OLG München, Urteil vom 16.11.2017 - 29 U 123/17
Fundstelle
openJur 2020, 62331
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.12.2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um die Aufteilung der Lizenzeinnahmen aus der Verwertung verschiedener Tonaufnahmen, u.a. des Titels "Mambo Nr. 5".

Der Kläger und die Beklagten sind Musikproduzenten. Der Kläger arbeitete seit 1997 und die Beklagten seit 1998 mit den Künstlern D.L. B. (im Folgenden: L. B.) und C. K. hinsichtlich der Produktion von Tonaufnahmen zusammen. Diese führte 1999 zur Herstellung des ersten L. B. Albums "A little bit of Mambo". Die Veröffentlichung des Albums erfolgte im Rahmen eines zwischen dem Kläger und der H. M. E. GmbH, die später in die S. Music E. G. GmbH (im Folgenden: S.) überging, am 01.03.1999 geschlossenen Bandübernahmevertrages. Die Parteien und die Künstler L. B. und C. K. vereinbarten am 04.05.1999 (Anlage B 3), dass der Kläger, die Beklagten zusammen und die Künstler zusammen je 1/3 der Lizenzeinnahmen aus dem Bandübernahmevertrag erhalten sollten.

Im Jahr 2000 gründete der Kläger die U. M. GmbH (im Folgenden: U.) mit einem Stammkapital von 25.000 € und brachte nachfolgend Rechte in die U. ein. Die U. übernahm auch mit Zustimmung der H. M. E. GmbH den Bandübernahmevertrag.

Am 04.05.2000 schloss der Kläger als alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der U. mit sich selbst einen Produzentenvertrag (Anlage K 2), dessen § 3 wie folgt lautet, wobei die U. in dem Vertrag "Firma" und der Kläger "Produzent" genannt werden:

§ 3 Vergütung

Die Firma zahlt als Entgelt für die Aufnahmen und die Übertragung der Rechte an den Produzent eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 15% aller bei Firma eingehenden Lizenzeinnahmen aus der Verwertung der Produktionen.

Die Lizenzauszahlungen erfolgten zunächst in voller Höhe direkt an die U., die dann die weitere Verteilung vornahm. Bereits Ende 2001 vereinbarten der Kläger, die U. und die Beklagten, dass die Abrechnung und Auszahlung der Lizenzerlöse hinsichtlich des Anteils der Beklagten direkt gegenüber diesen und nicht mehr über die U. erfolgen sollten, was dann auch so praktiziert wurde. Später wurde mit S. vereinbart, dass ab dem Abrechnungszeitraum 2010, erstes Halbjahr, jeder Berechtigte eigene Abrechnungen und direkte Auszahlungen von S. erhalten sollte.

Im April 2011 stellte die U. Insolvenzantrag. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 19./22.03.2013 (Anlage K 8) erwarben die Beklagten aus der Insolvenzmasse den von der U. gehaltenen Anteil an den mit L. B. produzierten Tonaufnahmen. In der Folgezeit kam es zu Unstimmigkeiten, ob auch der Kläger neben den Beklagten und den Künstlern an den Auswertungserlösen zu beteiligen ist. Daher hält S. mit Zustimmung der Parteien seit dem zweiten Abrechnungshalbjahr 2012 15% der gesamten Lizenzgelder zurück. Grundlage für diese Verwahrung durch S. ist eine zwischen den Parteien und S. geschlossene "Vereinbarung zur Sicherung von widerstreitenden Lizenzansprüchen" vom 24.11./03.12.2015 (Anlage K1). S. verpflichtet sich in Ziffer 3 der Vereinbarung, die streitigen Beträge zu verwahren, bis sich die Parteien über die Berechtigung an diesen Beträgen geeinigt haben oder bis die Berechtigung rechtskräftig geklärt ist.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünden alle von S. zurückbehaltenen Auswertungserlöse zu. Aus dem Produzentenvertrag vom 04.05.2000 ergebe sich, dass sich seine Lizenzberechtigung auf 15% der gesamten Producerlizenzeinnahmen beziehe.

Er hat erstinstanzlich beantragt,

Es wird festgestellt, dass dem Kläger die gemäß der Vereinbarung zur Sicherung von widerstreitenden Lizenzansprüchen vom 24.11./03.12.2015 von der S. Music E. G. GmbH nicht ausbezahlten Producerlizenzen zustehen.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass dem Kläger ein Drittel der gemäß der Vereinbarung zur Sicherung von widerstreitenden Lizenzansprüchen vom 24.11./03.12.2015 von der S. Music E. G. GmbH nicht ausbezahlten Producerlizenzen zusteht.

Die Beklagten haben die Klage im Hilfsantrag anerkannt.

Die Beklagten meinen, aus dem Produzentenvertrag vom 04.05.2000 ergebe sich, dass dem Kläger lediglich 15% aus dem der U. zustehenden Drittel der gesamten Producerlizenzen zuständen.

Das Landgericht hat durch Anerkenntnis- und Endurteil vom 15.12.2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, die Klage im Hauptantrag abgewiesen und entsprechend dem Hilfsantrag erkannt.

Hiergegen wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags der Kläger mit seiner Berufung. Er beantragt,

Unter Abänderung des am 15.12.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az.: 7 O 23852/15, wird festgestellt, dass dem Kläger die gemäß der Vereinbarung zur Sicherung von widerstreitenden Lizenzansprüchen vom 24.11./03.12.2015 von der S. Music E. G. GmbH nicht ausbezahlten Producerlizenzen zustehen.

Die Beklagten beantragen,

die durch den Kläger und Berufungskläger mit Schriftsatz vom 11.01.2017 eingelegte Berufung gegen das Endurteil des Landgericht München I vom 15.12.2016, Az. 7 O 23852/15, zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2017 Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger stehen die von S.nicht ausbezahlten Auswertungserlöse nicht in voller Höhe zu.

1. Der Kläger kann sich hinsichtlich der Auszahlung der zurückbehaltenen Erlöse nicht mit Erfolg auf die Regelung in § 3 des Produzentenvertrages berufen. Nach § 3 des Produzentenvertrages soll der Kläger 15% der bei U. "eingehenden Lizenzeinnahmen" erhalten. Der Wortlaut der Regelung spricht entgegen der Auffassung des Landgerichts dafür, hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die dem Kläger zustehenden 15% allein darauf abzustellen, welche Lizenzeinnahmen überhaupt bei der U. eingehen und nicht darauf, ob die U. diese behalten darf oder an weitere an der Produktionen Beteiligte weiterzureichen hat. Der Wortlaut steht aber einer Auslegung, dass mit der Formulierung "aller bei der Firma [U.] eingehenden Lizenzeinnahmen" nur die eingehenden Lizenzeinnahmen gemeint sein sollten, die letztlich der U.auch zustehen sollten und nicht auch die, die sie für andere nur zunächst einnimmt und dann weiterverteilt, nicht entgegen. Nach dem neben dem Wortlaut für die Auslegung maßgeblichen Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich, dass es für die Umsatzbeteiligung nur auf die Lizenzeinnahmen ankommen kann, die U. tatsächlich endgültig zustehen und nicht darauf, welche Zahlungen U. für andere einnimmt. Nach § 3 des Produzentenvertrages soll die Umsatzbeteiligung eine Vergütung für die Aufnahmen und für die Übertragung der Rechte darstellen. Der Kläger und die U. haben somit vereinbart, dass der Kläger für die Werte, die er in die U. eingebracht hat, nicht nur über die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile profitieren soll, sondern darüber hinaus noch über eine umsatzabhängige Vergütung. Dem Kläger standen bei Abschluss des Produzentenvertrages mit U. nur ein Drittel der von S. zu zahlenden Auswertungserlöse aufgrund der mit den Beklagten und den Künstlern getroffenen Vereinbarung vom 04.05.1999 (Anlage B 3) zu. Unabhängig von den Auszahlungsmodalitäten konnte der Kläger somit nur in diesem Umfang Rechte in die U. einbringen, so dass eine umsatzabhängige Vergütung als Gegenleistung für die Einbringung sinnvoll auch nur an das vom Kläger eingebrachte Drittel an den Verwertungserlösen anknüpfen konnte.

2. Darüber hinaus kommt es für diesen Rechtsstreit letztlich noch nicht einmal darauf an, ob der Kläger ursprünglich gemäß § 3 des Produzentenvertrages 15% der gesamten bei U. eingehenden Lizenzeinnahmen inklusive der den Beklagten und den Künstlern zustehenden Anteile beanspruchen konnte. Die ursprüngliche Regelung, dass sämtliche von S. aufgrund des Bandübernahmevertrages vom 01.03.1999 zu zahlenden Erlöse zunächst an die U. ausgezahlt werden, ist unstreitig mit Einverständnis aller Beteiligter, auch des Klägers, bereits Ende 2001 dahin abgeändert worden, dass die den Beklagten zustehenden Erlöse nicht mehr an die U. ausgezahlt werden sollen und ab der Abrechnungsperiode 2010, 1. Halbjahr, dann dahingehend, dass S. auch gegenüber den Künstlern direkt abrechnet und die diesen zustehenden Lizenzeinnahmen auch an diese direkt auszahlt. Seit Ende 2001 handelt es sich bei den den Beklagten zustehenden Verwertungserlösen somit schon nicht mehr um bei der U. eingehende Einnahmen, ab der Abrechnungsperiode 2010, 1. Halbjahr, gilt dies auch für die den Künstlern zustehenden Verwertungserlöse. Auch bei einer streng am Wortlaut der Regelung orientierten Auslegung stehen dem Kläger somit nicht mehr als 1/3 der von S. einbehaltenen Auswertungserlöse zu.

Dem Produzentenvertrag ist auch nicht zu entnehmen, dass diese Änderung der Auszahlungsmodalitäten der Lizenzeinnahmen aus dem Bandübernahmevertrag für die Berechnung der Umsatzbeteiligung des Klägers keine Rolle spielen sollte, sondern immer die gesamten von S. gemäß dem Bandübernahmevertrag zu zahlenden Erlöse maßgeblich sein sollten. In dem Produzentenvertrag wird auf den Bandübernahmevertrag mit S. nicht Bezug genommen. Nach § 1 des Produzentenvertrages war Vertragsgegenstand nicht nur das erste Album L. B., das Gegenstand des Bandübernahmevertrages vom 01.03.1999 war, sondern darüber hinaus auch das zweite Album "Ladies and Gentlemen" sowie etwaige weitere Alben L. B. Dementsprechend wird in § 3 des Produzentenvertrages auch auf die Lizenzeinnahmen aus der Verwertung der "Produktionen" abgestellt. Maßgeblich sollten somit die für die vertragsgegenständlichen Produktionen eingehenden Lizenzeinnahmen sein, eine direkte Verknüpfung mit der im Bandübernahmevertrag getroffenen Regelung bestand nicht, so dass auch schon aufgrund der Änderung der Auszahlungsmodalitäten die an die Beklagten und die Künstler zu zahlenden Lizenzeinnahmen für die Berechnung der Umsatzbeteiligung des Klägers nicht maßgeblich sein können.

3. Darauf, ob eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 15% an dem U. zustehenden Drittel der Erlöse einer branchenüblichen Produzentenlizenz entspricht, kann zum einen nicht abgestellt werden, weil der Kläger als Gesellschafter der von ihm gegründeten GmbH an den Verwertung der Aufnahme ohnehin weiter partizipiert hätte und er darüber hinaus auch nicht der alleinige Produzent des ersten L. B. Albums war, sondern er dieses zusammen mit den Beklagten produziert hat (vgl. auch Anlage B 3).

4. Die Einvernahme des Klägers als Partei zum Beweis von ihm behaupteten Auslegung des Produzentenvertrages verbietet sich. Da die Beklagte der Einvernahme des Klägers widersprochen hat, liegen die Voraussetzungen des § 447 ZPO für eine Parteieinvernahme der beweisbelasteten Partei nicht vor. Eine Parteieinvernahme von Amts wegen gemäß § 448 ZPO kommt nicht in Betracht, da es dafür - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - an der für die Parteieinvernahme notwendigen gewissen Anfangswahrscheinlichkeit (vgl. Reicholt in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Auflage, § 448 Rn. 2) fehlt.

III.

Zu den Nebenentscheidungen:

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor.