FG München, Gerichtsbescheid vom 05.02.2020 - 7 K 3182/17
Fundstelle
openJur 2020, 71823
  • Rkr:
Tenor

1. Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2001 vom 10.5.2017, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 vom 20.5.2016 und über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2001 vom 10.5.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.12.2017, werden insoweit geändert, als die in 2001 vereinnahmten Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen aus sog. X-Fondsin Höhe von insgesamt 1.107.950.020 DM (566.485.850 €) unter Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG 2001 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen im Einzelnen wird dem Finanzamt übertragen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 6% und der Beklagte zu 94%.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Besteuerung von aus Wertpapier-Sondervermögen ausgeschütteten Gewinnen aus der Veräußerung von ausländischen Aktien im Veranlagungszeitraum 2001, die vor dem 1.1.2001 realisiert ("Altveräußerungsgewinne") und auf Ebene des Wertpapier-Sondervermögens thesauriert wurden.

Die Klägerin ist eine AG, deren Geschäftszweck ... ist. Im Streitjahr 2001 hielt sie sämtliche Anteilsscheine an den Wertpapier-Sondervermögen der "X-Fonds" im Direktbestand. Der X-Fonds hat am 3.12.2001 Zwischenausschüttungen beschlossen, in denen Altveräußerungsgewinne aus ausländischen Aktien in Höhe von 1.107.950.020 DM (566.495.850 €) enthalten waren. Die Gutschrift dieser Ausschüttungen bei der Klägerin erfolgte am 6.12.2001. Die Zwischenausschüttungen wurden in der Handels- und Steuerbilanz der Klägerin jeweils in voller Höhe als Beteiligungsertrag gebucht.

Die Klägerin deklarierte in der am 6.11.2002 eingereichten Körperschaftsteuererklärung 2001 die ausgeschütteten Altveräußerungsgewinne in Höhe von 1.107.950.020 DM zunächst nach Maßgabe von § 43 Abs. 14 Satz 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 (UntStFG) als voll steuerpflichtig. Der Körperschaftsteuerbescheid 2001 erging am 6.2.2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und reichte eine geänderte Körperschaftsteuererklärung ein, in der der Beteiligungsertrag in Höhe der ausgeschütteten Altveräußerungsgewinne nunmehr nach § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens außerbilanziell um 1.107.950.020 DM gekürzt wurde. Zur Begründung vertrat die Klägerin die Auffassung, § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG beinhalte eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung. Das beklagte Finanzamt (das Finanzamt - FA) unterwarf im Änderungsbescheid vom 30.9.2005 die Zwischenausschüttungen weiterhin in voller Höhe der Körperschaftsteuer und hob den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 8.3.2012 auf. Ferner ergingen am 8.3.2012 ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2001 und zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001, gegen die die Klägerin Einspruch einlegte. Die Einsprüche blieben hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Altveräußerungsgewinne ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 6.12.2017).

Am 3.4.2012 stelle die Klägerin einen Antrag auf Feststellung eines Guthabens für den Solidaritätszuschlag auf den 31.12.2001 (ebenso wie für die Folgejahre 2002-2006) in analoger Anwendung des § 36 KStG auf Rechenbasis des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 2 KStG. Das FA lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 12.4.2012 ab (ebenso für die Folgejahre 2002-2006). Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 6.12.2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Im Anschluss an die Betriebsprüfung für die Jahre 1998-2003 erließ das FA einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 36 Abs. 7 KStG. Darin wurde bei den nicht mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen der Teilbetrag "aus nicht der Körperschaftsteuer unterliegenden inländischen Vermögensmehrungen (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999)" - EK 02 - mit DM 0 ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und trug zur Begründung vor, dass die Umgliederung des zuvor vorhandenen positiven EK 02 mittels Verrechnung mit zu 45% Körperschaftsteuer vorbelastetem Eigenkapital (EK 45) verfassungswidrig sei. Die Klägerin sah in der Verrechnung eine gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoßende Benachteiligung von Unternehmen mit EK 45 gegenüber solchen mit EK 40, bei denen eine solche Verrechnung nicht vorzunehmen sei. Nach mehrmaliger Änderung des Feststellungsbescheids erging zuletzt ein Änderungsbescheid vom 20.5.2016, in dem zum 31.12.2000 ein EK 02-Betrag i.H.v. 56.941.565 DM ausgewiesen war und in dem das FA eine Umgliederung des positiven EK 02-Bestands vorgenommen hat. Nach Auffassung der Klägerin ging damit EK 45 in einem Umfang von 250.542.886 DM verloren. Die Klägerin forderte im Einspruchsverfahren eine Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens ohne Verrechnung von EK 45 nach § 36 Abs. 6a KStG. Mit Teileinspruchsentscheidung vom 6.12.2017 teilte das FA der Klägerin mit, dass der Einspruch bezüglich der Frage, ob die in § 36 Abs. 6a KStG i.d.F. des JStG 2010 angeordnete Verminderung von EK 45 bei vorhandenen positiven Bestand an EK 02 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, im Hinblick auf das vom FG Münster mit Beschluss vom 16.9.2014, 9 K 1600/12 F eingeleitete Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht - BVerfG - (2 BvL 29/14) gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) kraft Gesetz ruht. Im Übrigen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage.

I. Nach Auffassung der Klägerin ist die Besteuerung der ausgeschütteten Altveräußerungsgewinne der X-Fonds in Höhe von 1.107.950.020 DM rechtswidrig, da die der Besteuerung zugrunde liegende Norm des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG formell und materiell verfassungswidrig ist und deshalb zur Wahrung der Anforderungen an eine verfassungsrechtlich unbedenkliche unechte Rückwirkung im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin einschränkend auszulegen sei, dass Altveräußerungsgewinne, deren Ausschüttung - wie im Streitfall - noch vor Verabschiedung des UntStFG beschlossen wurde und dem Anteilsscheininhaber des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen sind, nach der Rechtslage unter dem Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23.10.2000 (StSenkG) besteuert werden und unter Anwendung von § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG 2001 von der Besteuerung ausgenommen werden.

1. Vor Inkrafttreten des StSenkG seien die auf Ebene des Wertpapier-Sondervermögens erzielten Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren erst bei Ausschüttung aus dem Sondervermögen steuerlich beim Anteilseigner als Betriebseinnahmen erfasst worden (§ 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG). Solange die vom Sondervermögen erzielten Veräußerungsgewinne nicht ausgeschüttet worden seien, sei eine Steuerpflicht beim Anteilseigner nicht eingetreten. Die von den X-Fonds bis Ende 2000 erzielten Veräußerungsgewinne aus Aktien hätten von diesen daher steuerfrei thesauriert werden können, ohne dass dies auf der Ebene der Klägerin zu einer Steuerpflicht geführt habe. Im Rahmen des StSenkG sei es - u.a. - zur Einführung des Schachtelprivilegs auf Gewinnausschüttungen (§ 8b Abs. 1 KStG) und zur Steuerbefreiung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an anderen Körperschaften (§ 8b Abs. 2 KStG) gekommen. Gleichzeitig sei das KAGG an den Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht angepasst und § 40 KAGG dahingehend umgestaltet worden, dass auf Ausschüttungen aus dem Sondervermögen § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden sei, soweit in ihnen Veräußerungsgewinne i.S.v. § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG enthalten seien. Nach der Rechtslage im Zeitpunkt der von den X-Fonds durchgeführten Ausschüttung der Altveräußerungsgewinne an die Klägerin am 6.12.2001 seien diese bei ihr vollumfänglich steuerbefreit gewesen, da §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG nach § 52 Abs. 36 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf alle ab dem 1.1.2001 ausgeschüttete Veräußerungsgewinne einschließlich den Altveräußerungsgewinnen anwendbar sei. Dies ergebe sich daraus, dass § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG auch auf § 40 Abs. 1 KAGG verwiesen habe und sich aus dem sinngemäß anzuwendenden § 52 Abs. 36 EStG ergebe, dass § 40 Abs. 1 KAGG i.d.F. des StSenkG erstmals für Erträge gelte, die ab 1.1.2001 erzielt worden seien. Mit dem UntStFG vom 20.12.2001 sei § 43 Abs. 14 KAGG mit Wirkung vom 25.12.2001 für den Veranlagungszeitraum 2001 rückwirkend geändert worden, indem aus Satz 2 der Verweis auf § 40 Abs. 1 KAGG entfernt und die Sätze 3-5 eingefügt worden seien. Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG sei § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.d.F. des StSenkG auf die an die Klägerin am 6.12.2001 ausgeschütteten Altveräußerungsgewinne nun nicht mehr anzuwenden, da diese aus der Veräußerung ausländischer Aktien stammten, welche nach der Neufassung nur noch auf Veräußerungen nach den 31. Dezember 2000 nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigt seien. Damit sei in § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG eine Sonderregelung für thesaurierte Altveräußerungsgewinne geschaffen worden, welche nicht mehr nach der Rechtslage im Ausschüttungszeitpunkt besteuert würden.

2. § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG sei formell verfassungswidrig, weil die Gesetzesvorschrift unter Verletzung der Art. 20 Abs. 3, 76 Abs. 1 GG verabschiedet worden sei. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 17.8.2001 habe eine Änderung der zeitlichen Anwendbarkeit von § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG nicht vorgesehen (BR-Drucksache 638/01). Der Gesetzesentwurf habe allein eine Änderung von Art. 40 Abs. 2 KAGG und die Einfügung von § 41 Abs. 1 Satz 2 KAGG mit Anwendungsregelung für beide Vorschriften in § 43 Abs. 15 KAGG enthalten. Der Bundestag habe den Gesetzesentwurf nach der ersten Lesung am 19.10.2001 an den Finanzausschuss verwiesen (BT-Drucksache 14/7195). Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 7.11.2001 habe keine Änderung des Gesetzesentwurfes enthalten (BT-Drucksache 14/7343, S. 49). Nach der zweiten und dritten Lesung am 9.11.2001 habe der Bundestag das UntStFG i.d.F. der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses verabschiedet (BT-Plenarprotokoll 14/199, S. 19576). Am 30.11.2001 habe der Bundesrat auf Empfehlung seines Finanzausschusses vom 19.11.2001 (BR-Drucksache 893/1/01) die Anrufung des Vermittlungsausschusses "mit dem Ziel der Überarbeitung" des Gesetzesvorhabens beschlossen (BR-Drucksache 893/01). Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11.12.2001 habe erstmals die Einfügung von § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG vorgesehen (BT-Drucksache 14/7780 S. 6). Wie sich aus den Protokollen des Vermittlungsausschusses ergebe, habe dieser eine Arbeitsgruppe "Steuergesetze" eingesetzt. Diese habe zur steuerlichen Erfassung bisher unversteuerter Veräußerungsgewinne, insbesondere von Spezialfonds, die Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG initiiert (Protokolle des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrates für 13.-15. Wahlperiode S. 4023). Eine weitere Befassung des Vermittlungsausschusses mit der Änderung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG sei aus den Protokollen des Vermittlungsausschusses nicht ersichtlich. Der Bundestag habe die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses am 14.12.2001 angenommen (BR-Drucksache 1061/01). Am 20.12.2001 habe der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt, nach anschließender Ausfertigung sei das UntStFG am 24.12.2001 im Bundesgesetzblatt (BGBl) verkündet worden (BGBl I 2001, S. 3858). Im Bericht des Finanzausschusses des Bundestages vom 8.11.2001 zum Gesetzgebungsverfahren für das Steueränderungsgesetz 2001 (StÄndG 2001) finde sich zwar ein Hinweis auf eine angedachte Reform der Besteuerung ausgeschütteter Altveräußerungsgewinne aus Wertpapier-Sondervermögen (BT-Drucksache 14/7341, S. 9). Im Finanzausschuss sei der Hinweis aber nicht näher behandelt oder von Seiten der Opposition kommentiert worden. Der Finanzausschuss habe diesen Hinweis oder gar einen konkreten Formulierungsvorschlag für eine entsprechende Änderung des KAGG nicht in seine Beschlussempfehlung aufgenommen. Auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum StÄndG 2001 sei ein solches Vorhaben nicht Gegenstand des im Plenum behandelten Gesetzesentwurfes geworden (BR-Drucksache 891/01). Damit verstoße die Einführung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG gegen das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts, denn sie beruhe auf einer Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, mit der dieser ein ihm nach dem Grundgesetz nicht zustehendes Gesetzesinitiativrecht in Anspruch genommen habe. Nach Art. 76 Abs. 1 GG stehe dem Vermittlungsausschuss kein Gesetzesinitiativrecht zu. Dementsprechend dürfe dieser nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Änderung, Ergänzung oder Streichung der vom Bundestag beschlossenen Vorschriften nur vorschlagen, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens verbleibe. Er dürfe keine Vorschläge unterbreiten, die außerhalb der bisherigen Auffassungsunterschiede im Parlament und der bisherigen Gegenläufigkeit zwischen Bundestag und Bundesrat liege. Der Vermittlungsvorschlag sei durch diejenigen Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur letzten Lesung im Bundestag in das jeweilige Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden seien. Dabei müsse der Regelungsgegenstand in so bestimmter Form vorgelegen haben, dass seine sachliche Tragweite dem Grunde nach erkennbar gewesen sei. Er müsse zwar nicht in Form eines ausformulierten Gesetzesentwurfs erfolgen, eine allgemeine Zielformulierung genüge jedoch nicht. Darüber hinaus müsse die Stellungnahme einen hinreichend klaren Bezug zum Gesetzgebungsverfahren aufweisen. Überschreite der Vermittlungsausschuss die derart gezogenen Grenzen seiner Befugnisse, so sei ein hierauf beruhendes Gesetz nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Im Streitfall habe sich der vom Bundesrat mit dem "Ziel der Überarbeitung" des Gesetzes angerufene Vermittlungsausschuss mit der von ihm vorgeschlagenen Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG nicht darauf beschränkt, zu bereits im Vorfeld seiner Anrufung diskutierten Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung Stellung zu nehmen. Denn die geplanten Gesetzesänderungen hätten andere Aspekte als die zeitliche Anwendung des § 40 Abs. 1 KAGG betroffen, auf die sich die erstmals durch den Vorschlag des Vermittlungsausschusses initiierte Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG bezogen habe. Die Vermittlungskompetenz des Vermittlungsausschusses habe sich nur auf diese im bisherigen Gesetzgebungsverfahren diskutierten Gesichtspunkte, nämlich die Neufassung des § 40 Abs. 2 KAGG, die Anfügung eines weiteren Satzes in § 41 Abs. 1 KAGG sowie die Erweiterung des § 43 KAGG um einen weiteren Abs. 15 erstreckt. Nur insoweit habe die für eine verantwortliche parlamentarische Beratung erforderliche Konkretisierung des Gewollten vorgelegen. Dagegen habe der Vermittlungsausschuss mit der Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG einen neuen Gesichtspunkt aufgegriffen, der noch nicht Gegenstand der vorangegangenen Diskussionen zwischen Bundestag und Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum UntStFG gewesen sei. Der vorliegende Fall entspreche dem Sachverhalt, der dem Beschluss des BVerfG vom 15.1.2008, 2 BvL 12/01 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BverfGE - 120, 56) zugrunde gelegen habe. An der Kompetenzüberschreitung des Vermittlungsausschusses könne auch der kursorische Hinweis im Bericht des Finanzausschusses auf die - angebliche - Regelungsbedürftigkeit der Möglichkeit zur Ausschüttung thesaurierter Altveräußerungsgewinne im Rahmen eines anderen Gesetzgebungsverfahren nichts ändern. Darüber hinaus habe es das BVerfG als nicht ausreichend erachtet, dass die Bundesregierung im Rahmen eines zeitlich parallellaufenden Gesetzgebungsverfahren zu einer Überprüfung angeblicher Besteuerungslücken gebeten worden sei (BVerfG in BVerfGE 120, 56). Dies gründe sich darauf, dass jeweils nur diejenigen Umstände zu berücksichtigen seien, die im maßgeblichen Gesetzgebungsverfahren selbst lägen; eine Gesamtbetrachtung aller im parlamentarischen Prozess erkennbaren Willens- und Absichtsbekundungen außerhalb des konkreten Gesetzgebungsverfahren würde die Förmlichkeit dieses Verfahrens untergraben. Ferner könne eine Anfrage der Koalitionsfraktionen an die Bundesregierung den Kompetenzumfang des Vermittlungsausschusses nicht erweitern, denn ohne eine Behandlung des Gesetzesgegenstands im Plenum könnten die Rechte aller Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG nicht hinreichend wahrgenommen werden. Darüber hinaus habe das BVerfG entschieden, dass der Vermittlungsvorschlag dem Bundestag aufgrund der dort geführten parlamentarischen Debatte zurechenbar sein müsse (BVerfG-Beschluss vom 8.12.2009, 2 BvR 758/07, BVerfGE 125, 104/122). Es sei nicht ausreichend, dass eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf die Arbeitsergebnisse einer außerparlamentarischen Kommission zurückzuführen sei. Anders als auch in den Urteilen des BVerfG vom 7.12.1999, 2 BvR 301/98 (BVerfGE 101, 297/308 f.) und des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22.9.2010, VI R 55/09 (BStBl II 2011, 358/359) habe das Parlament im Vorfeld der Anrufung des Vermittlungsausschusses keine Gelegenheit gehabt, sich mit dem Regelungskomplex zu befassen, der später Eingang in den Vorschlag des Vermittlungsausschusses gefunden habe. Die Gesetzesinitiative sei auch nicht, wie in den beiden Fällen, in Übereinstimmung mit § 76 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT) von einer Fraktion ausgeübt worden. Die Verletzung des Art. 20 Abs. 3, 76 Abs. 1 GG sei auch nicht durch den Beschluss des Bundestages über die Vermittlungsempfehlung geheilt worden. Das BVerfG gehe davon aus, dass der Bundestagsbeschluss über die Vermittlungsempfehlung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG nicht ausreiche, damit das Gesetzgebungsverfahren insgesamt noch den Rechten der Abgeordneten und der Öffentlichkeit gerecht werde. Denn der einzelne Abgeordnete werde durch die Beschlussempfehlung mit einem abgeschlossenen Gesetzestext konfrontiert, dessen einzelne Bestandteile sich nicht mehr in das Beratungsverfahren aufnehmen ließen. Damit könnten die durch das vorgeschriebene Gesetzgebungsverfahren sichergestellten parlamentarischen Rechte nicht in ausreichenden Umfang durch den Beschluss nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG wahrgenommen werden. Daneben stehe es der effektiven Wahrnehmung der Abgeordnetenrechte entgegen, da die Mitglieder des Bundestages aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompromissfunktion des Vermittlungsausschusses davon ausgehen dürften, dass die Beschlussempfehlung nur Regelungen umfasse, deren Gegenstand bereits Bestandteil der parlamentarischen Diskussion gewesen sei. Schließlich scheide eine Heilung auch deswegen aus, weil ansonsten der Bundesrat über den Vermittlungsausschuss entgegen der Funktionsverteilung des GG eine verfassungsrechtlich nicht vorgesehene Möglichkeit politischer Mitgestaltung der Gesetzesinhalte erhalten würde. Denn die paritätische Besetzung des Vermittlungsausschusses (§ 1 der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses) entspreche außerhalb des Vermittlungsvorschlags nicht der dem Bundesrat gemäß Art. 50 GG zugeschriebenen Rolle in Gesetzgebungsverfahren.

Der Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3, 76 Abs. 1 GG sei auch nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere bestehe kein überverfassungsrechtliches Effizienzgebot, welches die Verletzung des Demokratieprinzips in Gestalt des Parlamentsvorbehalts rechtfertigen könne. Die Befugnisse des Vermittlungsausschusses erschöpften sich in der Bewältigung der Auffassungsunterschiede zwischen Bundestag und Bundesrat, die seine Anrufung ausgelöst hätten. Außerhalb des eingegrenzten Anrufungsbegehrens habe der Vermittlungsausschuss keine Befugnis, den Gesetzesentwurf einer Kontrolle auf Stimmigkeit, Zweckmäßigkeit und Effizienz zu unterziehen. Insofern könne die Kompetenzüberschreitung auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass nach Auffassung der damaligen Koalitionsfraktionen ein gesetzgeberischer Bedarf für eine Neuregelung der Besteuerung von Ausschüttungen aus Wertpapier-Sondervermögen bestanden habe. Denn die Legitimation von Gesetzen folge maßgeblich aus dem Gesetzgebungsverfahren. Das BVerfG habe in diesem Zusammenhang betont, dass der Gesetzgebungsprozess von einer strengen Förmlichkeit geprägt sei und nicht zur Disposition der beteiligten Organe oder ihrer Mitglieder stehe (BVerfG in BVerfGE 120, 56). Für eilbedürftige Gesetzgebungsverfahren sehe das Grundgesetz in Art. 76 Abs. 2 Satz 3 GG verkürzte Fristen vor, die dem Effizienzgedanken Rechnung tragen würden. Weil es sich hierbei um eine abschließende Verfassungsbestimmung handele, könne das Effizienzgebot keine weitergehende Abweichung von den im Grundgesetz vorgesehenen Gesetzgebungserfordernissen rechtfertigen. Der Verfassungsgeber habe hingenommen, dass eine inhaltliche Fehlerkorrektur oder Lückenschließung nur bis zum Beschluss des Bundestags erfolgen könne, um zu verhindern, dass das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren mutwillig verkürzt oder der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit entzogen werde. Der nicht öffentlich tagende Vermittlungsausschuss könne daher seine verfassungsrechtlichen Befugnisse nicht eigenständig aus Gründen der Effizienz der Gesetzgebung erweitern.

3. § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG sei darüber hinaus auch materiell verfassungswidrig, weil die Regelung eine tatbestandliche Rückanknüpfung enthalte, die mit dem verfassungsrechtlich gewährten Vertrauensschutz unvereinbar sei. Dies gelte zumindest soweit, wie die Vorschrift die Anwendung von § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.d.F. des StSenkG für Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen aus Wertpapieren ausschließe, die vor der Verabschiedung des UntStFG beschlossen und dem Anteilseigner des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen seien. Denn in diesem Fall greife die rückwirkende Steuerbelastung in eine verfassungsrechtlich geschützte Position des betroffenen Steuerpflichtigen ein. Die tatbestandliche Rückanknüpfung der Vorschrift verletze Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, weil für die unechte Rückwirkung kein anerkannter Rechtfertigungsgrund bestehe.

Bei der rückwirkenden Änderung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG handele es sich um eine Änderung während eines laufenden Veranlagungszeitraums, die nach bereits erfolgter Ausschüttung der Altveräußerungsgewinne mit Wirkung auf den Beginn des laufenden Besteuerungszeitraums vorgenommen worden sei. Nach der Rechtsprechung des BVerfG seien derartige Sachverhalte als unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung einzuordnen, die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich nur eingeschränkt zulässig seien, da die Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens stets einer hinreichenden Begründung bedürfe. Die tatbestandliche Rückanknüpfung von § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG sei gemäß den vom BVerfG aufgestellten Grundsätzen mit Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil die Klägerin im Hinblick auf die Ausschüttung eine verfestigte Rechtsposition inne gehabt habe, die ihr durch die Gesetzesänderung rückwirkend entzogen worden sei. Die Ausschüttung der X-Fonds habe spätestens mit der Gutschrift bei der Klägerin als Vermögensposition verfassungsrechtlichen Schutz genossen, weil der zugrunde liegende Sachverhalt ein im Sinn der Rechtsprechung des BVerfG gesteigertes Maß an Abgeschlossenheit erreicht habe. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass ihre durch die damalige Rechtslage geweckten Erwartungen an die Vereinnahmung der Gewinnausschüttungen unter Anwendung von § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG nicht nachträglich enttäuscht würden. Im Zeitpunkt der Ausschüttungsgutschrift am 6.12.2001 habe noch keine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vorgelegen, die auf die zukünftige Veränderung der Gesetzeslage hingedeutet habe. Die Beschlussempfehlung sei erst am 11.12.2001 getroffen worden, also zu einem Zeitpunkt, an dem die Klägerin ihre Dispositionsentscheidung bereits getroffen und verwirklicht habe. Erst zu diesem Zeitpunkt sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass das KAGG i.d.F. des StSenkG auch mit Rückwirkung für die von § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG erfassten Altveräußerungsgewinne geändert werden sollte, da zu diesem Zeitpunkt nunmehr Formulierungsvorschläge für einen geänderten § 43 Abs. 14 KAGG bekannt geworden seien. Da im vorliegenden Fall die Anteile an den Spezialfonds ausschließlich von der Klägerin gehalten worden seien, liege bereits in dem Ausschüttungsbeschluss vom 3.12.2001 eine weitgehend eigenständige Dispositionsentscheidung. Denn anders als im Fall einer Minderheitsbeteiligung habe die Klägerin auf die Ausschüttungsentscheidung unmittelbar Einfluss nehmen können. Mit dem Beschluss über die Ausschüttungen habe sie sich dafür entschieden, auf die weitere Thesaurierung der Veräußerungsgewinne zu verzichten und diese stattdessen mit endgültiger Wirkung auszuschütten. Durch den Ausschüttungsbeschluss am 3.12.2001 sei bei ihr ein aktivierungspflichtiger Ausschüttungsanspruch entstanden, der mit der Gutschrift des Ausschüttungsbetrags am 6.12.2001 und damit noch vor der Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses erfüllt worden sei. Die zum Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses bestehende gesetzliche Regelung habe eine Vertrauensgrundlage geschaffen, aufgrund derer sich die Klägerin für ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten entschieden habe. Der Ausschüttungsbeschluss vom 3.12.2001 habe auch unter dem Aspekt einer eigenständigen Dispositionsentscheidung Vertrauensschutz verdient. Selbst wenn bereits die Einbringung eines Gesetzesentwurfs durch ein initiativberechtigtes Organ i.S.d. Art. 76 Abs. 1 GG eine Einschränkung des Vertrauensschutzes bewirke, führe dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis, da es an der Einbringung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs durch ein initiativberechtigtes Organ gefehlt habe. Denn der durch die Bundesregierung eingebrachte Entwurf des UntStFG habe noch keinerlei Bestimmungen enthalten, die auf die spätere Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG hingewiesen habe. Eine Einschränkung des Vertrauensschutzes habe sich auch nicht aus dem Hinweis im Bericht des Finanzausschusses vom 8.11.2001 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum StÄndG 2001, dass thesaurierte Altveräußerungsgewinne aus Wertpapier-Sondervermögen steuerfrei ausgeschüttet werden könnten, ergeben. Denn das BVerfG habe entschieden, dass Berichte über einen Regierungsentwurf und über die Arbeit von Parlamentsausschüssen an einer neuen Regelung noch nicht geeignet seien, dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Stand des geltenden Rechts die Schutzwürdigkeit zu nehmen. Ebenso wenig sei eine die spätere gesetzliche Änderung betreffende Anregung des Bundesrates in seiner Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung, der noch keine konkrete Formulierungsvorschläge enthalten habe, ausreichend, um das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der aktuellen Rechtslage einzuschränken (BVerfG-Beschluss vom 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302). Dazu komme, dass es sich beim UntSt und beim StÄndG 2001 verfahrensrechtlich um zwei unterschiedliche Gesetzgebungsverfahren handle. Der Vertrauensschutz in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren könne nicht durch Beschlüsse in einem früheren Verfahren erschüttert werden. Vielmehr sei das Vertrauen des Steuerpflichtigen in bestehendes Recht für jedes Gesetzgebungsverfahren gesondert zu betrachten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BVerfG-Urteil vom 10.4.2018, 1 BvR 1236/11 (BVerfGE 148, 217). Darin habe das BVerfG zwar bei der Bewertung des schutzwürdigen Vertrauens zwei im Ausgangspunkt getrennte Gesetzgebungsverfahren zusammen in den Blick genommen. Dies sei jedoch vor den Besonderheiten im Ablauf der beiden Gesetzgebungsverfahren zu sehen, denn die im Wege der unechten Rückwirkung vorgenommene Neuregelung des § 7 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes sei bereits durch das UntStFG vorgesehen gewesen. Durch einen Redaktionsfehler des Gesetzgebers habe § 7 Satz 2 GewStG i.d.F. des UntStFG keine Wirkung entfalten können. Dieser Fehler sei durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes repariert worden. Vor diesem Hintergrund habe es das BVerfG als gerechtfertigt und geboten angesehen, die Verfahren zum UntStFG und das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes unter Vertrauensgesichtspunkten im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Rückwirkung als ein einheitliches Gesetzgebungsverfahren zu behandeln. Anders als bei der streitgegenständlichen Änderung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG habe dort bereits ein ausformulierter Gesetzesentwurf vorgelegen, der durch die Bundesregierung als initiativberechtigtes Organ i.S.d. Art. 76 Abs. 1 GG in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sei. Im vorliegenden Fall sei die Thematik in weiteren Gesetzgebungsverfahren zum StÄndG 2001 nicht mehr behandelt worden. Insbesondere sei sie nicht Gegenstand des im Plenum behandelten Gesetzentwurfs geworden oder gar durch einen Gesetzesbeschluss des Bundestags aufgegriffen worden, so dass es keine für eine Zerstörung des Vertrauens der Klägerin hinreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass eine dem § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG entsprechende Gesetzesänderung noch in 2001 beschlossen werden könne. Auch lägen keine besonderen Gründe vor, die die nachträgliche Einschränkung des schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin in den Fortbestand der Steuerrechtslage rechtfertigen könnten. Das BVerfG interpretiere in seiner jüngeren Rechtsprechung diese Gründe sehr eng dahingehend, dass sie über das allgemeine Änderungsinteresse hinaus gerade das enttäuschte Vertrauen rechtfertigen müssten. Es handele sich bei der Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG auch nicht lediglich um eine Klarstellung. Eine rückwirkende Klarstellung sei nach der Rechtsprechung des BVerfG nur zulässig, wenn ein Gesetz erhebliche Unklarheiten und Lücken aufweise. Die bloße Komplexität einer gesetzlichen Regelung reiche hierfür nicht aus, vielmehr müsse die Vorschrift so unklar und verworren sein, dass der Inhalt nicht im Wege der Auslegung, sondern nur durch eine gesetzliche Klarstellung geklärt werden könne. Dies treffe aber auf den vorliegenden Fall nicht zu, da die Bestimmung des § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG weder hinsichtlich ihres Regelungsinhalts noch hinsichtlich ihres zeitlichen Anwendungsbereichs zu Zweifeln Anlass gegeben habe. Vielmehr sei der Wortlaut der Regelung eindeutig. Eine Minderung des Vertrauensschutzes der Klägerin komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass es sich um eine Übergangsregelung handeln würde, die lediglich für einen begrenzten Zeitraum oder vorläufig gelte. Die Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG i.d.F. des StSenkG sei nicht als vorläufige Regelung gedacht gewesen, weil sie nicht nach einer weiteren Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen nochmals überprüft hätte werden sollen. Vielmehr sei sie als endgültige Anwendungsbestimmung gedacht gewesen, in die die Überlegungen zur Notwendigkeit einer einfachen, praktischen und gesamtwirtschaftlich tragfähigen Lösung bereits eingegangen gewesen seien.

In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Investmentmodernisierungsgesetz vom 19.9.2003 sei die nachträgliche Herausnahme des Verweises auf § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG aus § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG mit der "Vermeidung unerwünschter Gestaltungen" gerechtfertigt worden (BT-Drucksache 15/1553, S. 131 f.). Eine Rechtfertigung der nachträglichen Gesetzesänderung unter diesem Gesichtspunkt scheide aber schon deshalb aus, weil die bloße Vornahme einer Ausschüttung keinesfalls eine "unerwünschte Gestaltung" darstelle. Die Ausschüttung der Altveräußerungsgewinne sei vor dem Hintergrund der Ergebnisbelastung infolge ... zur Vermeidung eines handelsbilanziellen Verlusts und Herstellung der Dividendenfähigkeit der Klägerin erfolgt. Die bloße Nutzung der vom Gesetzgeber gewährten Steuerbefreiung stelle für sich gesehen keinen Missbrauch dar. Das BVerfG habe festgestellt, dass es zu den legitimen Dispositionen im grundrechtlich geschützten Bereich der allgemeinen Handlungsfreiheit gehöre, wenn Steuerpflichtige darum bemüht seien, die Vorteile geltenden Rechts mit Blick auf mögliche Nachteile einer zukünftigen Gesetzeslage für sich zu nutzen, während sich Missbrauchsbekämpfung in erster Linie als zukunftsgerichtetes Änderungsinteresse darstelle. Dies gelte selbst dann, wenn man bei der Bestimmung des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG im Rahmen des StSenkG von einem Versehen des Gesetzgebers ausgehen würde, da die nachträgliche Erkenntnis, dass das Gesetz lückenhaft und anfällig für Missbräuche sei, für sich gesehen ebenfalls keinen Rechtfertigungsgrund darstelle. Wenn der Ausschüttungsentscheidung dagegen nur entfernt rechtsmissbräuchliche Erwägungen zugrunde gelegen hätten, hätten es die X-Fonds zumindest nicht bei einer Teilausschüttung zur Vermeidung eines handelsbilanziellen Verlusts und der Herstellung der Dividendenfähigkeit belassen, sondern hätten die Möglichkeit der steuerfreien Ausschüttung für den Gesamtbetrag der Altveräußerungsgewinne in Anspruch genommen.

Die Klägerin habe auch keine systemwidrige Gesetzeslücke ausgenutzt. In einem solchen Fall käme eine Einschränkung des schutzwürdigen Vertrauens ohnehin nur dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine erkennbar systemwidrige Regelung im Interesse der Steuergerechtigkeit durch eine sachgerechte Regelung ersetzt hätte. Dann hätte sich aber die zwischenzeitlich im Jahr 2001 geltende Rechtslage als "offensichtlich so ungerecht "oder "systemwidrig" darstellen müssen, dass eine rückwirkende Änderung durch den Gesetzgeber als unabweisbar hätte erscheinen müssen. Es fehle im vorliegenden Fall aber bereits an einer solchen Systemwidrigkeit. Insbesondere könne die unvollständige Umsetzung des Transparenzgedankens im KAGG, insbesondere im Zusammenhang mit der fehlenden Besteuerung von Wertgewinnen aus der Veräußerung von Wertpapieren für Anleger, die ihre Anteilsscheine am Sondervermögen im Betriebsvermögen gehalten hätten und die - solange die Gewinne nicht ausgeschüttet worden seien - diese nicht als Betriebseinnahmen hätten erfassen müssen, (§ 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG), nicht als planwidriger Regelungsfehler angesehen werden, sondern entspräche, wie auch der BFH bekräftigt habe (BFH-Urteil vom 4.3.1980 VIII R 48/76, BStBl II 1980, 453), dem gewollten Gesamtsystem der Besteuerung dieser Anlageform. Die mangelnde Umsetzung des Transparenzprinzips für thesaurierte Veräußerungsgewinne sei auch durch das StSenkG folgerichtig beibehalten worden. Insoweit habe die zum Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses der X-Fondsgeltende Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG dem damaligen Besteuerungssystemen entsprochen. Denn aus der Entscheidung des Gesetzgebers, thesaurierte Veräußerungsgewinne als nicht steuerpflichtig zu behandeln und diese erst bei ihrer Ausschüttung zu erfassen, folge bei Beachtung der steuerlichen Grundsätze zur Gewinnrealisation, dass für die Besteuerung der Gewinne die im Ausschüttungszeitpunkt geltenden Steuervorschriften anzuwenden seien. Es sei daher systemgerecht, dass die Begünstigung des § 8b Abs. 2 KStG für die am 6.12.2001 gutgeschriebenen Ausschüttungen der X-Fonds an die Klägerin gegolten habe. Dass sich bei einer Verschiebung der steuerlichen Gewinnerfassung die Besteuerung abweichend von nicht thesaurierten Gewinnen nach der früheren Gesetzesfassung richte, sei dagegen eine rechtfertigungsbedürftige Durchbrechung des Realisationsprinzips. Damit habe der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 43 Abs. 14 KAGG durch das UntStFG eine Ausnahme zur folgerichtigen Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG geschaffen. Denn die frühere Rechtsnorm, die die Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG auf die Ausschüttung von Veräußerungsgewinnen aus Aktien ab dem Veranlagungszeitraum 2001 unabhängig von ihrem Zufluss auf der Ebene des Wertpapier-Sondervermögens angeordnet habe, habe die fehlende Transparenz des Wertpapier-Sondervermögens im Hinblick auf vereinnahmte Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren konsequent mit Rücksicht auf das für Betriebseinnahmen geltende Realisationsprinzip umgesetzt. Dagegen sei die steuerliche Differenzierung nach § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG zwischen Altveräußerungsgewinnen und Veräußerungsgewinnen des Wertpapier-Sondervermögens, die im Falle inländischer Anteile nach dem 31.12.2001 realisiert worden seien bzw. im Falle ausländischer Anteile ab dem 1.1.2001, nicht folgerichtig. Für eine Einbeziehung der Altveräußerungsgewinne in die Steuerbegünstigung des § 8b Abs. 2 KStG spreche im Übrigen, dass bei der Absenkung der Körperschaftsteuersätze in der Vergangenheit die Veräußerungsgewinne stets mit dem jeweils geltenden Steuersatz im Zeitpunkt der Ausschüttung an den vom Anleger (und nicht mit dem zum Zeitpunkt der Anteilsveräußerung durch den vorher geltenden Steuersatz) besteuert worden seien. Bei einer Nichtbegünstigung der Altveräußerungsgewinne würden schließlich auf unbegrenzte Zeit die Besteuerung von Fondsausschüttungen nach altem Recht erfolgen, was dem Rechtsgedanken von Übergangsvorschriften widerspräche. Ferner stelle sich § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG auch bei einem Vergleich der Regelungslage mit einem betrieblichen Direktinvestor als folgerichtig dar. Anders als der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Investmentmodernisierungsgesetz dargelegt habe (BT-Drucksache 15/1553, S. 120), sei der Vergleichsmaßstab für die Systemgerechtigkeit bei Ausschüttungen nach § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG nicht der Direktanleger, der die Veräußerungsgewinne in früheren Veranlagungszeitraumes unmittelbar vereinnahmt habe. Denn das Besteuerungssystemen für Wertpapier-Sondervermögen sei gerade darauf ausgelegt, dass für solche Veräußerungsgewinne der Transparenzgrundsatz nicht gelte. Vielmehr sei die Systemgerechtigkeit danach zu bestimmen, wie andere Körperschaften im Hinblick auf realisierte Veräußerungsgewinne im Veranlagungszeitraum 2001 besteuert worden seien. Für diese habe nach § 34 Abs. 6d Satz 1 KStG i.d.F. des StSenkG bei Vorabausschüttungen - wie Sie die Klägerin vorgenommen habe - bereits die Steuerbefreiung gemäß § 8b Abs. 2 KStG gegolten. Dem stehe nicht entgegen, dass die thesaurierten Veräußerungsgewinne auf Ebene des Wertpapier-Sondervermögens bereits in vorangehenden Veranlagungszeiträumen entstanden seien, in denen § 8b Abs. 2 KStG für andere Körperschaften auch keine Anwendung gefunden habe. Denn nach der Gesetzessystematik seit der Realisationszeitpunkt bewusst auf den Ausschüttungszeitpunkt verschoben gewesen. Die steuerliche Schlechterstellung von Altveräußerungsgewinnen i.S.d. § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG widerspreche dem Grundsatz, dass Wertgewinne unabhängig von ihrem Entstehungszeitraum im Zeitpunkt ihrer Realisation einheitlich besteuert würden. So werde im Rahmen von § 8b Abs. 2 KStG nicht danach differenziert, in welchem Veranlagungszeitraum der Wertgewinn entstanden sei, weil allein die Realisation einen steuererheblichen Vorgang darstelle.

Die Rückwirkung lasse sich auch nicht auf die Bekämpfung von Ankündigungs- und Mitnahmeeffekten stützen. Es fehle bereits an einer Ankündigung einer Steuerbegünstigung. Das Vorhaben zur Änderung der Regelungen für die Besteuerung von Altveräußerungsgewinnen sei, soweit ersichtlich, weder in öffentlich zugänglichen Quellen angekündigt worden, noch habe es hierzu eine fachliche Diskussion im einschlägigen Schrifttum gegeben. Für die streitgegenständliche Ausschüttungsentscheidung habe mit den zu erwartenden Ergebniseffekten infolge ... zudem ein wirtschaftlicher Grund vorgelegen. Darüber hinaus könne selbst die bloße Vorhersehbarkeit einer Gesetzesänderung für sich alleine dem Vertrauensschutz nicht entgegenstehen. Auch eine kurz vor Änderung der Rechtslage vorgenommene Vermögensverfügung sei schutzwürdig, eine eventuelle Zerstörung des Vertrauens der Klägerin in die Beständigkeit der Rechtslage komme lediglich dann in Betracht, wenn zwischen Vertragsabschluss und -erfüllung ein zeitlicher Abstand liege, der nicht dem üblichen Zeitraum entspreche, da der Steuerpflichtige mit zunehmendem zeitlichen Abstand umso eher gehalten sei, durch Anpassungsklauseln Vorsorge für eine eventuelle Rechtsänderung zu tragen. Dies treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu, da die Klägerin die Ausschüttung bereits drei Tage nach dem Ausschüttungsbeschluss vereinnahmt habe. Auch die allgemeinen Ziele einer Umgestaltung des Steuerrechts bzw. einer Verbesserung der Rechtslage, der Erhöhung des Steueraufkommens oder die Notwendigkeit einer Gegenfinanzierung kämen als Rechtfertigungsgründe nicht in Betracht. Derartige Gründe stellten nach Ansicht des BVerfG keine über das allgemeine Änderungsinteresse hinausgehenden Rechtfertigungsgründe dar, die ausreichend wären, die erworbenen Vertrauensschutztatbestände für die Vergangenheit zu entwerten. Es fehle diesbezüglich an einem spezifischen Grund, der geeignet sei, gerade auch den rückwirkenden Zugriff auf bereits steuerfrei erworbene Wertsteigerungen zu legitimieren.

Da im streitgegenständlichen Fall die rückwirkende Steuerbelastung in eine verfassungsrechtlich geschützte Position der Klägerin eingreife, ohne dass ein Rechtfertigungsgrund ersichtlich sei, sei § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG jedenfalls im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahingehend einzuschränken, dass eine solche Ausschüttung von Altveräußerungsgewinnen, die vor Verabschiedung des UntStFG beschlossen worden und dem Anteilseigner des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen seien, noch unter Anwendung der Übergangsregelung in § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG nach § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG von der Besteuerung ausgenommen würden. Nach der Rechtsprechung des BFH seien zu weit geratene - und damit verdeckte lückenhafte - Überleitungsbestimmungen, die auch Sachverhaltskonstellationen erfassten, für die der Gesetzgeber - hätte er sie bedacht - zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung eine besondere Anwendungsregelung getroffen hätte, im Wege der ergänzenden Rechtsfortbildung dahingehend auszulegen, dass die verfassungsrechtlich erforderlichen Einschränkungen dem Gesetzeswortlaut hinzuzufügen seien. Wenn nach Ansicht des Gerichts eine verfassungskonforme Auslegung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG nicht in Betracht komme, müsse es die Streitsache im Wege der konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem BVerfG vorlegen.

II. Zwar ruhe der Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 36 Abs. 7 KStG i.V.m. § 34 Abs. 13f KStG bezüglich der Frage, ob die in § 36 Abs. 6a KStG i.d.F. des JStG 2010 angeordnete Verminderung von EK 45 bei vorhandenem positiven Bestand an EK 02 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, im Hinblick auf das vom FG Münster mit Beschluss vom 16.9.2014, 9 K 1600/12 F eingeleitete Normenkontrollverfahren beim BVerfG (2 BvL 29/14) gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Unabhängig davon, ob und inwiefern die vorbezeichneten Regelungen des JStG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar seien, verstießen sie auch gegen das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG. Denn im Streitfall komme es durch die genannte Regelung, die eine bestimmte Berechnungsmethode vorschreibe, um das EK 02 auf "Null" zu setzen, zu einer Verringerung des zum 31.12.2001 vorhandenen EK 45 um 250.542.886 DM und damit zu einer entsprechenden Verkürzung des KStMinderungspotenzials. Hierin liege ein verfassungswidriger Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum der Klägerin. Die ganz überwiegende Meinung im rechtswissenschaftlichen Schrifttum gehe davon aus, dass zumindest ein geschütztes eigentumsähnliches Anwartschaftsrecht gegeben sei. Das BVerfG habe sich zu dieser Frage bislang nicht geäußert. In seinem Beschluss zu § 36 Abs. 3, 4 KStG in der ursprünglichen Fassung des Steuersenkungsgesetzes habe er sein Verdikt der Verfassungswidrigkeit lediglich auf eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG gestützt und die Frage eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 GG offen gelassen (BVerfG-Beschluss vom 17.11.2009, 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 Rz. 43). Der BFH habe zu erkennen gegeben, dass er sich der überwiegenden Auffassung im Schrifttum offenbar anschließe (BFH-Urteil vom 2.2.2016 I R 21/14, BStBl II 2017, 794 Rz. 22). Damit liege in der in § 36 Abs. 6a KStG i.d.F. des JStG 2010 vorgesehenen Umgliederungsmethode, die eine Kürzung des zum 31.12.2000 vorhandenen Körperschaftsteuerminderungspotenzials bewirke, auch ein Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition der Klägerin. Selbst wenn man hier keine Enteignung i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG annehmen würde, sondern "nur" eine vom Gesetzgeber gegenüber dem vorherigen Bestand geänderte Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, wäre diese verfassungswidrig. Denn auch insofern besitze der Gesetzgeber keineswegs eine unbegrenzte Gestaltungsfreiheit. Der Gesetzgeber habe dabei die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und insofern insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Diesen Anforderungen genüge § 36 Abs. 6a KStG i.d.F. des JStG 2010 nicht. Die Norm beruhe im Wesentlichen auf dem gleichen Grundgedanken wie die Vorgängerregelungen, die im Rahmen des Übergangs vom Anrechnungszum Halbeinkünfteverfahren sicherstellen sollten, dass dieser Übergang möglichst einfach und zügig erfolgen und den betroffenen Unternehmen ein etwaiges, aus der körperschaftsteuerrechtlichen Vorbelastung des verwendbaren Eigenkapitals resultierendes Körperschaftsteuerminderungspotenzial erhalten bleiben solle. Ein eigenständiger, über die soeben genannten Ziele hinausgehender Regelungszweck sei damit jedoch nicht verfolgt worden. Gemäß der Gesetzesbegründung im Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des JStG hätte lediglich "eine einfache Regelung gefunden" werden sollen, "die die Forderungen des BVerfG vollständig umsetzt und gleichzeitig komplizierte Folgeänderungen (insbesondere Veränderungen des EK 02) vermeidet". Der Gesetzgeber habe jedoch mit § 34 Abs. 13f i.V.m. § 36 Abs. 6a KStG i.d.F. des JStG den ihm vom BVerfG erteilten Regelungsauftrag (BVerfG-Beschluss vom 17.11.2009, 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 Rz. 58 ff.) nur unzureichend umgesetzt, da - wie der vorliegende Fall zeige - auch weiterhin Umgliederungsverluste ausgelöst würden. Insofern griffen die vom BVerfG formulierten Bedenken gegen die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Vorgängerregelung auch auf die Reparaturmaßnahmen des JStG 2010 durch. Daher sei auch eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 34 Abs. 13f i.V.m. § 36 Abs. 6a KStG i.d.F. des JStG 2010 mit dem Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer 2001 vom 6.2.2003, zuletzt geändert durch Änderungsbescheid vom 10.5.2017, den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 vom 8.3.2012, zuletzt geändert durch Änderungsbescheid vom 20.5.2016 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2001 vom 8.3.2012, zuletzt geändert durch Änderungsbescheid vom 10.5.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.12.2017, mit der Maßgabe zu ändern, dass die in 2001 vereinnahmten Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen aus sog. X-Fonds in Höhe von insgesamt 1.107.950.020 DM (566.485.850 €) unter Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG 2001 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben;

den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 36 Abs. 7 KStG i.V.m. § 34 Abs. 13f KStG vom 8.3.2012, zuletzt geändert durch Änderungsbescheid vom 20.5.2016, in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 6.12.2017 mit der Maßgabe zu ändern, dass ein Bestand von EK 45 in Höhe von 1.546.762.991 DM (anstelle eines Bestands von 1.296.220.105 DM) festgestellt wird.

Hilfsweise wird beantragt,

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen. Es verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus:

Hinsichtlich der Klage gegen die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 36 Abs. 7 KStG liege ein Verstoß gegen das Eigentumsrecht des Art. 14 GG nicht vor, da das Körperschaftsteuerminderungspotenzial nicht der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG unterfalle. Allenfalls liege eine verfassungsrechtlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung vor. Bei der Neuordnung eines Rechtsgebiets, wie hier im Rahmen der Umstellung vom Anrechnungsverfahrens auf das sogenannte Halbeinkünfteverfahren bzw. Teileinkünfteverfahren, habe der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, auch im Hinblick auf die Berücksichtigung bestehender Eigentumsrechte. Die zugelassene Übergangsregelung müsse nicht auf alle möglichen Fallgestaltungen Rücksicht nehmen. Der Gesetzgeber habe hier einen gewissen Spielraum vor dem Hintergrund der Vereinfachung und Handhabbarkeit in der Praxis. Die Klägerin habe als dem Anrechnungsverfahrens unterliegende Kapitalgesellschaft auch die Möglichkeit gehabt, die mit der Umgliederung verbundenen Nachteile durch eigene Maßnahmen zu vermeiden. So hätte sie durch sogenannte Leerausschüttungen die belastende Umgliederung des Eigenkapitals verhindern können. Hinsichtlich der von der Klägerin gerügten materiellen Verfassungswidrigkeit des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG werde auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen. Insbesondere ergebe sich aus dem Bericht des Finanzausschusses zum StÄndG 2001 vom 8.11.2001 auf Seite 9 (BT-Drucksache 14/734), dass im Bundesministerium der Finanzen an einer "Lösung des Problems" hinsichtlich der Steuerfreiheit von thesaurierten Altveräußerungsgewinnen von Investmentfonds bei Ausschüttung ab 1.1.2001 gearbeitet werde, so dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt damit habe rechnen müssen, dass die streitgegenständlichen Ausschüttungsgewinne nicht steuerfrei blieben. Bezüglich der gerügten formellen Verfassungswidrigkeit sei das Finanzamt der Auffassung, dass die Regelung formell verfassungsgemäß zustande gekommen sei. Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11.12.2001 für das UntStFG überschreite nicht die verfassungsrechtlichen Befugnisse des Vermittlungsausschusses. Denn aufgrund des umfassenden Gesetzeszwecks (vgl. BT-Drucksache 14/6882) und mangels einer gegenständlichen Begrenzung des Vermittlungsbegehrens seit dem Vermittlungsausschuss im Hinblick auf das UntStFG - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG-Beschüsse vom 13.5.1986, 1 BvR 99/85 u.a., BVerfGE 72, 176/190; vom 8.6.1988, 2 BvL 9/85 u.a., BVerfGE 78, 249/271) ein weiter Vermittlungsrahmen zuzugestehen. Der Bundesrat habe mit Beschluss vom 30.11.2001 die Einberufung des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 Abs. 2 GG "mit dem Ziel der Überarbeitung" des UntStFG verlangt. Konkrete Meinungsverschiedenheiten oder Änderungsvorschläge seien dabei nicht genannt worden. Mit der Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG habe der Vermittlungsausschuss nicht eigenständig einen völlig neuen Regelungsinhalt in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Denn der Regelungsgegenstand des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG sei aufgrund der Äußerungen im Finanzausschuss im Hinblick auf das Steueränderungsgesetz 2001 jedenfalls dem Grunde nach auch im Gesetzgebungsverfahren des UntStFG erkennbar gewesen. Das UntStFG und das StÄndG 2001 seien formal zwar zwei Gesetze, sie seien jedoch inhaltlich miteinander verbunden. Sie stünden sachlich in einem so engen Zusammenhang, dass sie sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat gemeinsam beraten worden seien. Zudem seien die Regelungsvorschläge des Bundesrats zum KAGG im Rahmen des StÄndG 2001 in das UnStFG aufgenommen worden. Aus Sicht der Abgeordneten hätten sich die Beratungen zu den beiden Gesetzen in der Sache als eine Materie dargestellt. Aufgrund dieser speziellen Umstände erschiene es zu förmlich, die Gesetze nunmehr in Hinblick auf die Befugnisse des Vermittlungsausschusses als zwei völlig getrennte Verfahren zu betrachten. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem Fall, der dem BVerfG in seinem Urteil vom 15.1.2008 (2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56) zu Grunde gelegen habe insoweit, als dort die in Frage stehende Entschließung des Bundestages erst nach Einberufung des Vermittlungsausschusses gefasst worden sei. Im vorliegenden Fall aber sei es den Bundestagsabgeordneten aufgrund des Berichts des Finanzausschusses des Bundestags vom 8.11.2001, damit vor der Einberufung des Vermittlungsausschusses am 30.11.2001, bereits bekannt gewesen, dass eine Reform der Besteuerung ausgeschütteter Altveräußerungsgewinne aus Wertpapier-Sondervermögen angedacht gewesen sei. Aufgrund der engen Verknüpfung der beiden Gesetzgebungsverfahren habe der Vermittlungsausschuss auf diese Anregung bei seiner Kompromissfindung zurückgreifen dürfen. Jedenfalls liege kein evidenter Mangel vor, der die Gültigkeit der Norm berühre. Vorliegend sei im Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens für das UntStFG im Jahr 2001 für den Gesetzgeber nicht hinreichend erkennbar gewesen, dass die Anregung im parallelen Gesetzgebungsverfahren zum StÄndG möglicherweise nicht in das Vermittlungsergebnis hätte einbezogen werden dürfen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass das UntStFG und das StÄndG in einem so engen Zusammenhang gestanden hätten, dass sie sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat gemeinsam beraten worden seien.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich der Besteuerung der Altveräußerungsgewinne begründet (dazu Ziff. I.), im Übrigen (hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 36 Abs. 7 KStG i.V.m. § 34 Abs. 13f KStG) bleibt sie ohne Erfolg (dazu Ziff. II.).

I. Das Finanzamt hat die im Streitjahr vereinnahmten Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen aus sog. X-Fonds zu Unrecht der Besteuerung nach § 40 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG vom 20.12.2001 unterworfen. Die Norm ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen, die wie im Streitfall vor der Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses zum UntStFG am 11.12.2002 beschlossen wurden und dem Anteilsinhaber des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen sind, nach § 40 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG jeweils i.d.F. des StSenkG zu besteuern und damit nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbefreit sind.

1. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG in der Fassung Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23.10.2000 - StSenkG - sind Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen insoweit steuerfrei, als sie Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und Bezugsrechten auf Anteile an Kapitalgesellschaften enthalten, es sei denn, dass es sich um Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3 EStG handelt, oder dass die Ausschüttungen Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind; § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 2 KStG sind anzuwenden. Die streitgegenständlichen Ausschüttungen der X-Fonds, die von der Klägerin als alleinige Inhaberin sämtlicher Anteilsscheine des Wertpapier-Sondervermögens am 3.12.2001 beschlossen und die ihr am 6.12.2001 gutgeschrieben wurden, sind dem Grunde nach Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG, die Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und Bezugsrechte auf Anteile an Kapitalgesellschaften enthalten. Die Ausschüttungen in Höhe von 1.107.950.020 DM wurden aus bei den X-Fonds thesaurierten Veräußerungsgewinnen aus ausländischen Aktien vorgenommen. Da die Ausschüttungen bei der Klägerin Betriebseinnahmen sind, sind sie dem Grunde nach steuerpflichtig, fallen jedoch unter die Bestimmung des § 8b Abs. 2 KStG, falls die Ausschüttungen in den zeitlichen Anwendungsbereich der Norm fallen.

§ 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG bestimmte, dass für die erstmalige Anwendung u.a. des § 40 Abs. 1 KAGG der § 52 Abs. 36 Satz 2 EStG sinngemäß gilt. Bei sinngemäßer Anwendung dieser Norm ist § 40 Abs. 1 KAGG i.d.F. des StSenkG (erstmals) auf Erträge anzuwenden, die in einem Wirtschaftsjahr ausgeschüttet worden sind, in dem das Körperschaftsteueranrechnungsverfahren nicht mehr gilt (§ 52 Abs. 36 Satz 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des StSenkG; vgl. Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 43 KAGG Rz. 43). Damit sind, da im Streitjahr das Körperschaftsteueranrechnungsverfahren nicht mehr galt, die streitgegenständlichen Ausschüttungen grundsätzlich nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei.

2. Allerdings wurde mit dem UntStFG vom 20.12.2001 § 43 Abs. 14 KAGG mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2001 rückwirkend geändert, indem aus Satz 2 der Verweis auf § 40 Abs. 1 KAGG entfernt wurde und die Sätze 3 bis 5 eingefügt wurden. Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 14 Satz 3 i.d.F. des UntStFG ist § 40 Abs. 1 KAGG auf Veräußerungen von Anteilen an unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften und von Bezugsrechten auf derartige Anteile anzuwenden, die nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft erfolgen, deren Anteile veräußert werden, für das das KStG i.d.F. des Art. 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I S. 1433) erstmals anzuwenden ist, und auf sonstige Veräußerungen, die nach dem 31. Dezember 2000 erfolgen. Da die von der Klägerin im Dezember 2001 vereinnahmten Ausschüttungen der X-Fonds aus vor dem 31. Dezember 2000 realisierten Veräußerungsgewinnen aus der Veräußerung ausländischer Aktien stammen, könnte dies bedeuten, dass diese nach der Neuregelung durch das UntStFG nicht mehr unter die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG fallen, sondern die Ausschüttungen aus dem Wertpapier-Sondervermögen aufgrund einer neu und mit Rückwirkung für den Veranlagungszeitraum 2001 geschaffenen Sonderregelung für thesaurierte Altveräußerungsgewinne ohne die Begünstigung des § 8b Abs. 2 KStG zu versteuern sind.

3. Würden die am 3.12.2001 beschlossenen und am 6.12.2001 der Klägerin gutgeschriebenen Ausschüttungen der X-Fonds in den Anwendungsbereich des am 20.12.2001 beschlossenen UntStFG fallen und damit § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG eingreifen, wäre dies jedoch ein verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff in eine geschützte Rechtsposition der Klägerin. Zwar liegt in der durch § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG angeordneten Rückanknüpfung auf den Veranlagungszeitraum 2001 eine Änderung während eines laufenden Veranlagungszeitraums. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind derartige Sachverhalte als unechte Rückwirkung (bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung) einzuordnen, die - anders als die sog. echte Rückwirkung - unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht grundsätzlich unzulässig ist (so die Terminologie des 2. Senats des BVerfG) bzw. grundsätzlich zulässig sind (so die Terminologie des 1. Senats des BVerfG; vgl. Desens, FR 2013, 148/149). Sofern der Gesetzgeber aber für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungszeitraums anknüpft, ist dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz jedoch in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind gegeneinander abzuwägen (BVerfG-Beschlüsse vom 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76/82 - "Rückwirkung I"; 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61 (76), BStBl II 2011, 86/92 - "Rückwirkung II" -; 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BVerfGE 127, 31 (48), - "Rückwirkung III" -). Über dieses allgemeine Gebot der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinaus gilt nach der neuen Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG-Beschlüsse vom 7.7.2010 a.a.O. und vom 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932) für Gesetzesänderungen, die einen schon laufenden Veranlagungszeitraum oder Erhebungszeitraum betreffen, im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung ein strengerer, dem der echten Rückwirkung weitgehend gleichgestellter Schutz, wenn besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Ein solcher strengerer Schutz greift insbesondere dann ein, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die geltende Rechtslage eine schutzwürdige Dispositionsentscheidung getroffen hat (vgl. Desens, FR 2013, 148, 150; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Auflage, § 3 Rz. 267). Denn dem Steuerpflichtigen steht in diesen Fällen eine verfestigte Rechtsposition oder konkrete Vermögensposition zu, die ihm durch die Gesetzesänderung rückwirkend wieder entzogen würde. In diesen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand darf nur in besonderen Ausnahmefällen eingegriffen werden, nämlich dann, wenn "besondere Gründe" (so die Diktion des 2. Senats des BVerfG) bzw. "hinreichend gewichtige Gründe" (so die Diktion des 1. Senats des BVerfG) vorliegen (dazu Ziff. 9).

4. Das BVerfG hat in der Disposition über Wirtschaftsgüter in der berechtigten Erwartung einer steuerfreien Vereinnahmung von Wertgewinnen eine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition anerkannt (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 1; 31; 61 "Rückwirkung I-III"). Ferner hat es beim Zufluss von Einkünften einen verfassungsrechtlichen Schutz vor belastenden Rückanknüpfungen angenommen, wenn der Einkünfteerzielung eine Disposition vorangegangen ist, die vom Vertrauen in das geltende Steuerrecht getragen war (BVerfG in BVerfGE 127, 31 und in BVerfGE 132, 302). Ausreichend ist eine vertragliche Vermögensposition, wenn der Steuerpflichtige bei seinen Entscheidungen über Sparen, Konsum und Investition der erzielten Einnahmen darauf vertraut, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu seinen Lasten verändert und dadurch in seine Vermögensposition eingreift. Auch in der Ausschüttung von Gewinnanteilen hat das BVerfG eine gefestigte Rechtsposition anerkannt. So hat es die rückwirkende Besteuerung von Gewinnanteilen nach § 36 Abs. 4 GewStG i.d.F. des UntStFG für verfassungswidrig erklärt, soweit die belastende Neuregelung Vorabausschüttungen erfasste, die bis einschließlich dem Tag beschlossen und abgewickelt wurden, an dem der Vermittlungsausschuss erstmals die später Gesetz gewordene Regelung vorgeschlagen hat (BVerfG in BVerfGE 132, 302/323 f.). Den Zufluss der Ausschüttung hat es dabei als abgeschlossenen Sachverhalt angesehen, der verfassungsrechtlichen Schutz genießt. In dieser Entscheidung hat das BVerfG als maßgebende schutzwürdige Dispositionsentscheidung (nur) deshalb nicht auf den Ausschüttungsbeschluss abgestellt, sondern auf den Zufluss der Ausschüttung, weil es sich um eine Streubesitzbeteiligung handelte und eine solche Beteiligung allein noch keine Rechtsbeständigkeit gegenüber einer Gesetzesänderung vermittele.

5. Im Streitfall kann sich die Klägerin auf ein berechtigtes Vertrauen im Hinblick auf eine Vermögensposition, die sie aufgrund schutzwürdiger Dispositionsentscheidung erhalten hat, berufen. Auch Gesellschafter können sich in Bezug auf erhaltene Gewinnausschüttungen nach der Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich auf Vertrauensschutz berufen (BVerfG in BVerfGE 132, 302/322 f.). Da dies im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung selbst für Streubesitzbeteiligte gilt, denen im Regelfalle überhaupt keine Dispositionsbefugnis über die Gewinnausschüttung zusteht (BVerfG in BVerfGE 127, 31) gilt dies für die Klägerin als "Alleingesellschafterin" im Hinblick auf ihre Fondsbeteiligung umso mehr. Darüber hinaus spricht die jüngere Rechtsprechung des BVerfG den Normadressaten von Gesetzesänderungen einen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz zu, wenn die geänderte Norm nachträglich in eine "auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition" eingreift (BVerfG in BVerfGE 127, 31/47). Für den verfassungsrechtlichen Schutz der Dispositionsfreiheit kommt es darauf an, ob bereits eine gefestigte Rechtsposition - unabhängig vom Veranlagungszeitraum - entstanden ist (BVerfG in BVerfGE 127, 31/47). Im vorliegenden Fall wäre die tatbestandliche Rückanknüpfung von § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG auf die von der Klägerin als Fondsanlegerin am 3.12.2001 beschlossene und am 6.12.2001 bei ihr gutgeschriebene Ausschüttung der Altveräußerungsgewinne der X-Fonds mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil die Klägerin im Hinblick auf die Ausschüttung eine verfestigte Rechtsposition innehatte, die ihr durch die Gesetzesänderung rückwirkend entzogen würde. Die Ausschüttung der X-Fonds stellte für die Klägerin eine verfassungsrechtlich geschützte Vermögensdisposition dar, weil der zugrunde liegende Sachverhalt (die Beschlussfassung über ihre Ausschüttung am 3.12.2001 und die Gutschrift bei der Klägerin am 6.12.2001) nach der Rechtsprechung des BVerfG ein gesteigertes Maß an Abgeschlossenheit erreicht hatte. Die Klägerin durfte daher darauf vertrauen, dass ihre durch die damalige Rechtslage gedeckten Erwartungen an die Vereinnahmung der Gewinnausschüttung unter Anwendung von § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG nicht nachträglich enttäuscht werden. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist verletzt, soweit die Anwendung einer belastenden gesetzlichen Neuregelung mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum erfolgt und dabei - wie im vorliegenden Fall - eine bis zum Abschluss des Vermittlungsverfahrens beschlossene und zugeflossene Ausschüttungen umfasst. Mit der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses über eine belastende gesetzliche Neuregelung wird zwar das Vertrauen in den zukünftigen Bestand der bisherigen Rechtslage zerstört, nicht aber berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Steuerrechtslage für den davorliegenden Zeitraum beseitigt (BVerfG in BVerfGE 132, 302/330). Im Streitfall datierte die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11.12.2001 (BT-Drs. 14/17780). Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin ihre Dispositionsentscheidung bereits getroffen und verwirklicht. Erst zu diesem Zeitpunkt war für die Klägerin in einer den Vertrauensschutz einschränkenden Weise erkennbar, dass das KAGG i.d.F. des StSenkG auch mit Rückwirkung für die von § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG erfassten Altveräußerungsgewinne geändert werden sollte, da zu diesem Zeitpunkt nunmehr die Vorschläge für einen geänderten § 43 Abs. 14 KAGG bekannt wurden. Dabei kann es dahinstehen, ob hinsichtlich der für die Verwirklichung des Vertrauenstatbestands maßgeblichen Investitionsentscheidung primär auf den Ausschüttungsbeschluss vom 3.12.2001 abzustellen ist - wofür spricht, dass anders als im Falle einer Minderheitsbeteiligung die Klägerin auf die Ausschüttungsentscheidung unmittelbar Einfluss nehmen und daher über das Ob und Wie einer Ausschüttung entscheiden konnte - oder ob auf den Zufluss der Ausschüttung am 6.12.2001 abgestellt wird, da auch die Ausschüttung der Klägerin noch vor der Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses am 11.12.2001 gutgeschrieben wurde. Damit schaffte die zu diesem Zeitpunkt bestehende gesetzliche Regelung eine Vertrauensgrundlage für die Dispositionsentscheidung der Klägerin. Die Ausschüttungen der X-Fonds an die Klägerin in der Erwartung, sie aufgrund der sowohl zum Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses wie auch zum Zeitpunkt der Gutschrift bei der Klägerin bestehenden Gesetzeslage steuerfrei zu vereinnahmen, genießt verfassungsrechtlichen Schutz vor belastenden Rückanknüpfungen, da insoweit eine konkret verfestigte Vermögensposition entstanden ist.

6. Auch wenn man der Auffassung folgte, dass bereits die Einbringung eines Gesetzesentwurfs durch ein initiativberechtigtes Organ i.S.d. Art. 76 Abs. 1 GG, auf deren Grundlage die künftige gesetzliche Regelung vorhersehbar wäre, zu einer Einschränkung des Vertrauensschutzes führen kann (vgl. BVerfG in BVerfGE, 127, 31/50), ändert dies am vorliegenden Ergebnis nichts. Denn im Streitfall hat es an der Einbringung eines dem § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG entsprechenden Gesetzesentwurfes durch ein initiativberechtigtes Organ gefehlt. Der durch die Bundesregierung eingebrachte Entwurf des UntStFG enthielt noch keinerlei Bestimmungen, die auf die spätere Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG hingewiesen hätte. Auch im Übrigen gab es keinerlei öffentlich zugängliche Äußerung eines initiativberechtigten Organs in diese Richtung. Die Klägerin konnte daher ihr Verhalten weder zum Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses noch zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ausschüttung auf die spätere Gesetzesänderung ausrichten.

7. Eine Einschränkung des Vertrauensschutzes ergab sich auch nicht aus dem Hinweis im Bericht des Finanzausschusses vom 8.11.2001 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum StÄndG 2001, dass thesaurierte Altveräußerungsgewinne aus Wertpapier-Sondervermögen steuerfrei ausgeschüttet werden könnten (BT-Drucksache 14/7341, S. 9). Denn Berichte über einen Regierungsentwurf und über die Arbeit von Parlamentsausschüssen an einer neuen Regelung sind noch nicht geeignet, dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Stand des geltenden Rechts die Schutzwürdigkeit zu nehmen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11.10.1962, 1 BvL, 22/57, BVerfGE 14, 288/298; vom 14.5.1986, 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200/262). Ebenso würde eine die spätere gesetzliche Regelung betreffende Anregung des Bundesrates in seiner Stellungnahme zu einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, welcher noch keine konkreten Formulierungsvorschläge enthalten hatte, nicht ausreichen, um das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der aktuellen Rechtslage einzuschränken. In diesem Stadium müssen potentiell Betroffene ihr Verhalten noch nicht auf eine solche Regelung einstellen. Dies ändert sich erst mit der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses an den Bundestag (BVerfG vom 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302/325). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem BVerfG-Beschluss vom 3.12.1997, 2 BvR 882/97 (BVerfGE 97, 67/82; vgl. dazu Desens, StuW 2011, 113/119). Soweit das BVerfG dort den Dispositionsschutz bereits zum Zeitpunkt einer politischen Ankündigung eines Initiativberechtigten entfallen ließ, wurde dies damit begründet, dass zwingende Gründe des Allgemeinwohls hier ausnahmsweise die Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot rechtfertigten (vgl. dazu Ziff. 9). Außerdem muss berücksichtigt werden, dass es sich beim UntStFG und beim StÄndG 2001 verfahrensrechtlich um zwei unterschiedliche Gesetzgebungsverfahren handelt. Der Vertrauensschutz in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren kann nicht durch Beschlüsse in einem früheren Verfahren erschüttert werden. Vielmehr ist das Vertrauen des Steuerpflichtigen in bestehendes Recht für jedes Gesetzgebungsverfahren gesondert zu betrachten (vgl. Höreth/Stelzer, DStZ 2013, 218/225). In dem vom BVerfG mit Urteil vom 10.4.2018, 1 BvR 1236/11 (BVerfGE 148, 217) entschiedenen Fall, in dem dieser die Gesetzgebungsverfahren zum UntStFG und zum Fünften Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes, jeweils mit dem Ziel der Einfügung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, unter Vertrauensgesichtspunkten im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Rückwirkung als ein einheitliches Gesetzgebungsverfahren behandelt hat, lag anders als im Streitfall, bereits ein ausformulierter Gesetzesentwurf vor, der durch die Bundesregierung als initiativberechtigtes Organ i.S.d. Art. 76 Abs. 1 GG ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden war.

8. Bei der Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG handelt es sich nicht lediglich um eine Klarstellung mit deklaratorischer Wirkung. Anders als eine deklaratorische Regelung kann der Gesetzgeber eine Regelung mit konstitutiver Wirkung, auch wenn er sich als "Klarstellung" bezeichnet", nur innerhalb der Grenzen des Rückwirkungsverbots vornehmen (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013, 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1). Eine Regelung ist bereits dann konstitutiv, wenn sie eine fachgerichtliche Auslegung durch nachträglichen Zugriff auf einen abgeschlossenen Sachverhalt ausschließen soll. Im Streitfall wurde durch die ursprünglich im StSenkG getroffene Regelung die Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG auf Ausschüttungen i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG angeordnet. Der Neuregelung in §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG schließt die Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG in den genannten Fällen gerade aus, aus diesem Grund kommt ihr nicht lediglich deklaratorische Wirkung zu. Eine klarstellende Regelung würde nur vorliegen, wenn sich das durch die gesetzliche Änderung nunmehr ausdrücklich Geregelte auch schon aus der bisherigen Regelung unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsregeln aus dem Gesetz ableiten ließe (vgl. BFH-Urteil vom 20.6.2000, VIII R 5/99, BStBl II 2001, 35). Dem ist im Streitfall aber gerade nicht so, denn das StSenkG differenzierte nicht zwischen Altveräußerungsgewinnen und Veräußerungsgewinnen, die unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstanden sind (Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 43 KAGG Rz. 44). Da die Neuregelung in § 43 Abs .14 Satz 3 KAGG somit konstitutiv wirkt, entfaltet die in der Begründung des Regierungsentwurfs vom 19.9.2003 zum Investmentmodernisierungsgesetz (BT-Drucksache 15/1553) vertretene Auffassung, dass es sich bei dieser Regelung um eine Klarstellung handle, keine Bindungswirkung.

9. Besondere Gründe bzw. hinreichend gewichtige Gründe, welche die nachträgliche steuerliche Belastung der Ausschüttungen aus dem Sondervermögen der "X-Fonds" rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar (vgl. BVerfG in BVerfGE 132, 302 Rz. 72; BVerfGE 127, 1/25; 127, 31/59; 127, 61/82). Wie das BVerfG im Beschluss vom 10.10.2012, 1 BvL 6/07 (BVerfGE 132, 302 Rz. 75) entschieden hat, bietet der im Jahr 2001 vollzogene Systemwechsel in Körperschaftsteuerrecht keinen Rechtfertigungsgrund für das rückwirkende Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG. Die zwischenzeitlich im Jahr 2001 geltende Rechtslage war keineswegs offensichtlich so ungerecht oder auch so systemwidrig, dass eine rückwirkende Änderung durch den Gesetzgeber als unabweisbar hätte erscheinen müssen. Im Zusammenhang mit der rückwirkend eingefügten Norm des § 43 Abs. 18 KAGG hat das BVerfG im Beschluss vom 17.12.2013, 1 BvL 5/08 (BVerfGE 135, 1) entschieden, dass vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Investmentsteuergesetzes und des dieses prägenden eingeschränkten Transparenzprinzips die ursprüngliche Regelung nicht zu einer so systemwidrigen und unbilligen Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaften führt, dass bereits ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Auslegung bestünden. Auch wenn es - so das BVerfG - systematisch fragwürdig erscheine, weshalb - abweichend vom "normalen" neuen Körperschaftsteuersystem - positive Wertentwicklungen nicht der Besteuerung unterliegen, negative Wertentwicklungen hingegen steuerliche Berücksichtigung finden sollten, könne im Ergebnis von einer systemwidrigen Abwälzung der Verluste der Kapitalanlagegesellschaften auf die Allgemeinheit nicht die Rede sein.

Diese Gründe gelten auch im Streitfall. Entgegen der Begründung des Regierungsentwurfs vom 19.9.2003 zum Investmentmodernisierungsgesetz (BT-Drucksache 15/1553 S. 131) stellt die sich aus § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG ergebende Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf Altveräußerungsgewinne keine offensichtlich systemwidrige Besserstellung des betrieblichen Fondsanlegers gegenüber dem betrieblichen Direktanleger dar. Denn das KAGG enthielt gewichtige Abweichungen vom Transparenzprinzip, beispielsweise beim Zuflusszeitpunkt bestimmter Investmenterträge (so auch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Investmentmodernisierungsgesetz in der allgemeinen Einführung - BT-Drucksache 15/1553 S. 131 -). Eine wesentliche Durchbrechung des steuerlichen Transparenzprinzips bestand darin, dass Wertgewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren durch den Fonds für Anleger, die ihre Anteilsscheine am Sondervermögen im Betriebsvermögen hielten, nicht als Betriebseinnahmen erfasst wurden, solange die Gewinne nicht ausgeschüttet wurden (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG). Insofern hatte das Sondervermögen eine abschirmende Wirkung gegenüber dem Anteilseigner. Dass thesaurierte Erträge i.S.v. § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG nicht steuerbar waren, führte zu einem gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil gegenüber einem Direktanleger in Form eines Zinsvorteils durch die nachgelagerte Erfassung der Veräußerungsgewinne als Betriebseinnahmen im Zeitpunkt der Ausschüttung der Veräußerungsgewinne aus dem Sondervermögen. Mehrfach hat der BFH in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass angebliche Besteuerungslücken durch die unvollständige Umsetzung des Transparenzgedankens keine planwidrigen Regelungsfehler darstellten, die eine teleologische Ergänzung der Steuervorschriften mit dem Ziel einer vollständigen Umsetzung des Transparenzprinzips rechtfertigen würden (BFH-Urteile vom 4.3.1980, VIII R 48/76, BStBl II 1980, 453; vom 7.4.1992, VIII R 79/88, BStBl II 1992, 786; vom 11.10.2000, I R 99/96, BStBl II 2001, 22; vom 27.3.2001, I R 120/98, BFH/NV 2001, 1539). Der Gesetzgeber hat die Besteuerung von thesaurierten Veräußerungsgewinnen bewusst dergestalt geregelt, dass im Sondervermögen thesaurierte Veräußerungsgewinne nicht von der Ausschüttungsfiktion des § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG sowohl in seiner Altfassung als auch i.d.F. des StSenkG erfasst werden. Die mangelnde Umsetzung des Transparenzprinzips für thesaurierte Veräußerungsgewinne wurde somit auch durch das StSenkG beibehalten. Insoweit entsprach die zum Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses der X-Fonds geltende Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG dem damaligen Besteuerungssystem. Denn aus der Entscheidung des Gesetzgebers, thesaurierte Veräußerungsgewinne als nicht steuerpflichtig zu behandeln und diese erst bei ihrer Ausschüttung zu erfassen, folgt bei Beachtung der steuerlichen Grundsätze zur Gewinnrealisierung, dass für die Besteuerung dieser Gewinne die im Ausschüttungszeitpunkt geltenden Steuervorschriften anzuwenden sind, auch wenn diese günstiger sind als die im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung durch den Fonds geltenden Vorschriften. So wurden auch in der Vergangenheit bei Absenkung der Körperschaftsteuersätze (56/50%, 50/45%, 45/40%) die Veräußerungsgewinne stets mit dem jeweils geltenden Steuersatz im Zeitpunkt der Ausschüttung an die Fondsanleger und nicht mit dem zum Zeitpunkt der Anteilsveräußerung durch den Fonds geltenden Steuersatz besteuert. Es kann daher nicht ohne weiteres als offensichtlich systemwidrig angesehen werden, dass auch für die am 6.12.2001 gutgeschriebenen Ausschüttungen der X-Fonds an die Klägerin die Begünstigung des § 8b Abs. 2 KStG zur Anwendung kam. Vielmehr lässt sich die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens in diesem Zusammenhang als eine Absenkung des Steuersatzes bis auf 0% beim körperschaftsteuerpflichtigen Anleger interpretieren (Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 43 KAGG Rz. 44). Somit kann die ursprüngliche Regelung nicht als offensichtlich so ungerecht und so systemwidrig angesehen werden, dass eine rückwirkende Änderung durch den Gesetzgeber als unabweisbar hätte erscheinen müssen.

Es erscheint auch fernliegend, dass eine der übrigen Fallgruppen vorliegt, bei denen nach der Rechtsprechung des BVerfG eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013, 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1 Rz. 64 ff.). Weder war die Rechtslage so unklar und verworren, dass eine Klärung erwartet werden musste (wobei die Unklarheit einer Rechtslage über die bloße Auslegungsbedürftigkeit hinaus zusätzliche qualifizierende Umstände erfordert, die das geltende Recht so verworren erscheinen lassen, dass es keine Grundlage für einen verfassungsrechtlich gesicherten Vertrauensschutz mehr bilden kann), noch sind überragende Belange des Gemeinwohls ersichtlich, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen.

Wenn der Gesetzgeber sich nachträglich dazu entscheidet, diese Systematik im Fall der Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG nicht beizubehalten, weil er nun der Auffassung ist, dass auf diese Weise Besteuerungslücken entstehen, so kann er dies - da es sich um eine konstitutive Regelung handelt - nur unter Beachtung des steuerlichen Rückwirkungsverbots regeln. Lübbehüsen (in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 43 KAGG Rz. 50) sieht in der Regelung in § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG zwar eine "mit dem GG noch zu vereinbarende unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung". Diese Kommentierung aus dem Jahr 2002 stammt jedoch noch aus der Zeit, bevor das BVerfG seine Rechtsprechung zu den Grenzen der unechten Rückwirkung, eingeleitet durch die Beschlüsse vom 7.7.2010 ("Rückwirkung I - III"), entwickelt hat. Lübbehüsen hat daher auch auf die verfassungsrechtliche Problematik und die Notwendigkeit der - zwischenzeitlich erfolgten - Überprüfung der Grenzen der unechten Rückwirkung im Rahmen von "Reparaturgesetzen" durch das BVerfG hingewiesen.

10. Zur Vermeidung eines verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriffs in die geschützte Rechtsposition der Klägerin ist § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahingehend einzuschränken, dass auf Ausschüttungen von Altveräußerungsgewinnen, die vor der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum UntStFG am 11.12.2001 beschlossen wurden und dem Anteilseigner des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen sind, die Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG noch nicht zum Tragen kommt und diese unter Anwendung der Übergangsregelung in § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG nach § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG von der Besteuerung auszunehmen sind. Zwar findet die verfassungskonforme Auslegung ihre Grenzen dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG-Beschluss vom 24.5.1995, 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37). Hiervon abzugrenzen sind jedoch zu weit geratene - und damit verdeckt lückenhafte - Überleitungsbestimmungen, die auch Sachverhaltskonstellationen erfassen, für die der Gesetzgeber - hätte er sie bedacht - zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung eine besondere Anwendungsregelung getroffen hätte. Eine solche verdeckte Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Rechtsfortbildung dadurch zu schließen, dass die verfassungsrechtlich erforderlichen Einschränkungen dem Gesetzeswortlaut hinzuzufügen sind (BFH-Urteil vom 27.3.2012 I R 62/08, BStBl II 2012, 745 m.w.N.). Der BFH wendet diese Rechtsprechung auch an, um speziellen Anwendungsnormen und Übergangsregelungen die verfassungsrechtlich erforderlichen Einschränkungen dem Gesetzeswortlaut hinzuzufügen (BFH-Urteil vom 12.12.2000, VIII R 10/99, BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282; vom 19.10.2005, I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099; vom 23.3.2011, X R 28/09, BFHE 233, 404, BStBl II 2011, 753). Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Bestimmung des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG, obwohl sie ihrem Wortlaut nach eindeutig ist, nicht auf Fondsausschüttungen für Altveräußerungsgewinne anzuwenden ist, die - wie im Streitfall - noch vor der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum UntStFG am 11.12.2001 beschlossen wurden und dem Anteilseigner des Wertpapier-Sondervermögens zugeflossen sind. Vielmehr sind diese nach der im Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses - im Streitfall am 3.12.2001 - bzw. des Zuflusses der Ausschüttung - im Streitfall am 6.12.2001 - geltenden Rechtslage des § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG nach Maßgabe von § 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG zu besteuern. Die Einfügung von § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG war erstmals in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11.12.2001 enthalten und damit erst in einem Zeitpunkt nach Gutschrift der Ausschüttung vorgesehen. Für die Anwendung von § 43 Abs. 14 Satz 2 KAGG i.d.F. des StSenkG im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung im Streitfall spricht auch, dass im Zeitpunkt der Verabschiedung des UntStFG das BVerfG seine Rechtsprechung zu den Grenzen der unechten Rückwirkung, wie bereits dargelegt, noch nicht entwickelt hatte. Hätte der Gesetzgeber die Grenzen der unechten Rückwirkung, wie sie in späteren Entscheidungen vom BVerfG gezogen wurden, gekannt, hätte er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die verfassungsrechtlich erforderlichen Einschränkungen dem Gesetzeswortlaut hinzugefügt.

Da § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des UntStFG im Streitfall nicht anwendbar ist, kann dahingestellt bleiben, ob diese Norm auch formell verfassungswidrig ist, d.h. unter Verletzung von Art. 20 Abs. 2, 76 Abs. 1 GG verabschiedet worden ist.

II. Die Klage ist unzulässig, zumindest aber unbegründet, soweit die Klägerin beantragt, den angefochtenen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 36 Abs. 7 KStG i.V.m. § 34 Abs. 13f KStG in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 6.12.2017 dahingehend zu ändern, dass ein Bestand von EK 45 in Höhe von 1.546.762.991 DM festgestellt wird. Das FG Münster hat mit Vorlagebeschluss vom 16.9.2014, 9 K 1600/12 F (EFG 2015, 500) die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob die Umgliederungsvorschrift des durch § 34 Abs. 13f KStG i.d.F. des JStG vom 8.12.2010 eingefügten § 36 Abs. 6a KStG mit Art. 3 Abs. 1 GG (un) vereinbar ist. Aus diesem Grund ruht der Einspruch nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes. Das BVerfG ist im Verfahren der konkreten Normenkontrolle zwar hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes beschränkt, nicht aber hinsichtlich des Maßstabs. Es hat daher die zur Prüfung gestellte Norm unter jeglichem Gesichtspunkt und nicht nur unter demjenigen zu prüfen, den das vorlegende Gericht zur Begründung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm heranzieht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.1.2008, 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56 Rz. 74). Im Streitfall ist das BVerfG daher nicht daran gehindert, die vom FG Münster zur Prüfung vorgelegte Norm auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG zu prüfen. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, dass sich aus Art. 14 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Wahrung ihrer Rechtsstellung weiter gehende Wirkungen ergeben als aus Art. 3 Abs. 1 GG. Es ist nicht ersichtlich und wurde von der Klägerin auch nicht dargelegt, dass die Prüfung der Regelung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 zu anderen Ergebnissen im Sinne eines höheren oder geringeren Schutzniveaus führt als eine Prüfung am Maßstab der Freiheitsgrundrechte (BFH-Beschluss vom 11.11.2015 I B 22/14, BFH/NV 2016, 784). Dementsprechend wurde in der Rechtsprechung des BVerfG und des BFH die verfassungsrechtliche Problematik des Körperschaftsteuerguthabens auch stets nur unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG abgehandelt und die Frage, ob der Schutzbereich des Art. 14 GG betroffen ist, mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offen gelassen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1; BFH-Urteile vom 8.11.2006 I R 69, 70/05, BFHE 215, 491, BStBl II 2007, 662; vom 20.4.2011 I R 65/05, BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983). Es kommt daher nicht darauf an, ob das im belastetem vEK angelegte "Körperschaftsteuerminderungspotential" dem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG unterfällt (BFH, Urteil vom 02. Februar 2016 - I R 21/14 -, BFHE 253, 126, BStBl II 2017, 794 m.w.N.). Die Position der Klägerin wird durch das gesetzlich angeordnete Ruhen des Verfahrens ausreichend gewahrt.

III. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung. Es erscheint zweckmäßig, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a Abs. 1 FGO).

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