AG Erding, Endurteil vom 11.10.2018 - 4 C 2612/18
Fundstelle
openJur 2020, 70104
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 234,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.05.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 335,91 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Gründe

Die zulässige, nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung in Höhe von 101,49 € noch anhängige Klage ist vollumfänglich begründet.

I. Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht des Passagiers M. S. von der Beklagten nach Flugstornierung noch weitere Steuern, Gebühren und Kerosinzuschläge in Höhe von 234,42 € aus §§ 398, 648 S. 2, 812 Abs. 1 S. 1, S. 2 Alt. 2 BGB verlangen.

1. Die im Flugpreis enthaltenen Steuern, Gebühren und Entgelte einschließlich eines Treibstoffzuschlages sind von der Fluggesellschaft zu erstatten, wenn der Flug vom Passagier nicht angetreten wird, vgl. Führich, Reiserecht, 7. Auflage 2015, § 35 Rn. 46.

2. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten bestätigten Buchung vom 17.11.2017 über das Intemetportal "...de" unter der Buchungsnummer FL-11937653, die von der Beklagten unstreitig akzeptiert wurde, sind für die vom Zedenten gebuchten Flüge Steuern in Höhe von 335,91 € ausgewiesen. Daran muss sich die Beklagte festhalten lassen. Die Ticketpreisaufschlüsselung der Reisevermittlerin ist der Beklagten unter den gegebenen Umständen entsprechend §§ 54, 55, 91 HGB zuzurechnen, vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 13.02.2017 - 22 S 307/16, IBRRS 2017, 3479, RRa 2017, 186. Die Beklagte kann sich nicht nachträglich darauf berufen, dass in den ausgewiesenen Steuern ein Kerosinzuschlag enthalten sei, der noch als zusätzliche Gegenleistung für die Beförderung eigentlich dem Ticketpreis zuzurechnen wäre, vgl. LG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.03.2017 - 2 24 S 138/16, RRa 2017, 302.

3. Der Anspruch auf Rückerstattung des Kerosinzuschlages ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht wirksam durch ihre allgemeinen Ticketbedingungen für den vom Zedenten gewählten Tarif ausgeschlossen.

a) Es ist schon zweifelhaft, ob der Ausschluss durch die Formulierung "YQ/YR wird nicht erstattet", als allgemeine Beförderungsbedingung vertraglich einbezogen wurden, weil sehr fraglich erscheint, ob diese Ticketbedingungen, falls sie denn tatsächlich in deutscher Sprache zur Verfügung gestanden haben sollten, mit zahlreichen Abkürzungen und unübersichtlichen Verweisungen für einen Durchschnittskunden noch mühelos lesbar sind, vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, 77. Auflage 2018, § 305 Rn. 37 m.w.N.

b) Jedenfalls verstoßen diese Ticketbedingungen gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, weil sie den Flugpassagier durch den umfassenden Ausschluss eines Rückerstattungsanspruchs einschließlich Positionen, die ausschließlich im Falle seiner tatsächlichen Beförderung anfallen, unangemessen benachteiligen, vgl. Schmid/Puschkarski: Die Abrechnung beim Luftbeförderungsvertrag nach Kündigung durch den Fluggast, NJW 2018, 657, unter IV.2 und mit überzeugender Begründung bereits AG Erding, Urteil vom 12.07.2016, 7 C 2752/15. "Kerosinzuschläge" sind schon ihrer Begrifflichkeit nach keine Gegenleistung für die Flugbeförderung, sondern Zuschläge für den gewichtsabhängigen Treibstoffverbrauch, mit welchen z.B. auf Schwankungen der Preise auf den Rohölmärkten reagiert wird. Da diese Zuschläge von jedem Passagier erhoben werden und ein entsprechender gewichtsabhängiger Kerosinverbrauch durch den einzelnen Passagier aber nur dann eintreten kann, wenn dieser tatsächlich mitfliegt, ist ein berechtigtes Interesse des Flugunternehmens für einen Ausschluss eines Rückerstattungsanspruch für den Kerosinzuschlag im Falle einer Flugstornierung nicht erkennbar.

II. Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 286, 288 BGB.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO.

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.