OLG München, Endurteil vom 19.07.2016 - 5 U 3620/15
Fundstelle
openJur 2020, 69407
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 16.09.2015, berichtigt mit Beschluss vom 23.10.2015, Az. 32 O 25697/10, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten zu 1) und 4) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 58.953,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.01.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Ansprüchen der Beklagten zu 4) aus dem bei dieser zur Finanzierung der Beteiligung der Klägerin an der ... GmbH & Co.KG im Nennwert von 40.000 € aufgenommenen Darlehen freizustellen. Es wird festgestellt, dass der Beklagten zu 4) aus dem von der Klägerin bei dieser zur Finanzierung der Beteiligung der Klägerin an der . GmbH Co. KG im Nennwert von 40.000 € aufgenommenen Darlehen keine Ansprüche mehr zustehen.

3. Die Beklagten zu 1) und 4) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von etwaigen Nachteilen freizustellen, die sie dadurch erleidet, dass sie von den Finanzbehörden nicht von vornherein ohne Berücksichtigung der Beteiligung an der ... GmbH & Co.KG steuerlich veranlagt worden ist.

4. Die Verurteilung gemäß Ziffer 1. bis 3. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der von der Klägerin gehaltenen Kommanditbeteiligung an der ... GmbH & Co.KG.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 81%, die Beklagten zu 1) und 4) gesamtschuldnerisch 19%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin erster und zweiter Instanz tragen die Beklagten zu 1) und 4) gesamtschuldnerisch 19%. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin 5%, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin 7%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 3) und 5) erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht jeweils die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 115.000 € festgesetzt. Der Streitwertbeschluss für das erstinstanzliche Verfahren vom 16.09.2015 (Bl. 435 d.A.) wird dahingehend abgeändert, dass dieser auf 115.000 € festgesetzt wird.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Geltend gemacht werden Schadensersatzansprüche im Wege der Rückabwicklung einer Beteiligung an einem Medienfonds.

Die Klägerin beteiligte sich mit Zeichnungsschein vom 30.11.2004 (Anlage K 1) mit einem Betrag in Höhe von 100.000,00 € an der ... GmbH & Co.KG (Fondsgesellschaft) mittelbar über die Beklagte zu 1) als Treuhänderin, wobei obligatorisch ein Teil der Kommanditbeteiligung in Höhe von 40.000 € über die Beklagte zu 4) finanziert und weitere 60.000 € aus Eigenmitteln der Klägerin erbracht wurden. Die Klägerin erhielt für die Jahre 2007 bis 2009 Ausschüttungen in Höhe von 1.046,92 € (Schriftsatz der Beklagten zu 1) und 3) vom 25.03.2011, S. 45=Bl. 110 d. A.)

Die Klage richtet sich gegen die Beklagte zu 1) als Treuhand- und Gründungskommanditistin, die Beklagte zu 2) als Initiatorin des Fonds und Prospektherausgeberin, gegen die Beklagte zu 3) als Rechtsnachfolgerin der Co-Initiatorin und Prospektmitherausgeberin ... GmbH, gegen die Beklagte zu 4) als finanzierende und schuldübernehmende Bank und gegen die Beklagte zu 5) als Vermittlerin der Beteiligung.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Prospekt (Anlage K 2) weise verschiedene Fehler auf, bei deren Kenntnis sie den Fonds nicht gezeichnet hätte. Die tatsächliche Fondsstruktur stelle sich abweichend vom Prospekt dar. Tatsächlich sei ein Großteil der eingesammelten Gelder ausweislich der vorgelegten Abschrift des ... (Anlage K 21) gemäß verabredetem Zahlungskreislauf nicht etwa zur Filmproduktion verwendet worden, sondern der Großteil der Gelder sei von der Fondsgesellschaft von deren bei der Beklagten zu 4) geführten Konto an die angebliche unechte Auftragsproduzentin ... überwiesen und von dieser taggleich an die angebliche Lizenznehmerin ... Inc. überwiesen worden, welche wiederum am gleichen Tag die Gelder auf ein Eigenkonto der Beklagten zu 4) als schuldübernehmende Bank überwiesen habe, welche demgemäß kein Risiko übernommen habe. Der tatsächliche Geldkreislauf, die damit einhergehende Mittelfehlverwendung durch den Produktionsdienstleister und der damit einhergehende steuerliche Umgehungstatbestand (steuerlich nicht absetzbare Festgeldanlage statt steuerlich absetzbare Filmproduktion) würden im Prospekt verschwiegen. Die Fondsgesellschaft sei nicht Filmhersteller.

Die Klägerin hat daher erstinstanzlich zuletzt beantragt,

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 60.000 € nebst 5% Zinsen hieraus seit dem 15.12.2004 bis Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Ansprüchen der Beklagten zu 4) aus dem bei dieser zur Finanzierung der Beteiligung der Klägerin an der ... GmbH & Co.KG im Nennwert von Euro 40.000 € aufgenommenen Darlehen freizustellen.

Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, Auskunft darüber zu geben, welchen Betrag sie bereits auf das in Ziffer 2 genannte Darlehen erhalten hat. Sodann werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, die Klägerin von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von der Klägerin gezeichneten Beteiligung an der ... GmbH & Co.KG entstanden sind oder entstehen werden, insbesondere von Steuernachzahlungen, die aus nachträglich aberkannten oder aberkannt werdenden Verlustabzügen resultieren oder resultieren werden sowie insbesondere von den hierauf gemäß § 233 a AO anfallenden Zinsen.

Die Verurteilung gemäß Ziff. I. - IV. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der von der Klägerin gehaltenen Kommanditbeteiligung an der ... GmbH & Co.KG an die Beklagten.

Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt, der Klägerin Gelegenheit zu geben, die Bücher der ... GmbH & Co.KG einzusehen und sich daraus auf eigenen Kosten Kopien nach freier Wahl zu fertigen.

Die Beklagte zu 2) und 3) werden verurteilt, im Namen der ...GmbH & Co.KG die Bücher der Produktionsdienstleisterin dieser Gesellschaft, der ... Inc. Mit Sitz in Kalifornien, USA, einzusehen und dabei insbesondere Zahlungsflüsse und Zahlungsströme sowie die Verwendung der seitens der ... GmbH & Co.KG bereitgestellten Mittel zu überprüfen und das Ergebnis der Prüfung der Klagepartei mitzuteilen.

Die Beklagten zu 1), 4) und 5) werden jeweils verurteilt, die Klägerin jeweils von EUR 2.356,68 € vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagten haben jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1) und 3) haben im Wege der Hilfswiderklage beantragt,

Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, sämtliche Steuervorteile, die sie im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der ... GmbH & Co.KG erzielt hat, an die Beklagte zu 3) auszukehren, sobald und soweit über diese Steuervorteile bestandskräftige Steuerbescheide vorliegen und soweit ihr die Steuervorteile nach Abzug einer etwaigen Besteuerung von Beträgen, die im Rahmen des vorliegenden Rechtstreits zugesprochen werden sollten, verbleiben.

Die Beklagte zu 2) hat im Wege der Hilfswiderklage unter zwei kumulativen interprozessualen Bedingungen beantragt,

Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, sämtliche Steuervorteile, die sie im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der ... GmbH & Co.KG erzielt hat, an die Beklagte zu 2) auszukehren, sobald und soweit über diese Steuervorteile bestandskräftige Steuerbescheide vorliegen und soweit ihr die Steuervorteile nach Abzug einer etwaigen Besteuerung von Beträgen, die im Rahmen des vorliegenden Rechtstreits zugesprochen werden sollten, verbleiben.

Die Klägerin hat die Abweisung der Hilfswiderklagen beantragt.

Die Beklagten bestreiten das Vorliegen von Prospektfehlern, die Kausalität sowie ihre Haftung und erheben die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 16.09.2015 die Klageanträge als unbegründet abgewiesen. Gegen die Beklagte zu 1) als Treuhänderin seien Ansprüche aus Prospekthaftung i.e.S. ohnehin verjährt und Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne schieden aus, weil kein Prospektfehler vorliege. Der streitgegenständliche Emissionsprospekt sei in den von der Klägerin gerügten Punkten nicht fehlerhaft oder unvollständig, da er nach Form und Inhalt geeignet gewesen sei, den Anlegern die für ihre Beteiligung wesentlichen Informationen verständlich und wahrheitsgemäß zu vermitteln. Der Prospekt kläre ausreichend über die steuerlichen Risiken der Anlage auf. Der Prospekt täusche auch nicht über die Verwendung der Fondsgelder oder über die Herstellereigenschaft bzgl. der Filme. Insbesondere führe der von der Klägerin angeführte "Geldkreislauf" nicht zu der behaupteten Zweckentfremdung von Fondsgeldern. Es sei nicht aufklärungspflichtig, wenn der Produktionsdienstleister dem Lizenznehmer tatsächlich zunächst einen Teil der Produktionskosten zur Begleichung der Schuldübernahmegebühr zur Verfügung stelle. Es stehe dem Produktionsdienstleister frei, bei ihm im Geschäftsbetrieb eingehende Geldbeträge zunächst für beliebige Zahlungen zu verwenden. Er müsse die konkreten Gelder nicht ständig und im vollen Umfang etwa auf einem Anderkonto für die Filmproduktion bereithalten. Wesentlich sei, dass der Film am Ende tatsächlich mit dem im Prospekt ausgewiesenen Budget produziert worden sei und der Fonds gemäß den prospektierten Angaben an den Lizenzerlösen beteiligt und alleiniger Inhaber der Filmrechte geworden sei. Die von den Beklagten zu 2) und 3) im Rahmen der Geschäftsbesorgung zu erbringenden Tätigkeiten und deren Vergütung seien auf Seite 24ff und 28ff des Prospekts umfassend dargestellt und damit nicht verschleiert worden. Die Beklagten zu 2) und 3) hafteten weder aus Prospekthaftung im weiteren Sinne noch aus Delikt. Mangels eines Prospektfehlers hafte auch die Beklagte zu 4) nicht aus Prospekthaftung im engeren oder weiteren Sinne, erstgenannte wäre ohnehin verjährt. Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten zu 4) im Zusammenhang mit der obligatorischen Anteilsfinanzierung ergebe sich weder aufgrund eines Wissensvorsprungs über spezielle Risiken noch aufgrund einer Überschreitung ihrer Rolle als Kreditgeberin. Der Umstand, dass die Zahlungen über Konten der Beklagten zu 4) gelaufen seien, belege keine Kenntnis von der den Zahlungen zugrundeliegenden Zweckbestimmungen. Ohnehin sei eine relevante Abweichung vom prospektierten Fondskonzept nicht belegt. Ein Wissensvorsprung sei nicht dargelegt. Die Rolle als Kreditgeberin sei nicht überschritten worden, weil die Beklagte zu 4) nicht in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Insbesondere durch die obligatorische Anteilsfinanzierung und die Absicherung der fixen Lizenzzahlungen durch die Schuldübernahme sei die neutrale Rolle der Beklagten zu 4) nicht überschritten worden. Ansprüche gegen die Beklagte zu 5) wegen Prospekthaftung im engeren oder weiteren Sinne kämen wegen Verjährung bzw. Fehlen eines Prospektfehlers nicht in Betracht. Die Klageanträge Ziffer 2) bis 5) seien unbegründet, da kein Schadensersatzanspruch vorliege. Über die Hilfswiderklage sei wegen der erfolgten Klageabweisung nicht zu entscheiden.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gemäß Anträgen 1 bis 5 weiter. Hinsichtlich der geltend gemachten Prospektmängel verweist sie insbesondere auf den steuerlichen Gestaltungsmissbrauch und die Zweckentfremdung der Fondsmittel. Aufgrund dessen werde die Herstellereigenschaft der Fondsgesellschaft in Frage gestellt.

Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin unter Zurücknahme der Berufung im Übrigen:

1. In Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 16.09.2015, Az.: 32 O 25697/10 wird wie folgt erkannt: Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 60.000 € nebst 5% Zinsen hieraus seit dem 15.12.2004 bis Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Ansprüchen der Beklagten zu 4) aus dem bei dieser zur Finanzierung der Beteiligung der Klägerin an der ... GmbH & Co.KG im Nennwert von Euro 40.000 € aufgenommenen Darlehen freizustellen.

3. Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, Auskunft darüber zu geben, welchen Betrag sie bereits auf das in Ziffer 2. genannte Darlehen erhalten hat. Sodann werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, diesen Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, die Klägerin von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von der Klägerin gezeichneten Beteiligung an der ... GmbH & Co.KG entstanden sind oder entstehen werden, insbesondere von Steuernachzahlungen, die aus nachträglich aberkannten oder aberkannt werdenden Verlustabzügen resultieren oder resultieren werden sowie insbesondere von den hierauf gemäß § 233 a AO anfallenden Zinsen.

5. Die Verurteilung gemäß Ziff. I. - IV. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der von der Klägerin gehaltenen Kommanditbeteiligung an der ... GmbH & Co.KG an die Beklagten.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten bestreiten Prospektfehler, insbesondere unter Hinweis auf die Entscheidungen des BGH zu VIP 3 und VIP 4. Der Prospekt enthalte weder unrichtige Angaben über geplante Zahlungsläufe, noch erfolge eine signifikante Risikoerhöhung. Andere Senate des Oberlandesgerichts München hätten bereits entschieden, dass der sog. "Geldkreislauf" weder einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch, noch eine Zweckentfremdung der Fondsgelder darstelle. Es bestünde keine haftungsbegründende Kausalität. Nach Ansicht der Beklagten zu 1) und 2) habe es keine Mittelverwendungsvorgabe und damit auch keine Mittelfehlverwendung gegeben. Die Fondsgesellschaft sei Herstellerin des Films. Das Bonitätsrisiko des Produktionsdienstleisters sei durch die Fertigstellungsgarantie abgesichert gewesen. Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO liege nicht vor, wobei der klägerische Vortrag hierzu im Berufungsverfahren als neuer Vortrag ohnehin nicht zu berücksichtigen sei, ebenso wie der Vortrag zur fehlenden Absicherung durch die Fertigstellungsgarantie. Es liege keine Kausalität vor, da die Klägerin den streitgegenständlichen Fonds nur aus steuerlichen Gründen gezeichnet habe. Die steuerliche Anerkennung sei jedoch gegeben. Die Beklagten zu 2) und 3) unterlägen nicht der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinne seien verjährt. Eine Haftung der Beklagten zu 1) scheide aus, da sie keine Kenntnis von den behaupteten Prospektfehlern gehabt habe. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sei widerlegt. Die steuerliche Motivation der Klägerin sei bei ihrer Beteiligung im Vordergrund gestanden. Schließlich habe die Klägerin auch nicht dargelegt, dass die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Zeichnung durch die Klägerin noch Kommanditistin gewesen sei.

Die Beklagte zu 4) ist der Auffassung, ihre Haftung unter dem Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs scheide schon deshalb aus, weil es bereits an "speziellen Risiken des Vorhabens" fehle, über die aufzuklären gewesen wäre. Im übrigen sei die Beklagte zu 4) nicht prospektverantwortlich gewesen, worauf in den Zeichnungsunterlagen hingewiesen worden sei.

Die Beklagte zu 5) bestreitet einen Wissensvorsprung und ist insbesondere der Ansicht, dass eine Haftung aller Beklagter unter Kausalitätsgesichtspunkten ausscheide.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2016 im Einvernehmen der Parteien die Klägerin formlos angehört. Bezüglich des Ergebnisses dieser Anhörung wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 31.05.2016 (Bl. 611/620).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die gerichtlichen Verfügungen, Beschlüsse und Sitzungsniederschriften sowie das Endurteil des Landgerichts München I vom 08.12.2015, berichtigt mit Beschluss vom 23.10.2015, (Bl. 408/434 und 447/449 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist gegen die Beklagten zu 1) und 4) im Wesentlichen begründet, gegen die Beklagten zu 2) und 3) und 5) dagegen unbegründet.

Die Beklagten zu 1) und 4) haften der Klägerin aus der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gem. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 und 3, 282, 311 Abs. 2 BGB. Denn sie haben als Vertragspartner der Klägerin diese nicht darauf hingewiesen, dass das an die Beklagte zu 4) als schuldbeitretende Bank in Höhe des Barwertes der garantierten festen Lizenzgebühren zu zahlende Entgelt dadurch aufgebracht werden sollte, dass ein erheblicher Teil der Anlagegelder zeitgleich über die Produktionsdienstleisterin und Lizenznehmerin an die schuldbeitretende Bank weitergeleitet werden und der Fonds tatsächlich unmittelbar nur den verbleibenden Anteil der Anlegergelder als Produktionskosten in die Filmproduktionen investieren sollte. Die gegen die Beklagte zu 2) als Initiatorin bzw. gegen die Beklagte zu 3) als Rechtsnachfolgerin der Co-Initiatorin in Betracht kommenden Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinne sind verjährt. Ansprüche gegen die Beklagte zu 5) als vermittelnde Bank sind mangels eines Wissensvorsprungs nicht gegeben.

1. Die Beklagten zu 1) und 4) haften nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne.

a) Die Beklagte zu 1) war Gründungskommanditistin (Seite 20 des Prospekts) und Treuhänderin des Projekts (Seite 23 des Prospekts). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit langem geklärt, dass den Treuhandkommanditisten, der bei dem Zustandekommen des Beitritts von Kapitalanlegern persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, die Pflicht trifft, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft unter Verwendung von Prospekten angebahnt wird. Da sich der Beitritt der Klägerin in der Weise vollzog, dass sie mit der Beklagten einen Treuhandvertrag schloss (siehe Zeichnungsschein vom 30.11.2004, Anlage K 1) und diese nach § 1 Ziffer 1 des Treuhandvertrags (Seite 74 des Prospekts) bevollmächtigt war, den Beitritt der Klägerin als Treugeber zu bewirken, ging es im Rahmen der Anbahnung dieses Treuhandverhältnisses um eine eigene Pflicht der Beklagten, unrichtige Prospektangaben von sich aus richtig zu stellen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13.07.2006, III ZR 361/04, Rn. 9). Der Umstand, dass die Beklagte zu 1) Gründungskommanditistin ist, war erstinstanzlich unstreitig (vgl. die zutreffende Zusammenfassung im Schriftsatz der Klägerin vom 10.02.2016, S. 2= Bl. 495 d.A.). Die Beklagte zu 4) führte für den Anleger verpflichtend eine persönliche Anteilsfinanzierung mit einem Auszahlungsbetrag von 40% des Kommanditkapitals durch (Prospekt S. 26). Deshalb traf auch sie als für den Anleger zwingende Vertragspartnerin eine vorvertragliche Hinweispflicht aus Wissensvorsprung, ihr bekannte Prospektmängel den Anlegern mitzuteilen ( siehe OLG München, Urteil vom 13.07.2010-5 U 2034/08, Rn.16, 18, aber auch Urteil des BGH vom 21.9.2010, XI ZR 232/09, Rn.18 - evidente Täuschung durch unrichtigen Prospekt sowie Henning, WM 2012, 153 <155>).

b) Der Prospekt klärt über die Mittelverwendung nicht hinreichend auf. So ist auf Seite 29 des Prospekts ein beispielhafter Investitions- und Finanzierungsplan dargestellt, wo unter der Überschrift "Mittelverwendung" 90,44% der Gesamtinvestitionskosten als "Produktionskosten" bezeichnet sind. Dies erweckt bei den Anlegern den Eindruck, dass die von ihnen einbezahlten Gelder in Höhe von ca. 90,44% direkt - und zwar ohne zwischenzeitliche Umleitung - zur Herstellung der Filme aufgewendet werden. Tatsächlich fließt jedoch ein großer Teil der Gelder am selben Tag in einer Buchungssekunde an die Lizenznehmer, die das Geld an die schuldbeitretende Bank weiterleiten, so dass von den Anlegergeldern nur ein geringer Teil unmittelbar für die Produktion der Filme zur Verfügung steht. Aus keiner Stelle des Prospektes geht hervor, dass ein großer Teil der Anlegergelder zur Zahlung der Schuldbeitrittsgebühr an die schuldbeitretende Bank fließt. Den Beklagten zu 1) und 4) war - im Gegensatz zur Klägerin - der am 23.12.2005 vollzogene Geldfluss der Anlegergelder an die schuldbeitretende Bank bekannt. Wie die Beklagte 2) auf Seite 19 des Schriftsatzes vom 28.06.2016 ausführt, war der Zahlungskreislauf bei sämtlichen Medienfonds der Beklagten zu 2), an denen sich die Klägerin beteiligt hat, identisch. Der Zahlungsfluss war systemimmanent und von vornherein geplant. Die Beklagte zu 2) trägt weiter vor, dass dieser Zahlungsfluss Grundlage der Defeasance-Struktur war (Schriftsatz vom 05.06.2015, Seite 12 ff, Bl. 268 ff). Die Beklagte zu 1) hätte als Treuhänderin die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass die Fondsgelder nicht - wie im Prospekt suggeriert - unmittelbar in die Filmherstellung fließen, sondern planmäßig, wie in Anlage K 21 dargestellt, verwendet werden. Dieser Gesichtspunkt war hinweispflichtig, da es für einen Anleger entscheidungserheblich sein kann, wie die von ihm investierten Gelder tatsächlich verwendet werden. Dieser Zahlungskreislauf war den beteiligten Unternehmen und auch der Beklagten zu 1) als Gründungskommanditistin, deren alleinige Gesellschafterin die Initiatorin des Fonds war, bei Zeichnung der Klägerin bekannt, da dieses Procedere, wie die Beklagte zu 2) im Schriftsatz vom 28.06.2016 ausführt, systemimmanent war. Dies gilt auch für die Beklagte zu 4, die als finanzierende, aber auch Überweisungsbank in den geplanten Ablauf von Anfang an eingeweiht war, wie sie nicht in Abrede stellt.

c) Die darlehensweise Weiterleitung der von der Fondsgesellschaft an den Produktionsdienstleister überwiesenen Mittel an den Lizenznehmer und von dort an die schuldbeitretende Bank stellt eine für den Anleger wesentliche Abweichung von der im Prospekt zum Ausdruck kommenden Zweckbestimmung dar. Denn die tatsächliche Realisierung eines Filmprojekts war damit wirtschaftlich nicht mehr durch das Kapital der Fondgesellschaft abgesichert, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Produktionsdienstleisters abhängig, der hinsichtlich seiner Ansprüche auf Rückzahlung des dem Lizenznehmers gewährten Darlehens dessen Insolvenzrisiko trägt (siehe BGH, Beschluss vom 29.07.2014 - II ZB 30/12, Rn. 47).

d) Dieses Risiko war entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht deswegen irrelevant, da die Herstellung der Filme durch die Fertigstellungsgarantie (Seite 39 des Prospekts) abgesichert war (wobei die Kosten für die Fertigstellungsgarantie und der Vertriebskostenzuschuss ebenfalls an die schuldbeitretende Bank weitergeleitet wurden, siehe Anlage K 21). Es kann dahingestellt bleiben, ob sich dadurch das Insolvenzrisiko tatsächlich erhöht hat. Denn es muss dem Anleger im Rahmen seiner Anlageentscheidung überlassen bleiben, ob er mit einer anderen als der im Prospekt beworbenen Mittelverwendung einverstanden ist. Für den Anleger war dies durchaus relevant. Wie die im Zusammenhang mit Medienfonds geführten jahrelangen Streitigkeiten der Fondsgesellschaften sowie der Anleger mit den Finanzbehörden zeigen, bestand das Risiko, dass die steuerliche Anerkennung versagt werden würde, wenn ein Großteil der Anlegergelder nicht unmittelbar in die Filmproduktion fließen würde. Insoweit ist es unerheblich, ob die steuerliche Anerkennung letztlich ausgesprochen worden ist, da es für die Anlageentscheidung des einzelnen Anlegers nur darauf ankommen kann, ob es aufgrund der vom Prospekt abweichenden Zahlungsströme zu Schwierigkeiten bei der steuerlichen Behandlung des Fonds kommen könnte. Soweit sich die Beklagten darauf berufen, dass der Bundesgerichtshof in den VIP-Fällen nur im Falle VIP 3 einen Prospektfehler in diesem Zusammenhang gesehen habe, übersehen sie bereits, dass ausweislich Rn.7 des Beschlusses vom 29.7.2014 in Sachen VIP 4 (II ZB 1/12) der Prospektfehler "Zahlungskreislauf" nicht Gegenstand der in diesem Rechtsbeschwerdeverfahren angegriffenen Feststellungen des KapMuG Senats dieses Gerichts waren, während die Feststellung in Sachen VIP 3 gelautet hatte: "Der Prospekt enthält keinen hinreichenden Hinweis darauf, dass für die Schuldübernahme (in Höhe von 100% des Anteils des Lizenzgebers an den Produktionskosten) an die D. Bank AG als schuldübernehmende Bank als Entgelt der für die Aufbringung der Schlusszahlung erforderliche Barwert vorab zu bezahlen war und dass hierfür ein erheblicher Teil der Anlegergelder zeitgleich über die Produktionsdienstleister und Lizenznehmer an die schuldübernehmende Bank weitergeleitet werden mussten und der Fonds tatsächlich unmittelbar nur den verbleibenden Anteil der Anlegergelder als Produktionskosten in Filmproduktionen investiert." (BGH, Beschluss vom 29.07.2014, Rn.7). Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten hatte ausweislich des Beschlusstenors keinen Erfolg, sondern führte zu folgender Neufassung: "Der Prospekt enthält keinen hinreichenden Hinweis darauf, dass das für die Schuldübernahme (in Höhe von 100% des Anteils des Lizenzgebers an den Produktionskosten) an die ... AG als schuldübernehmende Bank in Höhe des Barwerts der Schlusszahlungsverpflichtung zu zahlende Entgelt dadurch aufgebracht werden musste, dass ein erheblicher Teil der Anlegergelder zeitgleich über die Produktionsdienstleister und Lizenznehmer an die schuldübernehmende Bank weitergeleitet werden musste und der Fonds tatsächlich unmittelbar nur den verbleibenden Anteil der Anlegergelder als Produktionskosten in Filmproduktionen investiert." Diese Feststellung wurde unabhängig von der Frage getroffen, – Seite 12 ob eine Pflicht zum Hinweis auf ein steuerliches Anerkennungsrisiko bestand. Soweit erfolgte eine Zurückverweisung (BGH, a.a.O., Rn. 92).

e) Die Beklagte zu 1), deren Gesellschafterin zu 100% die Initiatorin ist (Seite 23 des Prospekts) und deren Geschäftsführer teilweise zugleich Geschäftsführer der Initiatorin sind (Seite 58 des Prospekts) und die Beklagte zu 4) hatten Kenntnis davon, dass der Prospekt keinen hinreichenden Hinweis enthält, dass ein erheblicher Teil der Anlegergelder von der Produktionsdienstleisterin über die Lizenznehmerin an die schuldbeitretende Bank weitergeleitet wird, so dass von den Anlegergeldern nur ein geringer Teil unmittelbar für die Produktion der Filme zur Verfügung stand. Der fehlende Hinweis ergibt sich unmittelbar aus dem Prospekt. Den Beklagten zu 1) und 4) war - im Gegensatz zur Klägerin - der am selben Tag vollzogene Geldfluss der Anlegergelder an die Beklagte zu 4) bekannt. Wie die Beklagte zu 2) auf Seite 19 des Schriftsatzes vom 28.06.2016 ausführt, war der Zahlungskreislauf bei sämtlichen Medienfonds der Beklagten zu 2), an denen sich die Klägerin beteiligt hat, identisch. Der Zahlungsfluss war systemimmanent und von vornherein geplant. Dieser Zahlungsfluss war nach dem Vorbringen der Beklagten zu 2) Grundlage der Defeasance-Struktur (Schriftsatz vom 05.06.2015, Seite 12 ff, Bl. 268 ff). Die Beklagte zu 1) hätte als Treuhänderin die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass die Fondsgelder - nicht wie im Prospekt suggeriert -unmittelbar in die Filmherstellung fließen, sondern planmäßig, wie in der Abschrift des ... (Anlage K 21) dargestellt, verwendet werden. Dieser Gesichtspunkt war hinweispflichtig, da es für einen Anleger entscheidungserheblich sein kann, wie die von ihm investierten Gelder tatsächlich verwendet werden. Entsprechende Pflichten trafen die Beklagte zu 4) als die mit einem entsprechenden Wissensvorsprung ausgestattete Finanzierungsbank (s.o. II.1.a).

f) Es kommt nicht darauf an, ob der Produktionsdienstleister in der Verwendung der ihm vom Fonds überwiesenen Mittel frei war. Entscheidend ist, dass die Beklagte zu 1) und 4) nicht auf die bereits bei Zeichnung feststehende - im Prospekt nicht geschilderte - Mittelverwendung hingewiesen haben.

g) Die Beklagte hat die für die Klägerin sprechende Kausalitätsvermutung (BGH, Urteil vom 15.03.2016 - XI ZR 122/14, Rn. 17) nicht widerlegt. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung durch den Senat im Termin vom 31.05.2016 angegeben, dass sie gedacht habe, dass das Geld in die Produktion fließe und nicht irgendwo Gebühren bezahlt werden. Für sie wäre es dubios, wenn man sogar Geld aufnähme und nicht genau wisse, für was dies eigentlich geschähe. Sie hätte ihr Geld nicht dafür hergegeben, damit es von der Bank an den Fonds und dann wieder zurückfließe (Sitzungsniederschrift 31.05.2016 S.5).

Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe den Fonds allein aus steuerlichen Gründen gezeichnet, und daher auf einen Hinweis hinsichtlich der unterlassenen Prospektierung des Geldkreislaufs nicht reagiert, hat sich nicht bestätigt, mag die angestrebte Steuerersparnis auch ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Anlageentscheidung gewesen sein. Die Ausführungen der Klägerin im Termin vom 31.05.2016 sind jedenfalls nicht unplausibel. Ihr Interesse daran, dass mit den Geldern auch tatsächlich Filme produziert werden, mag sich zum einen daraus ergeben, dass sie sich schon immer für Filme interessiert hat, was darin mündete, dass sie zusammen mit ihrem Vater seit 2007 eine eigene Filmproduktionsfirma besitzt (aaO S.7). Zum anderen ist der Mittelfluss auch entscheidend für die steuerliche Anerkennungsfähigkeit des Konzepts, das darauf beruht, dass der Fonds als Hersteller des Films akzeptiert wird. Wenn es durch einen anderen als im Prospekt dargestellten Mittelfluss zu Problemen bei der steuerlichen Anerkennung kommen kann, ist dies für die Anlageentscheidung ein wesentlicher Gesichtspunkt. Es ist denkbar und durch die Anhörung nicht widerlegt, dass die Klägerin bei einem Hinweis auf die Unvollständigkeit des Prospekts in diesem Punkt von der Zeichnung Abstand genommen hätte. Denn zum Zeichnungszeitpunkt konnten Probleme unabhängig davon befürchtet werden, ob es schließlich nach langjährigen Streitigkeiten zur steuerlichen Anerkennung im Sinne der Prospektierung kommt.

Der Beklagten zu 3) ist nicht darin beizupflichten, dass nachgewiesen worden wäre, dass die Mittelverwendung für die Klägerin keine Rolle gespielt habe. Es ist nicht entscheidend, dass sich die Klägerin nicht an der Defeasancestruktur gestört hat, sondern es kommt entscheidend darauf an, dass nicht widerlegt ist, dass die Klägerin die Beteiligung nicht gezeichnet hätte, wenn der Hinweis auf die fehlerhafte Prospektierung tatsächlich erfolgt und der von vornherein geplante Mittelfluss offenbart worden wäre. Insoweit ist es unerheblich, dass hinsichtlich des Fonds "... " keine Klage erhoben wurde. Es ist zwar zutreffend, dass sich relevante Indizien für die fehlende Kausalität sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben können (BGH, Urteil vom 24. September 2013 - XI ZR 204/12 -, Rn. 39, juris). Die Klägerin hatte zwar bei der Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage ebenso wie bei der Zeichnung von "..." keine Kenntnis vom tatsächlichen Mittelfluss. Die Erlangung der Kenntnis im Jahre 2011 und der Entschluss hinsichtlich des Fonds "..." keine Klage zu erheben, widerlegt aber nicht die Vermutung, dass die Klägerin bei einem Hinweis auf die tatsächlich geplante Mittelverwendung den streitgegenständlichen Fonds nicht gezeichnet hätte. Die Kausalitätsvermutung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 08. Februar 2010 - II ZR 42/08 -, Rn. 24, juris). Auch wenn der Entscheidung in Bezug auf den Fonds "... " keine Klage zu erheben, die Erwägung zugrunde gelegen haben mag, dass es dort nicht zu steuerlichen Schwierigkeiten gekommen ist, kann hieraus nicht der zwingende Rückschluss gezogen werden, dass bei Aufklärung der geplanten, aber nicht prospektierten Mittelverwendung, der hier streitgegenständliche Fonds dennoch gezeichnet worden wäre. Denn es ist nachvollziehbar, dass die Klägerin bei sich auch nur andeutenden Schwierigkeiten nicht gezeichnet hätte. Solche wären aber durchaus einzukalkulieren gewesen, wenn der Klägerin die geplant Mittelverwendung offen gelegt worden wäre.

h) Die Haftung der Beklagten zu 1) ist nicht durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 7 Nr. 2 Satz 3 des Treuhandvertrages (Seite 76 des Prospekts), wonach der Treuhänder das Prospektmaterial nicht geprüft hat, ausgeschlossen. Die Klauseln des formularmäßigen Treuhandvertrages unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer objektiven Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2015, II ZR 341/14 Rn.24 mwN). Die Klausel ist ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte zu 1) von einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss infolge Verletzung der Aufklärungspflicht über falsche oder irreführende Angaben im Prospekt freigezeichnet werden soll. Derartige formularmäßige Freizeichnungsklauseln sind wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Sie benachteiligen die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Dies gilt hinsichtlich der Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten (§ 309 Nr.7 b BGB) ebenso wie hinsichtlich der Haftung für leichte Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11 Rn.35 mwN). Jedenfalls soweit - wie hier - der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt über die Mittelverwendung nicht hinreichend aufklärt, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt, sondern für ihre Tätigkeit nach § 11 des Treuhandvertrages eine Vergütung erhält, trifft die Treuhänderin eine Aufklärungspflicht.

i) Die Beklagte zu 1) und 4) haben die Klägerin so zu stellen, als sei sie die Beteiligung nicht eingegangen (BGH, Beschluss vom 14.07.2008, II ZR 222/07). Deswegen haben sie den Zeichnungsbetrag in Höhe der eigenfinanzierten Einlage in Höhe von 60.000 € an die Klägerin zurückzuzahlen, abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen von unstreitig 1.046,92 € (Anlage FDB 18 zum Schriftsatz der Beklagten zu 1) bis 3) vom 25.03.2011, Bl. 66/118 d.A.), so dass sich ein Zahlungsbetrag in Höhe von 58.953,08 € ergibt. Ein Anspruch auf die gesetzliche Verzinsung besteht ab Rechtshängigkeit, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

j) Entgangener Gewinn wegen einer entgangenen, anderweitigen Anlage ist nicht zusätzlich zu berücksichtigen. Dafür, dass und in welcher Höhe ihr durch den fehlerhaften Prospekt bzw. die unterlassene Aufklärung durch die Beklagte zu 1) Gewinn entgangen ist, ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig. § 252 S.2 BGB enthält lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Die Klägerin kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 S.2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung der Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage sie sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte. Hier verweist die Klägerin lediglich darauf, dass sie den Betrag in Höhe von 60.000 € anderweitig angelegt und hierbei 5% Zinsen p.a. als Erlös erzielt hätte. Wie sich aus ihrer Anhörung im Termin vom 31.05.2016 ergibt, hat die Klägerin ihr Geld u.a. in verschiedene Fonds oder Immobilienprojekte investiert. Sie selbst konnte nicht angeben, was sie mit dem Geld getan hätte, wenn sie nicht in den streitgegenständlichen Fonds investiert hätte. Insgesamt lässt sich daher schon nicht sicher sagen, wie (genau) die Klägerin investiert hätte, noch ob sie mit solch einer Anlage Gewinn erzielt hätte. Daher ist auch keine Schadensschätzung mit ihr günstigen Unterstellungen veranlasst (vgl. dazu Urteil des BGH vom 24.04.2012, XI ZR 360/11, Rn. 11-18).

k) Hinsichtlich der fremdfinanzierten Anlage in Höhe von 60.000 € hat die Klägerin einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als ob sie dieses Geschäft nicht abgeschlossen hätte, so dass festzustellen war, dass die Klägerin von sämtlichen Ansprüchen aus diesem Darlehen freizustellen war bzw. gegen sie keine Ansprüche aus dem Darlehensvertrag hergeleitet werden können.

l) Nachdem die Frage der steuerlichen Behandlung noch nicht abschließend geklärt ist und deshalb noch ein konkreter Steuernachteil, insbesondere in Form der gesetzlich festzusetzenden Zinsen auf eventuelle Steuernachforderungen, eintreten kann, war festzustellen, dass die Klägerin von etwaigen Nachteilen freizustellen ist, die sie dadurch erleidet, dass sie von den Finanzbehörden nicht von vornherein ohne Berücksichtigung der streitgegenständlichen Beteiligung steuerlich veranlagt worden ist.

m) Die Verurteilungen waren Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der streitgegenständlichen Beteiligung auszusprechen.

n) Der Anspruch ist auch nicht verjährt, nachdem es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Klägerin von den den Ersatzanspruch begründenden Tatsachen bereits vor dem Jahr 2007 Kenntnis erlangt hat.

o) Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Freistellung von allen wirtschaftlichen Nachteilen bleibt ohne Erfolg. Die Feststellung der Schadensersatzpflicht setzt die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden, die vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus jedoch von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (BGH, Urteil v. 15.3.2016, XI ZR 122/14 Rn.43). Hierzu ist abgesehen von drohenden Steuerschäden nichts dargelegt.

2. Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) als Initiatorin des Fonds und Herausgeberin des Prospekts bzw. als Rechtsnachfolgerin der Co-Initiatorin aus der allein in Betracht kommenden Haftung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne sind verjährt, nachdem die Klägerin bereits am 30.11.2004 dem streitgegenständlichen Fonds beitrat und die Klage erst im Jahr 2010 erhoben wurde. Die Verjährungsfrist ist längstens drei Jahre nach dem Beitritt zur Gesellschaft abgelaufen (BGH, Urteil vom 01. März 2010 - II ZR 213/08 -, Rn. 20, juris). Die Geltendmachung der Einrede der Verjährung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht wegen Sittenwidrigkeit offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Wie das Erstgericht zu Recht ausführt, sind deliktische Ansprüche der Klägerin nicht gegeben (LGU, Seite 24). Dasselbe gilt für den Vorwurf einer sittenwidrigen Schädigung, § 826 BGB. Eine Haftung der Beklagten zu 2) und 3) aus Prospekthaftung im weiteren Sinne kommt nicht in Betracht, da sie mit der Klägerin nicht in Vertragsbeziehungen getreten sind.

3. Eine Haftung der Beklagten zu 5) als vermittelnde Bank kommt nicht in Betracht, da die Klägerin keinen Wissensvorsprung der Beklagten zu 5) dargelegt hat, insbesondere dass sie bereits im Jahre 2004 bei Vermittlung des streitgegenständlichen Fonds von Prospektfehlern Kenntnis erhielt. Nachdem die Beklagte zu 5) nicht die Finanzierungsbank des Fonds war, musste sie von den tatsächlichen von dem Prospekt abweichenden Zahlungsströmen keine Kenntnis haben. Von Seiten der Klägerin wird lediglich pauschal vorgetragen, dass alle Beteiligten Kenntnis von dem Geldkreislauf und der Tatsache, dass die Produktionsdienstleistergesellschaft die Filme nicht selbst herstellte und auf die Herstellung der Filme auch keinen Einfluss hatte, gehabt hätten. Inwieweit jedoch die Beklagte zu 5) einen Wissensvorsprung gehabt haben soll, wurde von Seiten der Klägerin trotz Hinweises vom 07.01.2016 (Bl. 482/487) nicht vorgetragen. Für etwaige Durchführungsfehler hat die Beklagte zu 5) nicht zu haften.

III.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO entsprechend dem teilweisen Obsiegen und Unterliegen der Parteien ausgehend von festgesetzten Streitwerten.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Der Streitwert für die erste Instanz und zweite Instanz wird jeweils auf 115.000 € festgesetzt. Dabei entfallen auf Klageantrag zu 1) 60.000 €, auf den Klageantrag zu 2) 40.000 €, auf den Klageantrag zu 3) 2.500 €, auf den Klageantrag zu 4) 10.000,00 € [10% der Zeichnungssumme] und auf die Klageanträge zu 6) bis 8) zusammen weitere 2.500€.

4. Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), da für den vorliegenden Einzelfall die Frage nach der Prospektrichtigkeit zu beantworten war. Hinsichtlich der Aufklärung über die Mittelverwendung liegt bereits eine Entscheidung des Bundesgerichtshof vor (Beschluss vom 29.07.2014 - II ZB 30/12). Der Senat hat in Anwendung dieser Grundsätze den streitgegenständlichen Fall entschieden. Soweit der Senat zur Frage der Kausalität und der Glaubwürdigkeit der Klägerin von Entscheidungen anderer Senate des Oberlandesgerichts abweicht, handelt es sich hierbei um eine individuelle Würdigung der Anhörung der Klägerin im Termin vom 31.05.2016, so dass diesbezüglich eine Revisionszulassung nicht in Betracht kommt.

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