Hessisches LAG, Urteil vom 13.12.2018 - 9 Sa 822/17
Fundstelle
openJur 2020, 71058
  • Rkr:

Bei der Prüfung entgegenstehender betrieblicher Gründe nach § 8 Abs. 4 TzBfG ist zunächst festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt.

Ein Dienstleistungskonzept in Form einer Vollzeitbetreuung und Vollzeitberatung durch Bezirksgeschäftsführer der Arbeitgeberin ist nicht anzuerkennen, wenn sie dieses Konzept selbst nicht einheitlich in allen Bezirksgeschäftsstellen praktiziert und nicht alle ihre Bezirksgeschäftsstellen mit einem in Vollzeit tätigen geschäftsführenden Volljuristen besetzt hat.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2017 - 5 Ca 4591/16 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung weiterhin über die Zustimmung der Beklagten zur Reduzierung und Neuverteilung der vertraglichen Arbeitszeit der Klägerin.

Die Beklagte ist eine Gewerkschaft mit Sitz in A. Sie beschäftigt etwa 50 Arbeitnehmer. Es gibt eine Hauptgeschäftsstelle in A. Das Bundesgebiet ist von der Beklagten im Rahmen ihrer Organisation in sieben Bezirke aufgeteilt. Die jeweiligen Bezirke werden von sog. Bezirksvorständen nebst deren Stellvertretern geleitet. Darüber hinaus sind grundsätzlich im jeweiligen Bezirk noch ein/e sog. Bezirksgeschäftsführer/-in und eine Sekretärin tätig. Den Bezirksgeschäftsführern obliegen schwerpunktmäßig rechtliche und gewerkschaftspolitische Aufgaben wie die Prüfung und vorbereitende Bearbeitung der eingehenden Rechtsschutzfälle und deren Weiterleitung an ein Dienstleistungszentrum bzw. die Hauptgeschäftsstelle, die außergerichtliche Unterstützung der Mitglieder, die Beratung von Betriebsräten, die Beratung der Mitglieder und Amtsinhaber in sämtlichen Rechtsthemen sowie die Fristenüberwachung bei Rechtsschutzangelegenheiten. Die Bezirksgeschäftsführer in 6 Bezirksgeschäftsstellen sind jeweils in Vollzeit beschäftigte Volljuristen. Der 7. Bezirk - bisher Bezirk A und nach der 2016 erfolgten Strukturreform nunmehr Bezirk B - ist in der Bezirksgeschäftsführung nicht mit einem Volljuristen in Vollzeit, sondern mit einem geringfügig beschäftigten C als Bezirksgeschäftsführer besetzt.

Die am xx.xx.1957 geborene Klägerin ist auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 17. Juni 2002 (Bl. 26-28 d.A.) seit dem 1. Juli 2002 bei der Beklagten als Bezirksgeschäftsführerin für den Bezirk D beschäftigt. Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

"

§ 1

Tätigkeit und Aufgabengebiete

1. ...

2. Frau E werden die Aufgaben des Geschäftsführers, die sich aus dem Arbeitsverteilungsplan des F-Bezirksvorstandes D ergeben, übertragen. Frau E steht auch zur Erledigung aller organisatorischen und sonstigen Arbeiten sowie für Schulungszwecke in Absprache mit dem Vorsitzenden des F-Bezirks D zur Verfügung.

...

§ 4

Arbeitszeit

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt pro Woche 39 Stunden. Die daraus resultierende tägliche Arbeitszeit ist werktäglich von 7.30/8.00 Uhr bis 16.30/17.00 Uhr. Die Mittagspause beträgt eine Stunde. Jeden zweiten Freitag endet die Arbeitszeit um 14.30/15.00 Uhr. Für etwa anfallende Mehrarbeit besteht kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung. Anfallende Mehrarbeit ist pauschal mit den Bezügen gemäß § 3 abgegolten."

Das monatliche Bruttogehalt der Klägerin beläuft sich auf Euro 3.829,38. Sie ist seit 2013 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Die Klägerin ist stellvertretende Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats.

Die Geschäftszeiten der Bezirksstelle D sind Montag bis Donnerstag von 8:30 Uhr bis 14:30 Uhr und Freitag von 8:30 Uhr bis 14:00 Uhr.

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 29. März 2016 (Bl. 15 d.A.) für die Zeit beginnend ab dem 1. Juli 2016 die Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden und eine Neuverteilung ihrer reduzierten Arbeitszeit.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 (Bl. 36, 37 d.A.) lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Das von ihrem Bundesvorsitzenden unterzeichnete Ablehnungsschreiben der Beklagten lautet auszugsweise wie folgt:

"...

mit Schreiben vom 29. März 2016 haben Sie Teilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in der Form beantragt, dass mit Wirkung ab 1. Juli 2016 Ihre Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden soll; die Verteilung der Arbeitszeit soll dabei wie folgt erfolgen: montags, dienstags und mittwochs je 8 Stunden, donnerstags 6 Stunden (Arbeitsbeginn unverändert), freitags keine Arbeitsleistung.

Diese beantragte und gewünschte Verringerung Ihrer Arbeitszeit habe ich bekanntlich mit Ihnen - auch in Erfüllung der sich aus § 8 Abs. 3 Satz 1 TzBfG ergebenden Verpflichtung des Arbeitgebers - im Rahmen unseres Gesprächs am 4. Mai 2016 erörtert; wir haben die Ihrerseits und die F-seitig vertretenen Sichtweisen zu Ihrem Antrag eingehend beleuchtet und die jeweiligen Gründe für diese Sichtweisen dargelegt.

Als Ergebnis dieser Erörterung und der anschließend zu Ihrem Antrag vorgenommenen Überlegungen der Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands teile ich Ihnen hiermit mit, dass wir Ihren o.g. Antrag ablehnen, da der von Ihnen beabsichtigten Arbeitszeitreduzierung betriebliche Gründe entgegenstehen.

Ein "betrieblicher Grund" gem. § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG liegt u.a. insbesondere dann vor, wenn die beabsichtigte Arbeitszeitverringerung die Organisation oder den Arbeitsablauf im Betrieb wesentlich beeinträchtigt.

Auf die Bezirksgeschäftsstellen der F angewendet bedeutet dies:

Das Organisationskonzept in den Bezirksgeschäftsstellen der F ist bekanntlich durchgehend davon geprägt, dass die Betreuung der auskunfts- und ratsuchenden F-Mitglieder und -Amtsträger des jeweiligen Bezirks durch ein und dieselbe Person - eben den Bezirksgeschäftsführer bzw. die Bezirksgeschäftsführerin (falls es sich nicht um eine Angelegenheit in der Zuständigkeit des jeweiligen Bezirksvorsitzenden handelt) - erfolgen soll.

Dieses Organisationskonzept gilt sowohl bezüglich der Beratungsfunktion (z.B. in konkreten Rechtsfragen) als auch bezüglich der allgemeinen Servicefunktion sowie für alle weiteren von der Bezirksgeschäftsführung den Mitgliedern und Amtsinhabern gegenüber zu erbringenden Funktionen.

Diese sehr bewusst getroffene Organisationsentscheidung für eine "Leistung aus einer Hand" setzt aber voraus, dass der Bezirksgeschäftsführer bzw. die Bezirksgeschäftsführerin in der Regel zu den üblichen Öffnungszeiten der Bezirksgeschäftsstellen präsent bzw. erreichbar ist. Diese Organisationsentscheidung und das daraus folgende oben genannte Organisationskonzept würde nicht unwesentlich tangiert, wenn diese Präsenz bzw. Erreichbarkeit an einem Wochentag - im Falle Ihres Antrags jeweils freitags - durchgehend nicht mehr gewährleistet wäre.

Auch der Einsatz einer "Ersatzkraft" an diesem Wochentag würde an diesem Ergebnis nichts ändern, da es auch in diesem Fall an der Notwendigkeit des "einen, festen Ansprechpartners" für die Mitglieder und Amtsträger fehlen würde.

Alles in allem würde die von Ihnen begehrte Arbeitszeitreduzierung somit die Betriebsorganisation in der F-Bezirksgeschäftsstelle D wesentlich beeinträchtigen.

Aus diesem Grund müssen wir Ihren Antrag auf Arbeitszeitreduzierung ablehnen.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass auch der Umstand Ihrer nunmehr festgestellten "Gleichstellung", den Sie uns mit Überlassung einer Kopie des entsprechenden Bescheides zur Kenntnis gegeben haben, in unsere Überlegungen in dem gebotenen Maße eingeflossen ist; dieser Umstand und die dabei von uns vorgenommene Bewertung der Bestimmung des § 81 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 SGB IX konnten aber an dem von uns getroffenen Ergebnis - eben der Ablehnung Ihres Antrags - nichts ändern.

Mit freundlichen Grüßen

Geschäftsführender Vorstand

(..........................)

Bundesvorsitzender"

Mit der am 8. Juli 2016 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 15. Juli 2016 (Bl. 42 d.A.) zugestellten Klage hat die Klägerin die von ihr begehrte Teilzeit und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit geltend gemacht.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe einen Anspruch auf die von ihr begehrte Teilzeit. Es gebe bei der Beklagten bereits kein Organisationskonzept, das der von ihr begehrten Teilzeit entgegenstünde. Mit ihrer Teilzeittätigkeit decke sie vier Tage die Woche die Geschäftszeiten des Bezirks D ab. Sie sei ohnehin aufgrund der Aufgaben im Bezirk und ihren Aufgaben als stellvertretende Betriebsratsvorsitzende nicht immer vor Ort, um eingehende Anfragen persönlich entgegenzunehmen. Die Anfragen würden von der Sekretärin der Geschäftsstelle entgegengenommen und nach Rückkehr von ihr bearbeitet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von 39 Stunden pro Woche auf 30 Stunden pro Woche ab dem 1. Juli 2016 zuzustimmen, mit nachfolgender Verteilung:

-

Montag bis Mittwoch je 8 Stunden unter Beibehaltung des bisherigen vertraglichen Arbeitszeitbeginns (ab 7:30 / 8:00 Uhr);

-

Donnerstag 6 Stunden unter Beibehaltung des bisherigen vertraglichen Arbeitszeitbeginns (ab 7:30 / 8:00 Uhr);

-

Freitags frei.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, betriebliche Gründe gem. § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG stünden der begehrten Teilzeit entgegen. Die Beklagte hat behauptet, ihr Organisationskonzept in ihren Bezirksgeschäftsstellen sei durchgehend davon geprägt, dass die Betreuung ihrer auskunfts- und ratsuchenden Gewerkschaftsmitglieder und Amtsträger des jeweiligen Bezirks durch ein und dieselbe Person - eben den Bezirksgeschäftsführer bzw. die Bezirksgeschäftsführerin - erfolgen solle, wenn es sich nicht um eine Angelegenheit in der Zuständigkeit des jeweiligen Bezirksvorsitzenden handele. Dieses Organisationskonzept liege der Arbeit mit allen mit einem Volljuristen oder einer Volljuristin als Bezirksgeschäftsführer/in besetzten Bezirksgeschäftsstellen zu Grunde. Alle 6 Bezirksgeschäftsstellen seien bewusst mit geschäftsführenden Volljuristen mit einer entsprechenden 100%igen Vollzeitstelle und nicht mit einer nur 90%igen oder 80%igen Teilzeitstelle besetzt. Das dargelegte Organisationskonzept sei integraler Bestandteil der Tätigkeit dieser geschäftsführenden Volljuristen/innen. Allein der 7. Bezirk B, der nicht mit einem Volljuristen besetzt ist, unterliege insoweit nicht dem Organisationskonzept. Dies sei bisher u.a. der aus der Historie gewachsenen und sich bis zur aktuell erfolgten Strukturreform gegebenen geringen Größe des Bezirks geschuldet gewesen. Ihr Organisationskonzept gelte sowohl bezüglich der Beratungsfunktion als auch bezüglich der allgemeinen Servicefunktionen sowie für alle weiteren von der Bezirksgeschäftsführung den Mitgliedern und Amtsinhabern gegenüber zu erbringenden Funktionen. Sie habe die Organisationsentscheidung für "eine Leistung aus einer Hand" getroffen. Dies setze aber voraus, dass der Bezirksgeschäftsführer bzw. die Bezirksgeschäftsführerin in der Regel zu den üblichen Öffnungszeiten der Bezirksgeschäftsstelle präsent bzw. erreichbar sei. Die tägliche Präsenz und Erreichbarkeit der Klägerin als Bezirksgeschäftsführerin in der Bezirksgeschäftsstelle sei daher grundsätzlich, d.h. ungeachtet gelegentlicher dienstbedingter Abwesenheiten, vorauszusetzen. Tragendes Element ihres Organisationskonzepts sei der Grundsatz der Kontinuität der persönlichen Leistungserbringung durch "die eine Person". Diesem tragenden Element ihres Organisationskonzepts widerspreche es, wenn für die von der Klägerin zukünftig nicht mehr erbrachten 9 Wochenstunden ein anderer Mitarbeiter tätig würde. Wenn die Präsenz bzw. Erreichbarkeit der Klägerin an einem ganzen Wochentag durchgehend nicht mehr gewährleistet sei, würde dies den Betriebsablauf in der Bezirksgeschäftsstelle D nicht unwesentlich beeinträchtigen.

Die Beklagte hat weiter die Ansicht vertreten, aus der Tatsache einer" Gleichstellung" der Klägerin als schwerbehinderter Mensch ergebe sich für sie nicht die Notwendigkeit einer Zustimmung zum Teilzeitbegehren.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat mit am 11. April 2017 verkündetem Urteil - Az. 5 Ca 4591/16 (Bl. 144-151 d.A.) - der Klage entsprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei der Beklagten bestehe bereits kein Organisationkonzept, das dem von ihr behaupteten Erfordernis der Vollzeitstelle zugrunde liege; die Bezirksgeschäftsstelle des 7. Bezirks sei nicht von einem Volljuristen besetzt. Zudem könne das schriftsätzlich behauptete Organisationskonzept von der Beklagten selbst bei einer Vollzeitstelle nicht ohne Einschränkungen angewandt werden, weil im Falle von Urlaub, Erkrankung und Betriebsratstätigkeiten die Beklagte bereits derzeit anfallende Tätigkeiten durch andere Personen ausführen lasse.

Gegen das ihr am 30. Mai 2017 (Bl. 152 d.A.) zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. Juni 2017 (Bl. 156 d.A.) Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 15. September 2017 am 13. September 2017 (Bl. 171ff. d.A.) begründet.

Die Beklagte ist unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter der Ansicht, der Antrag der Klägerin sei unbegründet.

Die Beklagte behauptet, die Struktur von Bezirksgeschäftsstellen sei bei der Beklagten über Jahre hinweg konsequent entwickelt und eingehalten worden, so dass seit längerem, mindestens jedenfalls seit fünf Jahren in 6 von 7 Bezirksgeschäftsstellen diese Besetzungsstruktur bestehe, die sich im Rahmen ihres Betreuungskonzeptes der Mitglieder auch bewährt habe. Im 7. Bezirk B, in dem nur wenige Mitglieder zu betreuen seien, leiste die Rechtsabteilung der Beklagten Unterstützung hinsichtlich der Betreuung der Mitglieder dieses Bezirks, was durch die örtliche Nähe der Bezirksgeschäftsstelle und der Geschäftsstelle des Bundesvorstands leistbar sei. Alle anderen Bezirke, insbesondere der mitgliederstarke Bezirk D mit 4.000 Mitgliedern, sei nach dem Konzept der Beklagten personell besetzt und die Arbeitsabläufe in Form der Arbeitsverteilung zwischen Bezirksvorsitzendem und Bezirksgeschäftsführer gleichermaßen organisiert. In der 7. Bezirksgeschäftsstelle sei eine neue Struktur geplant. Wegen des hohen Gewichts der rechtlichen Beratung und Betreuung der Mitglieder und des Bezirksvorstands halte sie die Besetzung der Geschäftsführungsfunktion mit Vollzeit-Volljuristen für unabdingbar notwendig, wobei eine ständige Präsenz gerade auch bei größeren und kleineren Tarifauseinandersetzungen erforderlich sei. Im Hinblick auf die kleinen Organisationseinheiten sei es nicht möglich, Ausfallzeiten wie Urlaub, Erkrankung und Betriebsratstätigkeit anderweitig personell zu vertreten; die Betreuung des Aufgabenbereichs könne währenddessen nicht oder äußerstenfalls sporadisch erfolgen. Trotzdem werde das Organisationskonzept angewandt. Bei einer Einstellung einer Ersatzkraft könne sie zwar weiterhin Sprechzeiten für ihre Mitglieder anbieten, die angestrebte Kontinuität der persönlichen Leistungserbringung aber durch die alleinige Betreuung durch die Bezirksgeschäftsführer nicht mehr gewährleisten. Durch die rechtliche Beratung entstehe typischerweise ein Vertrauensverhältnis. Zudem wären zu umfangreiche Abstimmungen bzw. Übergabegespräch zwischen der Klägerin und der Ersatzkraft notwendig, die in Ermangelung gemeinsamer Dienstzeiten nicht gewährleistet werden könnten. Letztlich könnte eine Ersatzkraft diese Aufgaben allenfalls nach einer umfangreichen Einarbeitung wahrnehmen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 11. April 2017 - Az. 5 Ca 4591/16 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist weiter der Ansicht, ihr Anspruch ergebe sich aus § 8 TzBfG. Zudem erkläre die Beklagte nicht, warum im 7. Bezirk eine Besetzung mit einem in Vollzeit beschäftigten Juristen nicht erfolgt sei. Der dort tätige pensionierte C habe aktuell einen Arbeitsvertrag über 84 Stunden im Monat und sei in der Regel 3 Tage pro Woche in der Geschäftsstelle tätig. Dieser Bezirk betreue sogar noch mehr Mitglieder als der Bezirk D. Es sei nicht ersichtlich, dass durch ihr Teilzeitbegehren das von der Beklagten behauptete Organisationskonzept wesentlich beeinträchtigt werden würde. Zudem sei die Umsetzung des Konzepts aufgrund der Mitgliederzahl nicht möglich, da eine Person nicht mehrere 1.000 Mitglieder alleine betreuen könne. Die Klägerin habe nicht einmal ein Diensthandy, auf dem sie bei dienstlicher Abwesenheit erreichbar wäre oder auf E-Mails zugreifen könne. Ratsuchende Gewerkschaftsmitglieder würden vertröstet. Dieser Umstand werde von der Beklagten akzeptiert. Zudem sei zwischenzeitlich bekannt geworden, dass jedem der bei der Beklagten beschäftigten Volljuristen nunmehr eine juristische Spezialthematik zugewiesen werden solle und als bundesweiter Ansprechpartner zur Verfügung stehen solle. Auch habe sich die Beklagte erst gar nicht um eine Ersatzkraft für sie bemüht.

Wegen des weiteren Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen vom 13. September 2017 (Bl. 171ff. d.A.), 20. November 2017 (Bl. 199ff. d.A.), 13. März 2018 (Bl. 219 d.A.) und 13. August 2018 (Bl. 222ff. d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2018 nebst Anlagen (Bl. 228 d.A.) Bezug genommen.

Gründe

A. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2017 - Az. 5 Ca 4591/16 - ist nach §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie für die Berufungskammer in ausreichendem Maß begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG; 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.

B. In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg, denn sie ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig.

Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Satz 1 ZPO als erteilt (BAG, Urteil vom 13. Oktober 2009 - 9 AZR 910/08, nach juris). Der Klageantrag war auch derart gefasst, dass er Angaben zur Verteilung der Arbeitszeit enthielt.

II. Die Klage ist zudem begründet. Die Klägerin hat gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG Anspruch darauf, dass die Beklagte der begehrten Verringerung der Arbeitszeit wie auch der von ihr beantragten Verteilung ihrer Arbeitszeit zustimmt.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin am 29. März 2016 vor.

a) Die Klägerin hat den streitgegenständlichen Anspruch mit Schreiben vom 29. März 2016 gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

b) Auch die übrigen materiellen Voraussetzungen des Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit waren erfüllt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten, die regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG), bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG steht dem streitgegenständlichen Verringerungsanspruch nicht entgegen.Die Klägerin wahrte mit dem Antrag vom 29. März 2016 die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Der gewünschte Beginn der Vertragsänderung ist der 1. Juli 2016. Die Zustimmung der Beklagten wird nicht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG fingiert. Die Beklagte lehnte das Angebot der Klägerin auf Vertragsänderung mit Schreiben vom 17. Mai 2016 und damit mehr als einen Monat vor dem 1. Juli 2016 form- und fristgerecht ab.

2. Betriebliche Gründe, die der von der Klägerin beanspruchten Verringerung ihrer Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG entgegenstehen könnten, lagen zum Zeitpunkt der Ablehnung des Verringerungsverlangens durch die Beklagte am 17. Mai 2016 allerdings nicht vor.

a) Die Prüfung der entgegenstehenden betrieblichen Gründe ist regelmäßig in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und - wenn das zutrifft - um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (dritte Stufe). Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird. Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber, der die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründe trägt (BAG, Urteil vom 20. Januar 2015 - 9 AZR 735/13, nach juris; BAG, Urteil vom 13. November 2012 - 9 AZR 259/11, nach juris, BAG, Urteil vom 13. Oktober 2009 - 9 AZR 910/08, nach juris; BAG, Urteil vom 8. Mai 2007 - 9 AZR 1112/06, nach juris).

Die betrieblichen Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG sind nicht arbeitsplatz-, sondern betriebsbezogen zu bestimmen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG liegt ein betrieblicher Grund insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Bestimmung konkretisiert den unbestimmten Rechtsbegriff der betrieblichen Gründe durch die - nicht abschließende - Aufzählung von Umständen, die der Arbeitgeber dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers entgegenzusetzen vermag. Auch in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG nimmt das Gesetz nicht auf den Arbeitsplatz, den der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Verringerungsverlangens innehat, Bezug. Der Prüfungsrahmen, den § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG vorgibt, ist denkbar weit. Die Mehrzahl der genannten Einwände, wie Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit, weist einen Betriebsbezug auf (BAG, Urteil vom 13. November 2012 - 9 AZR 259/11, nach juris).

b)Unter Zugrundelegung eines betriebsbezogenen Prüfungsmaßstabs kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf dem Verringerungswunsch der Klägerin entgegenstehende betriebliche Gründe berufen. Die Beklagte hat kein betriebliches Organisationskonzept dargelegt, das der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin entgegensteht.

aa) Festzustellen ist zunächst, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. Das Organisationskonzept ist hierbei das Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll. Das Organisationskonzept muss die Arbeitszeitregelung bedingen. Ob ein solches Konzept besteht, auch tatsächlich durchgeführt wird und ob sich daraus das vorgetragene Arbeitszeitmodell ergibt, ist von den Gerichten für Arbeitssachen voll zu überprüfen. Nicht zu überprüfen ist die Entscheidung des Arbeitgebers, welche Aufgaben er betrieblich verfolgt und die sich daraus ergebenden Folgeentscheidungen, soweit sie nicht willkürlich sind (BAG, Urteil vom 20. Januar 2015 - 9 AZR 735/13, nach juris; BAG, Urteil vom 27. April 2004 - 9 AZR 522/03, nach juris). Auch wenn das Organisationskonzept von plausiblen wirtschaftlichen oder unternehmenspolitischen Gründen getragen wird, rechtfertigt es aber allein keinen entgegenstehenden betrieblichen Grund. Demzufolge ist das Argument, ein Organisationskonzept sehe ausschließlich die Beschäftigung von Vollzeitarbeitskräften vor, nicht ausreichend. Das Konzept der "Unteilbarkeit" des konkreten Arbeitsplatzes reicht für sich nicht aus (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09, nach juris). Das vorgetragene Organisationskonzept muss auch tatsächlich im Betrieb durchgeführt werden.

bb) Die Beklagte behauptet ein Organisationskonzept in den Bezirksgeschäftsstellen der Beklagten, das durchgehend davon geprägt sei, dass die Betreuung der auskunfts- und ratsuchenden Mitglieder und Amtsträger des jeweiligen Bezirks durch ein und dieselbe Person - eben der Bezirksgeschäftsführer bzw. die Bezirksgeschäftsführerin - erfolgen soll. Zudem soll das Organisationskonzept sowohl bezüglich der Beratungsfunktion (in konkreten Rechtsfragen) als auch bezüglich der allgemeinen Servicefunktion sowie für alle weiteren von den Bezirksgeschäftsführern den Mitgliedern und Amtsinhabern gegenüber zu erbringenden Funktionen gelten. Mit der Maßgabe einer Besetzung der Bezirksgeschäftsstellen mit einer entsprechenden 100-prozentigen Vollzeitstelle macht die Beklagte geltend, dass sie der Klägerin eine Aufgabe zugewiesen habe, die in ein bestimmtes Dienstleistungskonzept eingebettet sei.

(1) Ein solches Dienstleistungskonzept in Form einer Vollzeitbetreuung und Vollzeitberatung durch die Bezirksgeschäftsführer der Beklagten liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Beklagte nicht alle ihre Bezirksgeschäftsstellen mit einem in Vollzeit tätigen geschäftsführenden Volljuristen besetzt hat. Der 7. Bezirk, der Bezirk B, ist mit einem geringfügig beschäftigen C als Bezirksgeschäftsführer besetzt. Aus welchen Gründen dieser Bezirk, der nach Vortrag der Beklagten im Rahmen einer Ende 2016 erfolgten Strukturreform entstand, nicht zum Organisationskonzept gehören soll, erschließt sich nicht. Die Beklagte ist in 7 nahezu gleich große Bezirke gegliedert.

(a) Soweit die Beklagte auf die zu betreuenden Mitglieder abstellt, fehlt es an belastbarem Zahlenmaterial. So soll - nach der bestrittenen Behauptung der Beklagten, die diese nicht weiter spezifiziert hat - der 7. Bezirk weniger Mitglieder haben; der Bezirk D hingegen mit ca. 4.000 Mitgliedern mitgliederstark sein. Dies deckt sich nicht mit der Anzahl der Ortsgruppen. Zum Bezirk D gehören - so der Auftritt der Beklagten im Internet (www.xxxx.de) - aktuell 23 Ortsgruppen, zum Bezirk G 20 Ortsgruppen und zum Bezirk B 24 Ortsgruppen. Weder die Größe der Bezirke an sich noch die Ortsgruppenanzahl in den jeweiligen Bezirken lassen hier die Notwendigkeit unterschiedlicher Konzepte erkennen.

(b) Dies gilt auch für die von der Beklagten geschilderten Aufgaben, insbesondere im Hinblick auf die von der Beklagten vorgebrachte Notwendigkeit einer ständigen Präsenz der Bezirksgeschäftsführer gerade auch bei größeren und kleineren Tarifauseinandersetzungen. Inwieweit arbeitsintensive Phasen im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen im Bezirk D im Hinblick auf eine Beratungskontinuität des Bezirksvorstands gerade im 7. Bezirk B - gerichtsbekanntermaßen der zentrale Schwerpunkt der Tarifauseinandersetzungen - abweichen und für die 7. Bezirksgeschäftsstelle ein anderes Organisationskonzept folgen soll, wird von der Beklagten nicht nachvollziehbar erklärt.

(c) Auch die örtliche Nähe der 7. Bezirksgeschäftsstelle zur Geschäftsstelle des Bundesvorstandes erklärt dies in Anbetracht moderner Kommunikationsmöglichkeiten nicht. Auch hat die Beklagte die Planung einer neuen Struktur für die 7. Bezirksgeschäftsstelle weder konkret dargestellt noch deren Umsetzung geschildert.

Ein einheitliches Konzept für alle 7 Bezirksgeschäftsstellen ist von der Beklagten damit nicht nachvollziehbar dargestellt und wird von ihr selbst auch so nicht in allen Bezirksgeschäftsstellen praktiziert.

(2) Eine ständige Präsenz und Erreichbarkeit der Bezirksgeschäftsführer für eine Vollzeitbetreuung und Vollzeitberatung ist bereits jetzt für die Bezirksgeschäftsstelle D nicht gegeben. Die Beklagte hat nicht einmal die Erreichbarkeit der Klägerin in Abwesenheitszeiten sichergestellt.

(a) Die Beklagte hat zwar vorgetragen, sie halte wegen des hohen Gewichts der rechtlichen Beratung und Betreuung der Mitglieder und des Bezirksvorstands die Besetzung der Bezirksgeschäftsstelle mit einem Vollzeitjuristen für unabdingbar notwendig und auch eine ständige Präsenz für erforderlich. Die Bezirksgeschäftsführer sollen an fünf Tagen in der Woche für Beratungen, Auskünfte und Ähnliches zur Verfügung stehen.

(b) Nach den Feststellungen ist die Klägerin auch bisher bei Abwesenheitszeiten, die beispielsweise im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihres Betriebsratsamtes oder weiteren Aufgaben auftreten, nicht einmal mit modernen Kommunikationsmitteln erreichbar. Die Klägerin hat unwidersprochen und damit nach § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden vorgetragen, dass ihr für die Zeiten dienstlicher Abwesenheit von der Beklagten kein Diensthandy zur Verfügung gestellt wurde, auf dem sie dann erreichbar wäre oder auf E-Mails zugreifen könnte. Auch hier müssten ratsuchende Gewerkschaftsmitglieder oder andere Amtsinhaber abwarten. Dieser Umstand allein spricht dagegen, dass die Beklagte ein Dienstleistungskonzept hat, mit dem sie den nachfragenden Mitgliedern eine tägliche Erreichbarkeit der Klägerin zur Erteilung von Auskünften anbietet. Die Beklagte selbst stellt damit keine Kontinuität der persönlichen Leistungserbringung durch die alleinige Betreuung durch den Bezirksgeschäftsführer sicher.

(3) Sofern die Beklagte also eine Vollzeitberatung in Form einer personalen Beziehung "aus einer Hand" verfolgt, gewährleistet sie dieses nach ihrer eigenen Gesamtorganisation von vornherein nicht ohne Einschränkungen. Denn in der Geschäftsstelle des 7. Bezirks steht den ratsuchenden Mitgliedern und Amtsinhabern lediglich eine Teilzeitberatung "aus einer Hand" durch einen geringfügig Beschäftigten zur Verfügung, offensichtlich ergänzt in Form der Unterstützung durch die ortsnahe Hauptgeschäftsstelle. Auch hier scheinen Aufgaben, falls zeitlich oder mengenmäßig erforderlich, durchaus von "anderer Hand" erfolgen zu können. Damit verlangt die "unternehmerische" Aufgabenstellung der Beklagten in den jeweiligen Bezirksgeschäftsstellen aber auch keine Beratung und Betreuung aus einer Hand. Auch die Bindung eines Bezirksgeschäftsführers an die Sprechzeiten der Bezirksgeschäftsstellen scheint nach der eigenen Praxis der Beklagten nicht zwingend erforderlich zu sein; in den Bezirken D und B werden den Mitgliedern der Beklagten derzeit nach dem Internetauftritt der Beklagten (www.xxxx.de) identische Sprechzeiten zur Verfügung gestellt. Gewerkschaftsspezifische Anforderungen einer Vollzeitpräsenz der Bezirksgeschäftsführer sind von der Beklagten nicht substantiiert vorgebracht.

Es fehlt an einem entsprechenden Dienstleistungskonzept, in das die von der Klägerin bislang geleisteten Arbeitsstunden in ihrem vollem Umfang eingepasst wären. Das "Organisationskonzept" der Beklagten beschränkt sich vielmehr auf die unternehmerische Vorstellung vom richtigen Arbeitszeitumfang.

cc) In diese unternehmerische Vorstellung vom richtigen Arbeitszeitumfang würde das Teilzeitverlangen der Klägerin zudem nicht eingreifen. Wenn die Klägerin weniger arbeitet, als es ihrer bisherigen Vollzeittätigkeit entspricht, kann die Beklagte zwar nicht an 5 Arbeitstagen auf die Arbeitsleistung der Klägerin zurückgreifen, sondern nach den im Teilzeitverlangen genannten Zeiten nur an den Arbeitstagen Montag bis Mittwoch an je 8 Stunden sowie donnerstags an 6 Stunden unter Beibehaltung des vertraglichen Arbeitszeitbeginns. Lediglich am Freitag stünde die Klägerin nicht zur Verfügung. Die Beklagte hat vorgetragen, tragendes Element ihres Organisationskonzepts sei der Grundsatz der Kontinuität der persönlichen Leistungserbringung durch "die eine Person". Durch die Abwesenheit der Klägerin am Freitag und am Donnerstagnachmittag würde jedoch die Kontinuität der persönlichen Leistungserbringung nicht weiter beeinträchtigt werden, wie es die gelegentlichen Abwesenheiten der Klägerin ohnehin schon tun. So hat die Klägern vorgetragen, dass in Zeiten ihrer Abwesenheit eingehende Anfragen von der Sekretärin ihrer Geschäftsstelle entgegen genommen und nach Rückkehr der Klägerin von dieser bearbeitet würden.

dd) Selbst wenn jedoch ein Organisationskonzept der Beklagten und ein Eingriff des Teilzeitverlangens in dieses Konzept zugunsten der Beklagten angenommen werden könnte, stünden der Beklagten zumutbare Möglichkeiten zur Seite, um den als erforderlich angesehenen Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzepts mit dem Arbeitszeitwunsch der Klägerin zur Deckung zu bringen. Es obliegt dem Arbeitgeber, sich zu bemühen, die durch die Arbeitszeitverringerung ausfallende Arbeitszeit durch Einstellung einer (Teilzeit-) Ersatzkraft auszugleichen (BAG, Urteil vom 20. Juli 2004 - 9 AZR 626/03, nach juris). Da der Arbeitgeber für die entgegenstehenden betrieblichen Belange darlegungs- und beweisbelastet ist, war es vorliegend Sache der Beklagten darzulegen, welche Hinderungsgründe insoweit bestanden. Hinderungsgründe sind nicht hinreichend von der Beklagten dargetan.

(1) Die Beklagte wird - in Anlehnung an das von ihr für praktikabel gehaltene Beratungsmodell in der 7. Bezirksgeschäftsstelle B - gehalten sein, für die Bezirksgeschäftsstelle D zusätzlich einen geringfügig beschäftigten C oder auch Juristen einzustellen.

Hierdurch würde der bedingte Arbeitsausfall der Klägerin ausgeglichen werden können. Auch das Konzept der Beklagten der personalen Beziehung "aus einer Hand" wäre nicht unzumutbar tangiert. Denn die dann am Ende der Woche tätige Ersatzkraft könnte Vorbereitungsarbeit für die Klägerin für den Beginn der kommenden Woche leisten und in dringenden Fällen - wie auch in der Geschäftsstelle des 7. Bezirks offensichtlich praktiziert - auch an die Hauptgeschäftsstelle weiter verweisen. Abstimmungen der Klägerin mit der Ersatzkraft lassen sich durch geringfügige zeitliche Überschneidungen der Arbeitszeit sicherstellen.

Eine Aufgabenwahrnehmung durch eine Ersatzkraft hält die Beklagte selbst - nach umfangreicher Einarbeitung - für möglich. Inwieweit die Einstellung einer Ersatz(teilzeit)kraft wegen dem Erfordernis einer - jeder Neueinstellung immanenten - Einarbeitung unzumutbar sein sollte, erklärt die Beklagte nicht. Der Einwand der Beklagten, bei einer notwendigen Einarbeitung verbleibe kaum Zeit für die Unterstützung des Bezirksvorstandes ist substanzlos.

(2) Dass die Einstellung einer Ersatzkraft, etwa im Hinblick auf die notwendige Einarbeitungszeit mit unverhältnismäßigen Kosten iSv. § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG verbunden sein könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich und im Übrigen von der Beklagten auch nicht vertieft vorgebracht. Auch hierzu bedurfte es zunächst eines entsprechenden Sachvortrages des auch insoweit darlegungsbelasteten Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 23. November 2004 - 9 AZR 644/03, nach juris). In der 7. Bezirksgeschäftsstelle ist ein geringfügig beschäftigter C als Bezirksgeschäftsführer für die Betreuung sämtlicher Mitglieder und Amtsträger des 7. Bezirks B zuständig. In dieser Form ist für das Berufungsgericht auch die Unterstützung der Klägerin denkbar, zumutbar und nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden.

3. Dem Verteilungswunsch der Klägerin stehen keine betrieblichen Gründe entgegen. Dass es gerade am Donnerstagnachmittag bzw. am Freitag zu erhöhtem Beratungsbedarf in den Bezirksgeschäftsstellen kommt, hat die Beklagte selbst nicht substantiiert vorgetragen. Eine wesentliche Beeinträchtigung des ohnehin nicht bestehenden betrieblichen Organisationskonzepts ist nicht anzunehmen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund iSd. § 72 Abs. 2 ArbGG.

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