OLG München, Endurteil vom 26.09.2019 - 6 U 1091/19
Fundstelle
openJur 2020, 70358
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2019, Az. 33 O 421/18, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil des Landgerichts München I vom 29.01.2019, Az. 33 O 421/18, wird in Ziffern II. und III. ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das vorliegende Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten die Nichtigerklärung einer deutschen Wort-Bildmarke geltend.

Die Klägerin, eine in Deutschland aktive politische Partei, ist Inhaberin der am 27.09.2017 angemeldeten und am 24.05.2018 eingetragenen Wortmarke Nr. 30 2017 024474 "Die B." mit Schutz für folgende Dienstleistungen (vgl. Registerauszug, Anlage 11):

Klasse(n) Nizza 35: "Werbung, Marketing und Verkaufsförderung; Werbedienstleistungen; Gewerbliche Lobbyarbeit; Public Relations [Öffentlichkeitsarbeit]; Herausgabe von Werbetexten; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Meinungsforschung; Plakatanschlagwerbung; Produktion von Werbefilmen; Verteilung von Werbematerial [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen soweit in dieser Klasse enthalten";

Klasse(n) Nizza 41: "Elektronische Veröffentlichung von Texten und Druckerzeugnissen im Internet; Verfassen von Texten; Herausgabe von Texten; Verfassen von Texten für die Ausstrahlung mittels Teletextdienste; Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen; Veröffentlichung von Zeitschriften; Veröffentlichung von nicht-periodischen Publikationen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Videos; Bereitstellung von nicht herunterladbarer Online-Musik; Bücherverleih; Desktop-Publishing [Erstellen von Publikationen mit dem Computer]; Erstellen von Bildreportagen; Erziehung und Unterricht; Fotografieren; online Bereitstellung von nicht herunterladbaren elektronischen Publikationen; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops [Ausbildung]; Veröffentlichung von Büchern; Verlags- und Berichtswesen; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten";

Klasse(n) Nizza 45: "Politisches Lobbying; Lobbyingdienste außer für wirtschaftliche Zwecke; Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit; Dienstleistungen auf dem Gebiet der nicht-juristischen Streitregelung; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten; Mediation; rechtliche Lizenzverwaltung; Schlichtungsdienstleistungen; Sicherheitsbegleitung [Eskorte]; zivile Schutzdienste; persönliche und soziale Dienstleistungen, nämlich Networking-Dienste; politische Lobby-Dienste; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten".

Die Beklagte war früheres Parteimitglied der Klägerin. Sie hat die Gründung einer politischen Partei namens "Die B. Partei" initiiert. Am 14.10.2017 meldete sie die deutsche Wort-Bildmarke Nr. 30 2017 231877 <img src="/Content/Resource?path=resources%2fBayBuergerServiceRS_2019_29312-1-de.jpeg" alt="" class="img-responsive" />an, die am 14.12.2017 für die Dienstleistung in der Klasse 35 "Werbung" eingetragen wurde (Anlage 3). Mit Schreiben vom 15.11.2017 (Anlage 9) hatte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Rücknahme ihrer Markenanmeldung aufgefordert. Die hierfür anfallenden Rechtsanwaltskosten wurden mit Schreiben vom 22.12.2017 gegenüber der Beklagten ebenfalls erfolglos geltend gemacht (Anlage 10).

Die Klägerin fordert von der Beklagten die Einwilligung in die Löschung dieser Marke wegen behaupteter Verwechslungsgefahr zu der prioritätsälteren klägerischen Wortmarke Nr. 30 2017 024474 "Die B.". Hilfsweise stützt die Klägerin den Anspruch auf das Namensrecht an ihrer "Hausfarbe Blau".

Das Landgericht hat die Beklagte mit Endurteil vom 29.01.2019 wie folgt verurteilt:

I. Die beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene deutsche Wort-/Bildmarke Nr. 30 2017 231877 wird für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.822,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2018 zu bezahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, Folgendes ausgeführt:

Die zulässige Klage sei begründet. Die angegriffene Marke der Beklagten sei für nichtig zu erklären gemäß §§ 51 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG, da die Klägerin sich auf ihre prioritätsältere Klagemarke berufen könne. Maßgeblich für die Priorität sei gemäß § 6 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG der Anmeldetag, also beim Klagezeichen der 27.09.2017 (Anlage 11) und beim Kennzeichen der Beklagten der 14.10.2017 (Anlage 3).

Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Eine Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne liege vor, wenn der angesprochene Verkehr glauben könnte, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen, was nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des BGH unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen sei. Dabei sei von einer Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren auszugehen, und zwar insbesondere zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen, der Identität oder Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens, wobei ein geringer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden könne. Vorliegend sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke auszugehen. Bei Farbbezeichnungen sei eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft anzunehmen, wenn die Farbe für die eingetragene Dienstleistung keine wesentliche Rolle spiele. Auch wenn das Zeichen "Die Blauen" grundsätzlich geeignet sein könne, eine beschreibende Bedeutung zu vermitteln und dadurch die Kennzeichnungskraft zu schwächen, sei das für die beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere die Dienstleistung "Werbung" aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich der Abnehmer von Werbedienstleistungen, nicht der Fall. Obwohl die Mitglieder der Kammer nicht zu diesem angesprochenen Verkehr gehörten, könnten sie aufgrund ihrer intensiven Tätigkeit auf dem Gebiet des Markenrechts die Auffassung der hier angesprochenen Verkehrskreise beurteilen.

Hinsichtlich der von beiden gegenüberstehenden Zeichen geschützten Dienstleistung in der Klasse 35 "Werbung" bestehe Identität.

Da mithin eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie eine Dienstleistungsidentität zu konstatieren sei, reiche für die im deutschen Kennzeichenrecht maßgebliche abstrakte kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr bereits ein geringer Grad an Zeichenähnlichkeit aus. Dabei könne sich eine Ähnlichkeit in klanglicher und/oder bildlicher und/oder begrifflicher Hinsicht ergeben. Zwischen der Klagemarke und der Beklagtenmarke in ihrem prägenden Bestandteil bestehe eine wesentliche Übereinstimmung im Sinngehalt, weswegen eine Zeichenähnlichkeit zu bejahen sei. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit seien die sich gegenüberstehenden Zeichen jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließe indes nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend seien, sofern die anderen Bestandteile im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund träten. Nicht ausreichend sei es danach, dass der übereinstimmende Bestandteil für den Gesamteindruck des Zeichens lediglich mitbestimmend sei. Das gelte unabhängig davon, ob die prioritätsältere Marke oder das angegriffene Zeichen die zusätzlichen Bestandteile aufweise. Die Beurteilung, ob ein prägender Bestandteil vorliege, sei eine Frage des Einzelfalls. Diese Grundsätze gälten auch bei der Ermittlung des Sinngehalts der Zeichen.

Das Beklagtenzeichen werde durch seinen Wortbestandteil "Die b. Partei" geprägt, obgleich es sich um ein Wort-Bildzeichen handele. Dem vor dem Wortbestandteil dargestellten Bildbestandteil könne keine Wirkung zugeschrieben werden, die den Gesamteindruck des Zeichens präge. Denn es sei anerkannt, dass der angesprochene Verkehr rein dekorativen und den Bedeutungsgehalt der Worte lediglich widerspiegelnden Bild-Bestandteilen keine Bedeutung beimesse. Vorliegend sei der Bildbestandteil trotz seiner Größe und Farbigkeit im Gesamtzeichen nicht derart dominierend, dass der Wortbestandteil dahinter zurückträte. Vielmehr stelle sich der Bildbestandteil als bloße Illustration der Anfangsbuchstaben der wesentlichen Teile des Wortbestandteils dar. Aufgrund der unterschiedlichen Farbgestaltung des Blaus im Bildbestandteil seien darin unschwer ein "B" und ein "P" zu erkennen, was als Abkürzung für (die) "B. Partei" zu sehen sei. Zwar wiesen insofern Bildbestandteil und Wortbestandteil den gleichen Begriffsgehalt auf. Sie würden aufgrund der lediglich dekorativen, illustrierenden Bedeutung des Bildbestandteils jedoch nicht als zusammengehörige Einheit verstanden, was die Annahme der Prägung des Beklagtenzeichens durch den Wortbestandteil verbieten würde. Erweise sich stattdessen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise der Bildbestandteil als bloße Illustration des im Vordergrund stehenden Wortbestandteils, präge allein dieser.

In begrifflicher Hinsicht stünden sich somit die Zeichen "Die B." und "Die b. Partei" gegenüber. Die Gefahr begrifflicher Verwechslungen von Marken bestehe dann, wenn die beiderseitigen Begriffe ihrem Sinn nach vollständig oder im Wesentlichen übereinstimmten. Das sei bei den Zeichen "Die B." und "Die b. Partei" der Fall. Beide Zeichen bezeichneten eine Gruppe oder Gruppierung. In Bezug auf die von der Beklagtenmarke einzig in Anspruch genommene Dienstleistung "Werbung" komme dem Begriff "Partei" keine besondere oder eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr sei der angesprochene Verkehr daran gewöhnt, in der als besonders kreativ geltenden Werbebranche entsprechend kreativen Kennzeichen zur Bezeichnung von Produkten/Dienstleistungen oder Unternehmen zu begegnen. Daher messe er dem Bestandteil "Partei" nicht die Bedeutung zu, dass es sich hierbei um eine Gruppe oder Gruppierung in Form einer politischen Partei handele. Selbst wenn man das anders sähe, wäre der Sinngehalt der streitgegenständlichen Zeichen immer noch wesentlich gleich, da man dann auch annehmen müsste, der angesprochene Verkehr werde das Zeichen "Die B." jedenfalls auch (in einem möglichen Sinngehalt) als Bezeichnung für eine politische Partei verstehen. Denn auch daran sei er durch die Bezeichnung der politischen Partei "B.90/Die G.", die abgekürzt allgemein als "die G." bezeichnet würden, gewöhnt. Gemeinsam sei den beiden Zeichen und den beiden von ihnen beschriebenen Gruppen weiterhin, dass sie sich von anderen Gruppen dadurch unterschieden bzw. unterscheiden wollten, dass sie blau seien. Was das konkret zu bedeuten habe, erschließe sich dem angesprochenen Verkehr nicht. Für den angesprochenen Verkehr erschöpfe sich der Bedeutungsgehalt daher darin, dass es sich um eine Gruppe handele, die sich als blau bezeichne und damit von anderen abgrenze. Der wesentliche Sinngehalt beider Zeichen sei somit der einer Gruppe, deren Abgrenzungs- bzw. Erkennungsmerkmal die Farbe Blau sei. Aufgrund des fehlenden eigenständigen Sinngehalts des Bestandteils "Partei" im hier vorliegenden Zusammenhang mache es für den Verkehr keinen wesentlichen Unterschied, ob er das Beklagtenzeichen so ausspreche, wie es (im Wortbestandteil) eingetragen sei, nämlich "Die b. Partei" oder ob er es auf seinen wesentlichen Sinngehalt reduziere, indem er es mit "Die Blauen" umschreibe. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr die beiden Bezeichnungen mit der erforderlichen Sicherheit werde auseinanderhalten können, wenn er ihnen beim Angebot derselben Dienstleistung (Werbung) begegne. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Marken erfahrungsgemäß häufig nicht unmittelbar nebeneinander aufträten und nicht miteinander verglichen werden könnten, sondern der Verkehr die Unterscheidung auf Grund eines zumeist nur ungenauen Erinnerungsbildes vornehmen müsse, für das erfahrungsgemäß die Übereinstimmungen stärker prägend seien als die Unterschiede.

Da die Ähnlichkeit in einer der Wahrnehmungskategorien (klanglich, schriftbildlich, begrifflich) ausreiche, sei aufgrund der dargestellten wesentlichen Übereinstimmung der Zeichen in ihrem Begriffsgehalt eine Zeichenähnlichkeit zu bejahen.

Im Ergebnis sei daher aufgrund der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke, der Dienstleistungsidentität sowie der Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne gegeben.

Der Anspruch der Klägerin sei auch durchsetzbar. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin bestünden nicht und seien von der Beklagten auch nicht geltend gemacht worden. Gleichfalls fehle es an Anhaltspunkten sowie konkretem Vortrag, dass eine der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG einschlägig wäre.

Eine Prüfung namensrechtlicher Ansprüche der Klägerin sei somit nicht erforderlich.

Aufgrund der Änderung des Markengesetzes durch das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (BGBl. I, 2018, Nr. 45, 2357) sei der von der Klagepartei noch vor dessen Inkrafttreten gestellte Antrag sachdienlich dahingehend auszulegen gewesen, dass - entsprechend des neuen § 51 Abs. 1 MarkenG - die Nichtigkeit der Marke der Beklagten ausgeurteilt werden solle.

Das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 25.01.2019 zur Akte gereichten Urteil des LG Köln, Az. 31 O 401/17 (Bl. 109 ff. d. A.) stehe den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen.

Der Kostenerstattungsanspruch finde seine Rechtsgrundlage in §§ 677, 670 Abs. 1, 683 Satz 1 BGB. Der Zinsanspruch folge aus § 291 BGB.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 07.02.2019 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 06.03.2019 (Blatt 141/144 d. A.) Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 05.04.2019 (Blatt 146/156 d. A.) begründet hat.

Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung Folgendes aus:

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr habe das Landgericht nicht beachtet, dass sich im vorliegenden Fall keine wirtschaftlichen Unternehmen gegenüberstünden, sondern politische Parteien. Politische Parteien seien bei der Darstellung ihrer Tätigkeiten im besonderen Maße darauf bedacht, sich von anderen Parteien abzugrenzen. Dies widerspreche einer mit wirtschaftlichen Unternehmen vergleichbaren Ausgangslage und damit einer vergleichbaren Verwechslungsgefahr. Dies gelte auch dann, wenn kennzeichenrechtlich maßgeblich auf die abstrakte Verwechslungsgefahr abzustellen sei. Denn gerade bei wirtschaftlichen Unternehmen könne in abstrakter wie auch in konkreter Weise immer der Wille des anderen Unternehmens mitschwingen, vom guten Ruf der Marke eines anderen Unternehmens mit zu profitieren und die eigene Dienstleistung/Ware unter ähnlicher Marke anzubieten. Dies sei vorliegend gerade von vornherein ausgeschlossen. Die Konkurrenzsituation zwischen politischen Parteien werde vielmehr von der Ausgangslage der gegenseitigen Abgrenzung als von dem Interesse an Nachahmung beschrieben. Eine Verwechslungsgefahr dahingehend, dass eine Dienstleistung einer politischen Partei, das heißt eine politische Initiative einer Partei, mit der einer anderen verwechselt werden könne, stehe daher auf einer völlig anderen Ebene. Gerade das den politischen Parteien eigene kontradiktorische Agieren und das ausdrückliche Vereinnahmen von geführten Initiativen für die eigene politische Agenda dürfe eine Verwechslungsgefahr erheblich erschweren. Die Begriffe "Waren und Dienstleistungen" im Sinne der einschlägigen Vorschriften begegneten von vornherein bei der Anwendung auf politische Parteien einer gewissen fehlenden Zuordnung. Denn diese Vorschriften gingen eindeutig vom Wortlaut und auch vom Sinngehalt her ausschließlich von wirtschaftlichen Unternehmen aus.

Zum anderen trete die Klägerin gar nicht unter dem Namen der hier streitgegenständlichen Marke "Die B." auf, sondern ausschließlich unter dem Namen "A. f. D.". Auch wenn maßgeblich auf die abstrakte Verwechslungsgefahr abzustellen sei, müsse der Umstand zumindest beiläufig Beachtung finden, dass eine konkrete Verwechslungsgefahr überhaupt nicht bestehe.

Vor dem Hintergrund, dass sich vorliegend nicht wirtschaftliche Unternehmen gegenüber stünden, sondern politische Parteien, sei auch die begriffliche Gegenüberstellung der Marken "Die B." und "Die b. Partei" zu werten. Dies werde insofern auch deutlich hervorgehoben, als die Marke der Beklagten die Bezeichnung "Partei" ausdrücklich aufgenommen habe.

Auch die Wertung des Landgerichts, wonach in Bezug auf die von der Beklagtenmarke in Anspruch genommene Dienstleistung "Werbung" dem Begriff "Partei" keine besondere bzw. eigenständige Bedeutung zukomme, könne nach der lediglich angelehnten Passung der kennzeichenrechtlichen Vorschriften für die Problematik der angebotenen Waren/Dienstleistungen für Parteien nicht bestehen bleiben. Denn vor diesem Hintergrund komme dem Begriff "Partei" eben gerade eine ganz besondere und eigenständige Bedeutung zu, die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidend sei. Denn der Begriff "Partei" führe zu einer eindeutigen Zuordnung und zu einer Abgrenzung zur Klagemarke "Die B.". Im Gegensatz zur Klagemarke nehme die Beklagtenmarke ausdrücklich und ausschließlich ihre kennzeichenrechtliche Bedeutung für politische Parteien in Anspruch.

Auch die Argumentation des Landgerichts, dass den beiden Zeichen gemeinsam sei und sie sich dadurch von anderen Gruppen gemeinsam unterschieden bzw. unterscheiden wollten, dass sie blau seien, begegne durchgreifenden Bedenken. Denn es gehe bei der Beklagtenmarke eindeutig und erkennbar gerade nicht um eine Farbe, sondern um eine Partei. Es sei somit gerade nicht zutreffend, dass sich für den angesprochenen Verkehr der Bedeutungsgehalt gerade darin erschöpfe, dass es sich bei beiden Gruppen um solche handele, die sich als blau bezeichneten und damit von anderen abgrenzten. Gerade durch das Wort "Partei" stehe die Bezeichnung "b." bei der Beklagtenmarke in Abgrenzung zur Klagemarke ganz eindeutig nicht lediglich für eine Farbe. In der Klagemarke stehe jedoch die Bezeichnung "b." für sich allein. Der Bedeutungsgehalt sei daher im Verhältnis der beiden Marken zueinander deutlich unterschiedlich.

Die vom Landgericht angenommene Verwechslungsgefahr wäre jedoch selbst bei wirtschaftlichen Unternehmen fraglich. Denn die streitgegenständlichen Marken seien deutlich unterschiedlich und wären selbst für wirtschaftliche Unternehmen von ausreichender Unterscheidbarkeit, die einer Verwechslungsgefahr entgegenstünde. Aus der maßgeblichen Sicht des angesprochenen Verkehrs, wobei es auf den Empfängerhorizont des informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ankomme, scheide bereits optisch eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken aus. Alleine eine blaue Farbgestaltung lasse noch nicht den Eindruck einer Ähnlichkeit entstehen. Sowohl die Form als auch die Aufteilung der Schrift und des grafischen Elements wichen in allen Belangen voneinander ab. Schriftbildlich seien die sich gegenüberstehenden Marken so vollkommen unterschiedlich, dass der Eindruck einer Ähnlichkeit nicht aufkomme, geschweige denn der einer Verwechslungsgefahr. Auch die Farbbezeichnung sei in beiden Marken grammatisch anders gestaltet. In der einen Marke stelle sich die Farbe als Substantivierung dar, in der anderen sei sie lediglich ein vorangestelltes Adjektiv. Auch klanglich seien beide Marken völlig unterschiedlich. Die Klagemarke bestehe aus zwei Worten und drei Silben, die Marke der Beklagten hingegen aus drei Worten und fünf Silben. Die Betonung der Klagemarke liege auf "B.", die der Beklagten bei "Partei". Hinsichtlich des Wortsinns sei der Unterschied zwischen beiden Marken eklatant. Auf der einen Seite werde eine Farbe substantiviert, auf der anderen Seite die Eigenschaften einer Partei konkretisiert. Der Name der Klägerin "A. f. D." sei von der Partei der Beklagten "Die B. Partei" ausreichend unterscheidbar. Aus der Bezeichnung "Die Blauen" werde ohne entsprechenden Kontext nicht ohne weiteres klar, dass es sich hierbei um eine Partei handeln solle.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Löschung der Beklagtenmarke aufgrund eines vermeintlichen Namensrechts. Denn sie bezeichne sich selbst im Rubrum als "A. f. D." (im üblichen Sprachgebrauch werde sie auf ihre Anfangsbuchstaben reduziert und heiße verkürzt "AfD"), ihr Name sei nicht "Die B.". Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Löschung der Beklagtenmarke aufgrund eines von ihr angenommenen Rechts an einer politischen Farbe oder sogenannten Hausfarbe. Eine Hausfarbe einer Partei, welche markenrechtlichen Ansprüchen genüge, sei in Deutschland nicht existent. Eine solche existiere derzeit lediglich für einige ausgewählte Unternehmen. Die Gefahr einer konkreten Zuordnungsverwirrung besteht darüber hinaus ohnehin nicht, da die Klägerin unter ihrem Namen "A. f. D." oder als "AfD" auftrete.

Weiterhin seien hier die Voraussetzungen für eine Bösgläubigkeit der Klägerin bei der Anmeldung der Marke "Die B." erfüllt, so dass man ihr ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zuschreiben müsse und dies zur Abweisung der Klage führe. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke "Die B." am 27.09.2017 Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagte vor der Bundestagswahl im September 2017 die Gründung der Partei "Die b. Partei" initiiert habe (wie in der Klageschrift auch auf Seite 3 vorgetragen). Die Klagemarke sei lediglich deswegen eingetragen worden, um der Beklagten die Marke "Die b. Partei" streitig zu machen. Insoweit würden hier auch keine neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, sondern lediglich auf den Tatsachenvortrag Bezug genommen werde, wie er bereits erstinstanzlich in der Klageschrift (auf Seite 3) enthalten sei. Zudem sei hinsichtlich des Rechtsmissbrauchs der Klägerin ein neuer Umstand hinzugetreten. Die Klägerin habe "Die b. Partei" zunächst außergerichtlich auf Unterlassung der Führung des Namens "Die b. Partei" in Anspruch genommen und mit Klageschrift vom 15.12.2017 auf Unterlassung der Führung dieses Namens beim Landgericht Köln verklagt, das mit rechtskräftigem Urteil vom 22.01.2019 (Az. 31 O 401/17) die Klage abgewiesen habe. In diesem Prozess habe die Klägerin vorgetragen, dass sie auch den Namen "B. Partei" am 17.10.2017 beim DPMA als Wort- und Bildmarke angemeldet habe. Die Klägerin habe nach bekannter Gründung der Partei "Die b. Partei" wissentlich und willentlich lediglich deswegen die Marken "B. Partei" und "Die B." beim DPMA angemeldet und zur Eintragung gebracht, um "Die b. Partei" bzw. die Beklagte zu schädigen und daran zu hindern, den Namen zu führen und Inhaber dieser Marke zu sein. Dahinter stecke die Absicht, die Beklagte in ihrer politischen Arbeit zu behindern. Eine andere Motivation für die Klägerin sei nicht denkbar, denn diese sei hinsichtlich der Markenanmeldungen "B. Partei" und "Die B." erst aktiv geworden, nachdem die Beklagte aus der Klägerin ausgetreten sei und "Die b. Partei" gegründet worden sei. Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Köln bestehe nun Gewissheit, dass "Die b. Partei" ihren Namen weiterführen dürfe. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Köln ergebe es auch gar keinen Sinn, die von der Beklagten eingetragene Marke "Die b. Partei" für nichtig zu erklären, nachdem die Partei ihren Namen weiterführen dürfe und die Beklagte deren Bundesvorsitzende bleibe. Dass die Klägerin an ihrem Ansinnen festhalte, der Beklagten die Marke "Die b. Partei" streitig zu machen und sich der Berufung der Beklagten im vorliegenden Verfahren entgegenstelle, sei ein weiteres neues rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin, das sich erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Köln mit dessen Rechtskraft im Februar 2019 ergeben habe. Die Partei "Die b. Partei" sei ausdrücklich damit einverstanden, dass die Beklagte Inhaberin der Marke "Die b. Partei" bleibe. Aus diesem Grund ergebe auch der von der Klägerin geltend gemachte Löschungsanspruch/Anspruch auf Nichtigerklärung keinen Sinn. Durch die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Köln sei der streitgegenständliche Anspruch der Klägerin obsolet geworden.

Die Beklagte beantragt,

Unter Abänderung des am 29.01.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts München I mit dem Aktenzeichen 33 O 421/18, wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt Folgendes vor:

Das Landgericht habe zutreffend eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Marken angenommen. In Bezug auf den Einwand der Beklagten, das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass sich vorliegend zwei politische Parteien gegenüberstünden, handele es sich bei der Beklagten zunächst nicht um eine politische Partei, sondern um eine natürliche Person. Zudem verkenne die Beklagte nach wie vor, dass es bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr im Rahmen des § 9 MarkenG ausschließlich auf die sich gegenüberstehenden Marken in der eingetragenen Form, also auf die Registerlage ankomme. Konkrete Verwendungsumstände seien unbeachtlich.

Mit dem erstmals in der Berufungsinstanz erhobenen Rechtsmissbrauchseinwand sei die Beklagte präkludiert nach § 531 Abs. 2 ZPO. Ohnehin liege aber keine bösgläubige Markenanmeldung vor, für die die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trage. Insbesondere ergäben sich entgegen der Argumentation der Beklagten aus der Darstellung in der Klageschrift auf Seite 3 keine Anhaltspunkte für eine bösgläubige Markenanmeldung oder ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin, wie auch das Landgericht auf Seite 14 des Ersturteils zutreffend festgestellt habe. Soweit die Beklagte auf die Anmeldung der - nicht verfahrensgegenständlichen - Marke "B. Partei" abstelle, sei ihr diese bereits in der ersten Instanz bekannt gewesen, so dass es sich nicht um eine neue Tatsache handele.

Eine bösgläubige Markenanmeldung bzw. ein Rechtsmissbrauch liege auch tatsächlich nicht vor. Soweit die Beklagte auf Umstände nach der Anmeldung der Angriffsmarke Bezug nehme, verkenne sie, dass es für die Frage der bösgläubigen Markenanmeldung auf den Anmeldezeitpunkt ankomme. Soweit die Beklagte, unabhängig von dem Einwand der bösgläubigen Markenanmeldung, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin geltend machen wolle, sei dies im insoweit abschließenden Markengesetz mit dem gemäß § 51 Abs. 2 bis 4 MarkenG enthaltenen Katalog von materiell-rechtlichen Fallgestaltungen, die einer Löschung grundsätzlich entgegenstünden, nicht vorgesehen. Beim Rechtsmissbrauch handle es sich daher nicht um ein taugliches Löschungshindernis. Ohnehin liege aber auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor.

Der Vortrag der Beklagten zu dem von der Klägerin gegen die Partei "Die b. Partei" geführten Verfahren vor dem Landgericht Köln sei präkludiert, weil dieses der Beklagten bereits erstinstanzlich bekannt gewesen sei. Der Rechtsmissbrauchseinwand erfordere zudem eine Sonderverbindung und entfalte keine Drittwirkung. In dem hiesigen Verfahren sei "Die b. Partei" nicht beteiligt. Die Beklagte könne sich daher nicht auf ein angeblich rechtsmissbräuchliches Verhalten gegenüber der Partei "Die b. Partei" berufen. Zudem sei das Verfahren gegen "Die b. Partei" lange nach der Anmeldung der Angriffsmarke und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für eine bösgläubige Markenanmeldung eingeleitet worden.

Gegen eine bösgläubige Anmeldung der Klagemarke spreche bereits der Umstand, dass es sich nicht um ein identisches Zeichen handele und dieses auch in fünf Klassen für dutzende Waren und Dienstleistungen und gerade nicht nur für "Werbung" angemeldet worden sei. Falsch sei der Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung, wonach die Klägerin mit der Anmeldung der Wort-/Bildmarken "B. Partei" und "Die B." erst aktiv geworden sei, nachdem die Beklagte aus der Klägerin ausgetreten sei und "Die b. Partei" gegründet worden sei, und dass die Klägerin Kenntnis davon gehabt habe, dass die Beklagte vor der Bundestagswahl die Gründung der Partei "Die b. Partei" initiiert habe. Die Klägerin habe vor der Bundestagswahl keine Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagte aus der Klägerin habe austreten wollen und sogar schon eine neue Partei initiiert habe. Falsch sei auch, dass die Klagemarke erst angemeldet worden sei, nachdem die Beklagte aus der Klägerin ausgetreten sei, die Anmeldung sei am 27.09.2017 erfolgt, der Austritt der Beklagten sei am 29.09.2017 vollzogen worden. Falsch sei ferner, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Anmeldung der Klagemarke gewusst habe, dass die Beklagte bereits eine Partei mit dem Namen "Die b. Partei" gegründet habe, nachdem die Gründung und die Anmeldung der neuen Partei heimlich vorgenommen worden sei und die Klägerin sowie die Öffentlichkeit von dem Namen der Partei erst mehrere Tage nach der Anmeldung der Klagemarke erfahren hätten, nachdem offenbar erstmals am 10.10.2017 offiziell der Name der neuen Partei in den Medien verkündet worden sei. Auch der Umstand, dass die Beklagtenmarke erst ca. drei Wochen später als die Klagemarke, nämlich am 14.10.2017, angemeldet worden sei, spreche gegen eine Bösgläubigkeit, nachdem die Klägerin nicht habe vorhersehen können, dass die Beklagte unter der Bezeichnung "Die b. Partei" Werbedienstleistungen für Dritte anbieten wolle und deshalb Mitte Oktober 2017 eine entsprechende Marke auf sich anmelden würde. Schließlich habe die Beklagte auch nicht vorgetragen, dass sie selbst bereits vor der Anmeldung der Angriffsmarke Werbedienstleistungen unter dem Zeichen "Die b. Partei" gegenüber Dritten erbracht habe, so dass sich die Beklagte nicht einmal auf einen eigenen Besitzstand berufen könne. Die Beklagte habe das Zeichen "Die b. Partei" zuvor und auch bis dato nicht für Werbedienstleistungen im geschäftlichen Verkehr genutzt.

Die Klägerin habe auch ein eigenes Interesse an der Anmeldung der Klagemarke. Sie habe ihren Markenschutz seit ihrer Gründung 2013 konsequent ausgebaut (vgl. auch Anlage 14) und umfangreich die von ihr in der Außendarstellung verwendeten Kennzeichen in den Elementen markenrechtlich schützen lassen. Die Klagemarke sei Teil einer umfassenden Markenstrategie. Die Anmeldung des Zeichens "Die B." sei auch nicht etwa willkürlich und ohne jeden Bezug zur Tätigkeit der Klägerin. Vielmehr habe sie seit ihrer Gründung in ihrer gesamten Außendarstellung die Farbe Blau als Hausfarbe verwendet (vgl. bereits Klageschrift Seite 3 ff., Replik Seite 5 ff.). Es habe daher nahegelegen, dass die Klägerin (ähnlich wie bei den "G. ") eine Marke mit dem Zeichen "Die B." anmelde, zumal sie sich seit Jahren selbst so bezeichne und auch von Dritten, insbesondere den Medien, so genannt werde (vgl. dazu Replik Seite 51 ff.). Es sei der Klägerin darum gegangen, die von ihr in der Außendarstellung verwendete Hausfarbe "Blau" - insbesondere auch im Zusammenhang des Vorgehens gegen Fake-Accounts in sozialen Medien und Domain-G. - auch markenrechtlich zu schützen.

Falsch sei die Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin die Klagemarke lediglich deswegen eingetragen habe, um der Beklagten die Marke "Die b. Partei" streitig zu machen, nachdem zum Anmeldezeitpunkt der Klagemarke die Beklagte keinerlei Markenrechte gehabt habe, es also nicht darum gehen könne, dass die Klägerin der Beklagten im Nachhinein einen bereits erworbenen Besitzstand habe streitig machen wollen. Das von der Beklagten in Bezug genommene Verfahren vor dem Landgericht Köln gegen die Partei "Die b. Partei" sei im vorliegenden Rechtsstreit bereits irrelevant, weil die Partei "Die b. Partei" am hiesigen Verfahren nicht beteiligt sei. Zudem seien die dort geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf Markenrecht gestützt und die Klagemarke sei dort überhaupt nicht streitgegenständlich. Falsch sei auch der Vortrag der Beklagten, wonach die Klägerin in dem Verfahren vor dem Landgericht Köln vorgetragen habe, dass sie am 17.10.2017 eine Wort-/Bildmarke "B. Partei" beim DPMA angemeldet habe. Die Klägerin habe in dem Verfahren, in dem sie ausschließlich aus einem Namensrecht an ihrer Hausfarbe B. vorgegangen sei, weder auf eine solche Marke hingewiesen, noch habe sie sich auf irgendwelche Markenrechte berufen. Soweit die Beklagte behaupte, dass die Klägerin nach bekannter Gründung der Partei "Die b. Partei" wissentlich und willentlich lediglich deswegen die Wort- und Bildmarken "B. Partei" und "Die B." angemeldet habe, um "Die b. Partei" und die Beklagte zu schädigen, sei dies falsch. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt aus ihren Marken gegen "Die b. Partei" vorgegangen. Sie hätte auch gar nicht aus dem Markenrecht gegen die Partei "Die b. Partei" vorgehen können, weil politische Parteien grundsätzlich nicht im geschäftlichen Verkehr aufträten. Die Klägerin hätte der Partei "Die b. Partei" also die politische Arbeit aus ihrer Marke gar nicht untersagen können. Ebenso wenig könne die Klägerin auch die Beklagte aus der Marke nicht in ihrer politischen Tätigkeit behindern, weil diese Tätigkeit außerhalb des geschäftlichen Verkehrs liege.

Schließlich habe auch der Umstand, dass "Die b. Partei" nach Beendigung des Verfahrens vor dem Landgericht Köln weiterhin ihren Namen führen könne, nichts mit der Marke der Beklagten zu tun. Insoweit stünden völlig verschiedene Anspruchsziele inmitten.

Die Beklagte erwidert hierauf, die Intention der Klägerin liege darin, die politische Partei "Die b. Partei" zu schwächen. Es handele sich vorliegend um eine Angelegenheit mit politischem Hintergrund, nicht um wirtschaftliche Unternehmen, die sich um Markenrecht stritten, was bei der Frage der Verwechslungsgefahr und dem Sinn und Zweck des geltend gemachten Löschungsanspruchs zu berücksichtigen sei. Ein rechtlich schützenswertes Interesse der Klägerin an der Durchsetzung ihres Löschungsanspruchs sei nicht zu erkennen, nachdem durch das Landgericht Köln rechtskräftig festgestellt sei, dass die Namensführung der Partei "Die b. Partei" zulässig sei. Mit diesem Vortrag sei die Beklagte auch nicht präkludiert, nachdem das Urteil des Landgerichts Köln erst aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2018 ergangen sei, wodurch ein neuer Zustand eingetreten sei, auf dem die Argumentation der Beklagtenseite aufbaue. Darüber hinaus habe bereits bei Eintragung der Marke durch die Klägerin Bösgläubigkeit vorgelegen, denn die Klägerin habe damit ausschließlich auf die Veröffentlichung der Gründung der Partei "Die b. Partei" reagiert. Über die streitbefangene Marke hinaus habe sich die Klägerin nach Bekanntwerden der Partei "Die blaue Partei" Anfang September 2017, unmittelbar anschließend (im Zeitraum Ende September bis Oktober 2017) weitere Marken eintragen lassen, die allesamt irgendwie die Marke "B. Partei" oder ähnliche Bezeichnungen ("B. Partei", "B. Wende", "B. Gruppe", "Die B.", "B.Fraktion", "B. Forum") beinhalteten. Die von der Klägerin gewählten Bezeichnungen, die alle objektiv und subjektiv deutlich erkennbar an den Namen der Partei "Die b. Partei" angelehnt seien, belegten, dass die Klägerin ausschließlich in dem bösgläubigen Interesse gehandelt habe, die Partei "Die b. Partei" und die Beklagte in markenrechtlich relevanter Hinsicht zu behindern.

Die Klägerin rügt den Vortrag der Beklagten zum Rechtsmissbrauch als präkludiert. Im Übrigen seien die von der Beklagten angeführten weiteren klägerischen Marken alle nach der Klagemarke angemeldet worden, maßgeblicher Zeitpunkt für eine bösgläubige Markenanmeldung sei aber der Anmeldetag. Weiterhin seien diese Marken Teil der bereits vorgetragenen Markenstrategie zum Schutz der Außendarstellung der Klägerin mit ihrer Hausfarbe Blau.

Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 26.09.2019 Bezug genommen.

II.

Das Landgericht hat das Begehren auf Markenlöschung, das es vor dem Hintergrund der zum 14.01.2019 in Kraft getretenen Neufassung des § 51 Abs. 1 MarkenG zutreffend als Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit ausgelegt hat (vgl. § 158 Abs. 6 MarkenG), zu Recht als begründet erachtet gem. §§ 51 Abs. 1, 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, nachdem eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Marke der Beklagten gegeben ist. Auch der in der Berufung seitens der Beklagten erstmals erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs greift nicht durch. Demzufolge kann die Klägerin auch die Erstattung der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB zuzüglich Zinsen (§ 291 BGB) verlangen. Das Bestehen eines seitens der Klägerin hilfsweise auf ein Namensrecht gem. § 12 S. 1 BGB i.V.m. §§ 51 Abs. 1, 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gestützten Anspruchs auf Nichtigerklärung der Beklagtenmarke war danach nicht mehr zu prüfen.

1. Gem. § 51 Abs. 1 MarkenG in der hier anwendbaren Fassung vom 14.01.2019 (vgl. § 158 Abs. 6 MarkenG) wird die Eintragung einer Marke gemäß § 55 MarkenG für nichtig erklärt und gelöscht, wenn ihr ein Recht im Sinne der §§ 9 bis 13 MarkenG mit älterem Zeitrang entgegensteht. Die Klägerin ist Inhaberin der am 27.09.2017 angemeldeten und am 24.05.2018 eingetragenen Klagemarke DE 30 2017024474 (Wortmarke) "Die Blauen", mit Schutz für verschiedene Waren und Dienstleistungen, unter anderem für Werbung, Klasse 35 (vgl. Registerauszug, Anlage 11). Die Beklagte ist Inhaberin der prioritätsjüngeren, am 14.10.2017 angemeldeten und am 14.12.2017 eingetragenen deutschen Wort-Bildmarke Nr. 30 2017 231877 <img src="/Content/Resource?path=resources%2fBayBuergerServiceRS_2019_29312-2-de.jpeg" alt="" class="img-responsive" />mit Schutz ebenfalls für die Dienstleistung "Werbung" (Anlage 3).

2. Die Beurteilung, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist - wie das Landgericht rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt hat - aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen, potentiellen Abnehmers von Werbedienstleistungen vorzunehmen.

3. Dabei ist die Prüfung der Frage der Verwechslungsgefahr unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2016, 382 Rn. 19 m.w.N. - BioGourmet; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Auflage 2018, § 9 Rn. 42 m.w.N.).

4. Die (originäre) Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die vom Markenschutz erfassten, geschützten Waren und/oder Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren bzw. Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (st. Rspr. vgl. etwa BGH GRUR 2017, 75 Rn. 19 - Wunderbaum II; BGH a.a.O. Rdnr. 31 - BioGourmet). Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck des Zeichens abzustellen (BGH GRUR 2017, 914 Rn. 19 - Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke; BGH GRUR 2004, 783, 784 f. - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRALEX). Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der klägerischen Wortmarke "Die B." in Bezug auf die hier in Rede stehende Dienstleistung "Werbung" ausgegangen, nachdem die Bezeichnung "Die B." aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich der Abnehmer von Werbedienstleistungen, keine beschreibende Bedeutung oder beschreibende Anklänge erkennen lässt (vgl. LGU Seite 10 unter 2.).

Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft infolge der Benutzung der Klagemarke ist nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht festzustellen.

5. Hinsichtlich der von den sich gegenüberstehenden Marken jeweils geschützten Dienstleistung "Werbung" besteht Identität.

6. Bei Identität der Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind nach den Vorgaben des Bundesgerichthofs strenge Anforderungen an den Zeichenabstand zu stellen, der zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu wahren ist (vgl. BGH GRUR 2015, 1004, Rn. 51 - IPS/ISP; BGH GRUR 2005, 326, 327 - il Padrone/Il Portone). Das Landgericht hat eine begriffliche Zeichenähnlichkeit zwischen der klägerischen Wortmarke "Die B." und der Wort-Bildmarke der Beklagten "Die b. Partei" angenommen (LGU Seiten 11 ff.), ohne ausdrücklich den Grad der Zeichenähnlichkeit festzustellen, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen sehr hoher (weit überdurchschnittlicher), hoher (überdurchschnittlicher), normaler (durchschnittlicher), geringer (unterdurchschnittlicher) und sehr geringer (weit unterdurchschnittlicher) Zeichenähnlichkeit unterschieden werden kann (vgl. BGH a.a.O. Rn. 49 - IPS/ISP; BGH GRUR 2013, 833 Rn. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Eindeutige Feststellungen zum Grad der Zeichenähnlichkeit ergeben sich aus dem Ersturteil nicht. So führt das Landgericht aus, dass aufgrund der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und der bestehenden Dienstleistungsidentität, für die Annahme der maßgeblichen abstrakten Verwechslungsgefahr bereits ein geringer Grad an Zeichenähnlichkeit ausreiche (vgl. LGU Seite 10 unten/11 oben unter 4.); auf Seite 13 unten unter d) wird eine "wesentliche Übereinstimmung der Zeichen in ihrem Begriffsgehalt" angenommen. Der Senat sieht die vom Landgericht zu Recht festgestellte begriffliche Zeichenähnlichkeit als durchschnittlich an.

Im Einzelnen:

a) Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (BGH a.a.O. 37 - BioGourmet). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2007, 700 - Limoncello; BGH a.a.O. - BioGourmet). Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (BGH a.a.O. - Culinaria/Villa Culinaria). Weiter ist es möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder in eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 30 - THOMSON LIFE).

b) Der Umstand, dass es sich vorliegend um Marken handelt, die für politische Parteien eingetragen sind (Klagemarke) bzw. genutzt werden sollen (Beklagtenmarke), ändert nichts daran, dass das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr lediglich abstrakt anhand der Registerlage zu beurteilen ist. Insoweit steht auch keine Zeichenverwendung im politischen Bereich inmitten, sondern eine durch die eingetragenen Marken geschützte Zeichenverwendung im geschäftlichen Verkehr.

c) Vorliegend stehen sich die Klagemarke (Wortmarke)

"Die B."

und die Beklagtenmarke (Wort-Bildmarke)

gegenüber.

(1.) Eine klangliche Ähnlichkeit ist - auch wenn man zugrunde legt, dass sich bei einem Kombinationszeichen aus Wort und Bild (hier der Beklagtenmarke) der Verkehr klanglich regelmäßig nur am Wortbestandteil orientiert, wenn dieser wenigstens normale Kennzeichnungskraft besitzt (vgl. BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 28 - airdsl; BGH GRUR 2006, 859 Rn. 29 - Malteserkreuz; s.a. Hacker in Ströbele/Hacker, a.a.O. § 9 Rn. 455 m.w.N.) - zu verneinen, nachdem der klangliche Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen "Die B." und "Die b. Partei" aufgrund der unterschiedlichen Wortanzahl und des Zusatzes "Partei" gänzlich unterschiedlich ist. Dies auch wenn man davon ausgeht, dass der angesprochene Verkehr grundsätzlich Zeichenanfänge stärker beachtet, als die übrigen Markenteile, denn vorliegend liegt die Betonung in der angegriffenen Marke "Die b. Partei" gerade auf dem Substantiv "Partei" und wird dieser Wortbestandteil auch wegen seiner Länge vom angesprochenen Verkehr nicht überhört oder bei der Aussprache unterdrückt werden (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, a.a.O. § 9 Rn. 281, 283). Der Wortbestandteil "Partei" ist im Gesamteindruck der Beklagtenmarke auch nicht mangels Kennzeichnungskraft als unbeachtlich anzusehen, nachdem dieser Begriff in Bezug auf die Dienstleistung "Werbung" keine beschreibende Bedeutung hat.

(2.) Bei der Beurteilung der bildlichen Zeichenähnlichkeit ist der graphische Zusatz in der Marke der Beklagten mit zu berücksichtigen. Denn Bildbestandteile eines Wort-/Bildzeichens prägen dessen Gesamteindruck bei der visuellen Wahrnehmung im Regelfall mit, sofern es sich nicht nur um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltung (Verzierung) handelt (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions; BGH GRUR 2000, 506, 509 - Attaché/Tisserand; BGH NJW-RR 2004, 1412 - URLAUB DIREKT; BGH GRUR 2006, 60, Rn. 20 - coccodrillo; BGH GRUR 2008, 254 Rn. 36 - THE HOME STORE; BGH GRUR 2009, 1055 Rn.27 - airdsl). Es ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, nach dem der Verkehr (auch) bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke, in erster Linie die Wörter (gegebenenfalls in ihrer inhaltlichen Bedeutung), nicht jedoch den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnimmt (BGH GRUR 1999, 733, 735 - Lions Driver). Vor diesem Hintergrund kann eine bildliche Zeichenähnlichkeit zwischen

"Die B." (Klagemarke) und <img src="/Content/Resource?path=resources%2fBayBuergerServiceRS_2019_29312-5-de.jpeg" alt="" class="img-responsive" />(Beklagtenmarke)

"Die B." (Klagemarke) und <img src="/Content/Resource?path=resources%2fBayBuergerServiceRS_2019_29312-6-de.jpeg" alt="" class="img-responsive" />(Beklagtenmarke) nicht festgestellt werden. Der vorliegend in der Beklagtenmarke den Worten "Die b. Partei" vorangestellte Bildbestandteil, der den Eindruck eines Logos erweckt und sich bei näherer Betrachtung als eine zusammengefügte Buchstabenkombination von "b" (dunkelblau) und "P" (hellblau) darstellt, stellt keine bloß nichtssagende Verzierung des Zeichens dar, sondern ist ein auffälliges graphisches Element, das im Rahmen des bildlichen Gesamteindrucks der Marke Beachtung findet. Demzufolge weist die Be klagtenmarke <img src="/Content/Resource?path=resources%2fBayBuergerServiceRS_2019_29312-7-de.jpeg" alt="" class="img-responsive" />durch den vorangestellten bildlichen Zusatz sowie durch das zusätzliche Wort "Partei" deutliche visuelle Unterschiede gegenüber der klägerischen Wortmarke "Die B." auf.

klagtenmarke <img src="/Content/Resource?path=resources%2fBayBuergerServiceRS_2019_29312-8-de.jpeg" alt="" class="img-responsive" />durch den vorangestellten bildlichen Zusatz sowie durch das zusätzliche Wort "Partei" deutliche visuelle Unterschiede gegenüber der klägerischen Wortmarke "Die B." auf.

(3.) Zu Recht hat das Landgericht aber eine unmittelbare begriffliche Zeichenähnlichkeit angenommen. Eine solche setzt voraus, dass sich Begriffe gegenüberstehen, die ihrem Sinn nach vollständig oder doch im Wesentlichen übereinstimmen (Hacker in Ströbele/Hacker a.a.O, § 9 Rn. 301 m.w.N.; vgl. auch BGH Mitt 1968, 196, 197 - Jägerfürst/Jägermeister; BGH NJW-RR 1991, 1066 - Jenny/Jennifer; BPatG GRUR 1998, 1025, 1026 - Rebenfreund/Traubenfreund). Entferntere Begriffsähnlichkeiten oder -anklänge reichen dagegen nicht aus (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 782 - Zwilling/Zweibrüder). Wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, versteht der angesprochene Verkehr die Klagemarke "Die B." und die Beklagtenmarke "Die b. Partei" - deren bildlichen Zusätze keinerlei darüber hinausgehenden begrifflichen Sinngehalt aufweisen - jeweils als Bezeichnung einer Gruppe bzw. einer Vereinigung. Insbesondere hat der Begriff der "Partei" außerhalb des politischen Bereichs auch die allgemeine Bedeutung einer Gruppierung oder Vereinigung. Diese Gruppe, die durch die sich gegenüberstehenden Marken bezeichnet wird, ist jeweils durch die Farbe blau individualisiert. Für die hier in Rede stehende Dienstleistung der Werbung hat dies aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs keinen beschreibenden Bedeutungsgehalt. Nachdem diese Bezeichnungen folglich ihrem Sinngehalt nach austauschbar bzw. synonym verwendbar sind, wird der angesprochene Durchschnittsverbraucher die Bezeichnungen "Die B." und "Die b. Partei" - wobei ihm die Marken erfahrungsgemäß regelmäßig nicht unmittelbar nebeneinander begegnen werden, er sich also auf sein Erinnerungsbild verlassen muss - einer Unterscheidung auf dem identischen Bereich der Dienstleistungen der Werbung nicht hinreichend verlässlich zuführen können. Dies gilt auch deshalb, weil die Bezeichnung einer b. Gruppe für Werbedienstleistungen mangels jeglichen beschreibenden Bezugs derart ungewöhnlich ist, dass der angesprochene Verkehr auf Differenzierungen in der Art und Weise der Bezeichnung des Begriffs der Gruppe oder Vereinigung - als Pluralform des Adjektivs blau wie in der Klagemarke oder mit dem Begriff "Partei" wie in der Beklagtenmarke - weniger achten wird, als vielmehr vornehmlich auf die Kennzeichnung dieser Gruppe mit der Farbe blau. Dies begründet eine normale (durchschnittliche) begriffliche Zeichenähnlichkeit.

7. Vor dem Hintergrund der festgestellten durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke, der Identität der von den Marken geschützten Dienstleistung "Werbung" und der durchschnittlichen begrifflichen Zeichenähnlichkeit ist eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben.

8. Auch der seitens der Beklagten mit ihrer Berufung erstmals erhobene Einwand der Bösgläubigkeit der Markenanmeldung bzw. des Rechtsmissbrauchs greift - unabhängig davon, ob das diesbezügliche Vorbringen präkludiert ist (vgl. § 531 Abs. 2 ZPO) oder ob es bereits erstinstanzlich vorgetragen wurde bzw. unstreitig ist - nicht durch.

a) Eine bösgläubige Anmeldung der Klagemarke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a.F. (entspricht § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG in der seit dem 14.01.2019 geltenden Fassung), welche gem. §§ 51 Abs. 4 Nr. 2, 50 Abs. 1 MarkenG einer Nichtigerklärung der Marke der Beklagte entgegenstünde (s.a. Thiering in Ströbele/Hacker, a.a.O., § 51 Rn. 32), ist nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht festzustellen.

Eine bösgläubige Markenanmeldung zum Zwecke eines unlauteren Behinderungswettbewerbs setzt die Feststellung besonderer Umstände voraus, welche die Markenanmeldung bzw. die Geltendmachung der Rechte hieraus als unlauter erscheinen lassen (vgl. Thiering, a.a.O., § 2 Rn. 87, 88). Eine bösgläubige Markenanmeldung kann anzunehmen sein, wenn der Zeichenanmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder wenn der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen gedenkt (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2016, 380 Rn. 17 - Glückspilz m.w.N.). Als bösgläubig kann somit auch eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne selbst die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (BGH a.a.O. - Glückspilz; BGH GRUR 2008, 621 Rn. 26 - Akademiks; EuGH GRUR 2009, 763 Rn. 43 ff, - Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth). Voraussetzung ist dabei, dass die Markenanmeldung bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH a.a.O. Rn 28 - Glückspilz). Die dem Schutzrecht immanente Ausschlusswirkung einer Marke als solche begründet demgegenüber noch keine zu missbilligende Behinderung, sondern stellt gerade den legitimen Zweck einer Markeneintragung dar.

Aus den im Streitfall zugrunde liegenden Umständen ergibt sich nicht, dass die Anmeldung der Klagemarke "Die B." am 27.09.2017 - für eine ganze Reihe von Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 45 (vgl. Anlage 11), insbesondere für die hier maßgebliche Dienstleistung "Werbung" - allein zu dem (sachwidrigen) Zweck erfolgt wäre - wie von Beklagtenseite geltend gemacht -, um die am 17.09.2017 gegründete und am 26.09.2017 beim Bundeswahlleiter angemeldete Partei "Die b. Partei" zu behindern. So bezieht sich die Ausschlusswirkung der angemeldeten Klagemarke schon nicht auf politische Tätigkeiten, sondern allein auf Handlungen im geschäftlichen Verkehr. Im Übrigen verwendet die Klägerin unstreitig seit ihrer Gründung im Jahr 2013 die Farbe Blau in ihrer gesamten Außendarstellung als politische Partei und wurde seither nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin von der Allgemeinheit entsprechend der Berichterstattung in den Medien mit der Farbe Blau und damit auch mit dem Begriff "Die B.", soweit von einer politischen Partei die Rede ist, in Verbindung gebracht. Insoweit könnte von einem schutzwürdigen Besitzstand dieser Bezeichnung allenfalls auf Klageseite gesprochen werden. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin die Klagemarke (auch bei Gesamtbetrachtung der weiteren seitens der Beklagten mit Schriftsatz vom 08.07.2019 ins Feld geführten, im Oktober 2017 von der Klägerin angemeldeten Marken mit dem Wortbestandteil "blau"), ohne eigene Benutzungsabsicht zweckwidrig und bösgläubig in erster Linie zu dem Zweck angemeldet hätte, die von der Beklagten initiierte Partei in ihrer Tätigkeit zu behindern.

b) Auch eine nach § 242 BGB rechtsmissbräuchliche Geltendmachung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, § 242 Rn. 38 ff.) des markenrechtlichen Löschungsanspruchs kann (wobei dieser Einwand durch den ausdrücklich geregelten Einwendungskatalog in § 51 Abs. 4 MarkenG nicht ausgeschlossen wäre, vgl. Thiering, a.a.O., § 55 Rn. 66; BeckOK MarkenR/Kopacek, 18. Ed. 1.7.2019, MarkenG, § 55 Rn. 33) entgegen dem Dafürhalten der Beklagten nicht darin erblickt werden, dass aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Köln vom 22.01.2019 (Az. 31 O 401/17), mit dem ein namensrechtlicher Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Partei "Die b. Partei" abgewiesen wurde, sich das hier streitgegenständliche Begehren auf Erklärung der Nichtigkeit der Beklagtenmarke "Die b. Partei" als sachwidrig und damit rechtsmissbräuchlich erweisen würde. Denn vorliegend steht nicht die Frage der Führung des Parteinamens "Die b. Partei" im Streit, deren Zulässigkeit das Landgericht Köln im Verhältnis zur Klägerin bejaht hat, sondern der Bestand der für die Beklagte eingetragenen Marke "Die b. Partei" mit Schutz für die Dienstleistung "Werbung". Der Schutzbereich der hier gegenständlichen Markenrechte bezieht sich (ausschließlich) auf Handlungen im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Werbedienstleistungen. Dies stellt einen gänzlich anderen Gegenstand dar, als er dem Verfahren vor dem Landgericht Köln zugrunde lag, so dass eine Rechtsmissbräuchlichkeit des klägerischen Begehrens nicht erkennbar ist.

9. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht der Klägerin auch zu Recht aufgrund der berechtigten Abmahnung vom 15.11.2017 (Anlage 9) die geltend gemachte Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten - welche unstreitig seitens der Klägerin im Innenverhältnis bereits geleistet wurden (vgl. Erklärung des Klägervertreters im Termin vor dem Landgericht am 13.11.2018, Sitzungsprotokoll Seite 2, Bl. 107 d. A.) - nach den Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB, zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit (§ 291 BGB), zugesprochen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, S. 2, 709 S. 2 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.