OLG München, Beschluss vom 22.12.2016 - 34 Wx 455/16
Fundstelle
openJur 2020, 64276
  • Rkr:
Tenor

I.

Das Rechtsmittel des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Traunstein - Grundbuchrichter - vom 24. August 2016 wird als unzulässig verworfen.

II.

Der Geschäftswert des Rechtsmittelverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Beteiligte hat am 23.3.2016 unter Bezugnahme auf die Bestellungsurkunde vom 30.6.1981 das Grundbuchamt gebeten, das in Abteilung II lfd. Nr. 7 zugunsten eines anderen Grundstücks eingetragene Recht (Geh- und Fahrtrecht) von Amts wegen zu löschen, weil der dort bezeichnete Erlöschenstatbestand ("Wird das herrschende Grundstück in Miteigentum aufgeteilt, so erlischt das Geh- und Fahrtrecht") eingetreten sei.

Das Grundbuchamt - Rechtspfleger - hat am 17.6.2016 beschlossen, das Verfahren zur Löschung des Geh- und Fahrtrechts wegen Gegenstandslosigkeit nicht einzuleiten, weil in dem Umstand, dass das herrschende Grundstück an Eheleute zu Miteigentum zu gleichen Anteilen verkauft und aufgelassen worden sei, der bezeichnete Erlöschenstatbestand nicht zu sehen sei.

Das Rechtsmittel des Beteiligten hat das Grundbuchamt als Erinnerung gegen die Entscheidung des Rechtspflegers behandelt und dieser am 16.8.2016 nicht abgeholfen. Das Amtsgericht - Grundbuchrichter - hat den Rechtsbehelf mit Beschluss vom 24.8.2016 zurückgewiesen. Die fragliche Erlöschensklausel sei auslegbar, die Einschränkung beziehe sich nicht auf den gegebenen Fall. Denn um eine "Aufteilung" in Miteigentum handele es sich dabei nicht, vielmehr erfasse die Klausel nur Fälle der Grundstücksteilung.

Hiergegen richtet sich das als "sofortige Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel des Beteiligten mit dem erklärten Ziel, das Recht wegen Gegenstandslosigkeit (§§ 84, 85 GBO) zu löschen.

II. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

1. Im Amtslöschungsverfahren nach § 84 GBO entscheidet das Grundbuchamt nach freiem Ermessen, ob ein Löschungsverfahren einzuleiten und durchzuführen ist (§ 85 Abs. 2, § 86 GBO). Anträge von Beteiligten haben in diesem Verfahren nur die Bedeutung von Anregungen (BayObLGZ 1973, 272/273). Daher kennt das Verfahren auch nur ein Beschwerderecht des Betroffenen gegen die nach seiner Anhörung ausgesprochene Feststellung der Gegenstandslosigkeit der zu löschenden Eintragung (§ 89 Abs. 1, § 87 Buchst. c GBO), nicht jedoch ein Beschwerderecht dessen, der das Amtslöschungsverfahren zum Nachteil des Betroffenen angeregt hat (§ 85 Abs. 2 Halbs. 2 GBO; BayObLG a. a. O.; auch BayObLG NJW-RR 1987, 1200; Senat vom 27.5.2008 - 34 Wx 130/07 - Rpfleger 2008, 480; Demharter GBO 30. Aufl. § 85 Rn. 5). Vielmehr steht demjenigen, der die Einleitung des Löschungsverfahrens angeregt hat (vgl. § 86 GBO), gegen die Ablehnung durch den Rechtspfleger (nur) die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zu (Demharter § 85 Rn. 6; Hügel/Zeiser GBO 3. Aufl. § 85 Rn. 13; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 391). Hiervon hat der Beteiligte Gebrauch gemacht. Die daraufhin ergangene Entscheidung des Grundbuchrichters ist nicht anfechtbar.

2. Soweit sich der Beteiligte auf Vorschriften der Zivilprozessordnung (§ 567 ZPO) beruft, sind diese in Grundbuchsachen, welche zu den - nicht streitigen - Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören (Demharter § 1 Rn. 34 und 36), nur in wenigen Fällen anwendbar und greifen dort nicht ein, wo die Grundbuchordnung - namentlich mit §§ 71 ff. GBO - eigene Verfahrensregeln enthält. Dazu wird auf die Ausführungen unter 1. verwiesen.

3. Das Grundbuchamt hat nicht - auch nicht konkludent - über einen Grundbuchberichtigungsantrag (§ 22 GBO) entschieden, wogegen die Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft wäre. Zwar kann der "Antrag", ein Recht wegen Gegenstandslosigkeit zu löschen, auch als "echter" Antrag auf Löschung des Rechts aufgrund Unrichtigkeitsnachweises auszulegen sein (BayObLGZ 1973, 272/273; BayObLG NJW-RR 1989, 1495; Demharter § 22 Rn. 45). Notwendig ist hierfür aber stets ein Ersuchen, das (auch) eine Antragstellung i. S. v. § 13 Abs. 1 GBO beinhaltet (OLG Jena FGPrax 1996, 170; im Fall von BayObLG NJW-RR 1987, 1200, re. Sp. verneint).

Unter einem Antrag ist das an das Grundbuchamt gerichtete - im Regelfall auch Kosten auslösende (§ 22 Abs. 1 GNotKG) - Begehren zu verstehen, eine Eintragung vorzunehmen (Demharter § 13 Rn. 7). Zwar ist ein bestimmter Wortlaut nicht vorgeschrieben (Hügel/Reetz § 13 Rn. 38). Jedoch muss wenigstens erkennbar sein, dass die Eintragung im Belieben des Antragstellers stehen, nicht aber eine Tätigkeit des Grundbuchamts von Amts wegen - wenn auch im Interesse des Begehrenden - bewirken soll (Hügel/Reetz § 13 Rn. 1; Demharter § 13 Rn. 1). Im Hinblick auf das von einem Notar mit der ausdrücklichen Beschränkung gestellte Ersuchen, "von Amts wegen" zu löschen, sieht der Senat - wie schon das Grundbuchamt - keinen weiter gehenden Auslegungsspielraum. Auch in den anwaltlichen Schriftsätzen zur Begründung der Rechtsbehelfe wird als Verfahrensgegenstand ausdrücklich auf die Löschung des Geh- und Fahrtrechts "wegen Gegenstandslosigkeit" abgestellt.

4. Der Beteiligte hat zuletzt - auf Hinweis des Senats zur Unzulässigkeit seines Rechtsmittels - hilfsweise beantragt, sein Amtslöschungsersuchen als Berichtigungsantrag nach § 22 GBO zu behandeln. Indessen kann im Rechtmittelverfahren, das die Ablehnung der Einleitung eines Amtsberichtigungsverfahrens zum Gegenstand hat, nicht in das Antragsverfahren nach §§ 13, 22 GBO übergegangen werden (OLG Jena FGPrax 1996, 170; Hügel/Kramer § 74 Rn. 11 mit 11.1).

Einer Erörterung, ob die Voraussetzungen einer Grundbuchberichtigung - aufgrund Unrichtigkeitsnachweises - vorliegen, wofür der Antragsteller den Nachweis lückenlos und in der Form des § 29 GBO erbringen müsste (zu den insoweit strengen Anforderungen nur Hügel/Holzer § 22 Rn. 58 ff. m. w. N.), bedarf es an dieser Stelle nicht.

III. Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (vgl. § 22 GNotKG). Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 79 Abs. 1 GNotKG, dessen Höhe ergibt sich mangels sonstiger Anhaltspunkte aus § 61 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 3 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.