AG Würzburg, Endurteil vom 04.12.2019 - 32 C 290/19
Fundstelle
openJur 2020, 71976
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 112,37 € zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 96 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 4 %.

Von den Kosten der Nebenintervention haben die Beklagten als Gesamtschuldner 16 % tragen. Im Übrigen trägt der Nebenintervenient seine Kosten selbst.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Schuldner kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, sofern nicht der Gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mit der Klage wird restlicher Schadensersatz geltend gemacht aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 13.12.2018 vormittags auf dem A.-platz in K., bei welchem der Pkw Citroen Berlingo der Klägerin mit amtlichem Kennzeichen ..., gefahren von ihrem Ehemann Kl. D. Kr., und der von der Beklagten zu 2) geführte, bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherte Pkw Mercedes Benz C 200 CDI mit amtlichem Kennzeichen ... kollidierten.

Der klägerische Pkw, einzuordnen in die Mietwagenklasse 5, wurde auf der linken Seite an beiden Türen und dem Übergang dazwischen beschädigt. Die Fahrertür war leicht eingedrückt und verschürft, ebenso die Zierleiste. Die Reparaturkosten betrugen 3.847,00 € (Rechnung der Firma ... vom 21.12.2108). Der von der Klägerin eingeschaltete Sachverständige, der das Fahrzeug am 17.12.2018 begutachtet hatte, stellte für sein Gutachten vom 18.12.2018 eine Rechnung über 732,20 €.

Die Klägerin mietete für die Reparaturdauer vom 17.12.2018 bis 21.12.2018 beim Autoverleih ... einen Mietwagen der Gruppe 5, welcher zur Reparaturwerkstatt nach E. verbracht und von dort wieder abgeholt wurde,. Die Firma ... stellte am 02.01.2019 eine Rechnung über insgesamt 862,75 € brutto, zusammengesetzt aus den Nettopositionen Tarif für 5 Tage 490,00 €, Kaskoversicherung mit 300,00 € Selbstbehalt für 5 Tage 100,00 €, 50 km Zustellung/Abholung 40,00 €, Zusatzfahrer für 5 Tage 50,00 €, Winterreifen für 5 Tage 50,00 €, sowie Mehrwertsteuer.

Gefordert wird auch die Unkostenpauschale von 30,00 €.

Die Beklagte regulierte auf Basis einer Haftungsquote von 50 %, auf die Mietwagenkosten allerdings nur 174,34 €.

Die Klägerin trägt vor, dass der Unfall für den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs unvermeidbar gewesen sei. Dieser sei in der Fahrspur zwischen den rechts und links senkrecht dazu angeordneten Parkbuchten gefahren, wegen eines rechts stattfindenden Einladevorgangs mit Einkaufswagen am Kofferraum aber weiter links in der Fahrbahn. Er habe in einen geradeaus vor ihm befindlichen Parkplatz einfahren wollen, aus welchem gerade ein Pkw ausgefahren sei, weshalb er angehalten habe. Er sei noch gestanden oder gerade erst angefahren, als der Pkw aus der links von ihm befindlichen Parkbucht rückwärts in sein Fahrzeug gefahren sei. Dieses andere Fahrzeug habe vor der Kollision nicht wahrgenommen.

Das Mietfahrzeug bei der Firma ... sei erforderlich gewesen. Ein günstigerer Tarif sei ihm nicht zur Verfügung gestanden. Die Firma ... sei zur Werkstatt gekommen, wo dann ein Mitarbeiter der Firma 2 Vergleichsangebote eingeholt habe/einholen wollte. Die Firma ... habe auf Vorauszahlung oder Bonitätsprüfung durch Belastung der Kreditkarte verzichtet. Die Anmietdauer sei noch ungewiss gewesen. Bei der Firma ... sei ein Fahrzeug an diesem Tag gar nicht zur Verfügung gestanden, bei der Firma ... seien Preise einschließlich Vollkaskoversicherung mit 0,00 € Selbstbeteiligung eingeholt worden, wobei Vorlage einer Kreditkarte oder Girokarte erforderlich gewesen wäre. Da ein anderer Tarif nicht zugänglich gewesen sei, sei der von der Firma ... in Rechnung gestellte Betrag vollständig zu zahlen.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.998,01 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2019 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltshonorar in Höhe von 236,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen:

Klageabweisung.

Die Beklagten tragen vor, dass das klägerische Fahrzeug zu weit links gefahren sei, die Fahrerin des Beklagtenfahrzeug sehr langsam rückwärts aus der Parkbucht herausgefahren sei und vom Fahrer des Klägerfahrzeugs habe bemerkt werden können und müssen. Im Übrigen sei auch wegen Unaufklärbarkeit eine Haftungsquote von 50 % anzunehmen. Die Mietwagenkosten seien zu hoch. Ein Normaltarif sei für die Klägerin erreichbar gewesen, betrage 348,79 €.

Bzgl. des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften vom 15.05.2019, 26.06.2019 und 20.11.2019.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen ... und ... Mitarbeiter der Firma .... Diesbzgl. wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.05.2019 Bezug genommen. Es wurde weiter Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen .... Bezgl. des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 26.06.2019.

Schließlich wurde ein Sachverständigengutachten des Dipl. Ing. (FH) ... eingeholt. Auf dessen schriftliches Sachverständigengutachten vom 20.09.2019 sowie die mündlichen Erläuterungen im Termin vom 20.11.2019 (Protokoll von diesem Tag) wird ebenfalls Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist größtenteils unbegründet.

Der Unfall ist abzuwickeln auf Basis einer Haftungsquote von 50 %.

Fest steht nach Ausführung des Sachverständigen aufgrund der Schäden an den Fahrzeugen, dass beide Fahrzeuge senkrecht zueinander fuhren, beide sehr langsam gefahren wurden und beide sofort bei der Kollision gestoppt wurden. Was vorher war, konnte der Sachverständige nicht klären.

Fest steht ebenfalls, dass das 1,81 m breite klägerische Fahrzeug nicht auf der rechten Seite der 7,00 m breiten Fahrspur gefahren wurde, sondern deutlich nach links versetzt, nach den Angaben des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs selbst ca. 1,70 cm von den links davon befindlichen Parkbuchten entfernt. Das klägerische Fahrzeug war also mit seiner gesamten Fahrzeugbreite auf der linken Seite der gedachten Mittellinie der Fahrbahn!

Nicht erwiesen ist, dass das klägerische Fahrzeug vor dem Unfall längere Zeit hinter dem Beklagtenfahrzeug stand. Ein neutraler Zeuge hierfür steht nicht zur Verfügung. Die Angaben des Fahrers des Klägerfahrzeugs sind schon deshalb hier nicht glaubhaft, weil zunächst vorgetragen wurde, dass das Fahrzeug im Unfallzeitpunkt bereits längere Zeit gestanden habe, im Kollisionszeitpunkt sich auch nicht bewegt habe. Nachdem dann auf die Schadensspuren hingewiesen wurde, die diesen Sachvortrag ausschließen, wurde der Vortrag korrigiert dahingehend, dass man ganz langsam gerade vielleicht angefahren sei. Aufgrund eines solchen Aussageverhalten kann ein konkreter Sachverhalt nicht festgestellt werden. Technisch möglich ist es auch, dass das Klägerfahrzeug vor dem Unfall gar nicht hinter dem Beklagtenfahrzeug stand, langsam von hinten heranfuhr. Der Sachverständige schätzt die Kollisionsgeschwindigkeit auf ca. 3 km/h. Wenn der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs auf den von ihm gewünschten Parkplatz fixiert war, zusätzlich durch ein rechts befindliches Fahrzeug, das gerade beladen wurde, abgelenkt war, ist es durchaus möglich, dass er auch im langsamen Heranfahren das links befindliche Fahrzeug eben nicht bemerkte. Da allerdings das klägerische Fahrzeug auch an der Fahrertüre beschädigt ist, hätte der Fahrer bei entsprechender Aufmerksamkeit das Beklagtenfahrzeug durchaus beim Heranfahren wahrnehmen können. Er hat es jedoch erst durch die Kollision überhaupt wahrgenommen. Seine Aufmerksamkeit war also nach vorne gerichtet auf den von ihm erstrebten Parkplatz.

Der Unfall wäre jedenfalls für den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs vermeidbar gewesen, und zwar schon deshalb, weil er auf der rechten Hälfte der Fahrspur hätte bewegen können oder jedenfalls erheblich weiter rechts. Wenn ein rechts von ihm geparktes Fahrzeug aus einem dahinter befindlichen Einkaufswagen beladen wird, ist es nicht erforderlich, zu dem Fahrzeug einen Abstand von 3,50 m einzuhalten, sich praktisch auf die falsche Fahrspur zu begeben. Allerdings befand sich der Fahrer des klägerischen Pkw mit dieser 3,50 m Abstand-Position, wie der Sachverständige ausgeführt hat, dann schon genau in gerader Linie vor dem angestrebten Parkplatz, ein wahrscheinlicher Grund für diese Position.

Das genaue Unfallgeschehen ist unaufklärbar, der Unfall aber keinesfalls unvermeidbar für den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs. Abzuwickeln ist der Unfall deshalb auf Basis einer Haftungsquote von 50 %.

Auf dieser Basis wurde auch vollständig reguliert bis auf die Mietwagenkosten.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Geschädigte vom Schädiger und seinem Haftpflichtversicherer nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 115 Abs. 1 VVG als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Die Geschädigte ist gehalten, im Rahmen des ihr Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dies bedeutet, dass sie von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Zuschlag auf den "Normaltarif" in Betracht kommt.

Über dieses so ermittelte objektiv erforderliche Maß hinaus kann die Geschädigte im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den übersteigenden Betrag nur ersetzt verlangen, wenn sie darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihr unter Berücksichtigung ihrer individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für sie bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in ihrer Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - kein wesentlich günstigerer (Normal) Tarif zugänglich war. Hierbei handelt es sich nicht um eine Frage der Schadensminderungspflicht i.S.d. § 254 BGB, sondern um eine Anspruchsvoraussetzung, für die die Klägerin die Beweislast trägt.

Den ortsüblichen Normaltarif schätzt das Amtsgericht Würzburg in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Berufungskammer des Landgerichts Würzburg anhand des arithmetischen Mittels der sich aus dem "Mietpreisspiegel" des Unternehmens Eu.Sch. (Sch.-Liste) und dem "Marktpreisspiegel Mietwagen" des Fraunhoferinstituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer-Liste) im maßgebenden Postleitzahlengebiet ergebenden Normaltarife.

Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden, und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben.

Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Demgemäß hat der BGH bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den Normaltarif grundsätzlich auch auf der Grundlage der Sch.-Liste im maßgebenden Postleitzahlengebiet ermitteln kann (vgl. z.B. BGH NJW 2008, 1519; NJW - RR 2010, 679; NJW 2010, 14445). Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine Schätzung auf der Grundlage anderer Listen oder Tabellen grundsätzlich rechtsfehlerhaft wäre.

Nach den Grundsätzen des BGH ist der Tatrichter grundsätzlich nicht gehindert, seiner Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO die Sch.-Liste oder auch die Fraunhofer-Liste zu Grunde zulegen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen, genügt nicht, um Zweifel an der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen.

Die gegen die beiden Listen jeweils geltend gemachten Bedenken sind umfassend dargestellt in den Entscheidungen des OLG Karlsruhe NJW - RR 2012, 26 und OLG Köln, NJW 2009, 1678 ff. auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Amtsgerichts Würzburg und auch der Berufungskammer des Landgerichts Würzburg können die aufgezeigten Vor- und Nachteile durch die Anwendung des arithmetischen Mittels der nach Schw.- und Fr.-Liste ermittelten Werte angemessen ausgeglichen werden.

Auszugehen ist im konkreten Fall von der Anmietung eines Mietfahrzeugs der Gruppe 5 im PLZ-Gebiet 972 für 5 Tage im Dez. 2018. Der 3-Tagetarif des arithmetischen Mittels beider Listen, hochgerechnet aus 5 Tage, beträgt 406,67 € brutto. Hiervon ist ein 10 %iger Abschlag zu tätigen für ersparte Eigenaufwendungen, da ein gruppengleiches Fahrzeug angemietet wurde. Als Tarif errechnet sich daher ein Betrag von 366,00 € brutto.

Ein 20 %iger Aufschlag ist im konkreten Fall nicht zu tätigen, weil die unfallbedingte Sondersituation nicht zum Tragen kam. Es erfolgte die Anmietung erst 4 Tage nach dem Unfall. Dieser relativ lange Zeitraum lässt die Eilsituation entfallen. Unerheblich ist, dass die Firma M. im konkreten Fall auf die Vorlage von Kreditkarte oder Vorauszahlung verzichtet hat, da gar nicht vorgetragen ist, dass die Klägerin dazu nicht in der Lage gewesen wäre. Darüber hinaus kann die Vermieterfirma nicht von sich aus zu Lasten der Haftpflichtversicherung "Entgegenkommen" gewähren.

Zusätzlich gefordert werden können Kosten für die vereinbarte Kaskoversicherung mit einer Reduzierung der Selbstbeteiligung auf 300,00 €. Da die Fraunhofer-Liste keine Angaben hierzu enthält, ist die Sch.-Liste heranzuziehen, die im konkreten Fall für eine Haftungsreduzierung auf 0,00 € bei einem Mietfahrzeuge der Gruppe 5 einen Betrag von 20,44 € tägl. vorsieht. Da Haftungsreduzierung nur auf 300,00 € erfolgte, sind 2/5 dieses Betrages anzusetzen, hochgerechnet auf 5 Tage 40,88 € brutto.

Für Zustellung und Abholung können nach der Sch.-Liste jeweils 28,70 € gefordert werden, insgesamt 57,40 €.

Für den Zusatzfahrer, der nach dem Mietvertrag auch vereinbart war, errechnet sich nach der Sch.-Liste für 5 Tage ein Betrag von 58,30 €.

Gefordert werden können auch die Zusatzkosten für Winterreifen in Höhe von 10,17 € täglich, insgesamt 50,85 €.

In der Summe ergibt der so errechnete "Normaltarif" einen Betrag von 573,43 €.

Die Rechnung der Firma ... liegt deutlich darüber mit 862,75 € brutto. Die Klägerin konnte nicht darlegen, dass ihr ein anderer als der gewählte Tarif bei der Firma ... nicht zur Verfügung stand, sie ein Angebot zum Normaltarif nicht erhalten konnte. Es wird vom BGH gefordert, dass der Geschädigte V. einholt. Die Geschädigte hatte hierfür 4 Tage Zeit, Vergleichsangebote einzuholen, evtl. auch eine Reservierung vorzunehmen. Die Einholung der "Vergleichsangebote" durch Mitarbeiter der Firma ... entspricht nicht den Vorgaben des BGH. Die Firma ... kommt bereits mit 2 Fahrzeugen und 2 Fahrern 25 km angefahren, um dem Kunden einen Mietwagen zur Verfügung zu stellen. Sie hat gar kein Interesse daran, günstigere Tarife zu ermitteln, weil dann ihre schon erheblichen Aufwendungen umsonst gewesen wären. Auch der Kunde, in dessen Namen die Firma ... ja verständigt wird, weiß von diese Vergleichspflicht nichts, geht davon aus, dass die Firma ... ihm jetzt das gewünschte Mietauto bringt. Im konkreten Fall wurde durch die Zeugen auch vorgetragen, dass der eine Mitarbeiter bereits den Mietvertrag mit der Kundin ausgefüllt hat, während der andere Mitarbeiter dann 2 Anrufe tätigte. Die Zeugin ..., die als Vermietassistentin bei der Firma ... diese Anrufe getätigt hat vor Ort in den Räumen der Kfz-Werkstatt, hat erklärt, dass sie eine Telefonliste habe, auf der die Nummern von ... und ... stehen. Dort werde standardmäßig angerufen. Auf der Liste stünden nur diese beiden Vermieterfirmen mit konkreter Nummer, außerdem noch eine Spalte für sonstige, falls man bei einer Nummer nicht durchkomme.

Durch den anwaltlichen Vertreter der Firma ... der der Streit verkündet war und die beigetreten ist, wurde vorgetragen, dass der Anruf bei der Firma ... ergeben habe, dass dort ein Auto zur Verfügung stünde. Es wurden Preise eingeholt mit Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung auf 0,00 €. Dort sei allerdings die Vorlage einer Kreditkarte oder einer Girocard Pflicht. Eine Kaution von 300,00 € müsse hinterlegt werden. Es wurde nicht vorgetragen klägerseits, dass eine solche Vorlage einer Kreditkarte oder eine Kaution nicht möglich wäre. Wenn die Vermieterfirma ... ihrerseits von sich aus darauf verzichtet, kann dies nicht zu Lasten der Haftpflichtversicherung gehen.

Durch die anwaltlichen Vertreter der Firma ... wurde weiter vorgetragen, dass bei der Firma ... die telefonische Nachfrage ergeben habe, dass ein Fahrzeug nicht verfügbar sei. Auch dies ist unerheblich, weil die Anmietung erst am 5. Tag nach dem Unfall erfolgte, deshalb bei rechtzeitiger Erkundigung und Anmietung eine Reservierung problemlos möglich gewesen wäre. Die Anfragen der Mitarbeiter der bereits ausgewählten Vermieterfirma selbst bei 2 Konkurrenten dienen nur scheinbar der Suche nach einem günstigeren Tarif - welche der Sinn Anforderungen des BGH ist. Tatsächlich sollen diese Anrufe im Gegenteil ermöglichen, den eigenen Preis, der erheblich über dem durchschnittlichen und ortsüblichen Preis liegt, als günstigsten und einzigen zur Verfügung stehenden Tarif zu deklarieren, der dann von der Versicherung gezahlt werden muss. Deshalb haben die Mitarbeiter auch konkret nur 2 bestimmte Telefonnummern, welche sie zu Vergleichszwecken anrufen müssen.

Eine solche rein formale Betrachtungsweise bzgl. der Anrufe entspricht nicht der Rechtsprechung des BGH. Die Rechtsprechung erfordert eine Erkundigungspflicht, um eine wirtschaftlich vernünftige Schadensbehebung zu fördern - im Interesse des Schädigers und der dahinter stehenden Versicherung, und damit auch im Interesse der Gemeinschaft aller Versicherten. Allerdings darf bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs im Rahmen von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB das Grundanliegen der Vorschrift nicht aus den Augen verloren werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung angezeigt. Die Geschädigte darf sich deshalb auch durchaus anderer Personen bedienen, um Vergleichserkundigungen einzuholen. Allerdings müssen alle Anbieter dann auch die gleichen Informationen erhalten, um vergleichbare Angebote abgeben zu können. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Vermieterfirma ... kennt die Unfallsituation, wird von der Werkstatt empfohlen und dann angerufen, kommt zu der Werkstatt, in der sich das verunfallte Fahrzeug befindet. Dies alles erfahren die von ihr angerufenen Konkurrenten nicht, geben ein Angebot auf ganz anderer Basis ab, nicht ein Mietfahrzeug nach Unfall sondern im Normaltarif, geben damit kein vergleichbares Angebot ab. Es ist üblich, dass Autovermieter bei Selbstzahlern eine Kaution fordern - nicht aber bei einem Unfall vom Geschädigten. Dies gilt - was den Parteivertretern und dem Gericht und allgemein bekannt ist - auch für die großen Vermiete... und ... die hier telefonisch befragt wurden - aber eben nicht nach einem vergleichbaren Angebot.

Die Geschädigte - oder ein von ihr beauftragter Dritter - hätte, um vergleichbare Angebote zu bekommen, vor Anforderung eines Mietfahrzeugs der Firma ... bei verschiedenen örtlichen Anbietern (u.a. durchaus auch der Firma ...) anrufen und mit jeweils gleicher Schilderung des Sachverhalts ein Angebot erfragen müssen. Das ist nicht erfolgt. Es wurden keine vergleichbaren Angebote in Bezug auf das Angebot der Firma ... auf dem örtlichen Markt eingeholt.

Im Übrigen wäre, wenn man einer Vermieterfirma die Anrufe bei der Konkurrenz - und auch noch zusätzlich die Auswahl der anzurufenden Firmen - überträgt, dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Der Nachweis, dass es günstigere Angebote nicht gibt, kann so nicht geführt werden. Demzufolge verbleibt es bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten durch den Tatrichter nach § 287 ZPO.

Diese Rechtsprechung zu den Vergleichsangeboten im konkreten Fall erfolgt in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung. Die Berufung wird deshalb vorsorglich ausdrücklich zugelassen auch für diesen Teil des Streitgegenstands.

Von den errechneten 573,43 € haben auf Basis einer Haftungsquote von 50 % die Beklagten als Gesamtschuldner 286,71 € zu zahlen. Da 174,34 € bereits gezahlt sind, sind noch 112,37 € zu zahlen.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 101 ZPO, der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.