OLG München, Beschluss vom 16.12.2016 - 34 Wx 392/16
Fundstelle
openJur 2020, 64273
  • Rkr:
Tenor

I.

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen - Grundbuchamt - vom 2. Juni 2016 abgeändert.

II.

Das Eintragungshindernis kann dem Grundbuchamt gegenüber außer durch den Nachweis der Vollmacht auch durch Genehmigung des vom Vertreter gestellten Eintragungsantrags - für beide Mittel ist die Form des § 29 (Abs. 1) GBO entbehrlich - innerhalb einer Frist bis 31. Januar 2017 einschließlich beseitigt werden.

III.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

IV.

Die Beteiligten tragen, soweit ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, aus einem Geschäftswert von 2.000 € die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I. Im Wohnungs- und im Teileigentumsgrundbuch ist die am 19.7.2009 verstorbene S. W. als Eigentümerin eingetragen. Der von einem anderen Amtsgericht (W.) erteilte Erbschein vom 31.3.2011 weist die beiden Beteiligten als Erben zu 1/2 aus. Im Nachlassverfahren ist zur Niederschrift vom 30.12.2010 festgehalten, dass die Berichtigung des Grundbuchs heute nicht beantragt werde, nachdem die Beteiligten zuvor mit Schreiben vom 25.11.2010 an das Nachlassgericht einen Erbschein beantragt und gebeten hatten, "nach Erteilung des Erbscheins ... die gebührenfreie Grundbuchberichtigung einzuleiten".

Mit Schreiben vom 18.2.2016 erklärte in Vertretung der Beteiligten deren Steuerberater und Rechtsbeistand gegenüber dem Nachlassgericht, scheinbar sei bei der Protokollierung am 30.12.2010 übersehen worden, dass ein Berichtigungsantrag am 25.11.2010 bereits vorgelegen und sich offensichtlich ein Missverständnis eingeschlichen habe. Das Nachlassgericht werde nachträglich nochmals gebeten, "diese gebührenfreie Grundbuchberichtigung zu veranlassen".

Die Unterlagen gingen am 8.4.2016 beim Grundbuchamt des Amtsgerichts G. ein. Dessen Rechtspflegerin wies unter dem 12.4.2016 zunächst formlos darauf hin, dass zur Berichtigung noch ein Nachweis der Bevollmächtigung durch die Erben zur Antragstellung erforderlich sei. Denn der Antrag vom 25.11.2010 sei durch die übereinstimmende Protokollerklärung vom 30.12.2010 hinfällig und damit als Grundlage eines Berichtigungsantrags nicht ausreichend.

Mit Zwischenverfügung vom 2.6.2016 hat das Grundbuchamt schließlich die Vorlage eines Vollmachtsnachweises in der Form des § 29 GBO aufgegeben und Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses gesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vertreters vom 16.6.2016, mit der vorgebracht wird, dass die Beteiligten zu 1 und 2 den fristgerechten Berichtigungsantrag am 25.11.2010 selbst gestellt hätten. Für sein Erinnerungsschreiben vom 18.2.2016 sei in der Tat keine weitere gesonderte Vollmacht erforderlich. Die Mandanten bestünden nach wie vor weiterhin auf gebührenfreie Grundbuchberichtigung.

Das Grundbuchamt hat am 24.10.2016 nicht abgeholfen. Aus der Praxis der Nachlassgerichte sei bekannt, dass vielfach erst im Termin nach Besprechung der Sach- und Rechtslage durch die Erben eine Entscheidung zu den Grundbuchberichtigungsanträgen oft auch abweichend zu vorherigen Anträgen erfolge, etwa wenn zunächst eine Erbauseinandersetzung beabsichtigt sei. Dass eine solche nicht innerhalb der Zweijahresfrist stattgefunden habe, dürfte wohl die jetzige Antragstellung und den Versuch begründen, den zurückgenommenen Antrag wiederaufleben zu lassen. Jener Antrag sei, auch wenn er nun gemeinsam mit der Rücknahme desselben im Protokoll dem Grundbuchamt übermittelt werde, nicht als Grundlage eines Berichtigungsantrags ausreichend.

Im Übrigen sei für die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 4 KostO der Eingang beim Grundbuchamt, nicht bei einem sonstigen Gericht maßgeblich.

Der Senat hat beim Vertreter einen Vollmachtsnachweis zur Vertretung im Beschwerdeverfahren angefordert mit dem Hinweis, dass eine derartige Vollmacht unabhängig davon sei, ob für die Stellung eines wirksamen Berichtigungsantrags dem Grundbuchamt eine Vollmacht überhaupt und gegebenenfalls in welcher Form vorgelegt werden müsse; diese Frage könne erst geklärt werden, wenn die wirksame Einlegung des Rechtsmittels feststehe. Daraufhin hat der Vertreter eine ihm von beiden Beteiligten erteilte privatschriftliche Vollmacht vom 5.12.2016 vorgelegt, die ihn befugt, "... wegen der Grundbuchberichtigung G. Bl. ... und der zur Zeit anhängigen Beschwerde für uns tätig zu werden", ferner ... "rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen sowie weitere Rechtsbehelfe einzulegen und zurückzunehmen".

II. Das Rechtsmittel hat nur teilweise Erfolg.

1. Gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts (vgl. § 18 Abs. 1 GBO) ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft (Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 1). Wird sie von einem Vertreter eingelegt, ist grundsätzlich ein Vollmachtsnachweis erforderlich (Demharter § 71 Rn. 73). Der Nachweis (vgl. § 11 FamFG) bedarf nicht der Form des § 29 Abs. 1 GBO (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 223). Dieser Anforderung ist der Vertreter mit der vorgelegten privatschriftlichen Vollmacht vom 5.12.2016 nachgekommen. Ob er zum Kreis der vertretungsbefugten Personen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 FamFG zählt, kann auf sich beruhen. Denn bis zu einer gerichtlichen Zurückweisung bleiben Verfahrenshandlungen nicht vertretungsberechtigter Personen wirksam (§ 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FamFG; vgl. Hügel/Kramer § 71 Rn. 222). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten ergibt sich daraus, dass das Grundbuchamt das privatschriftliche und ihm seit 8.4.2016 vorliegende Schreiben vom 25.11.2010 nicht als Eintragungsersuchen i. S. v. § 13 Abs. 1 GBO wertet und auf das Ersuchen des Vertreters vom 18.2.2016 eine fristsetzende Zwischenverfügung erlassen hat.

2. Die Zwischenverfügung ist nicht deshalb aufzuheben, weil bereits der Eigenantrag vom 25.11.2010 die begehrte Grundbucheintragung erlaubt.

Für die Berichtigung nach § 22 GBO ist ein wirksamer Antrag (§ 13 Abs. 1 GBO) in der Regel unerlässliche Voraussetzung (vgl. Demharter § 22 Rn. 45). Dieser bedarf gemäß § 30 GBO nicht der Form des § 29 GBO (Demharter a. a. O.); deshalb können ihn die Beteiligten selbst (schriftlich oder zur Niederschrift) stellen (Demharter § 13 Rn. 22 mit § 30 Rn. 5). Indessen haben die Beteiligten zur Niederschrift der Rechtspflegerin des Nachlassgerichts am 30.12.2015 erklärt, Berichtigung nicht zu beantragen. Beide Erklärungen gingen dem zuständigen Grundbuchamt gleichzeitig zu. Sie widersprechen sich ihrem Inhalt nach. Insbesondere ist die jüngere Erklärung nicht in dem Sinne zu verstehen, "heute" - d. h. am Tag der Protokollierung - werde ein solcher Antrag nicht gestellt, etwa weil er schon im Schreiben zuvor beantragt gewesen sei. Denn dann wäre der zugleich von der Rechtspflegerin des Nachlassgerichts erteilte Hinweis auf § 60 Abs. 4 KostO unverständlich. Vielmehr hätte das Nachlassgericht auf der Grundlage des bereits schriftlich gestellten Antrags die Unterlagen an das zuständige Grundbuchamt weitergeleitet. Auch aus der Sicht eines Laien wäre die Erklärung vor dem Nachlassgericht nicht so abgegeben worden, wenn das frühere schriftliche Ersuchen hätte weiterverfolgt werden sollen. Ebenso wenig nahe liegend ist eine Auslegung, wonach der frühere Antrag als Verfahrenshandlung zwar aufrecht erhalten, aber gleichsam in der Schwebe gehalten werden sollte. Dem stünde schon der Grundsatz entgegen, dass Eintragungsanträge unter Vorbehalt grundsätzlich unzulässig sind (§ 16 Abs. 1 GBO).

3. Die am 8.4.2016 beim Grundbuchamt eingegangenen nachlassgerichtlichen Unterlagen enthielten das Schreiben des Vertreters vom 18.2.2016, in dem "nachträglich nochmals gebeten" wurde, "diese gebührenfreie Grundbuchberichtigung zu veranlassen". Das Grundbuchamt hat dieses Gesuch zutreffend als eigenständigen ("nochmals gebeten") und unbedingt gestellten Berichtigungsantrag i. S. v. § 13 Abs. 1 GBO bewertet, also nicht nur als eine (unzureichende) Bezugnahme auf einen - nicht gestellten - früheren Antrag.

a) Auf der Grundlage dieses Antrags beanstandet die Rechtspflegerin als Eintragungshindernis zu Recht die fehlende Vollmacht. Diese muss allerdings nicht in der Form des § 29 (Abs. 1) GBO vorgelegt werden; vielmehr genügt die (einfache) Schriftform (vgl. § 11 Satz 1 FamFG; § 126 BGB). Alternativ können die Beteiligten selbst die Antragstellung durch ihren Vertreter genehmigen (vgl. § 182 mit § 184 Abs. 1 BGB). Auch hierfür bedarf es über die Schriftlichkeit hinaus keiner besonderen Form.

b) Das mit der Zwischenverfügung aufgeführte Hindernis in Form eines fehlenden Vollmachtsnachweises ist nicht dadurch beseitigt, dass der Vertreter für das Beschwerdeverfahren vor dem Senat die Bevollmächtigung in Schriftform nachgewiesen hat. Der Umfang dieser Vollmacht ist vor dem Hintergrund ihrer gerichtlichen Anforderung einschränkend zu interpretieren. Das ergibt sich bereits aus deren ausdrücklicher Bezugnahme auf das Senatsschreiben und im Übrigen daraus, dass die Beschwerde gerade damit begründet wird, keine weitere gesonderte Vollmacht zur Antragstellung zu benötigen. Dass mit der Vollmachtsvorlage zum Nachweis einer wirksamen Vertretung im Rechtsmittelverfahren aber dieser Rechtsstandpunkt aufgegeben wird, ist nicht ersichtlich.

c) Rechtsgeschäftlich erteilte Vollmachten zur Stellung isolierter Anträge wie den der Berichtigung auf Unrichtigkeitsnachweis (Demharter § 30 Rn. 3; Hügel/Otto § 30 Rn. 5; KEHE/Volmer GBO 7. Aufl. § 30 Rn. 4) können formlos, etwa durch schlichte Erklärung (Hügel/Otto § 30 Rn. 19; KEHE/Volmer § 30 Rn. 7), nachgewiesen werden. Jedoch kann das Grundbuchamt nach § 11 FamFG (Hügel/Otto a. a. O.; Meikel/Hertel § 30 Rn. 16; Schaub in Bauer/von Oefele § 30 Rn. 12) eine schriftliche Vollmacht verlangen. Das entspricht "der Regel" (vgl. Schaub in Bauer/von Oefele a. a. O.) und ist namentlich dann geboten, wenn der Bevollmächtigte - wie der Vertreter hier - nicht zum Kreis der in § 11 Satz 4 FamFG genannten Personen (Rechtsanwälte und Notare) zählt. Gründe, von einem derartigen Nachweis ausnahmsweise Abstand zu nehmen, sind nicht erkennbar.

d) Für das weitergehende Verlangen, die Vollmacht in der Form des § 29 (Abs. 1) GBO - durch öffentlich beglaubigte Unterschrift des Vollmachtgebers - vorzulegen, sieht der Senat keine Grundlage. § 13 Satz 3 FGG (a. F.), wonach auf Anordnung des Gerichts die Bevollmächtigung durch eine öffentlich beglaubigte Vollmacht nachzuweisen ist, ist in das FamFG (vgl. § 11) nicht übernommen worden (Keidel/Zimmermann FamFG 18 Aufl. § 1 Rn. 8; Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 11. Aufl. § 11 Rn. 10). Zudem wurde auch unter Geltung des früheren Rechts von dieser Befugnis im Allgemeinen nur und erst dann Gebrauch gemacht, wenn eine vorgelegte einfache Vollmacht "verdächtig" war (vgl. Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 13 Rn. 18/19). Bereits daran fehlt es hier.

Aus § 15 Abs. 1 GBO ergibt sich nichts anderes. Auch wenn der Antrag eine eintragungsrelevante sonstige Erklärung darstellt (Demharter § 15 Rn. 2.1), wäre die Form des § 29 GBO nicht für die Bevollmächtigung (Senat vom 26.11.2008, 34 Wx 88/08 = FGPrax 2009, 62; Demharter § 30 Rn. 8), sondern nur für die Antragstellung einzuhalten (siehe nachfolgend zu 4.).

e) Alternativ können die Beteiligten durch eigene Verfahrenserklärung (Genehmigung), die ebenfalls keine weitere Form als - aus Nachweisgründen - die Schriftlichkeit (alternativ die grundbuchamtliche Niederschrift) verlangt (vgl. Demharter § 30 Rn. 5), einem zur Eintragung führenden Antrag zur Wirksamkeit verhelfen (Schaub in Bauer/von Oefele AT VII Rn. 141).

4. Zum Antrag selbst merkt der Senat richtungsweisend vorsorglich noch an:

Der ("reine") Antrag bedarf wegen § 30 GBO nicht der besonderen Form des § 29 Abs. 1 GBO (vgl. Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 13 Rn. 89; Böttcher Rpfleger 2011, 53/57 f.; KEHE/Volmer § 15 Rn. 4; siehe bereits Senat vom 15.6.2012, 34 Wx 199/12 = Rpfleger 2012, 619 mit abl. Anm. Demharter; ders. § 15 Rn. 2.1; Wilke in Bauer/von Oefele § 15 Rn. 5a). Dies gilt auch für Anträge von Vertretern und folgt aus der Überlegung, dass sich ein Antragsberechtigter bei der Antragstellung nach § 13 GBO vor dem Grundbuchamt von jeder beliebigen Person vertreten lassen kann, ohne dass die Vertretung auf den Personenkreis nach § 10 Abs. 2 FamFG beschränkt wäre; denn die Bestimmung ist im Grundbucheintragungsverfahren nicht anwendbar (Bauer in Bauer/von Oefele § 13 Rn. 40; Wilke in Bauer/von Oefele § 15 Rn. 5a). § 15 Abs. 1 GBO hat diesen Grundsatz nicht eingeschränkt, weil die Norm einen anderen Regelungsgegenstand hat (Böttcher Rpfleger 2011, 53/57; a. A. Demharter Rpfleger 2012, 620; ders. § 15 Rn. 2.1; Wilke in Bauer/von Oefele § 15 Rn. 5a). Deswegen besagt auch die Begründung des Gesetzgebers zu § 15 Abs. 1 GBO (BT-Drucks. 16/12717, S. 64) nichts Gegenteiliges. Zudem ist die mit § 10 Abs. 2 FamFG bezweckte Qualitätssicherung kein zwingendes Argument, für die Erklärung anderer Bevollmächtigter auch in den Fällen die Beurkundungsform des § 29 Abs. 1 GBO zu verlangen, in denen § 30 GBO wegen fehlender Gefahren für den Rechtsverkehr (vgl. Knothe in Bauer/von Oefele § 30 Rn. 2; Hügel/Otto § 30 Rn. 1) - wie bei nachgewiesener Grundbuchunrichtigkeit - vom Formerfordernis befreit.

III. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen, soweit ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (vgl. § 84 FamFG), was wegen § 25 Abs. 1 GNotKG zwingend eines Ausspruchs bedarf. Im Übrigen, soweit die Beteiligten mit ihrer Beschwerde nicht durchdringen, setzt der Senat den Geschäftswert unter Schätzung der für die Eintragung des Eigentümers entstehenden Kosten fest (§ 22 Abs. 1; § 79 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 GNotKG). Diese ergeben sich aus dem Verkehrswert des Grundbesitzes, der bereits 1995 - wie ein damaliger Kaufvertrag ausweist - beachtlich war. Denn ersichtlich wird mit dem Rechtsmittel das Ziel verfolgt, zu einer gebührenfreien Eintragung (vgl. § 60 Abs. 4 KostO a. F.; KV GNotKG Nr. 14110 Anm. 1) zu gelangen.

Soweit das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) nicht vor.