ArbG Essen, Urteil vom 16.01.2020 - 1 Ca 1467/19
Fundstelle
openJur 2020, 69040
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63,84 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.12.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 132,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2018 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70 % und die Beklagte zu 30 %.

5. Der Streitwert wird auf 656,97 € festgesetzt.

6. Die Berufung wird für die Beklagte gesondert zugelassen. Für den Kläger erfolgt keine gesonderte Zulassung der Berufung.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsentgelt, Fahrgeld und weitere Vergütung im November 2018.

Der Kläger ist seit dem 21.08.2014 bei der Beklagten als Sicherheitsmitarbeiter gegen ein Entgelt in Höhe von 10,16 € brutto pro Stunde beschäftigt. Auf den in Kopie eingereichten Arbeitsvertrag, Bl. 20 ff. d.A., wird Bezug genommen. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe des Bundes sowie Nordrhein-Westfalens Anwendung.

Der Kläger ist im November 2018 regelmäßig im K. Dreiringplatz von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr eingesetzt worden. Der darauffolgende Einsatz erfolgte entweder am N. ab 14.15 Uhr bzw. 15.15 Uhr für zumindest 4 Stunden oder bei der M. GmbH für 3 Stunden ab 17.00 Uhr. Es wird auf den Kopie eingereichten vorläufigen Einsatzplan des Klägers, Bl. 72 f. d.A., sowie die Stundenaufstellung, Bl. 27 d.A., Bezug genommen.

Die Beklagte hat an den Kläger im November 2018 30,45 Stunden Urlaubsentgelt gezahlt. Ausweislich der Abrechnung vom 11.12.2018 (Bl. 25 d.A.) sind bei einem Anspruch von 29 Tagen sämtliche Tage als genommen ausgewiesen sowie 1 Fehltag.

Mit Schreiben vom 11. März 2019 hat der Kläger weitere Vergütungsansprüche für den Monat November 2018 geltend gemacht (Bl. 28 ff. d.A.).

Der Kläger begehrt mit der Klage die Vergütung eines weiteren Urlaubstages für das Kalenderjahr 2018 in Höhe von 62,73 € brutto. Er habe Urlaub für den Zeitraum 19. bis 24.11.2018 beantragt. Insoweit verweist er auf eine im Kammertermin vom 16.01.2020 überreichte „Urlaubsplanung 2018“. Im November 2018 müssten ihm damit nicht nur 5, sondern 6 Urlaubstage vergütet werden. Ihm stünden gem. § 5 Ziff. 3 MTV Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit 30 Urlaubstage zu.

Seiner Auffassung nach schuldet die Beklagte ihm darüber hinaus eine Kilometerpauschale in Höhe von 0,27 €; er habe keinen Dienstwagen und müsse seinen privaten PKW einsetzen, um zu den Einsatzorten zu gelangen. Hierzu trägt er weiter im Wesentlichen vor:

Ausweislich der Dienstanweisung vom 30.05.2013 i.d.F. vom 09.03.2015 dürfe er den Arbeitsplatz beim K. Dreiringplatz erst verlassen, wenn alle Besucher das Gebäude verlassen hätten. Dies sei in der Regel zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr der Fall. Seinen 2. Dienst im N. - beginnend zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr - könne er damit nicht ohne Einsatz des privaten PKW pünktlich erreichen, zumal er z.T. Objektschlüssel abholen und Dienstkleidung wechseln müsse. Der Kläger sieht eine Analogie zu der Variante der Vergütung geleisteter Mehrarbeit. Im November 2018 sei er 163 km gefahren, im Dezember 2018 22 Kilometer, so dass die Beklagte 49,98 € zu zahlen habe. Er verweist auf eine Aufstellung der Kilometer, Bl. 27 f. d.A..

Seiner Ansicht nach stehe ihm des Weiteren ein Vergütungsanspruch wegen Kurzeinsätzen im November 2018 gem. § 6 Ziffer 1.3 MTV für Sicherheitsleistungen zu in Höhe von insgesamt 543,05 € brutto. Unter Berücksichtigung von einem Vergütungsanspruch von mindestens 4 Stunden bei Kurzeinsätzen seien im Monat November 192,45 Arbeitsstunden zu vergüten. Aufgrund des nicht vorher bestimmbaren Endes der Dienstzeit am Objekt K. sowie der teilweise notwendig werdenden Zwischenbeschäftigung könne er die zwischen den Diensten bestehende Zeit nicht als Freizeit nutzen. Der Kläger sei nach Dienstplan eingesetzt worden. Eine kapazitätsorientierte Arbeitszeit sei nicht vereinbart.

Mit am 24.06.2019 eingegangener Klage beantragt der Kläger:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.12.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 49,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.12.2018 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 543,05 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.12.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Einen Anspruch auf weiteres Urlaubsentgelt sieht die Beklagte nicht: Soweit ein Urlaubstag im November 2018 nicht gewährt worden sei, bestehe kein Entgeltanspruch. Der Urlaub sei vom Kläger nicht beantragt worden. Nach Auffassung der Beklagten stehe dem Kläger nur ein Urlaubsanspruch von 29 Kalendertagen zu; die Tarifvertragsparteien gingen von einer Quotelung aus.

Kilometergeld könne der Kläger nicht beanspruchen. Die Fahrten zwischen den beiden Einsatzobjekten seien keine Dienstfahrten; zwischen beiden Diensten läge Freizeit. Die Strecke könne auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos zurückgelegt werden. Die Anfahrten fielen in die Privatsphäre des Klägers. Jedenfalls nutze er den privaten PKW nicht auf Wunsch der Beklagten.

Der Kläger könne nicht eine Vergütung von jedenfalls 4 Stunden pro Einsatz verlangen: Es handele sich nicht um Kurzeinsätze, sondern um einen sog. geteilten Dienst. Der Manteltarifvertrag begründe nicht generell einen Anspruch auf 4 Stunden Vergütung pro Einsatz, sondern nur dann, wenn von der normalen Arbeitszeitvereinbarung abgewichen werde und kürzere Arbeitszeiten angefordert würden. Insofern ginge der Tarifvertrag im Hinblick auf „Kurzeinsätze“ von Einsätzen aus, die ausschließlich von kurzer Dauer seien und die von der vereinbarten Arbeitszeit abgewichen. Dies zeige sich daran, dass individualrechtlich auch dauerhaft eine kürzere Arbeitszeit als 4 Stunden vereinbart werden könnten. Zu beachten sei auch die Unterscheidung in § 3 Nr. 2 MTV Bund in einerseits Objekt- und andererseits Revierdienst. Bei den Mitarbeitern im Objektschutz werde gerade nicht in ununterbrochenen Schichten gearbeitet. Maßgebliche Einheit sei damit nicht der Einsatz, sondern die Schicht. Jedenfalls hätten die Parteien eine kapazitätsorientierte Arbeitszeit vereinbart.

Schließlich bestreitet die Beklagte die Höhe der Forderung: Der Kläger hätte für Kurzeinsätze im November 2018 lediglich einen Anspruch für maximal 13 Stunden. Ihm seien darüber hinaus 4,45 Stunden zu viel gezahlt worden.

Den Parteien wurde im Gütetermin vom 19.08.2019 ein gerichtlicher Hinweis erteilt; es wird Bezug genommen auf das Protokoll, Bl. 53 d.A..

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet.

1.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Vergütung eines weiteren Urlaubstages im November 2018 in Höhe von 63,94 € brutto gem. § 11 BurlG i.V.m. § 5 Ziff. 3 MTV Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW.

a) Der Kläger hat gegenüber der Beklagten im Kalenderjahr 2018 einen Urlaubsanspruch in Höhe von insgesamt 30 Arbeitstagen gehabt, von welchem ihm – dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit – lediglich 29 Tage gewährt wurden.

Gem. § 5 Ziff. 3 MTV Bewachung NRW erhöht sich der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach einer „ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit (…) von 4 Jahren um 4 Werktage auf 30 Werktage“. Der Kläger hatte die Betriebszugehörigkeit von 4 Jahren mit Ablauf des 20.08.2018 erreicht. Nach Auffassung der Kammer konnte der Kläger ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Betriebszugehörigkeit einen Jahresurlaub in Höhe von insgesamt 30 Tagen ohne Quotelung beanspruchen.

aa) Nach allgemeiner Rechtsprechung folgt die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in der tariflichen Norm seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, ggfl. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen, im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG vom 29.08.2001 in AP TVG § 1 Auslegung Nr. 174; BAG vom 16.06.2004 AP TVG § 4 Effektivklausel Nr. 24; BAG vom 6.7.2006 NZA 2007, 167).

bb) Dies zugrunde gelegt hat der Kläger nicht nur einen anteiligen Anspruch auf die zwei „Mehrurlaubstage“ im Verhältnis 4/12. Dies ergibt sich aus dem insofern eindeutigen Wortlaut von § 5 Ziff. 3 Abs. 4 MTV Bewachung NRW: „Der Anspruch auf die zusätzlichen Urlaubstage erwächst ab dem auf die vollendete Betriebszugehörigkeit folgenden Monat.“ Die Tarifvertragsparteien haben gerade nicht einen „anteiligen“ Anspruch geregelt, sondern den (uneingeschränkten) Zuwachs der (= bestimmter Artikel) zusätzlichen Urlaubstage ab dem Folgemonat, im Falle des Klägers ab dem Monat September 2018. Ab der Erfüllung der Betriebszugehörigkeit soll der Arbeitnehmer von den zusätzlichen Urlaubstagen profitieren können. Hätten die Tarifvertragsparteien anderes gewollt, hätten sie dies eindeutig zum Ausdruck bringen müssen.

b) Der Kläger hat auch dargelegt, dass er im November 2018 6 Urlaubstage beantragt hatte. Ausweislich der vorgelegten „Urlaubsplanung 2018“, die der Kläger bereits am 05.11.2017 unterschrieben hat, war für den Zeitraum vom 19. bis zum 24.11.2018 Urlaub für 6 Arbeitstage eingetragen. Dem Urlaubswunsch hat die Beklagte nicht widersprochen. Dass der Kläger diese Urlaubstage erhalten hat ergibt sich aus der überreichten Abrechnung, in welcher 5 Urlaubstage abgerechnet wurden neben 1 Fehltag.

c) Der Anspruch auf weitere Zahlung in Höhe von 63,94 € brutto als Urlaubsentgelt für insgesamt 6 statt 5 Urlaubstagen stand zwischen den Parteien nicht im Streit.

3.

Der Kläger hat einen Anspruch auf eine weitere Vergütung in Höhe von 132,08 € brutto für den Monat November 2018 gem. § 611 BGB i.V.m. § 6 Ziff. 1.3 MTV Bund.

Die Beklagte hat den Kläger im Monat November 2018 nach seinem regelmäßigen Einsatz von 5 Stunden im K. ab 8.00 Uhr an 13 Tagen für 3 Stunden ab 17.00 Uhr bei der M. herangezogen. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei diesem zweiten Einsatz ab 17.00 Uhr um einen sog. Kurzeinsatz gem. § 6 Ziff. 1.3 MTV Bund, der mit 4 Stunden zu vergüten ist. Insofern hat der Kläger einen Vergütungsanspruch in Höhe von weiteren 132,08 € brutto (13 Stunden x 10,16 € brutto). Soweit der Kläger darüber hinaus 410,97 € brutto verlangt, ist die Klage jedoch unbegründet.

a) § 6 Ziffer 1.3 MTV Bewachung Bund lautet wie folgt:

„Bei Kurzeinsätzen besteht ein Vergütungsanspruch von mindestens 4 Stunden. Diese Regelung gilt nicht für Beschäftigte mit Arbeitsverträgen, in denen eine kapazitätsorientierte und/oder variable Arbeitszeit vereinbart ist.“

Unter Berücksichtigung der oben bereits genannten Auslegungsgrundsätze ergibt sich hieraus nach Auffassung der Kammer, dass der Einsatz ab 17.00 Uhr bei der M. nach Beendigung des Einsatzes im K. um 13.00 Uhr um einen Kurzeinsatz handelt.

Unter einem Einsatz ist zunächst eine der Gefahrenabwehr oder Schadensbekämpfung dienende Tätigkeit von Kräften aus Behörden oder Organisationen zu verstehen, denen ein Auftrag zugrunde liegt. „Kurz“ i.S.v. § 6 Abs. 1.3 MTV Bund ist ein Einsatz dann, wenn er weniger als 4 Stunden dauert: Dies ergibt sich eindeutig aus der Regelung zur Vergütung von mindestens 4 Stunden auch bei einer kürzerer Arbeitszeit. Da sich ein Einsatz nach dem Auftrag definiert, ist § 3 MTV Bund zu beachten. Dieser lautet wie folgt:

1. Sicherheitsmitarbeiter im Interventionsdienst / Revierdienst

Der Sicherheitsmitarbeiter im Interventionsdienst / Revierdienst erhält den Auftrag, während seiner ununterbrochenen Schicht an mehreren räumlich nicht zusammenhängenden bzw. nicht benachbarten Wachobjekten Kontrollen mit unterschiedlichen Aufgaben durchzuführen.

Er erbringt zudem während seiner ununterbrochenen Schicht Leistungen für mehr als einen Auftraggeber.

2. Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst / Separatwachdienst

Der Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst / Separatwachdienst erhält den Auftrag, während seiner Schicht ein oder mehrere Wachobjekte - auch mehrerer Auftraggeber - zu sichern, ohne die Merkmale des Sicherheitsmitarbeiters im Interventionsdienst / Revierdienst vollständig zu erfüllen.

Ist der Sicherheitsmitarbeiter während seiner Schicht in einem Wachobjekt mindestens drei zusammenhängende Stunden eingesetzt, ist jedoch stets die Eingruppierung in den Objektschutzdienst / Separatwachdienst vorzunehmen.

Danach können dem Kläger innerhalb einer Schicht verschiedene Objekte zur Bewachung auch mit einem Zeitaufwand von unter 4 Stunden zugewiesen werden, ohne dass dies „Kurzeinsätze“ i.S.v. § 6 1.3 MTV Bund darstellen, da die Tarifvertragsparteien den Auftrag entsprechend definiert haben.

Eine Zuweisung verschiedener Objekte innerhalb eines Auftrags und damit innerhalb eines Einsatzes verlangt jedoch unter Berücksichtigung von § 4 MTV Bund, dass dieser „ununterbrochen“ ist. Gem. § 4 MTV Bund beginnt der Dienst mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder Übergabe der Arbeitsmittel und endet mit Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe von Arbeitsmitteln. Der Kläger hat unstreitig – insoweit spricht die Beklagte auch von „geteilten Diensten“ - nach dem Einsatz im K. seinen Dienst beendet. Eine Vergütung der Arbeitszeit bis zum nächsten Dienst bei der M. erfolgt nicht. Er nahm um 17.00 Uhr erneut den Dienst bei der M. auf. Damit war seine Schicht wesentlich unterbrochen. Die Tätigkeit ab 17.00 Uhr ist damit als neuer Auftrag und damit neuer Einsatz zu sehen.

Dieser Auslegung entspricht auch der weiterer tarifliche Gesamtzusammenhang: Fahrzeiten und -kosten nach Dienstende beim K. werden dem Kläger nicht vergütet, es handelt sich um Wegezeit von/zum Wohnort bzw. selbstgewählten Aufenthaltsort. Weder werden die Fahrten von dem ersten Objekt noch die Fahrt zum zweiten Objekt als Arbeitszeit vergütet. Die Unterbrechung stellt auch keine übliche Pause dar.

Weiterhin entspricht diese Auslegung auch dem Sinn und Zweck: Der Arbeitgeber kann die Lage der Einsätze bestimmen; er profitiert von der Möglichkeit den Kläger mehrfach am Tag mit (z.T. nicht vergütungspflichtiger) Unterbrechung flexibel einsetzen zu können. Die Regelung, dass im Falle des „neuen“ Einsatzes zumindest 4 Stunden vergütet werden, schützt den Arbeitnehmer davor, für ständige Kurzeinsätze ohne sinnvolle Erholungs- oder Freizeitmöglichkeiten mit seiner Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen, wenn die Parteien nicht eine ausdrücklich andere individualrechtliche Regelung getroffen haben.

b) Die Parteien haben auch keine kapazitätsorientierte und/oder variable Arbeitszeit vereinbart.

Die Parteien haben unter § 4 „Arbeitszeit“ in ihrem Arbeitsvertrag folgendes vereinbart:

„1. Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit des Beschäftigten beträgt 173 Stunden.

Der Beschäftigte hat seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40,00 Stunden pro Woche. Je nach betrieblichem Bedarf kann sie auf mehrere Wochen ungleichmäßige verteilt werden. Innerhalb von 52 zusammenhängenden Wochen muss der Ausgleich erreicht sein. Im Übrigen greifen die tariflichen Regelungen.

2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit werden gemäß den betrieblichen Erfordernissen durch den Arbeitgeber festgelegt und können von ihm jederzeit geändert werden. Die tägliche Arbeitszeit kann auch auf mehrere Objekte über den Tag verteilt werden. Eingeschlossen ist auch ein Wechsel von der Tag- in die Nachtschicht und umgekehrt. Dabei richtet sich die Verteilung der Arbeitszeit nach billigem Ermessen des Arbeitgebers gem. § 106 GewO.

3. Der Beschäftigte ist verpflichtet, angeordnete Mehr- und Überarbeit, Sonntag- und Feiertagsarbeit sowie Nachtarbeit zu leisten, soweit es gesetzlich zulässig ist und jeweils den betrieblichen Erfordernissen entspricht.

4. Soweit nichts anderes vereinbart ist, beginnt die Arbeitszeit nach dem Umziehen (Anlegen der Dienstkleidung) mit der Aufnahme der Tätigkeit an der Arbeitsstelle und endet vor dem Umziehen (Ablegen der Dienstkleidung) mit der Beendigung der Tätigkeit am Arbeitsort.“

Variable Arbeitszeiten sind in der Regel Gleitzeitvereinbarungen, die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit oder die Arbeit auf Abruf. Bei der kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit vereinbaren die Parteien zuerst eine feste Dauer der Arbeitszeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit soll jedoch der Arbeitgeber im Rahmen eines ebenfalls bestimmten Bezugszeitraums einseitig kraft Direktionsrechts festlegen können. Es handelt sich dabei um Arbeit auf Abruf iSd § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG (PersLex, Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit, beckonline).

Diese Voraussetzungen erfüllt die arbeitsvertragliche Vereinbarung bereits deshalb nicht, weil der Kläger in einem Vollzeitarbeitsverhältnis tätig ist. Es sind jedoch nur Arbeitsvertragsverhältnisse von Teilzeitbeschäftigten und nicht auch von Vollzeitbeschäftigten von § 12 TzBfG erfasst (HessLAG 17.1.1997, NZA-RR 1997, 487 [488]; Boewer TzBfG § 12 Rn. 10; ErfK/Preis TzBfG § 12 Rn. 4, 8; Sievers TzBfG § 12 Rn. 5; AG/Arnold TzBfG § 12 Rn. 13; Meinel/Heyn/Herms/Heyn, 5. Aufl. 2015, TzBfG § 12 Rn. 7).

c) Der Kläger hat nach dieser Auslegung unter relevanter Unterbrechung der Schicht am 2.11., 5.11., 7.11., 9.11., 12.11. – 16.11., 26. – 28.11. und am 30.11.208 einen neuen Dienst und damit einen neuen Einsatz zugewiesen erhalten. Diese Einsätze sind mit 3 Stunden vergütet worden, obwohl gem. § 6 1.3 MTV Bund ein Anspruch auf Vergütung von 4 Stunden besteht. Damit kann der Kläger eine weitere Vergütung in Höhe von 13 Stunden x 10,16 €, mithin 132,08 € brutto verlangen. Die darüber hinaus verlangte Vergütung hat der Kläger substantiiert nicht begründet.

3.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Kilometerpauschale von 0,27 €/km für im November 2018 (163 km) und Dezember 2018 (22 km) gefahrener Wege zwischen den Einsätzen in Höhe von insgesamt 49,98 € besteht nicht.

a) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 4 MTV Bewachung NRW.

aa) Gem. § 4 Ziff. 1 MTV Bewachung NRW wird ein Fahrgeldzuschuss für einen Weg zwischen Wohnort und Objekt nur gezahlt, wenn der Arbeitnehmer in ein Objekt versetzt wird, welches mehr als 30 km von seinem Wohnort entfernt ist. Der Zuschuss erfolgt nur ab dem 31. Kilometer und in Höhe des günstigsten Tarifes für öffentliche Verkehrsmittel, d.h. nicht in Höhe von 0,27 €/km. Hintergrund ist, dass der Arbeitnehmer seinen Wohnort grundsätzlich selbst wählen kann, dass mit der Wahl eines entfernteren Wohnortes nicht der Arbeitgeber belastet werden soll, sondern dass der Arbeitnehmer Kosten seiner letztendlich privaten Lebensführung über die Werbungskosten steuermindernd geltend machen kann. Die Tarifvertragsparteien sehen hier eine Entfernung Wohnort – Arbeitsstätte bis zu 30 km als noch üblich an, so dass bei einer Versetzung in ein weiter entfernt liegendes Objekt – die in der Entscheidungsgewalt des Arbeitgebers liegt – die Wegekosten bis zu dieser Entfernung beim Arbeitnehmer verbleiben.

Die Voraussetzungen des § 4 Ziff. 1 MTV Bewachung NRW hat der Kläger nicht behauptet. Er will die Fahrtkosten zwischen den Diensten mittels der Pauschale ersetzt erhalten, nicht jedoch Fahrtkosten wegen des Anfahrens eines Objekts von seinem Wohnort aus.

bb) Gem. § 4 Ziffer 3 und 4 MTV Bewachung NRW wird ein Fahrtkostenzuschuss in Höhe der Kilometerpauschale von 0,27 € des Weiteren gezahlt, wenn die Nutzung des eigenen PKW auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgt; dies gilt gem. Ziff. 3 bei einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. gem. Ziff. 4 bei einer sog. Dienstfahrt.

Ob es sich bei den Fahrten des Klägers um eine Dienstfahrt handelte, kann dahinstehen. Denn jedenfalls konnte der Kläger nicht darlegen, dass die Nutzung des eigenen PKW auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgte. Allein die Zeiten der zugewiesenen Dienste lassen hierauf nicht schließen.

b) Ein Anspruch des Klägers in geltend gemachter Höhe ergibt sich auch nicht aus § 670 BGB.

Gem. § 670 BGB kann ein Arbeitnehmer diejenigen durch einen Arbeitseinsatz angefallenen Aufwendungen ersetzt verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte und die nicht durch die Arbeitsvergütung abgegolten sind. Benutzt er seinen privaten PKW zwecks Erfüllung dienstlicher Aufgaben kann er mangels weitergehender Absprache jedoch nur die konkret entstandenen Aufwendungen – etwa die tatsächlich aufgewandten Treibstoffkosten – ersetzt verlangen. Der Ersatz steuerlich anerkannter Kilometerpauschalen bedarf einer vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Eine solche besteht vorliegend nicht.

II.

Die Kostenentscheidung erging gem. § 92 ZPO. Die Quotelung entspricht dem verhältnismäßigen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien.

Die Streitwertentscheidung erging gem. § 61 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Die Entscheidung über den Streitwert zur Berechnung der Gerichtsgebühren gem. § 63 GKG ergeht gesondert.

Die Berufung war gem. § 64 Abs. 2 Nr. 2b) ArbGG gesondert zuzulassen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

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Fax:02117770-2199

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Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß §46cArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1. Rechtsanwälte,

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.