Bayerischer VGH, Beschluss vom 09.03.2016 - 22 ZB 16.283
Fundstelle
openJur 2020, 65116
  • Rkr:
Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrte mit seiner Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 23. April 2014, mit dem ihm die Ausübung seines angemeldeten Gewerbes untersagt worden ist. Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Klage durch Urteil vom 22. Dezember 2015 abgewiesen und ausgeführt, dass die von der Beklagten angenommenen Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO vorlägen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung sei die negative Prognose über die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers zu Recht vor allem auf seine erheblichen Zahlungsrückstände beim Finanzamt und seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit gestützt worden.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Die Beklagte hat noch keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den allein maßgeblichen fristgerecht erfolgten Darlegungen des Klägers (vgl. zu ihrer Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich keine Zulassungsgründe.

1. Der Kläger hat keinen konkreten Zulassungstatbestand nach § 124 Abs. 2 VwGO benannt. Dies ist zwar für eine "Darlegung" im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht erforderlich, vielmehr können ein Zulassungsantrag und dessen Begründung vom Verwaltungsgerichtshof ausgelegt werden, und es reicht aus, dass auf diesem Weg erkennbar ist, auf welchen der gesetzlichen Tatbestände ein geltend gemachter Zulassungsgrund der Sache nach zielt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57 m. w. N.). Allerdings erfordert die gebotene Darlegung eines Zulassungsgrundes die substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, d. h. eine Darlegung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird (Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 59 m. w. N.). "Darlegen" bedeutet insoweit "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2015, § 124a Rn. 49 m. w. N.). Außerdem muss sich das fristgerecht Dargelegte letztlich zweifelsfrei noch einzelnen Zulassungsgründen zuordnen lassen; der Verwaltungsgerichtshof braucht sich nicht aus einem "Gemenge" das herauszusuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 58 m. w. N.).

Gemessen an diesen Anforderungen ist aus den Darlegungen des Klägers auch nicht ansatzweise ersichtlich, inwiefern die mit dem angegriffenen Urteil entschiedene Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder grundsätzliche Bedeutung haben (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder das Urteil auf einer Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte beruhen oder ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorliegen soll. Allenfalls erkennbar ist, dass der Antrag des Klägers der Sache nach auf den - nicht ausdrücklich genannten - Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zielt. Derartige Zweifel ergeben sich aus der Antragsbegründung des Klägers aber nicht.

1.1. Der Kläger weist darauf hin, dass über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden und noch nicht abgeschlossen sei; er erwähnt in diesem Zusammenhang einen Zwischenbericht des Insolvenzverwalters vom 21. Mai 2015 und trägt vor, "seinerzeit" habe das Guthaben auf dem vom Insolvenzverwalter eingerichteten Anderkonto 89.363 € betragen. Der Kläger setzt sich aber nicht mit dem - zutreffenden - rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids die Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass (vorliegend am 23.4.2014) maßgeblich und folglich das erst nach diesem Zeitpunkt eröffnete Insolvenzverfahren ohne Belang ist (Urteilsabdruck - UA - S. 7 oben). Welche Bedeutung das hinsichtlich des Insolvenzverfahrens Vorgetragene für die Rechtmäßigkeit des Bescheids und die Richtigkeit des Urteils haben soll, erklärt der Kläger in seiner Antragsbegründung nicht.

1.2. Soweit der Kläger seine Steuerrückstände beim Finanzamt anspricht, mit denen die Beklagte ihren Bescheid im Wesentlichen begründet habe, stellt er gleichfalls keine tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Annahmen des Verwaltungsgerichts in Frage. Er macht vielmehr nur geltend, ausweislich einer Forderungsaufstellung des Finanzamts vom 13. Juli 2015 habe der Kläger - zum Stichtag 10. Juli 2015 - neu entstandene Steuerrückstände weitgehend ausgeglichen, inzwischen auch den Restbetrag bezahlt und die im Schuldnerverzeichnis (vom 10.12.2012) im September 2015 noch enthaltenen drei Forderungen aus dem Jahr 2012 durch Zahlung erledigt, so dass die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zum 29. Oktober 2015 bzw. 26. November 2015 gelöscht worden seien. Auch diese Schuldentilgungen sind nach gefestigter Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ohne Bedeutung, weil sie erst nach dessen Erlass vorgenommen wurden (grundlegend BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - NVwZ 2015, 1544/1545; BayVGH, B. v. 3.12.2015 - 22 ZB 15.2431 - juris Rn. 5 m. w. N.).

2. Eine ergänzende Begründung des Zulassungsantrags ist nicht mehr möglich. Die hierfür geltende Zweimonatsfrist ab Zustellung des vollständigen Urteils (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist eine gesetzliche Frist, die das Gericht nicht verlängern kann. Das Urteil wurde dem Kläger am 7. Januar 2016 zugestellt, so dass die Begründungsfrist mit Ablauf des 7. März 2016 geendet hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert für den Rechtsstreit um die (einfache) Gewerbeuntersagung wurde - wie von der Vorinstanz - gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000 € festgesetzt.