ... Bezug. Die Angaben der Anzeigeerstatterin zu einem (gegen ihren Willen stattgefundenen) sexualbezogenen Kontakt mit dem Beschwerdeführer haben sich danach nicht nur anhand der Nachricht des Beschwerdeführers auf der Mailbox des Festnetzanschlusses der Anzeigeerstatterin ("schöne Frau") sowie den (von der Anzeigeerstatterin auf Verlangen des Beschwerdeführers vorgenommenen bzw. ermöglichten) Adress- und Rufnummerneintragungen in dessen Notizbuch objektivieren lassen. Sie werden im Besonderen auch durch die eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Termin zur mündlichen Haftprüfung am 11.04.2019 gestützt, wonach ihn die Anzeigeerstatterin am Tattag (aus angabegemäß situativ anderem Anlass) auf die Wange geküsst, ihm ihre Telefonnummer mitgeteilt und er ihr Geld für einen Kaffee in einem Schnellrestaurant überlassen habe. Gegenüber der Polizei hatte sich der Beschwerdeführer zudem bereits zuvor im Zuge seiner Festnahme am 26.03.2019 spontan dahingehend geäußert, er habe mit der Anzeigeerstatterin an der Endhaltestelle in H. "rumgeknutscht".

Soweit die Anzeigeerstatterin zur Manipulation des Beschwerdeführers an ihrem Busen angegeben hat, sie habe dabei auch Schmerzen verspürt, sieht sich die Kammer zu dem Hinweis veranlasst, dass ein dadurch ggf. zusätzlich verwirklichtes Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1 StGB) von der in der Anklageschrift geschilderten prozessualen Tat (§ 264 Abs. 1 StPO) mit umfasst ist und damit der tatrichterlichen Kognitionspflicht unterliegt (s. dazu Schmitt, a.a.O., § 264 Rn. 10). Diesbezüglich müsste, sofern die Staatsanwaltschaft ein besonderes Strafverfolgungsinteresse artikuliert und keine Verfolgungsbeschränkung mehr vorgenommen wird, von einem tateinheitlichen Zusammentreffen (§ 52 StGB) beider Deliktstatbestände ausgegangen werden (z.B. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 177 Rn. 203). Eine aufgrund der Missachtung der Aufforderung der Anzeigeerstatterin, den Bus anzuhalten und sie aussteigen zu lassen, etwaig durch den Beschwerdeführer tatbestandlich verwirklichte Freiheitsberaubung träte demgegenüber auf der Konkurrenzebene zurück, weil die Fortsetzung der Busfahrt hier ersichtlich als Tatmittel zur Verwirklichung des Vergehens nach § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB diente (vgl. erneut Fischer, a.a.O., § 177 Rn. 203).

2. Die - vom Amtsgericht lediglich floskelhaft auf die Erwartung einer Strafe, die "vermutlich nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann", gestützten - Voraussetzungen des Haftgrunds der Fluchtgefahr vermag die Beschwerdekammer nach eigener Würdigung sämtlicher den Einzelfall ausmachender Umstände nicht zu erkennen.

a) Die Prognose der Fluchtgefahr muss sich aus bestimmten Tatsachen ableiten lassen. Dabei sind alle entscheidungserheblichen, für und gegen eine Flucht sprechende Umstände einzubeziehen. Diese Tatsachen müssen nicht zur vollen Überzeugung feststehen; vielmehr genügt es, aus erwiesenen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegenden Umständen auf andere entscheidungserhebliche Tatsachen rückzuschließen, wobei auch allgemeine kriminalistische Erfahrungen berücksichtigt werden können. Für die insoweit anzustellende Gesamtabwägung kommen insbesondere die persönlichen Verhältnisse (Alter, familiäre und berufliche Bindungen, Einkommen, Vermögen, die wirtschaftliche Lage, Wohnsituation, Erkrankungen auch von Angehörigen, charakterliche Labilität, Drogenabhängigkeit), das Vorleben, die Art und Schwere der vorgeworfenen Tat, die Straferwartung, das Verhalten bei früheren Ermittlungs- und Strafverfahren, das Verhalten im bisherigen Ermittlungsverfahren, drohende negative finanzielle oder soziale Folgen der vorgeworfenen Tat, die Qualität etwaiger Beziehungen ins Ausland sowie Erfahrungen aufgrund der Natur der zur Last gelegten Straftat in Betracht. Zu berücksichtigen sind außerdem in besonderem Maße die zu erwartenden Rechtsfolgen. Allerdings kann die Straferwartung allein eine Fluchtgefahr grundsätzlich nicht begründen. Sie ist vielmehr nur Ausgangspunkt für die Erwägung, ob der in ihr liegende Anreiz zur Flucht unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände so erheblich ist, dass er die Annahme rechtfertigt, der Beschwerdeführer werde ihm nachgeben und wahrscheinlich flüchten. Insofern gilt: je höher die Straferwartung aber ausfällt, desto geringer sind die Anforderungen an die weiteren die Fluchtgefahr begründenden Umstände. Da der Anreiz zu fliehen bei besonders hoher Straferwartung in der Regel steigt, braucht in solchen Fällen nur geprüft zu werden, ob belastbare Umstände vorliegen, die die indizierte Fluchtgefahr ausschließen können (Krauß in: BeckOK StPO, 33. Ed., § 112 Rn. 26 f. m. zahlr. weit. Nachw.).

b) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann sich die Beschwerdekammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, es spreche eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, der Beschwerdeführer werde sich - zumindest für eine gewisse Zeit - dem Strafverfahren entziehen, als für die Erwartung, er werde sich dem Verfahren stellen. Ausschlaggebend hierfür war in erster Linie, dass der Beschwerdeführer in - im Vergleich zur gesamten Bandbreite der forensischen Erfahrung der Kammer - "geordneten" finanziellen und sozialen Verhältnissen lebt. Er ist, obschon die Ehe konfliktbelastet ist, nach wie vor verheiratet, pflegt auch aus der Untersuchungshaft heraus regelmäßigen Briefkontakt zu seiner Ehefrau (den diese erwidert) und ist nach wie vor (noch) als Busfahrer bei der ... angestellt. Dieser stabilen Lebenssituation hat die Beschwerdekammer die aus dem verfahrensgegenständlichen Straftatvorwurf resultierenden (drohenden) Folgen gegenübergestellt. Danach müsste der Beschwerdeführer (für den bislang die Unschuldsvermutung gilt) im Verurteilungsfall aufgrund des beruflichen Bezugs der Tat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Verlust seiner Arbeitsstelle rechnen. Diese Folge hätte er indes gleichfalls bei einer Flucht zu gewärtigen. Die Höhe der dem Beschwerdeführer drohenden Strafe wird voraussichtlich wesentlich davon abhängen, ob er die ihm vorgeworfene Tat - wie bereits im Ermittlungsverfahren ansatzweise geschehen - nunmehr vollends einräumt. Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Beschwerdeführer bereits vielfach vorbestraft ist (die Auskunft des Bundeszentralregisters vom 23.05.2019 weist - beginnend ab dem Jahr 1973 - insgesamt 24 Eintragungen aus, darunter eine Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe wegen Vergewaltigung vom 27.04.1978 [= BZR Nr. 7], deren Umstände die Staatsanwaltschaft allerdings nicht durch Beibringung einer Urteilsabschrift aufzuhellen versucht hat). Zwar mussten gegen den Beschwerdeführer zuletzt wegen Verkehrsdelikten Freiheitsstrafen verhängt und vollzogen werden. Die letzte Verurteilung datiert vom 22.03.2007, liegt also schon über zehn Jahre zurück. Seither hat sich der Beschwerdeführer straffrei geführt. In der Gesamtschau erscheint der Beschwerdekammer die (auch vom Amtsgericht nicht näher konturierte) zu erwartende Strafe angesichts des mittleren Schweregrads des verfahrensgegenständlichen Sexualdelikts nicht derart hoch, dass es - derzeit - nicht noch weiterer greifbarer Anhaltspunkte für die Annahme von Fluchtgefahr bedürfte. Derartige zusätzlich "fluchtbegünstigende" Umstände sind jedoch nicht belastbar zu begründen.

c) Nurmehr ergänzend bemerkt die Beschwerdekammer, dass die vorliegend zunächst erfolgte Annahme des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die gesetzliche Subsidiaritätsanordnung in § 112a Abs. 2 StPO Bedenken begegnet. Danach darf der Haftgrund des § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO nicht zur Anwendung gebracht werden, wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls nach § 112 StPO vorliegen und zugleich diejenigen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 StPO nicht gegeben sind. Angesichts dieser Rechtslage hätte es seitens des Amtsgerichts einer näheren Begründung bedurft, weshalb bei unverändert gebliebener Sachlage eine Auswechslung des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr durch denjenigen der Fluchtgefahr vorgenommen werden konnte.

Im Übrigen ließen sich nach Auffassung der Beschwerdekammer weder dem ursprünglichen Haftbefehl noch dem sonstigen Inhalt der Ermittlungsakte solche bestimmten Tatsachen entnehmen, die eine so starke innere Neigung des Beschuldigten zu Sexualstraftaten erkennen lassen, dass sich tatsächlich die Besorgnis begründen ließe, er werde eine Serie gleichartiger Taten noch vor einer Verurteilung wegen der Anlasstat beginnen bzw. fortsetzen. Auch wenn bei einem Erwachsenen schon die einmalige Begehung eines Sexualdelikts auf einen Persönlichkeitsdefekt hindeuten kann, der künftige Verfehlungen ähnlicher Art befürchten lässt, ist dieser Schluss nicht zwingend, weshalb die Wiederholungsgefahr nicht automatisch durch die Anlasstat indiziert wird. Vielmehr erfordert die Gefahrenprognose eine - hier seinerzeit nicht anhand bestimmter tatsächlicher Umstände belegte - hohe Wahrscheinlichkeit der Fortsetzung des strafbaren Verhaltens (s. zum Ganzen Krauß, a.a.O., § 112a Rn. 13 m.w.N.). Dies betrifft - zumal nach Aufdeckung der Tat bzw. der Identifizierung des Beschwerdeführers als möglichem Täter - insbesondere weitere Kontakte mit der Anzeigeerstatterin.

3. Die festzustellende Überschreitung der Drei-Tages-Frist zur Vorlage der Haftbeschwerde an das Beschwerdegericht (§ 306 Abs. 2 Halbs. 2 StPO) um 15 Tage (das Rechtsmittel hätte dem Landgericht spätestens am Montag, dem 27.05.2019, vorgelegt werden müssen) ist erheblich (s. dazu KG, Beschluss vom 27.10.2014 - 2 Ws 360/14, NStZ-RR 2015, 18; Cirener in: BeckOK StPO, 33. Ed., § 306 Rn. 12). Soweit sie ihre Ursache darin finden sollte, dass - wie die Strafabteilung des Amtsgerichts und die Staatsanwaltschaft auf telefonische Anfrage der Kammer bestätigt haben - ein Aktentransport von der Hauptstelle der Staatsanwaltschaft in Nürnberg (wo das vorliegende Ermittlungsverfahren nach der Geschäftsverteilung der Ermittlungsbehörde bearbeitet worden ist) zum Haftgericht in Erlangen nur zweimal wöchentlich (dienstags und donnerstags; kein durchgängig gewährleisteter Eilbotendienst) vorgesehen ist, handelte es sich dabei um strukturelles Defizit. Vor dem Hintergrund des hohen Gewichts des Freiheitsgrundrechts (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) und der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) wäre die erhebliche Fristüberschreitung in der Zusammenschau mit einem derart gravierenden Organisationsmangel durchaus geeignet gewesen, bereits für sich gesehen den Bestand des Haftbefehls in Frage zu stellen (mangels Vorliegens eines Haftgrundes brauchte die Kammer den genauen Hintergründen der bedenklichen Verzögerung nicht mehr auf den Grund zu gehen).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 467 StPO.