OLG München, Endurteil vom 05.09.2019 - 14 U 416/19
Fundstelle
openJur 2020, 70341
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 20.12.2018, Az. 21 O 607/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist ein gegen den Fahrzeughersteller gerichteter Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit dem Kauf eines Pkw.

Der streitgegenständliche Pkw Audi A 5 Sportback wurde am 12.07.2013 erstmals zugelassen. In das Fahrzeug ist ein 3.0 l-V6-Dieselmotor verbaut, der unter die Abgasnorm Euro 5 fällt.

Der Kläger kaufte den streitgegenständlichen Pkw mit Kaufvertrag vom 11.04.2015 vom privaten Verkäufer Tobias Ammler mit einem Kilometerstand von 28.757 km zu einem Kaufpreis i.H.v. 40.900,- €. Zahlung des Kaufpreises, Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs erfolgten am selben Tag.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Kaufvertrags wird Bezug genommen auf Anlage K 7.

Mit Schreiben des Klägervertreters vom 21.03.2018 forderte der Kläger die Beklagte zur Erstattung des Kaufpreises i.H.v. 40.900,- € abzüglich eines Nutzungsersatzes für (zum damaligen Zeitpunkt) gefahrene 45.243 km i.H.v. 6.822,07 € zzgl. aufgelaufener Zinsen i.H.v. 4.712,59 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.033,- € bis 06.04.2018 auf.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des o.g. Schreibens wird Bezug genommen auf Anlage K 11. Der Kläger hat außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.474,89 € gezahlt.

Der Kläger hat mit der Klageschrift des Klägervertreters vom 12.04.2018, der Beklagten zugestellt am 07.05.2018, Klage mit den folgenden Anträgen erhoben:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.625,73 € nebst Zinsen aus 40.900,- € i.H.v. 4 % p.a. seit dem 01.04.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Audi A5 Sportback mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ....

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1. genannten Fahrzeugs seit 07.04.2018 in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.474,89 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten sowie [den Kläger] von weiteren Rechtsanwaltskosten i.H.v. 558,11 € freizustellen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden zu ersetzen, die dieser aus der Manipulation des Motors und/oder entsprechenden Behebungsmaßnahmen des im Antrag zu 1. genannten Fahrzeugs [sie] erleidet.

Der Kläger trägt vor, bei diversen anderen Fahrzeugmodellen, in die baugleiche Dieselmotoren verbaut worden seien, sei es zu Manipulationen gekommen. Hinsichtlich der Audi-3.0 l (Euro 6)-Modelle A 4, A 5, A 6, A 7, A 8, Q 5, SQ 5, und Q 7 habe das Kraftfahrt-Bundesamt Ende 2017/Anfang 2018 Rückrufe angeordnet, nachdem unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen worden seien. Entsprechende Rückrufe habe es für Fahrzeugmodelle der Marken Porsche Cayenne und VW Touareg gegeben, in die der o.g. Motor verbaut gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass alle Modelle des VW-Konzerns, in die der o.g. Motor verbaut sei, vom sog. "Abgasskandal" betroffen seien.

Nach alldem weise auch das streitgegenständliche Fahrzeug einen deutlich zu hohen, der EU-Typengenehmigung nicht entsprechenden NOx-Ausstoß auf. Hiervon habe er bei Ankauf des Fahrzeugs keine Kenntnis gehabt. Bei Kenntnis der tatsächlichen Emissionswerte hätte er das Fahrzeug nicht gekauft. Es sei ihm gerade darauf angekommen, ein möglichst umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben. Zudem hätte, da die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten würden, das Risiko des Entzugs der Betriebserlaubnis bestanden.

In der Klageschrift vom 12.04.2018 hat der Klägervertreter in diesem Zusammenhang ferner ausgeführt:

"Des Weiteren hatten die damaligen Vorstandsmitglieder auch Kenntnis davon, dass es an dem in das Fahrzeug des Klägers verbauten Motor Unregelmäßigkeiten beim Abgasausstoß gibt, [...]."

(S. 31 f. der Klageschrift = Bl. 31 f. d.A.)

Aufgrund der eingebauten Betrugssoftware könnte das Fahrzeug stillgelegt werden. Zudem stünden in mehreren deutschen Städten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge im Raum.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe aus mehreren Gründen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu.

1. Zunächst stehe ihm gegen die Beklagte ein (vor-)vertraglicher Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 Satz 2, 241 Abs. 2 BGB zu. Insoweit seien die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar, da die Beklagte durch ihre in der Übereinstimmungsbescheinigung nach § 27 Abs. 1 EG-FGV i.V.m. der Richtlinie 2007/46/EG enthaltene Angabe, sich an die Typgenehmigung und die für das Fahrzeug bestehenden materiellen Vorgaben gehalten zu haben, einen typisierten Vertrauenstatbestand gesetzt habe. Auch habe sie sich durch Hinweise in ihren Verkaufsprospekten ein umweltfreundliches Image gegeben. Da der Schadensersatzanspruch auf Naturalrestitution gerichtet sei, sei dem Kläger der Kaufpreis des Pkw Zug um Zug gegen dessen Herausgabe zu erstatten.

2. Der klägerische Anspruch ergebe sich auch aus §§ 826 i.V.m. 31 BGB. Der Schaden des Klägers liege im Abschluss des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Kfz, dessen Abgaswerte die EU-Norm nicht einhielten. Die Beklagte habe auch sittenwidrig gehandelt, indem sie sich die im Rahmen der Abgasuntersuchung erzielten Messergebnisse in öffentlichen Erklärungen zu eigen gemacht habe. Zwar unterschieden sich die Labormesswerte vom realen Schadstoffausstoß, jedoch bestehe vor allem im Vergleich verschiedener Fahrzeugmodelle ein Käuferinteresse, von verschiedenen Labormesswerten auf eine relativ höhere oder niedrigere Schadstoffbelastung zu schließen. Insoweit werde eine informierte Entscheidung durch die Täuschung unterbunden.

Die bewusste Lieferung eines mangelhaften Fahrzeugs aus dem Motiv des Gewinnstrebens heraus begründe eine besonders verwerfliche Gesinnung, zumal die Beklagte ihr Gewinnstreben über den Schutz der Gesundheit gestellt habe. Die Täuschung sei kausal für die Kaufentscheidung des Klägers gewesen. Die Beklagte habe vorsätzlich gehandelt. Ihren Organen sei klar gewesen, dass sie Fahrzeuge in den Verkehr brachten, die hinsichtlich der Abgaswerte nicht den einschlägigen Vorschriften entsprachen, und die Kunden damit wirtschaftlich nachteilige Verträge abschlossen.

3. Weiter ergebe sich der klägerische Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Die Beklagte habe die Käufer durch die Abgabe der Übereinstimmungsbescheinigung getäuscht, da diese die Auskunft des Herstellers enthalte, dass das konkrete Fahrzeug den Genehmigungsvoraussetzungen entspreche, obwohl es deutlich zu hohe, nicht genehmigungsfähige NOx-Werte produziere. Auch habe die Beklagte darüber getäuscht, dass ihr in den Verkehr gebrachtes Fahrzeug über gesetzmäßig erteilte und gültige Bescheinigungen i.S.d. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FV verfüge. Mangels einer gültigen Bescheinigung hätte das Fahrzeug tatsächlich nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Der Kläger habe sich insoweit geirrt. Da es sich bei den NOx-Werten um eine Beschaffenheitsangabe handele, die in Zeiten drohender Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erhebliche Bedeutung gewonnen habe, greife zu seinen Gunsten die Vermutung ein, dass er die Schadstoffwerte zur Kenntnis genommen und seiner Kaufentscheidung zugrunde gelegt habe. Zumindest sei aber ein sachgedankliches Mitbewusstsein dahingehend, dass das erworbene Produkt "in Ordnung" sei, zu unterstellen. Der Abschluss des Kaufvertrages und die Zahlung des Kaufpreises umfassten die tatbestandliche Vermögensverfügung. Der Schaden sei unmittelbar durch den Abschluss des Kaufvertrages eingetreten. Dieser sei für den Kläger ungünstig, weil davon auszugehen sei, dass er ihn bei Kenntnis der Sachlage nicht abgeschlossen hätte und unter Umständen eine Inanspruchnahme des Klägers als Handlungsstörer in Betracht komme. Eine Bereicherungsabsicht liege zum einen vor, weil es das Ziel der Beklagten gewesen sei, ihre Umsätze zu steigern. Zum anderen habe die Beklagte in der Absicht der Bereicherung der insoweit vorsatzlosen Zwischenhändler gehandelt, die eine notwendige Voraussetzung der Erlangung eines eigenen Vermögensvorteils gewesen sei. Der erstrebte Vorteil sei auch rechtswidrig gewesen, da kein Anspruch darauf bestanden habe.

4. Der Anspruch resultiere auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG. Die Verkaufsprospekte, in denen die Beklagte ihren Produkten ein nachhaltiges Image gegeben haben, stellten irreführende Werbung dar. Aufgrund des Marktauftritts der Beklagten habe der Kläger eine geschäftliche Entscheidung getroffen, die er sonst nicht getroffen hätte. Indem die Beklagte in Kenntnis der tatsächlichen Umstände damit geworben habe, besonders umweltfreundlich zu sein, habe sie sich einen besonderen Vorteil verschafft. Die Beklagte habe ihr Produkt als günstig i.d.S. beworben, da die Umweltverträglichkeit des verbauten Dieselmotors einen ideellen Vorteil darstelle. Die für die Werbung Verantwortlichen hätten es zumindest für möglich gehalten und bedingt in Kauf genommen, dass es sich bei den angegebenen Emissionswerten um unwahre Angaben gehandelt habe.

5. Auch bestehe der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV. Letztere Normen seien aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetze i.s.d. § 823 Abs. 2 BGB. Im Grundsatz hätten die Regelungen zwar die Weiterentwicklung des europäischen Binnenmarktes durch eine Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Fahrzeugen und die Sicherstellung eines hohen Sicherheits- und Umweltschutzniveaus zum Ziel. Diese Harmonisierung begründe aber zusätzlich einen Vertrauenstatbestand zugunsten des einzelnen Verbrauchers. Der Individualschutz sei kein bloßer Reflex, sondern Teil des Verbotstatbestands des § 27 Abs. 1 EG-FGV. Bestimmungen einer Richtlinie selbst, die sich nur an die Mitgliedsstaaten, nicht aber an deren Bürger richteten, könnten selbst keine deliktische Verpflichtung Privater nach nationalem Recht auslösen. Sei die Richtlinie aber in nationales Recht umgesetzt, entscheide ihr Verständnis darüber, ob der einschlägigen Bestimmung des deutschen Rechts der Charakter eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB zukomme. Ein Verstoß gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV müsse durch einen Schadensersatzanspruch des Fahrzeugerwerbers sanktioniert werden, um die Wirksamkeit des der Bestimmung zugrunde liegenden Verbots aus Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG zu steigern. Der individualschützende Charakter des Art. 26 der Richtlinie 2007/46/EG und des § 27 Abs. 1 EG-FGV ergebe sich aus der Verweisung auf Anhang IX der Richtlinie und den Gründen und Zielbestimmungen der VO (EG) 385/2009. Die schuldhafte Ausstellung einer unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung durch die Beklagte begründe deshalb ihre deliktische Haftung gegenüber den Erwerbern der Fahrzeuge.

6. Der Vertragsschluss als solcher stelle einen Schaden dar. Der Kläger wäre den Vertrag ohne das haftungsauslösende Verhalten nicht eingegangen. Die Vertragsbindung erweise sich als unvernünftig, da die Leistung des anderen Vertragsteils für die Zwecke des Klägers nicht voll brauchbar sei. Der Schaden bestehe in dem Eingriff in das Recht, über die Verwendung des eigenen Vermögens selbst zu bestimmen. Nach §§ 249 ff. BGB sei der Kläger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er den Vertrag nicht geschlossen hätte. Ein Anspruch auf Rückabwicklung könne dabei nicht nur gegenüber dem direkten Vertragspartner, sondern auch gegenüber Dritten (wie hier dem Hersteller) bestehen.

7. Die Haftung der Beklagten bestehe unabhängig davon, ob einzelne Vorstandsmitglieder oder Abteilungsleiter Kenntnis davon gehabt hätten, dass es an dem streitgegenständlichen Motor Unregelmäßigkeiten beim Abgasausstoß gegeben habe. Eine juristische Person sei verpflichtet, ihre Tätigkeit so zu organisieren, dass wichtige Entscheidungen durch einen verfassungsmäßigen Vertreter getroffen würden. Andernfalls könne sie sich nicht von einer Haftung freizeichnen, sondern müsse sich so behandeln lassen, als habe sie der handelnden Person Organstellung eingeräumt (Fiktionshaftung für mangelhafte Organisation). Die Motorsteuerungssoftwareentwicklung bzw. das Abgasverhalten eines Motors beträfen einen wesentlichen Aufgabenbereich eines Automobileherstellers.

Zugunsten des Klägers sei zu vermuten, dass die zur Überwachung verpflichteten und entscheidungsbefugten Organe der Beklagten Kenntnis davon hätten haben müssen, dass es an dem in das Fahrzeug des Klägers verbauten Motor Unregelmäßigkeiten beim Abgasausstoß gebe. Es sei nicht anzunehmen, dass wesentliche strategische Entscheidungen mit enormer wirtschaftlicher Reichweite nicht vom Vorstand angeordnet oder "abgesegnet" worden, sondern von einem am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Entwickler in eigener Verantwortung getroffen worden seien. Die Kenntnis der Vorstandsmitglieder von den o.g. Unregelmäßigkeiten beim Abgasausstoß sei der Beklagten analog § 31 BGB zuzurechnen.

Wenn kein Vorstandsmitglied Kenntnis gehabt hätte und nicht von einem wesentlichen Aufgabenbereich auszugehen wäre, würde die Beklagte nach § 831 BGB haften. Ferner wäre ihr das Wissen einzelner Mitarbeiter analog § 166 BGB zuzurechnen, da die Informationen über das Emissionsverhaltens des Fahrzeugs bzw. Motors hätten dokumentiert werden müssen.

Schließlich träfe die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast, so dass der Vortrag des Klägers als zugestanden gälte, wenn sie dieser nicht nachkäme. Eine sekundäre Darlegungslast bestehe, wenn die an sich darlegungs- und beweisbelastete Partei die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht kenne, weil sie außerhalb ihres Wahrnehmungskreises lägen, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zumutbar seien. Da der auf Presseberichte angewiesene Kläger keinen Einblick in interne Entscheidungsvorgänge der Beklagten habe, sei ihm ein näherer Vortrag zur Kenntnis des Vorstandes der Beklagten und der mit der Entwicklung und dem Einbau der Software betrauten Personen nicht möglich. Die Beklagte sei als juristische Person verpflichtet abzusichern, dass für alle wesentlichen Entscheidungen Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand bestünden und deren Einhaltung kontrolliert würde.

8. Vom Kaufpreis als Schaden sei ein Ersatz für die durch den Kläger erfolgte Nutzung des Fahrzeugs abzuziehen. Dieser berechne sich nach der Formel "Nutzungsersatz = (Bruttokaufpreis × gefahrene km)/(Gesamtlaufleistung - km-stand bei Kauf)" wie folgt:

"40.9000,- € × 47.332 km/(300.000 km - 28.575 km) = 7.132,28 €"

Aus § 849 BGB stünden dem Kläger ferner Zinsen i.H.v. 4 % p.a. zu. Dies ergebe für den Zeitraum vom 11.04.2015 bis 31.03.2018 einen Betrag i.H.v. 4.858,01 €.

II.

Die Beklagte befinde sich im Annahmeverzug gemäß § 293 BGB.

III.

Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten seien als Schadensposition ebenfalls nach §§ 826, 249 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Berechtigt wäre eine Geschäftsgebühr i.H.v. 1,8, da die Sach- und Rechtslage schwierig und umfangreich sei, die streitgegenständliche Angelegenheit für den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht subjektiv eine hohe Bedeutung gehabt habe und der Kläger über ein überdurchschnittlich hohes Familieneinkommen verfüge. Unter Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr i.H.v. 1,8 ergebe sich ein Gesamtbetrag i.H.v. 2.033,- €.

IV.

Da der Eintritt weiterer Schäden nicht unwahrscheinlich sei, bestünde ferner ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte auch für weitere Schäden hafte.

Die Beklagte hat im Rahmen der Klageerwiderung des Beklagtenvertreters vom 29.06.2018 erwidert:

Das streitgegenständliche Fahrzeug sei nicht mit einem EA189-Motor ausgestattet. Seine Motorsteuerungssoftware verfüge nicht über die bei Fahrzeugen mit 1,2-, 1,6- und 2,0-l-Motoren des Typs EA-189 enthaltene Umschaltlogik, die dauerhaft zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und dem Betrieb auf der Straße unterscheide und die Abgasrückführung unter Prüfstandbedingungen optimiere.

Die Beklagte habe dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit dem Kaufvertragsschluss keine konkreten Angaben zu dem Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemacht. Die als Anlagen K 8 und K 9 vorgelegten Ausschnitte aus dem Fahrzeugkatalog vom April 2012 zum Audi A5 S5 Sportsback beträfen nicht die Motorvariante des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sondern eine spezielle Motorisierung, die nicht unter die hier relevante Abgasnorm Euro 5, sondern unter die Abgasnorm Euro 6 falle.

Auch existiere kein Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes bezüglich des streitgegenständlichen Fahrzeugs; ein Rückruf habe nicht stattgefunden. Die Rückrufe des Porsche Cayenne und des VW Touareg beträfen ausschließlich Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6 und stünden im Zusammenhang dem SCR-Katalysator. Das streitgegenständliche Fahrzeug falle unter die Abgasnorm Euro 5 und sei nicht mit einem SCR-Katalysator ausgestattet. Das Fahrzeug sei stets technisch sicher und fahrbereit gewesen. Es verfüge nach wie vor über die erforderliche EG-Typengenehmigung mit der Abgasnorm Euro 5.

Soweit Fahrverbote in einzelnen Städten erörtert würden, hinge dies nicht mit den Emissionen einzelner Fahrzeuge, sondern mit der Gesamtbelastung der Luft mit Stickoxiden zusammen.

Dies habe auch zu einer Nachfrageverschiebung geführt.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei unschlüssig und unbegründet.

I.

Der Vortrag, der streitgegenständliche Motor sei "vergleichbar" mit dem EA189-Motor, sei unsubstantiiert. Weiter fehle es an konkretem Vortrag des Klägers, welche NOx-Werte er bei Kaufvertragsschluss zugrunde gelegt habe, woraus er diese entnommen habe und inwieweit sie nun überschritten würden. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, inwieweit das Fahrzeug für ihn unbrauchbar sei. Schließlich sei der Vortrag zum Vorsatz der Beklagten unsubstantiiert. Der Kläger habe keine Täuschung oder sonstige Schädigungshandlung dargelegt. Er lasse offen, wer bei der Beklagten Kenntnis von den angeblichen Vorfällen gehabt habe.

II.

Die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlagen, auf die der Kläger seinen Anspruch stütze, seien nicht erfüllt.

1. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB nicht zu.

Die für den Bereich der Kapitalanlagen entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung seien nicht auf Geschäfte im allgemeinen Rechtsverkehr anwendbar. Es gebe keine generelle Haftung für den Inhalt von Geschäftsprospekten. Auch die Voraussetzungen der sog. Sachwalterhaftung seien nicht erfüllt, da die - am Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht beteiligte - Beklagte kein besonderes Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen habe.

2. Auch ein Anspruch aus § 826 BGB bestehe nicht. Der für sämtliche Tatbestandsmerkmale darlegungs- und beweisbelastete Kläger sei seiner Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen.

Es fehle schon an einer substantiierten Darlegung, durch welche Handlung die Beklagte den Kläger getäuscht haben solle, zumal es keinen Kontakt zwischen den Parteien gegeben habe und die Beklagte von dem Kaufvertragsschluss keine Kenntnis gehabt habe. Auch dazu, welche Werte die Beklage angeblich unzutreffend angegeben haben solle, finde sich kein substantiierter Vortrag des Klägers. Eine sonstige verwerfliche Handlung sei ebenfalls nicht dargelegt. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Normen genüge nicht, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen. Dies gelte selbst für einen Verstoß gegen das Verbot einer Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007. Die Verordnung diene der Verbesserung der Luftqualität und stelle allenfalls Verhaltensnormen mit allgemeinschützendem öffentlich-rechtlichem Charakter auf. Ein Gebot der guten Sitten im Verhältnis zum Kläger lasse sich dem nicht entnehmen, zumal die Verordnungen Messungen unter Bedingungen verlange, die nicht den realen Fahrbedingungen entsprächen.

Ein - bei einer angeblichen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Wege der Differenzhypothese zu ermittelnder - Schaden sei nicht gegeben. Das streitgegenständliche Fahrzeug halte die allein relevanten Grenzwerte der Euro-5-Norm im Testzyklus ein. Eine Stilllegung des Fahrzeugs komme schon mangels eines Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht in Betracht. Das Fahrzeug verfüge nach wie vor über eine wirksame EG-Typgenehmigung mit Abgasnorm Euro 5. Die reine Dispositionsfreiheit bei Vertragsschlüssen werde durch § 123 BGB geschützt. Allein die Tatsache, dass sich der Kläger getäuscht fühle, könne keine subjektive Wertlosigkeit der empfangenen Leistung begründen, da ansonsten die Anfechtungsfrist des § 124 BGB leerliefe.

Schließlich habe der Kläger auch die Kausalität zwischen einer unterstellten Täuschung und dem Vertragsabschluss nicht hinreichend dargelegt. Der Kaufvertrag sei allenfalls im Vertrauen auf das Vorliegen der EG-Typengenehmigung, nicht aber aufgrund gemessener Laborwerte, die mit den Abgaswerten unter Alltagsbedingungen nicht vergleichbar seien, geschlossen worden.

3. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bestehe ebenfalls nicht.

Eine Täuschung sei nicht dargelegt. Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung sei nur für die Erstzulassung eines neu produzierten Fahrzeugs relevant. Sie spiele bei einem Gebrauchtwagenkauf keine Rolle mehr. Im Übrigen sei die Bescheinigung i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 EG-FGV gültig, wenn sie den formellen Vorgaben entspreche und in hinreichender Weise auf eine wirksame EG-Typgenehmigung verweise. Dies sei hier der Fall. Im Übrigen richte sich die Übereinstimmungsbescheinigung nicht an den Fahrzeugkäufer, sondern lediglich an die nationale Zulassungsbehörde, wie sich aus dem Umkehrschluss aus Art. 37 RL 2007/46/EG und aus Art. 18 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 7 RL 2007/46/RG ergebe. Ferner fehle es an der Kausalität eines behaupteten Irrtums des Klägers für seine Vermögensverfügung und an einem Schaden. Auch ein Täuschungsvorsatz und die erforderliche Stoffgleichheit seien nicht hinreichend dargelegt.

4. Die Beklagte hafte nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV, da die letztere Norm kein Schutzgesetz darstelle und im Übrigen die EG-Übereinstimmungsbescheinigung gültig sei.

5. Der Anspruch ergebe sich schließlich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG, da es bereits an der öffentlichen Bekanntmachung einer unwahren und irreführenden Tatsachenbehauptung fehle.

6. Höchstvorsorglich seien der Berechnung des anzurechnenden Nutzungsersatzes eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 200.000 bis 250.000 km und die Laufleistung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen.

7. Die Anträge auf Feststellung eines Annahmeverzugs und Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten seien mangels eines Hauptanspruchs unbegründet. Im Übrigen seien die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu hoch angesetzt.

8. Der Feststellungsantrag sei bereits mangels eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 2 ZPO unzulässig.

Mit Kaufvertrag vom 30.04.2018 verkaufte der Kläger den streitgegenständlichen Pkw, der zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 78.938 km und als Unfallschäden bezeichnete Schadstellen an der hinteren Beifahrerseite und einer Stoßstange aufwies, zu einem Kaufpreis i.H.v. 28.350,- € an den privaten Käufer ... Zahlung des Kaufpreises, Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs erfolgten am selben Tag.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Kaufvertrags wird Bezug genommen auf Anlage K 13.

Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 31.07.2018 hat der Kläger erklärt:

"[Aufgrund der Veräußerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs] wird der Antrag zu 1. aus der Klage wie folgt geändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.275,73 € nebst Zinsen i.H.v. 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Klageantrag zu 4. entfällt.

Insofern wird hinsichtlich der geänderten Anträge die Erledigung erklärt."

(S. 22 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 31.07.2018 = Bl. 93 d.A.)

Der Kläger bestreitet, dass das streitgegenständliche Fahrzeug jederzeit sicher und fahrbereit gewesen sei und dass er es jederzeit ohne Einschränkung habe nutzen können.

Der Kläger erwidert:

Zwischen 2008 und 2015 hätten allein die in Deutschland verkauften ca. 2,6 Millionen VW-Fahrzeuge mit Abschalteinrichtung etwa 1.200 vorzeitige Todesfälle mit einem Gesamtverlust von ca. 13.000 Lebensjahren verursacht. Durch überhöhte Schadstoffemissionen der VW-Modelle sowie daraus resultierende Gesundheitsschäden und vorzeitige Todesfälle hätten sich im Zeitraum von 2009 bis 2015 allein in Europa und den USA Kosten i.H.v. 39 Mrd. US-Dollar ergeben. Der Großteil davon sei in Europa angefallen.

Die US-amerikanische Environmental Protection Agency habe im November 2015 diverse Fahrzeugtypen der Marken VW, Audi und Porsche in eine Liste der Fahrzeuge, deren 3.0-TDI-Motoren den Grenzwert überschritten hätten, aufgenommen. Darunter fielen auch die Dieselmodelle Audi A5 der Baujahre 2009 bis 2014.

Messungen der Zeitschrift "Auto Motor Sport" an einem mit dem streitgegenständlichen Motor ausgestatteten Audi A6 hätten statt des erlaubten Stickoxidausstoßes von 80 mg/km einen Wert von 522,4 mg/km ergeben. Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes mit verschiedenen Fahrzeugtypen hätten ergeben, dass im NEFZ-Prüfstand die vorgegebenen Werte von 180 mg/km im Anwendungsbereich der Euro-5-Norm bzw. 80 mg/km im Anwendungsbereich der Euro-6-Norm lediglich aufgrund einer manipulierten Software, die den Status im Prüfstand erkenne und bei normaler Fahrt auf der Straße erfolgende Abgasreinigung abschalte, eingehalten würden. Im sog. Real-Drive-Emission-Verfahren (RDE-Verfahren) während Fahrten im Straßenverkehr durchgeführte Messungen hätten demgegenüber deutlich überhöhte Emissionswerte ergeben.

Unter anderem hinsichtlich der Fahrzeugmodelle Audi A 7 und A 8 mit V6-Motoren aus den Baujahren 2009 bis 2013, die der Euro-5-Norm unterfielen, seien Rückrufe angeordnet worden. Das Kraftfahrt-Bundesamt lasse die von der Softwaremanipulation betroffenen Fahrzeuge unter der Voraussetzung weiterfahren, dass diese durch den Hersteller mit einem Softwareupdate umgerüstet werden. Das Softwareupdate senke tatsächlich die Nox-Emissionen, erhöhe andererseits aber die CO<sub>2</sub>-Emissionen.

Falls die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, welches ihrer Organe Kenntnis von der Optimierung der Motorsteuerungssoftware gehabt und das Inverkehrbringen der mit der Software ausgerüsteten Motoren veranlasst habe, nicht im ausreichenden Maße nachkomme, müsse das Gericht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO davon ausgehen, dass die verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten Kenntnis vom Einsatz der sog. Prüfstandentdeckungssoftware gehabt und eine Schädigung der Kunden billigend in Kauf genommen hätten.

In diesem Zusammenhang hat der Klägervertreter im Rahmen der Replik vom 31.07.2018 ausgeführt:

"Hierbei wird insbesondere auf die Kenntnis des Vertriebsvorsitzenden [sic] Rupert Stadler abgestellt. Auch die Staatsanwaltschaft geht von dessen entsprechender Kenntnis aus.

Der Kläger hat die ihm obliegende Darlegungs- und Substantiierungslast damit erfüllt. Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte aufgrund des substantiierten klägerischen Vortrags nicht auf ein einfaches Bestreiten, wonach weder Herr Rupert Stadler noch andere Vorstandsmitglieder im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Kenntnis vom Einsatz der sogenannten Prüfstandsentdeckungssoftware hatten, zurückziehen kann."

(S. 14 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 31.07.2018 = Bl. 85 d.A.).

Der Kläger ist der Ansicht, § 826 BGB schütze auch die Dispositionsfreiheit. Die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung sei als Schaden anzusehen. Die von der Beklagten vorgenommene Programmierung der Motorsteuerungssoftware verstoße als unzulässige Abschalteinrichtung gegen die ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellende Regelung der Art. 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007. Ein Verschulden der Beklagten sei zu unterstellen, da sie eine sekundäre Beweislast treffe. Im Falle der Durchführung eines Softwareupdates führe die dadurch bedingte Erhöhung der CO<sub>2</sub>-Emissionen dazu, dass gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erlösche. In der Folge dürfe dieses nach § 19 Abs. 5 StVZO nicht mehr auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen werden. Die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs trotz erloschener Betriebserlaubnis erfülle den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 69 Abs. 2 Nr. 1 StVZO.

In subjektiver Hinsicht genüge bedingter Vorsatz. Der Schädiger brauche auch nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt würden. Es genüge, dass er die Richtung, in die sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken könne, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen habe.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 05.11.2018 erwidert:

1. Für das streitgegenständliche Fahrzeug liege kein sein Emissionsverhalten betreffender Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vor. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe insoweit keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt. Es gebe auch keinen Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugs.

2. Gesetzliche Grenzwerte für den Stickoxidausstoß im Realbetrieb existierten nicht. Für die Zulassung und die Erlangung der Typgenehmigung seien allein die Emissionsgrenzwerte auf dem Prüfstand maßgeblich. Die gesetzlichen Grenzwerte der Euro-5-Norm würden eingehalten. Die Typgenehmigung des Fahrzeugs sei weiterhin wirksam.

3. Die Beklagte habe den Kläger auch nicht über vermeintliche Gesundheitsgefahren des streitgegenständlichen Fahrzeugs getäuscht. Die - weitgehend auf Mutmaßungen beruhenden - klägerischen Ausführungen zur Gesundheitsschädlichkeit von Stickoxiden würden bestritten. Es fänden sich keine wissenschaftlichen Belege für eine Kausalität zwischen gemessenen NOx-Konzentrationen und Gesundheitsschädigungen. Ein konkreter Ursachenzusammenhang zwischen dem Stickoxidausstoß eines konkreten Fahrzeugs und menschlichen Erkrankungen sei nicht begründbar. Ohnehin seien Kraftfahrzeuge generell nur für einen Teil der insgesamt auftretenden NOx-Emissionen verantwortlich.

4. Die Beklagte bestreitet, dass es dem Kläger beim Abschluss des Kaufvertrags darauf angekommen wäre, ein "umweltschonendes Fahrzeug" zu erwerben. Auch deute die vom Kläger getroffene Fahrzeugtypenwahl darauf hin, dass nicht etwa Umweltaspekte, sondern das überdurchschnittliche Leistungsprofil des streitgegenständlichen Fahrzeugs für den Abschluss des Kaufvertrags ausschlaggebend gewesen sei, zumal das Fahrzeug auch mit geringerer Mobilisierung hätte erworben werden können.

5. Ein Schaden sei nicht entstanden. Die Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs bestehe nicht, da dieses nach wie vor über eine wirksame EG-Typgenehmigung verfüge.

6. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten zuzurechnen wären, mit Vorsatz hinsichtlich eines angeblichen Schadens des Klägers gehandelt hätten. Um eine deliktische Haftung der Beklagten über § 31 BGB zu begründen, müsste der Kläger darlegen, dass ein Vorstandsmitglied ihn bei Abschluss des Kaufvertrages vorsätzlich getäuscht habe und seinerseits nach § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB i.v.m. § 263 StGB hafte.

Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten bestehe nicht. Der Kläger habe keinerlei Anknüpfungspunkte vorgetragen, zu denen sich die Beklagte erklären könnte. Ferner handele es sich bei der fehlenden Kenntnis des Vorstands um eine negative Tatsache. Da die sekundäre Darlegungslast gerade für den Beweis negativer Tatsachen entwickelt worden sei, müsste die Darlegungslast von der Beklagten gerade wieder zum Kläger übergehen. Zudem bliebe der Kläger auch bei einer sekundären Darlegungslast beweisbelastet. Schließlich könnten im Falle einer unterstellten sekundären Darlegungslast über § 138 Abs. 3 ZPO nur Tatsachen, nicht aber rechtliche Beurteilungen fingiert werden. Da sich der klägerische Vortrag nicht unter den Rechtssatz einer vorsätzlichen Schädigung subsumieren ließe, bliebe die Klage unschlüssig.

7. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2 VO (EU) 715/2007 zu.

Weder die Verordnung, noch die Vorschriften der EG-FGV über die EG-Übereinstimmungsbescheinigung oder die nationalen Regelungen der §§ 20 ff. StVZO dienten dem Schutz individueller Rechtsgüter. Der Rechtsrahmen für die EG-Typgenehmigung ziele erkennbar auf die Harmonisierung der Verwaltungsvorschriften und allgemeinen technischen Anforderungen für die Genehmigung aller in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden Neufahrzeuge zur Erleichterung von Zulassung, Verkauf und Inbetriebnahme in der Gemeinschaft (vgl. Art. 1 der RL 2007/46/EG). Sie diene dem Abbau von Handelshindernissen und der Schaffung eines barrierefreien Binnenmarkts (vgl. Erwägungsgründe 4 und 23 der RL 2007/46/EG) und damit überindividuellen Zielen. Selbst wenn man der EG-Übereinstimmungsbescheinigung eine individualbezogene Schutzwirkung zuerkennen wollte, könnte diese im Übrigen allenfalls darin bestehen, im Erwerberinteresse die Erlangung der individuellen Fahrzeugzulassung zu ermöglichen. Dieser Schutzzweck wäre vorliegend nicht tangiert, da das Fahrzeug über eine wirksame Zulassung verfüge. Letztlich habe der Kläger auch kein Neufahrzeug erworben, wie es der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 1 EG-FGV voraussetze. Selbst bei unterstellter grundsätzlicher Schutzwirkung wäre er als Gebrauchtwagenkäufer nicht in den Schutzbereich der Norm einbezogen.

Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 06.11.2018 hat der Kläger erklärt, seine Anträge würden wie folgt "aktualisiert":

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.959,88 € nebst weiteren Zinsen aus 12.550,- € i.H.v. 4 % pro Jahr seit dem 01.05.2018 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges Audi A5 Sportback mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... vom 07.04.2018 bis zum 30.04.2018 in Annahmeverzug befand.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.474,89 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten sowie den Kläger von weiteren Rechtsanwaltskosten i.H.v. 558,11 € freizustellen.

Im Übrigen hat der Kläger die Erledigung des Rechtsstreits erklärt.

Er führt aus, der vom Kaufpreis als Schaden abzuziehende Nutzungsersatz berechne sich nach der Formel "Nutzungsersatz = (Bruttokaufpreis × gefahrene km)/(Gesamtlaufleistung - km-Stand bei Kauf)" nunmehr wie folgt:

"40.9000,- € × 50.363 km/(300.000 km - 28.575 km) = 7.589,01 €"

Unter Abzug dieses Betrages und des Weiterverkaufserlöses i.H.v. 28.350,- € vom ursprünglich gezahlten Kaufpreis i.H.v. 40.900,- € verbliebe ein Anspruch i.H.v. 4.960,99 €.

Der ihm aus § 849 BGB bis zum Weiterverkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs am 30.04.2018 zustehende Zinsanspruch belaufe sich auf 4.998,89 €.

Der ausgerechnete Gesamtanspruch des Klägers belaufe sich damit unter Berücksichtigung der Zinsen bis zum 30.04.2018 auf 9.959,88 €.

Der weitere Zinsanspruch des Klägers beziehe sich auf die von ihm geleisteten 40.900,- € abzüglich des Weiterverkaufserlöses von 28.350,- €, somit auf 12.550,- €.

Das Landgericht Kempten (Allgäu) hat mit Endurteil vom 20.12.2018 entschieden:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Die Klage sei zulässig, aber unbegründet.

Die Beklagte sei nicht Vertragspartnerin des Klägers geworden, so dass keine vertraglichen Ansprüche bestünden. Unwahre Prospektangaben müsste sich allenfalls ein gewerblicher Verkäufer gemäß § 434 BGB zurechnen lassen.

Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. sonstigen Schutzgesetzen oder § 826 BGB bestünden nicht.

Der Kläger habe nicht bestritten, dass sein Fahrzeug von einer Rückrufaktion überhaupt nicht betroffen gewesen sei.

Schließlich scheiterten Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. sonstigen Schutzgesetzen oder § 826 BGB auch daran, dass keine einer natürlichen Person zurechenbare Täuschungshandlung vorgetragen worden sei. Damit eine Täuschungshandlung einer juristischen Person wie der Beklagten zugerechnet werden könne, bedürfe es gemäß § 31 BGB der Kenntnis und der bewussten Täuschungshandlung eines Organs bzw. verfassungsmäßigen Vertreters.

Das Ausmaß der sekundären Darlegungspflicht der Beklagten sei vom gegnerischen Vortrag abhängig. Die Beklagte sei gehalten, auf konkrete Tatsachenbehauptungen zu erwidern. Sie sei aber nicht gezwungen, einen pauschalen Vorwurf des betrügerischen bzw. sittenwidrigen Verhaltens durch detaillierte Darlegung innerbetrieblicher Abläufe zu entkräften, da der Umfang der jeweils erforderlichen Substantiierung des Sachvortrags sich aus dem Wechsel von Vortrag und Gegenvortrag bestimme, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Partei sei.

Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts Bezug genommen.

Gegen das dem Klägervertreter am 03.01.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 23.01.2019, eingegangen beim Oberlandesgericht München am selben Tag, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 04.03.2019, eingegangen beim Oberlandesgericht München am selben Tag, begründet.

Er beantragt, das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu), Az.: 21 O 607/18, wie folgt abzuändern:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.959,88 € nebst weiteren Zinsen aus 12.550,- € i.H.v. 4 % pro Jahr seit dem 01.05.2018 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges Audi A5 Sportback mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... vom 07.04.2018 bis zum 30.04.23018 in Annahmeverzug befand.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.474,89 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten sowie den Kläger von weiteren Rechtsanwaltskosten i.H.v. 558,11 € freizustellen.

Der Kläger trägt vor:

Der Motor verfüge über eine "Abschalteinrichtung", durch die die Wirkung des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten seien, verringert werde.

Abhängig von der Außentemperatur werde die Abgasrückführungsrate reduziert. Diese Emissionsminderungsstrategie werde nach dem Bericht der Untersuchungskommission "Volkswagen" vom April 2016 durch Messwerte bestätigt. Experten sprächen von einem "Thermofenster".

Der Kläger rügt:

Ihm stehe jedenfalls ein Anspruch aus § 826 BGB zu.

Das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass ihm kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehe, da auch für diese Anspruchsgrundlage Voraussetzung sei, dass die vorsätzliche sittenwidrige Handlung einer oder mehrerer konkreter Personen des nach § 31 BGB haftenden Personenkreises zugeordnet werden könnte.

Zwar setze die Haftung einer juristischen Person aus §§ 826 i.V.m. 31 BGB voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter i.S.d. § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 31 BGB verwirklicht habe.

Davon sei aber im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Landgerichts auszugehen. Denn die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast zu der Frage, welches ihrer Organe Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerungssoftware gehabt und das Inverkehrbringen entsprechend ausgerüsteter Motoren veranlasst habe, nicht nachgekommen. Die Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast der Beklagten habe zur Folge, dass davon auszugehen sei, dass ein verfassungsmäßiger Vertreter alle Elemente des objektiven und subjektiven Tatbestands des § 826 BGB verwirklicht habe. Der Gegner der darlegungspflichtigen Partei dürfe sich nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs stehe und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitze, während der Prozessgegner sie habe und ihm nähere Angaben zumutbar seien.

Dies sei hier der Fall. Der Kläger habe keinen Einblick in die internen Entscheidungsvorgänge der Beklagten und sei auf Veröffentlichungen der Medien, Rückschlüsse und Vermutungen angewiesen. Die Beklagte habe jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse dazulegen, um es K zu ermöglichen, die ihm obliegende weitergehende Darlegung und den erforderlichen Beweisantritt vorzunehmen.

Die Beklagte sei ihrer bestehenden sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen, indem sie sich darau bescränkt habe, darauf hinzuweisen, dass der Sachvortrag des Klägers unsubstantiiert sei.

Der Kläger ist der Ansicht, das sog. "Thermofenster" stelle eine gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verstoßende Abschalteinrichtung dar.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass es dem Kläger beim Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf etwaige Umweltaspekte angekommen sei.

Sie trägt vor:

Im streitgegenständlichen Fahrzeug komme zur Reduktion des Stickoxidausstoßes die sog. Abgasrückführung (AGR) zum Einsatz. Dabei würden heiße und bereits verbrannte Abgase aus dem Abgasstrang entnommen, über ein Ventil in die AGR-Strecke eingeführt, in einem speziellen Kühler abgekühlt und anschließend dem Motor auf der Frischluftseite wieder beigemengt. Dies senke die Verbrennungstemperatur, wodurch weniger Stickoxide entstünden.

Bei kalten Temperaturen könne das System der Abgasrückführung allerdings Schäden durch Ablagerungen (sog. "Versottung") erleiden. Eine zunehmende Versottung könne zu einem Verklemmen des AGR-Ventils und Beeinträchtigungen bzw. Aussetzern des Motors führen, die im Extremfall sogar sicherheitsrelevant werden könnten. Deshalb sei bei Dieselmotoren aller Hersteller ein sog. "Ausrampen" der Abgasrückführung im Rahmen eines Thermofensters notwendig und üblich.

Der Fahrzeugtyp sei dem Kraftfahrt-Bundesamt vorgestellt worden. Dieses habe keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt.

In rechtlicher Hinsicht führt die Beklagte aus:

I.

Die Tatbestandvoraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB seien nicht erfüllt.

1. Es fehle an einer sittenwidrigen Handlung der Beklagten.

Für das streitgegenständliche - nicht mit einem Motor des Typs EA189 (EU5) ausgestattete - Fahrzeug lägen weder ein behördlich angeordneter Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts wegen des Emissionsverhaltens des Fahrzeugs, noch ein Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts, der bei dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung feststelle, vor. Damit bestünden weder Anhaltspunkte dafür, dass das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge, noch eine Grundlage für den klägerischen Anspruch. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, warum sein Fahrzeug angeblich über eine Manipulation der Motorsteuerungssoftware verfügen solle.

Das sog. Thermofenster stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10, Art. 5 VO (EG) dar, da es i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) Alt. 1 VO (EG) 715/2007 erforderlich sei, um das Fahrzeug vor Motorschäden zu schützen.

2. Im Übrigen fehle es an der Kausalität einer - unterstellten - arglistigen Täuschung des Klägers für den Vertragsabschluss, da der Kaufvertrag - wenn überhaupt - im Vertrauen auf das Vorliegen der EG-Typgenehmigung geschlossen worden sei.

3. Der Kläger habe den erforderlichen Schädigungsvorsatz nicht substantiiert dargelegt. Er habe nicht vorgetragen, dass relevante Vertreter der Beklagten, deren Wissen ihr zuzurechnen wäre, Kenntnis gehabt oder selbst vorsätzlich gehandelt hätten. Erforderlich sei der Nachweis, dass in der Person des verfassungsmäßig berufenen Vertreters - also des Vorstands - ein Schädigungsvorsatz vorliege. Ein unterstelltes Organisationsverschulden ohne Schädigungsvorsatz eines Vorstandsmitglieds würde für den Anspruch aus § 826 BGB nicht ausreichen.

Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten bestehe nicht, da der Kläger keinerlei Anhaltspunkte in Bezug auf seinen Kaufvertragsschluss vorgetragen habe, zu denen sich die Beklagte erklären könnte. Ferner handele es sich bei der fehlenden Kenntnis des Vorstands um eine negative Tatsache. Die sekundäre Darlegungslast sei jedoch gerade für den Beweis negativer Tatsachen entwickelt worden. Insoweit müsste die Darlegungslast der Beklagten gerade wieder zum Kläger übergehen. Ferner bliebe der Kläger auch im Falle einer sekundären Darlegungslast beweispflichtig, die Unaufklärbarkeit ginge auch weiterhin zu seinen Lasten.

4. Dem Kläger sei durch den Abschluss des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug kein Vermögensschaden entstanden. Das erhaltene Fahrzeug entspreche dem vertraglich geschuldeten Zweck. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass der Wert des Fahrzeugs durch eine der Beklagten zurechenbare Handlung beeinträchtigt sei. Ergebe sich ein Schaden nicht aufgrund der Differenzhypothese, weil der Kaufgegenstand und die Gegenleistung wertmäßig identisch seien, könne ein Schaden allenfalls angenommen werden, wenn die Gegenleistung für die subjektiven Zwecke des Anspruchstellers nicht oder nicht voll brauchbar sei. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei stets sicher und fahrbereit gewesen. Es habe jederzeit über die für seine Emissionsklasse erforderliche EG-Typgenehmigung verfügt. Ein Entzug der Typgenehmigung oder der Zulassung drohe nicht.

5. Für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB fehle es neben dem Schaden auch an der Stoffgleichheit desselben im Verhältnis zu dem behaupteten Vermögensvorteil der Beklagten. Da der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug gebraucht von einem Dritten gekauft und diesem den Kaufpreis gezahlt habe, wäre der Beklagten kein Vermögensvorteil zugeflossen.

6. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bestehe nicht. Der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 1 EG-FGV sei nicht eröffnet, da es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht um ein "neues Fahrzeug" gehandelt habe. Die von der Beklagten ausgestellte Übereinstimmungsbescheinigung sei gültig. Schließlich stellten §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV keine Schutzgesetze i.s.d. § 823 Abs. 2 BGB dar.

Der Kläger erwidert:

1. Ob für das streitgegenständliche Fahrzeug ein Rückruf des Kraftfahrtbundesamts vorliege, sei unerheblich. Der Halter eines Fahrzeugs, das eine unionsrechtswidrige Abschalteinrichtung aufweise, sei jedenfalls einer drohenden Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV ausgesetzt.

2. Aufgrund eines sog. Abgasthermofensters funktioniere die Abgasrückführung lediglich in einem Bereich zwischen ca. 18° und 36° C vollständig.

3. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass das Kraftfahrtbundesamt das o.g. Thermofenster nicht als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet habe, das System der Abgasrückführung bei kalten Temperaturen Schäden durch Ablagerungen (sog. "Versottung") erleiden könne und das sog. Ausrampen der Abgasrückführung bei Dieselmotoren aller Hersteller zum Schutz der Bauteile des Abgasrückführungssystems notwendig und üblich sei, eine zunehmende Versottung den Motorbetrieb beeinträchtigen könne und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Zulässigkeit des sog. "Ausrampens" der Abgasrückführung in Abhängigkeit von bestimmten Umgebungstemperaturen anerkannt habe.

4. Das Thermofenster stelle eine nach Art. 5 Abs. 3 Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung dar, durch die die Abgasrückführung, die zur Reduktion des Stickoxidausstoßes eingesetzt werde, bei niedrigen Außentemperaturen reduziert werde. Soweit die Beklagte behaupte, die Abschalteinrichtung sei Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) 715/2007 zulässig, habe sie ihrer Darlegungslast nicht genügt.

Sie habe es versäumt, darzulegen, dass die Verwendung der Abschalteinrichtung notwendig wäre, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Die Beklagte habe weder vorgetragen, dass es sich bei der Versottung um eine Beschädigung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) VO (EG) 715/2007 handele, noch dass eventuelle Langzeitschäden nicht durch anderweitige Motorkonzeption vermieden werden könnten. Zudem müssten die Grenzwerte auch im normalen Fahrbetrieb eingehalten werden. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EG) 715/2007 zeige, dass die Emissionen bei normalen Nutzungsbedingungen wirkungsvoll begrenzt werden sollten. Es sei mit dem Sinn und Zweck der Verordnung (EG) 715/2007 unvereinbar, wenn der Wirkungsgrad der Emissionsminderungssysteme den Großteil des Jahres reduziert werde.

In Anhang III Ziff. 6.1.1. der Richtlinie 91/441/EWG werde für die Durchführung des Fahrzyklus bei der Emissionsprüfung vorgegeben, dass die Temperatur des Prüfraums während der gesamten Prüfung zwischen 20° und 30° Celsius betragen müsse. Der Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung des klägerischen Fahrzeugs maximal sei, sei nur geringfügig größer als der für die Emissionsprüfung vorgegebene Temperaturbereich. Im Ergebnis handele es sich um eine Prüfstandserkennung.

Es sei zu vermuten, dass die Verrußung bei Abgasrückführung bei allen Temperaturen - sei es auch in unterschiedlichem Maße auftrete (Beweis - unter Verwahrung gegen die Beweislast: Sachverständigengutachten).

5. Das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit einer Abschalteinrichtung unter bewusstem Verschweigen der (gesetzwidrigen) Softwareprogrammierung stelle eine konkludente Täuschung dar, da der Hersteller mit dem Inverkehrbringen konkludent die Erklärung abgebe, der Einsatz des Fahrzeugs im Straßenverkehr sei uneingeschränkt zulässig.

6. Die Täuschung der Beklagten habe sich auch auf die Kaufentscheidungen ihrer Kunden ausgewirkt. Da diese keinen Einblick in die technischen Vorgänge haben könnten, brächten sie denjenigen, die für die Entwicklung und Zulassung der Fahrzeuge verantwortlich seien, ein besonderes Vertrauen entgegen, das sich auch in der Markenauswahl beim Erwerbe eines Fahrzeugs niederschlage. Dies habe die Beklagte zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil ausgenutzt. Auch bei Gebrauchtwagenkäufen bildeten die allgemeinen Herstellerangaben und die Typengenehmigung die Grundlage des Erwerbsgeschäftes. Die Täuschung wirke damit auch innerhalb von Käuferketten außerhalb des Herrschaftsbereiches der Beklagten fort.

7. Das Verhalten der Beklagten sei auch sittenwidrig. Der Beweggrund für die Verwendung der Software sei (auch) in einer von der Beklagten angestrebten Profitmaximierung zu sehen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass sich die Täuschung gegen staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher gerichtet und damit eine große Zahl getäuschter Personen als Ziel gehabt habe. Das Vorgehen der Beklagten sei systematisch erfolgt. Ihr Verhalten sei auch zu Lasten der Umwelt gegangen.

8. Die Beklagte habe hinsichtlich der Verwendung der Software und der der Sittenwidrigkeit zugrunde liegenden Tatsachen vorsätzlich gehandelt. Die Software sei bewusst in die Motorsteuerung eingebaut worden, um die Abgasrückführung beeinflussen zu können und so die Typgenehmigung zu erhalten. Die Beklagte habe auch die Folgen ihres Handelns jedenfalls billigend in Kauf genommen.

9. Die Beklagte müsse sich das Handeln ihrer Mitarbeiter gemäß 3 31 BGB analog zurechnen lassen. Die Repräsentantenhaftung juristischer Personen erstrecke sich über den Vorstand, dessen Mitglieder und die verfassungsmäßig berufenen besonderen Vertreter hinaus auf alle sonstigen Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen seien, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentierten. Die Programmierung der Software setze eine aktives, im Hinblick auf das Ergebnis gewolltes Handeln voraus. Es erscheine undenkbar, dass den für die Entwicklung des Motors Verantwortlichen die technische Umsetzung in Form einer Abgasabschalteinrichtung verschwiegen worden sei. Auch aus Darlegungs- und Beweislastgesichtspunkten ergebe sich kein anderes Ergebnis. Die Klägerin habe keine tieferen Einblicke in die Entscheidungsstrukturen der Beklagten.

10. Der Kläger habe durch den Erwerb eines mit der Steuerungssoftware ausgerüsteten Fahrzeugs auch einen Schaden erlitten. Dieser ergebe sich aus der Zweckverfehlung, dem geringeren Wert des Fahrzeugs und der Eingehung einer so nicht gewollten Verbindlichkeit.

11. Die Beklagte habe dem Kläger den Schaden auch vorsätzlich zugefügt. Sie habe zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass die Abschalteinrichtung im Falle ihrer Entdeckung Auswirkungen auf die Betriebserlaubnis haben würde und Erwartungen des Klägers enttäuscht würden. Anders sei ihr heimliches Vorgehen nicht erklärlich. Es sei für sie vorhersehbar gewesen, dass es zu einer Stilllegung des Fahrzeugs kommen könne.

12. Das Inverkehrbringen von Motoren mit Motorensteuerungen unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Abschalteinrichtung sei für den Abschluss der mit dem Erwerb des Fahrzeuges im Zusammenhang stehenden vertraglichen Verpflichtungen durch den Kläger ursächlich gewesen.

13. Der geltend gemachte Schaden sei auch vom Schutzzweck des § 826 BGB umfasst.

Die Beklagte habe zunächst den Motor des Fahrzeugs entwickelt, sodann den Motor produziert und für den Fahrzeugtyp des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine EU-Typgenehmigung erwirkt. Dabei habe sie gegen das in Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 formulierte Verbot der Verwendung von Abschalteinrichtungen verstoßen. Ihr Handeln sei sittenwidrig gewesen, da für einen Hersteller von Motoren von vornherein absehbar sein sollte, dass den betreffenden Fahrzeugen die Betriebserlaubnis entzogen werden könne, wenn die Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen seien. Darüber hinaus stellten §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze dar, denn das darin vorgesehene Erfordernis einer Übereinstimmungsbescheinigung, mit welcher dem Erwerber eines Fahrzeugs versichert werde, dass dieses gemäß den in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Regelungen hergestellt sei, habe eine individualschützende Funktion zugunsten von Verbrauchern und anderen Fahrzeugerwerbern. Dies ergebe sich aus Art. 26 der Richtlinie 2007/46/EG, die für die Frage der Drittwirkung heranzuziehen sei.

Den Motor habe die Beklagte durch Auslieferung der entsprechenden Fahrzeugtypen an die Händler in Verkehr gebracht. Insoweit habe sie sittenwidrig gehandelt. Denn die im Rahmen des § 826 BGB verletzte Verhaltensnorm, in die der Schaden fallen müsse, um zurechenbar zu sein, sei hier nicht nur die öffentlich-rechtliche Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, sondern die Anforderung an einen Fahrzeug- und Motorenhersteller, nur solche Fahrzeuge herzustellen und in Verkehr zu bringen, deren Betriebsgenehmigung er nicht durch Täuschung erwirkt habe und die nicht aufgrund einer solchen Täuschung technisch und rechtlich mängelbehaftet und von der Gefahr einer Stilllegung bedroht seien.

Die Beklagte erwidert:

I.

Das streitgegenständliche Fahrzeug sei dem Kraftfahrt-Bundesamt vorgestellt worden. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe keine unzulässige Abschaltvorrichtung festgestellt.

Mangels eines das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Fahrzeugs betreffenden Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts drohe keine Betriebsuntersagung.

Der klägerische Vortrag hinsichtlich des Vorliegens einer Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters sei unsubstantiiert und im Übrigen gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO als verspätet zurückzuweisen.

II.

Selbst bei unterstelltem Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters wäre kein Fall des § 826 BGB gegeben, da das Thermofenster eine allgemein anerkannte und von sämtlichen Herstellern eingesetzte, bei einer Prüfung des Fahrzeugs offen erkennbare technische Einrichtung darstelle. Insoweit handele es sich um eine Emissionsregelung, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise funktioniere wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motorschutzes als Rechtfertigung ernsthaft diskutiert werden können. Eine eventuelle fahrlässige Verkennung der Rechtslage insoweit genüge nicht, um einen Anspruch aus § 826 BGB begründen zu können.

III.

Ein wesentlicher Verfahrensfehler aufgrund des erstinstanzlichen Unterlassens eines Hinweises liege nicht vor. Eine Hinweispflicht des Gerichts habe nicht bestanden, nachdem die Beklagte umfassend thematisiert hätte, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts betroffen gewesen sei. Dies gelte auch für den klägerischen Vortrag hinsichtlich einer Kenntnis der Täuschungshandlung seitens des Organs Rupert Stadler und hinsichtlich eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten.

IV.

Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der (fehlenden) Kenntnis eventueller Manipulationen bestehe nicht, da die Beklagte eine solche Kenntnis verneine. In diesem Fall liefe die Annahme einer sekundären Darlegungslast der Beklagten auf eine - vom Gesetz nicht vorgesehene - Umkehr der Beweislast hinaus.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da keine Verfahrensfehler des Landgerichts vorliegen und die angefochtene Entscheidung im Ergebnis der Sach- und Rechtslage entspricht.

1. Die Berufung wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 517, 519 ZPO) und begründet (§ 520 ZPO) und ist auch im Übrigen zulässig.

2. Verfahrensfehler des Landgerichts, die zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen würden, liegen nicht vor. Insbesondere hat das Landgericht nicht gegen eine ihm nach § 139 ZPO obliegende Hinweispflicht verstoßen.

a) Im Anwaltsprozess entfällt eine richterliche Hinweispflicht, wenn der Gegner Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage erhoben hat (vgl. BGHZ 170, 67 = NJW 2007, 759, Rdnr. 19; MüKo ZPO/Fritsche, § 139 ZPO, Rdnr. 15). Derartige Bedenken hat der Beklagtenvertreter erstinstanzlich wiederholt und detailliert geäußert. Zwar befreit der Umstand, dass der Prozessgegner Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Vortrags der anderen Partei geltend gemacht hat, das Gericht dann nicht von seiner Pflicht zu einem Hinweis, wenn es für das Gericht offenkundig ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Partei die Bedenken des Prozessgegners nicht zutreffend aufgenommen hat (BGH, NJW 2012, 3035, Rdnr. 8). Anhaltspunkte hierfür sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

b) Hinsichtlich des behaupteten Vorliegens einer unzulässigen Abschaltvorrichtung hat der Beklagtenvertreter im Rahmen der Klageerwiderung vom 29.06.2018 moniert: Die in der Klageschrift enthaltenen Ausführungen des Klägers bezögen sich nicht auf das streitgegenständliche Fahrzeug, sondern auf andere Fahrzeuge. Der Kläger habe nicht substantiiert, inwieweit deren Motoren mit dem streitgegenständlichen Motor "vergleichbar" wären, zumal die aufgeführten Fahrzeuge im Gegensatz zum streitgegenständlichen Fahrzeug mit unter die Abgasnorm Euro 6 fallenden Motoren und SCR-Katalysatoren ausgestattet seien. Auch komme der Bewertung der Motoren durch US-amerikanische Behörden insoweit keine Bedeutung zu, weil die US-amerikanischen Zulassungsvorschriften nicht mit den deutschen bzw. europäischen Normen identisch seien (vgl. S. 5 ff. der Klageerwiderung = Bl. 51 ff. d.A.).

Damit bestand für den Kläger hinreichender Anlass, seinen Vortrag auch ohne entsprechenden richterlichen Hinweis zu substantiieren, was er jedoch unterlassen hat. Vielmehr finden sich auch in der Replik des Klägervertreters vom 31.07.2018 lediglich Ausführungen zu anderen Fahrzeugmodellen, den Ergebnissen insoweit während der Teilnahme am Straßenverkehr erfolgter Emissionsmessungen und dem US-amerikanischen Ermittlungsverfahren, ohne dass das konkrete Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Fahrzeugs an den relevanten deutschen bzw. europäischen Normen gemessen würde. Insoweit wird nur die Vermutung geäußert, es sei "mehr als wahrscheinlich", dass das Fahrzeug die von der maßgeblichen Norm Euro 5 vorgeschriebenen Grenzwerte überschreite (vgl. S. 2 ff., 5 der Replik = Bl. 73 ff., 76 d.A.).

Der Beklagtenvertreter hat in seinem Schriftsatz vom 05.11.2018 (Bl. 100 ff. d.A.) erneut darauf hingewiesen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt eine unzulässige Abschaltvorrichtung - anders als für andere, vom Kläger erwähnte Fahrzeugmodelle - für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht festgestellt habe und die vom Kläger thematisierten Emissionswerte im normalen Fahrbetrieb rechtlich nicht maßgeblich seien.

c) Eine Substantiierung des klägerischen Vortrags in Bezug auf eine konkret im streitgegenständlichen Motor vorhandene "Abschalteinrichtung" ist im Rahmen der Berufungsbegründung vom 04.03.2019 (dort unter Punkt II., Bl. 133 d.A.) erfolgt.

Insoweit handelt es sich jedoch um ein neues Angriffsmittel, das nicht zuzulassen ist, da keiner der Ausnahmetatbestände des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO eingreift. Insbesondere greift § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht ein, da eine Hinweispflicht des Landgerichts nicht bestand (vgl. o. unter a), b)). Zulassungsgründe nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 oder 3 ZPO sind nicht gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO dargelegt und auch nicht anderweitig ersichtlich.

3. Die angefochtene Entscheidung entspricht im Ergebnis der Sach- und Rechtslage. Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 2. auf Feststellung des Annahmeverzugs für den Zeitraum vom 07.04.2018 bis 30.04.2018 unzulässig, da kein Feststellungsinteresse i.s.d. § 256 Abs. 1 ZPO besteht.

Der Antrag betrifft einen ausschließlich in der Vergangenheit liegenden Zeitraum. Der Kläger hat das streitgegenständliche Fahrzeug am 30.04.2018 an einen Dritten verkauft, übergeben und übereignet. Inwieweit sich unter diesen Umständen noch von der Feststellung eines im o.g. Zeitraum vorgelegen habenden Annahmeverzugs abhängige Ansprüche des Klägers ergeben könnten, ist nicht ersichtlich.

b) Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

(1) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 Satz 2, 241 Abs. 2 BGB besteht nicht. Die Beklagte war nicht an dem zwischen dem Kläger und dem Voreigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs geschlossenen Kaufvertrag beteiligt. Auch kann der Kläger seinen Anspruch nicht auf die Grundsätze der sog. Prospekthaftung stützen.

Die von der Rechtsprechung für den gesetzlich nicht regulierten und organisierten sog. Grauen Kapitalmarkt entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung gehen davon aus, dass der Emissionsprospekt in der Regel die einzige Informationsquelle des Anlegers ist. Nur unter der Voraussetzung, dass die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen (BGHZ 111, 314, 317 f. = NJW 1990, 2461, 2461; LG Braunschweig, BeckRS 2017, 135000, Rdnr. 18).

Die Prospekthaftung i.e.S. ist daher auf bestimmte Kapitalanlagen beschränkt (vgl. i.e. BeckOGK/Herresthal, § 311 BGB, Rdnr. 581). Eine Übertragung auf sonstige Kaufgegenstände, z.B. Kraftfahrzeuge, scheidet aus, da bei diesen die prägende und rechtfertigende Besonderheit einer Kapitalanlage fehlt. Denn bei dieser ist der Emissionsprospekt i.d.R. die einzige Informationsquelle des Anlegers, so dass der Anleger nur bei zutreffenden Informationen im Prospekt die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko richtig einschätzen kann (BeckOGK/Herresthal, a.a.O., Rdnr. 582).

Anders als bei Kapitalanlagen stehen für die Entscheidung über den Erwerb eines bestimmten Fahrzeugs eine Vielzahl verschiedener Informationsquellen zur Verfügung. Der Kaufinteressent kann sich etwa in diversen Autotest- und Fachzeitschriften sowie im Internet über das jeweilige Fahrzeug informieren und ein ihn interessierendes Fahrzeug im Autohaus anschauen und sogar probefahren, weshalb die Grundsätze der Prospekthaftung für Ansprüche des Käufers im Zusammenhang mit einem Autokauf von vornherein nicht übertragbar sind, zumal der Schutz des Vertrauens in Prospektangaben im Kaufrecht durch § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB sichergestellt wird (LG Braunschweig, a.a.O.).

Ferner kann ein haftungsbegründendes Schuldverhältnis zwischen Nicht-Vertragsparteien entstehen, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Das ist bei der Beklagten nicht der Fall. Sie war weder unmittelbar, noch mittelbar an den Vertragsverhandlungen beteiligt, noch hatte sie ein über ihr allgemeines - durch den Verkauf an den Erstbesitzer ohnehin befriedigtes - Absatzinteresse hinausgehendes Interesse am Zustandekommen des Kaufvertrags zwischen dem Kläger und dem Voreigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs (vgl. LG Braunschweig, a.a.O., Rdnr. 19).

(2) Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger auch nicht aus §§ 826 i.V.m. 31 BGB zu. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

aa) Der Kläger stützt sich insoweit auf ein Handeln bzw. Kenntnisse des früheren Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, Prof. Rupert Stadler, und bezieht sich konkret auf die gegen diesen geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Der insoweit gegen Prof. Rupert Stadler erhobene Vorwurf geht allerdings dahin, dass er spätestens ab Ende September 2015 Kenntnis davon gehabt habe, dass u.a. Motoren für Fahrzeuge der Beklagten mit einer unzulässigen Softwarefunktion ausgestatttet gewesen seien, und gleichwohl den Absatz der betroffenen Fahrzeuge veranlasst bzw. nicht verhindert habe (vgl. die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München II vom 31.07.2019, im Internet abrufbar unter https:///muenchen-2/presse/2019/14.php). Anhaltspunkte dafür, dass Prof. Rupert Stadler entsprechende Kenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Produktion des - 2013 erstmals zugelassenen - streitgegenständlichen Fahrzeugs oder zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Kaufvertrages vom 11.04.2015 besessen hätte, lassen sich weder dem klägerischen Vortrag, noch der o.g. Presseerklärung entnehmen.

bb) Hinsichtlich eventueller Handlungen bzw. Kenntnisse anderer für die Beklagte tätigen Personen fehlt es ebenfalls an einem hinreichend substantiierten Vortrag. Im Übrigen könnte das Verhalten anderer Personen als ihrer Organe der Beklagten auch im Hinblick auf eventuelle Organisationsmängel bereits objektiv nicht über § 31 BGB zugerechnet werden (vgl. BGH, NJW-RR 2014, 1382, Rdnr. 23 ff.; BeckOGK/Spindler, § 826 BGB, Rdnr. 124 a.E.). Zudem ist im Rahmen des für den Tatbestand des § 826 BGB erforderlichen Vorsatzes auch in subjektiver Hinsicht eine Zurechnung des Wissens anderer Beschäftigter zu Lasten des Organs nicht möglich (vgl. BeckOGK/Spindler, § 826 BGB, Rdnr. 12).

cc) Die Erteilung eines gerichtlichen Hinweises nach § 139 ZPO war nicht erforderlich.

Hinsichtlich der Frage einer der Beklagten im Rahmen deliktischer Ansprüche zurechenbaren Handlung eines ihrer Organe bzw. eines entprechenden Schädigungsvorsatzes hat der Beklagtenvertreter im Rahmen der Klageerwiderung das Fehlen einer substantiierten Bezeichnung entsprechender Personen bzw. Handlungen moniert (vgl. S. 11 sowie 13 ff. der Klageerwiderung = Bl. 57, 59 ff. d.A.).

Der Kläger hat daraufhin im Rahmen der Replik auf "die Kenntnis des [...] Rupert Stadler" (S. 14 der Replik = Bl. 85 d.A.) abgestellt, ohne dass näher ausgeführt würde, was der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu welchem Zeitpunkt gewusst haben soll und was er wann getan bzw. unterlassen haben soll.

Der Beklagtenvertreter hat dies in seinem Schriftsatz vom 05.11.2018 (dort S. 9 f. = Bl. 108 f. d.A.) erneut als nicht hinreichend substantiiert, ohne dass eine spätere Substantiierung erfolgt wäre.

dd) Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf die Grundsätze der sekundären Darlegungslast berufen.

Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt nach der Rechtsprechung des BGH voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BGHZ 100, 190, 195 f. = NJW 1987, 2008, 2009; BGHZ 140, 156, 158 f. = NJW 1999, 579, 580; BGH, NJW-RR 2013, 536 Rn. 13). Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast, ist es Sache des Anspruchstellers, die für seine Behauptung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers dagegen nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BGH, NJOZ 2016, 1798 Rn. 111). In diesem Fall muss der Anspruchsteller seine Behauptung nicht beweisen. (BGH, NJW 2018, 2412, Rdnr. 30)

Voraussetzung für die Annahme einer sekundären Darlegungslast sind aber hinreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit der behaupteten Tatsache. Derartige hinreichenden Anhaltspunkte hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.

Vielmehr fehlt es bereits an einem berücksichtigungsfähigen (vgl. o. unter Punkt 2. c)) Vortrag hinsichtlich der objektiven Beschaffenheit bzw. Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Dass das Kraftfahrt-Bundesamt das streitgegenständliche Fahrzeug zurückgerufen habe, hat der Kläger nicht behauptet. Sein Vortrag, es habe "Unregelmäßigkeiten" beim Abgasausstoß gegeben bzw. die Emissionen seien "deutlich zu hoch" gewesen, ist unsubstantiiert. Unterstellt, die Emissionen seien im normalen Fahrbetrieb deutlich höher als erwartet, würde dies allein auch nicht ohne weiteres hinreichende Anhaltspunkte für die Behauptung des Klägers, das Fahrzeug sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet gewesen, bieten, da die für die Einhaltung der Euro-5-Norm relevanten, im sog. NEFZ-Verfahren gemessenen Werte grundsätzlich auch ohne unzulässige Beeinflussung des Messverfahrens nicht den im Rahmen des tatsächlichen Gebrauchs des Fahrzeugs anfallenden Emissionswerten entsprechen. Im Übrigen wäre es dem Kläger während der Zeitspanne, in der er Eigentümer und Besitzer des streitgegenständlichen Fahrzeugs war, möglich und zumutbar gewesen, die Frage der objektiven Beschaffenheit bzw. Ausstattung des Fahrzeugs durch Einholung eines Privatgutachtens zu klären, so dass er insoweit nicht auf Informationen der Beklagten angewiesen war.

Es fehlt auch an einem konkret auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Vortrag hinsichtlich der Kenntnis des früheren Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, Prof. Rupert Stadler, oder anderer Personen (s.o. unter Punkt aa) und bb)). Zudem würde die Annahme einer sekundären Darlegungslast der Beklagten hinsichtlich der Kenntnis einer unzulässigen Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zumindest voraussetzen, dass das objektive Vorliegen einer solchen hinreichend dargelegt ist.

(3) Aus denselben Gründen fehlt es an einem hinreichenden Sachvortrag, auf den der Kläger einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB stützen könnte. Da der Straftatbestand des § 263 StGB nur durch eine natürliche Person erfüllt werden kann, wäre insoweit darzulegen, welche natürliche Person diesen Tatbestand wann und durch welche Handlung(en) erfüllt haben soll.

Hierzu ist nichts Substantiiertes vorgetragen. Im Übrigen erscheint die Annahme, der Tatbestand des § 263 StGB sei erfüllt, bereits deshalb fernliegend, weil zwischen den Vertragsparteien keine Kommunikation stattgefunden hat und der Kläger insbesondere das Fahrzeug von einem (privaten) Dritten gekauft hat.

(4) Aus den oben unter Punkt (2) genannten Gründen sind auch die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 831 i.V.m. 31 BGB nicht hinreichend dargelegt.

(5) Dies gilt ebenso für die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) 715/2007, weshalb die Frage, ob Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 überhaupt als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht kommt, offen bleiben kann.

(6) Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG. Insoweit fehlt es bereits an einer konkret auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp bezogenen Aussage (vgl. LG Berlin, BeckRS 2019, 15592, Rdnr. 28).

(7) Ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV besteht bereits deshalb nicht, weil das streitgegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt seines Ankaufs durch den Kläger kein Neufahrzeug mehr war und damit der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht eröffnet war.

(8) Mangels eines Hauptanspruchs stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Nebenansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten als Teil des geltend gemachten Schadens, Zinsen aus § 849 BGB sowie Prozesszinsen ais §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.