AG Aschaffenburg, Endurteil vom 22.02.2016 - 124 C 2285/15
Fundstelle
openJur 2020, 69125
  • Rkr:
Gründe

Amtsgericht Aschaffenburg

Az.: 124 C 2285/15

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Z. E., H-weg ..., S.

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. & Partner, R-markt ..., A., Gz.: ...

gegen

D. A., C-weg ..., A1

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D1 & F, W-L-Str. ..., F., Gz.: ...

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Aschaffenburg durch den Richter am Amtsgericht Beller am 22.02.2016 aufgrund des Sachstands

vom 22.02.2016

ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.10.2015 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 35,70 € festgesetzt. (abgekürzt nach § 313 a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Der Kläger kann von der Beklagten weiteren Schadensersatz in Höhe von 35,70 EUR verlangen.

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

I.

1. Das Fahrzeug des Klägers wurde bei einem Verkehrsunfall, der sich am 23.06.2015 in K. ereignet hat, beschädigt. Die Beklagte war Fahrerin und Halterin des anderen am Unfall beteiligten Pkw. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten gemäß §§ 7, 18 StVG ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger beauftragte nach dem Unfall den Sachverständigen A2. K1. mit der Erstellung eines Unfallschadengutachtens. Hierfür wurden ihm 515,27 EUR in Rechnung gestellt. Diesen Betrag zahlte der Kläger auch an den Sachverständigen. Die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung erstattete 479,57 EUR. Den Restbetrag macht der Kläger mit der Klage geltend.

Die Beklagte ist verpflichtet, das in Rechnung gestellte Sachverständigenhonorar in voller Höhe zu erstatten, so dass sie entsprechend dem Klageantrag zu verurteilen war.

2. Nach § 249 Abs. 2 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Hierzu zählen auch die objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten. Erforderlich sind die Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Der Geschädigte ist gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht.

Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2014 (Az. VI ZR 225/13) kann die Beklagte die vollständige Begleichung des für das Schadensgutachten in Rechnung gestellten Betrages nicht verweigern. Danach darf sich der Geschädigte bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Marktforschung in Bezug auf den honorargünstigsten Sachverständigen muss der Geschädigte nicht betreiben. Letztlich wäre er dazu auch gar nicht in der Lage. Der Geschädigte genügt - wie vorliegend geschehen - seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung, deren Höhe im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages darstellt. Zwar sind die erforderlichen Kosten entscheidend, nicht die rechtlich geschuldeten. Die Indizwirkung der Rechnung bezüglich der Erforderlichkeit ist jedoch solange gegeben, wie die Rechnung und die ihr zugrunde liegende Preisvereinbarung nicht für den Geschädigten erkennbar über den üblichen Preisen liegen (BGH, a. a. O., juris-Rn. 8).

Es ist von der Beklagten weder substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen, dass der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat oder dass der Sachverständige für seine Tätigkeit Honorarsätze verlangt, die die in der Branche üblichen Preise erheblich übersteigen, und der Kläger dies hätte erkennen können. Dagegen spricht bereits, dass nach Auffassung der Beklagten ein im Verhältnis zum Gesamtrechnungsbetrag relativ geringer Betrag, nämlich 35,70 EUR, überhöht sein soll. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Kosten für Fotos, Fahrtkosten und Auslagen erkennbar überhöht bzw. nicht erstattungsfähig sind, vermag sie damit nicht durchzudringen. Dass dem Kläger Vergleichswerte bekannt gewesen sein müssen, welche erheblich geringer sind, ist nicht erkennbar. Ferner konnte der Kläger vom Sachverständigen erwarten, dass er im Rahmen der Beweissicherung qualitativ hochwertige Fotos erstellt und diese ggf. bearbeitet und reproduziert. Dass die hier abgerechneten Kosten für diese Leistung zwingend deutlich überhöht sind, liegt ebenfalls nicht auf der Hand.

Auch eine weitergehende Erkundigungspflicht traf den Kläger nicht. Zum einen ist eine über vage Angaben hinausgehende Preisauskunft vor Erstattung des Gutachtens kaum möglich, da der vom Sachverständigen zu betreibende Aufwand zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu überblicken ist. Zum anderen hätte sich vorliegend dem Kläger ein erhebliches oder auffälliges Abweichen der Preise des Sachverständigen von den Normalpreisen nicht aufgedrängt, wenn dieser ihm vor Erstattung des Gutachtens die im Nachhinein abgerechneten Kosten grob dargelegt hätte.

Da ein Verstoß des Klägers gegen seine Schadensminderungspflicht nicht festgestellt werden kann, war die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

II.

Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet auf §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1 GKG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Aschaffenburg, Erthalstr. 3, 63739 Aschaffenburg einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Amtsgericht Aschaffenburg, Erthalstr. 3, 63739 Aschaffenburg einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

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