AG Hersbruck, Endurteil vom 23.02.2015 - 7 C 39/14 WEG
Fundstelle
openJur 2020, 69105
  • Rkr:
Gründe

Amtsgericht Hersbruck

Az.: 7 C 39/14 WEG

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 23.02.2015

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger -

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

1) ...

- Beklagte -

2) ...

- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: ...

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Hersbruck durch den Richter am Amtsgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2014 folgendes

Endurteil

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 990,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Kläger und Beklagte zu 1 sind in der Vergangenheit wie Mitglieder einer einheitlichen Wohnungseigentümergemeinschaft ... behandelt worden, tatsächlich aber war und ist der Kläger allein Mitglied der WEG ... hat sich allerdings bis 2013 wie alle anderen Eigentümer der rechtlich verschiedenen Eigentümergemeinschaften ... als deren Mitglied angesehen, die damals alle vom Beklagten zu 2 verwaltet wurden, der jetzt noch der Verwalter der WEG ... ist.

Zu einer einheitlichen Jahresabrechnung und Beschlussfassung durch alle Wohnungseigentümer der Wohnanlage ... obwohl auf den Flurstücksnummern ... jeweils mit Urkunden des Notars ... vom 01. Oktober 1981 unter den Urkundenrollen-Nummern ... drei Wohnungseigentümergemeinschaften gegründet worden sind, kam es, nachdem Im Jahr 1983 alle damaligen Wohnungseigentümer der drei Wohnungseigentümergemeinschaften zur Urkunde des Notars ... vom 26.01.1983 erklärt hatten, dass die Anlage eine wirtschaftliche Einheit bilde. Nach Ziffer V der genannten Urkunde sollten, die nach der jeweiligen Gemeinschaftsordnung zu zahlenden Bewirtschaftungskosten und die Kosten der Instandhaltungsrücklage für die drei Einheiten zusammengelegt werden. Aus diesem Gesamtbetrag wurden die jeweils für die gesamten gemeinschaftlichen Anlagen anfallenden Kosten bestritten, darunter auch die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung von Balkongeländern in den Häusern ... gemäß Beschluss vom 12.09.2007 TOP 5 der vermeintlichen WEG .... Die jeweiligen Eigentümer der drei Grundstücke sollten zudem jeweils für sich verpflichtet sein, ihren Rechtsnachfolgern die vorstehende Verpflichtung aufzuerlegen, mit der Verpflichtung, dass die Rechtsnachfolger wiederum die Verpflichtung an ihre Rechtsnachfolger weitergeben.

Nach dem rechtskräftigen Endurteil des Amtsgericht Hersbruck vom 21.12.2012 - 7 C 32/12 WEG - ist indes davon auszugehen, dass auch unter Berücksichtigung der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 26.01.1983 grundsätzlich drei verschiedene Wohnungseigentümergemeinschaften vorhanden sind, die auch innerhalb der einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften durch eigene Gemeinschaftsordnungen organisiert sind. Selbst wenn nach dieser schuldrechtlichen Vereinbarung die Bewirtschaftungskosten und die Kosten der Instandhaltungsrücklage zusammenzulegen sind und aus diesem Betrag die jeweils für die gesamten gemeinschaftlichen Anlagen anfallenden Kosten zu bestreiten sind, ist daraus noch nicht der Schluss zu ziehen, dass in einer Gesamtversammlung dreier Wohnungseigentümergemeinschaften für jede einzelne Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen ist, in der auch die Wohnungseigentümer der beiden anderen Wohnungseigentümergemeinschaften stimmberechtigt sind, zumal nicht ersichtlich ist, welcher Umlagemaßstab hierbei Anwendung finden soll. Die Miteigentumsanteile waren zwar je Wohnungseigentümergemeinschaft in Tausendstel angegeben, zum Stimmrecht in den Gemeinschaftsordnungen war aber nur ausgeführt, dass je Wohnungseigentumseinheit eine Stimme gezählt wird. Ob die oben bezeichnete Vereinbarung durch weitere schuldrechtliche Vereinbarungen jeweils auf die Rechtsnachfolger der damaligen Vertragsparteien bis hin zu den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits übertragen wurde, ist nach dem Endurteil vom 21.12.2012 im Ergebnis nicht entscheidend.

Die Nichtigkeit der von der so nicht existenten WEG ... gemeinsam gefassten Beschlüsse wurde damit begründet, dass bei der Abstimmung ausweislich des Protokolls der Wohnungseigentümerversammlung die Mitglieder dreier Wohnungseigentümergemeinschaften gemeinsam über die Angelegenheiten jeder der 3 selbstständigen Wohnungseigentümergemeinschaften abgestimmt haben, während nach § 23 Abs. 1 WEG die Angelegenheiten, über die die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, durch Beschlussfassung in einer Versammlung allein der Wohnungseigentümer der jeweiligen Eigentümergemeinschaft zu entscheiden sind. Aus dem Regelungsgefüge der §§ 23 ff. WEG wurde dabei zutreffend gefolgert, dass unter Wohnungseigentümerversammlung nur Versammlungen mit Wohnungseigentümern zu verstehen sind, die auch rechtlich Mitglieder dieser Wohnungseigentümergemeinschaft sind. Gemeinsame Versammlungen mehrerer - räumlich-baulich aneinandergrenzender - Wohnungseigentümergemeinschaften sind im Wohnungseigentumsgesetz hingegen gerade nicht geregelt.

Zudem ist der schuldrechtlichen Vereinbarung zur Urkunde des Notars ... vom 26.01.1983 nur zu entnehmen, dass "die nach der jeweiligen Gemeinschaftsordnung zu zahlenden Bewirtschaftungskosten und die Kosten der Instandhaltungsrücklage für die drei Einheiten.... zusammenzulegen" sind. Hieraus lässt sich jedoch nicht eine Vereinbarung dahingehend ableiten, dass - abweichend von der gesetzlichen Regelung in den §§ 23 ff. WEG - eine Beschlussfassung über eine Abrechnung über diese Kosten statt in getrennten Versammlungen der jeweils einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften in einer - auch in der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 26.01.1983 nicht geregelten - gemeinsamen Versammlung erfolgen sollte. Vielmehr lässt sich aus der schuldrechtlichen Regelung nur ersehen, dass die Kosten zusammengelegt und dann "aus diesem Gesamtbetrag" die für die gesamten gemeinschaftlichen Anlagen anfallenden Kosten zu bestreiten sein sollten.

Die aus Sicht des Gerichts sprachlich und auch inhaltlich als missglückt zu bezeichnende Vereinbarung vom 26.01.1983 ließ lediglich im Rahmen einer - auch ergänzenden - Auslegung den Schluss zu, dass für alle drei Wohnungseigentümergemeinschaften hinsichtlich der Kosten der Bewirtschaftung und Instandhaltung des jeweiligen gemeinschaftlichen Eigentums eine gesamte Abrechnung zu erstellen war. Die Vereinbarung ließ hierbei jedoch offen, nach welchem Umlageschlüssel die Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer zu verteilen waren, zumal eine Schwierigkeit darin bestand, die jeweils 1000tel Miteigentumsanteile der 3 jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaften dadurch ins Verhältnis zu setzen, dass die jeweiligen Miteigentumsanteile dann statt auf 1000tel auf 3000tel bezogen werden. Dazu hätte es nämlich einer gemeinsamen Basis bedurft.

Letztlich konnte diese Frage in dem damaligen Rechtsstreit jedoch dahinstehen, da - wie dargelegt - eine derartige Abrechung jeweils in Wohnungseigentümerversammlungen der einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften zu beschließen gewesen wäre. Deswegen konnte auch dahinstehen, ob die zwischen den damaligen Wohnungseigentümern getroffene Regelung vom 26.01.1983 tatsächlich auf alle Rechtsnachfolger im Wege der weiteren schuldrechtlichen Verpflichtung übertragen wurde oder nicht und welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben könnten. Aus der unter Ziffer V zur Dienstbarkeitsbestellung und Reallast vom 26.01.1983 getroffenen Vereinbarung ergab sich jedenfalls, dass eine Eintragung dieser Regelung in das Grundbuch nicht erfolgen sollte und auch nicht erfolgt ist, weswegen sich die Rechtsbindungswirkung im Hinblick auf die Rechtsnachfolger jedenfalls nicht nach § 10 Abs. 2 WEG aus Wohnungseigentumsrecht ergeben konnte.

Ausschlaggebend für das oben zitierte Endurteil war jedoch, dass die damals angefochtenen Beschlüsse in einer Art übergemeinschaftlichen Vollversammlung gefasst worden sind, bei der weder die Stimmberechtigung der einzelnen Wohnungseigentümer nachvollziehbar war noch die Berechtigung des Verwalters zur Einberufung einer derartigen Versammlung, die deshalb jedenfalls nicht als Wohnungseigentümerversammlung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes angesehen werden konnte. Der Versammlung fehlte es somit an der Beschlusskompetenz einer Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Beschlüsse an den Bestimmungen des WEG zu messen sind und daran gemessen nicht nur rechtwidrig und anfechtbar erschienen, sondern als nichtig, soweit sie als Beschlüsse im Sinne von § 23 WEG Geltung erlangen sollten.

Der jetzt streitgegenständliche Beschluss vom 12.09.2007 zu TOP 5 ist aus diesem Grunde trotz versäumter Anfechtung nach Ansicht des Klägers ebenfalls nichtig, soweit er den Rechtsschein eines ordnungsgemäßen Beschlusses einer Wohnungseigentümerversammlung trägt, weshalb der Kläger Rückzahlung einer aufgrund dieses Beschlusses geleisteten Sondereinlage von 990 € fordert, die auschließlich der Sanierung der Balkongeländer der Häuser ... diente. Der Kläger sieht rechtlich einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Beklagte zu 1 und einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung vom 990 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.06.2014 zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen Klageabweisung.

Sie bestreiten ihre Passivlegitimation, sehen im Ergebnis das Fortbestehen einer Bindung des Klägers an die tatsächlichen Auswirkungen der seinerzeitigen Beschlüsse, bestreiten eine Bereicherung der Beklagten zu 1 und eine schadensersatzrechtlich relevante Pflichtverletzung des Beklagten zu 2 und halten allenfallsige Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten für verwirkt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 15.12.2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zwar liegt für den damaligen Zeitraum zu der streitgegenständlichen Sonderumlage aus den oben dargelegeten Gründen bezüglich der einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften mangels getrennter Beschlussfassung durch die 3 selbstständigen Eigentümergemeinschaften kein wirksamer Beschluss im Sinne von § 23 WEG auch nur einer der 3 Wohnungseigentümergemeinschaften vor. Allerdings bestand über Jahrzehnte faktisch und rechtlich auch eine Gemeinschaft im Sinne von § 741 BGB, an der die drei Eigentümergemeinschaften beteiligt waren. Diese ist erst nach der oben angeführten Entscheidung des Amtsgerichts Hersbruck beendet worden.

Gemäß § 742 BGB stand mangels anderweitiger Vereinbarung jeder der 3 beteiligten selbstständigen Eigentümergemeinschaften ein gleicher Anteil daran zu. Gemäß § 745 BGB konnte insoweit durch Stimmenmehrheit über Angelegenheiten der Gemeinschaft entschieden werden, wobei jede der drei Eigentümergemeinschaften die Lasten und Kosten nach § 748 BGB bis zur Aufhebung nach §§ 749, 752 f. BGB nach dem Verhältnis ihres Anteils zu tragen hatte.

Somit scheidet ein Zahlungsanspruch eines einzelnen Eigentümers wie des Klägers gegen die fremde Wohnungseigentümergemeinschaft wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus. In Betracht kommen allenfalls Ansprüche zwischen den 3 Wohnungseigentümergemeinschaften im Zusammenhang mit der Beendigung der Gemeinschaft dieser 3 Wohnungseigentümergemeinschaften nach §§ 749, 752 f. BGB.

Auch wäre es Sache der Eigentümer jeder der drei Eigentümergemeinschaften gewesen, innerhalb ihrer Eigentümergemeinschaft darauf hinzuwirken, die seinerzeit praktizierte Gemeinschaft der 3 Eigentümergemeinschaften aufzuheben und zu beenden und die dazu notwendigen Beschlüsse in der jeweils eigenen Eigentümergemeinschaft wirksam zu fassen, wenn und sobald sie dieses gemeinschaftliche Handeln nicht mehr fortsetzen hätten wollen.

Dass dies seitens einer der 3 beteiligten Eigentümergemeinschaften damals nicht geschehen ist, kann auch nicht dem Beklagten zu 2 als Verwalter im Sinne einer Verletzung seiner vertraglichen Verpflichtungen angelastet werden, nachdem weder ersichtlich noch dargetan ist, dass je zuvor ein Beteiligter Anstoß an der damaligen Praxis genommen und deren Beendigung gefordert hat. Somit fehlen insoweit auch Beschlüsse der dafür zuständigen 3 selbstständigen Wohnungseigentümergemeinschaften.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Nürnberg-Fürth

Fürther Straße 110

90429 Nürnberg

einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Hersbruck

Schloßplatz 1

91217 Hersbruck

einzulegen. Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

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