VG Regensburg, Beschluss vom 17.08.2017 - RN 3 K 17.1003
Fundstelle
openJur 2020, 62176
  • Rkr:
Tenor

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

II. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Amtsgericht ... verwiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Vergabe der Plakatierung in den Plakatmasthängern der Beklagten.

Die Klägerin und die Beklagte hatten am 19. November 2009 einen "Vertrag über das Plakatierungsrecht im Stadtgebiet von ... in Plakatrahmen" geschlossen. Die Beklagte kündigte diesen Vertrag mit Schreiben vom 19. Juli 2016 zum 31. Dezember 2016.

Mit Schreiben vom 14. September 2016 teilte sie fünf Firmen, darunter die Klägerin und die Beigeladene, mit, dass sie beabsichtige, die Plakatierung in den Plakatmasthängern der Stadt ... neu zu vergeben, und forderte zur Abgabe eines Angebots bis 30. September 2016 auf. In dem Schreiben war unter anderem ausgeführt, dass die Stadt 100 Plakatmasthänger in der Größe DIN A1 besitze, die Plakatierung in ... ausschließlich über diese Plakatmasthänger erfolge und an einen "Auftragnehmer" vergeben werde. Die Plakatmasthänger müssten vom Anbieter gemietet werden, bei Vertragsbeginn seien 500,00 Euro als Kaution zu hinterlegen. Reparaturen an den Rahmen, der Ersatz der Rahmen sowie der Ersatz der Plastiktaschen gehe während der Laufzeit des Vertrages zulasten des Mieters. Als Vertragsbeginn sei der 1. Januar 2017 geplant, die Vertragslaufzeit betrage zwei Jahre mit Option zur Verlängerung. Als Mindestgebot für den jährlichen Mietpreis würden 2.000,00 Euro erwartet. Bei der Entscheidung über den künftigen Vertragspartner würden neben dem angebotenen Mietpreis die Kriterien persönliche Erreichbarkeit, kurzfristig mögliche Präsenz vor Ort, Verlässlichkeit und einschlägige Referenzen berücksichtigt. Die Plakatierung müsse unter Beachtung folgender Kriterien durchgeführt werden, die auch Vertragsbestandteil werden würden:

"1. Plakatiert werden grundsätzlich nur Veranstaltungen in ... Sollten danach noch Plakatflächen zur Verfügung stehen, können auch Veranstaltungen im näheren Umfeld plakatiert werden.

2. Kulturelle- und Vereinsveranstaltungen haben immer Vorrang vor gewerblichen Veranstaltungen.

3. Die Aushangzeit beträgt maximal 14 Tage. Längere Aushangzeiten sind einzelfallbezogen vorher durch die Stadt ... zu genehmigen. Es dürfen höchstens 20 Plakate pro Veranstaltung plakatiert werden.

4. Für die Plakatierung vor Wahlen werden von der Stadt eigens dafür vorhandene Großflächenständer aufgestellt. Es darf nur auf diesen plakatiert werden.

5. Plakate mit Inhalten, die dem Jugendschutz zuwiderlaufen, dürfen nicht plakatiert werden. Dies gilt auch für Plakate mit erotischem oder dem Allgemeinempfinden nach anstößigen Inhalt.

6. Der Mieter darf für die Plakatierung von Vereinen höchstens 3,00 € pro Plakat, bei gewerblichen Veranstaltern höchstens 6,00 € pro Plakat in Rechnung stellen.

7. Für die Stadt ... (städtische Veranstaltungen) ist kostenlos zu plakatieren.

8. Der Plakatwechsel ist am Samstag oder Sonntag durchzuführen.

9. Die Plakate sind durch die Stadt vom Mieter genehmigen zu lassen. Hierfür fallen Genehmigungsgebühren in Höhe von 30 € für 20 Plakate an. Nicht genehmigte Plakate können von der Stadt ... abgenommen werden. Dies gilt auch, wenn sie nicht den Vorgaben entsprechen. Die Kosten hierfür werden dem Mieter in Rechnung gestellt."

Laut Aktennotiz der Beklagten vom 5. Oktober 2016 seien zwei Angebote fristgerecht eingegangen, das eine von der Klägerin, das andere von der Beigeladenen. Die Mitglieder des Vergabegremiums hätten das deutlich höhere Mietangebot der Beigeladenen im Verhältnis zu den nicht vorhandenen Erfahrungen der Stadt zur Verlässlichkeit der Beigeladenen abgewogen. Die von der Klägerin im Angebot zugesicherte kostenlose Plakatierung in der Region könne finanziell nicht gewertet werden, da die Stadt in der Region – wenn überhaupt – über einen kostenlosen Verteiler plakatiere, so dass durch das Angebot keine Kosteneinsparung bei ihr entstehe. Die Klägerin könne dies auch nur insoweit zusichern, falls und solange sie die Plakatiergenehmigungen in den Umlandgemeinden besitze. Dass die Stadt bisher keine Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der noch jungen Firma ... habe, könne dem Bieter nicht negativ ausgelegt werden. Als Ergebnis wurde festgehalten: "Den Zuschlag erhält die Fa. ..., aufgrund des deutlich höheren Mietpreisangebots. Nachdem bisher keine Erfahrung über eine Zusammenarbeit mit der Firma vorliegt, wird in den Vertragsentwurf die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung aufgrund mangelnder Verlässlichkeit und Nicht-Einhaltung von Plakatier-Auflagen aufgenommen."

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 mit, dass der Zuschlag einem anderen Bieter, der Beigeladenen, erteilt worden sei, da deren Angebot das wirtschaftlichste gewesen sei. Mit Anwaltsschreiben vom 14. Oktober 2016 forderte die Klägerin die Beklagte auf, das Angebot der Beigeladenen sowie die Protokollierung des zuständigen Gremiums für die Auswahlentscheidung vorzulegen und die Auswahlentscheidung substantiiert zu begründen. Die Beklagte leitete den klägerischen Anwälten mit Schreiben vom 19. Oktober 2016 die Aktennotiz vom 6. Oktober 2016 zu; zugleich wies sie darauf hin, von einer Aushändigung des Konkurrenzangebotes abzusehen.

Mit Schreiben vom 8. November 2016, bei der Beklagten eingegangen am 10. November 2016, legte die Klägerin Widerspruch gegen den "Bescheid vom 06.10.2016" ein und führte hierzu aus, dieser beziehe sich sowohl im Rahmen der Verpflichtungssituation auf die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der Vergabeentscheidung, als auch im Rahmen der Anfechtungssituation gegen die Entscheidung, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens vom 8. November 2016 sowie auf den eines ergänzenden Schreibens vom 9. November 2016 wird Bezug genommen.

Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab, da sie ihn weder als zulässig noch als begründet ansah, und legte ihn mit Schreiben vom 25. November 2016 dem Landratsamt Rottal-Inn zur Entscheidung vor. Dieses hörte die Klägerseite mit Schreiben vom 13. Februar 2017 zur beabsichtigten Zurückweisung des Widerspruchs an und gab zugleich Gelegenheit, aus Kostengründen den Widerspruch zurückzunehmen. Nachdem die Klägerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte, wies das Landratsamt Rottal-Inn den Widerspruch der Klägerin vom 8. November 2016 mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2017 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, der Widerspruch sei nicht zulässig. Es sei bereits strittig, ob der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Diese Frage könne jedoch offen bleiben, da der Widerspruch – selbst wenn der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 VwGO als eröffnet angesehen werde – wegen § 68 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO nicht statthaft sei.

Unterdessen war zwischen der Beklagten und der Beigeladenen unter dem Datum 26. Januar 2017 ein "Vertrag über die Plakatierung in den Plakatmasthängern der Stadt ..." geschlossen worden. Als Vertragsbeginn ist der 1. Februar 2017 bestimmt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 15. Juni 2017, bei Gericht am selben Tag per Fax eingegangen, ließ die Klägerin Klage erheben. Neben einer Sachverhaltsdarstellung und ausführlichen Darlegungen zu einer Zulässigkeit und Begründetheit der Klage ist insbesondere auch zur Frage der Rechtswegeröffnung ausgeführt. Hierzu heißt es, bei den streitgegenständlichen Plakatmasthängern handle es sich um öffentliche Einrichtungen, insbesondere habe die Beklagte auch maßgeblichen Einfluss auf die Nutzung dieser Einrichtungen sowohl dem Grunde als auch der speziellen Ausgestaltung nach. Sämtliche dort anzubringenden Inhalte seien vorher von der Beklagten zu genehmigen. Die Beklagte stelle detaillierte Anforderungen an den Inhalt, die Dauer, die Preisgestaltung und die zu bewerbenden Veranstaltungen. Der Streit um die Zulassung zur Benutzung einer öffentlichen Einrichtung gehöre dem öffentlichen Recht an, während über die Modalitäten der Benutzung, wenn sie privatrechtlich ausgestaltet seien, vor den ordentlichen Gerichten gestritten werden müsse. Das Vergaberecht sei hier nicht einschlägig, insbesondere seien nicht die Vergabekammern für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Die Klägerin begehre die Nutzung der öffentlichen Einrichtungen in Form der Plakatmasthänger. Sie erbringe weder eine Dienstleistung für die Beklagte noch übernehme sie deren Aufgaben. Daher sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. In einem ergänzenden Schreiben vom 30. Juni 2017 führen die Klägervertreter aus, eine Zuständigkeit der Vergabekammern sei vorliegend schon deshalb nicht gegeben, da die erforderlichen Schwellenwerte nicht erreicht würden. Darüber hinaus handle es sich nicht um einen Fall, in welchem ein Träger öffentlicher Gewalt hinsichtlich der Beschaffung von sachlichen Mitteln und Leistungen, die er zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben benötige, handle. Die Beklagte bediene sich lediglich sekundär etwaiger Leistungen des Bewerbers. Vielmehr gehe es um den Zugang zu den im Eigentum der Beklagten stehenden Plakatmasthängern. Dieser Zugang werde vom seitens der Beklagten ausgewählten Bewerber primär zur Ausübung der eigenen wirtschaftlichen Betätigung genutzt. Der Bewerber nutze diese Einrichtungen, um mit Dritten geschlossene Verträge - zur Bewerbung privatrechtlicher Veranstaltungen - zu erfüllen. Es gälten hinsichtlich der Nutzung dieser Plakatierungseinrichtungen lediglich bestimmte Auflagen der Stadt. Sekundär lasse sich die Beklagte im späteren privatrechtlichen Vertrag bestimmte Rechte einräumen, vorwiegend die kostenlose Bewerbung von kulturellen Veranstaltungen der Stadt. Solche Bewerbungen von kulturellen oder öffentlichen Veranstaltungen stellten jedoch keine Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Beklagten, insbesondere keine fiskalischen Geschäfte dar. Der Bieter, der den Zuschlag erhalte, sei folglich auch nicht für die Beklagte als Verrichtungsgehilfe tätig. Der Schwerpunkt bei der streitgegenständlichen Vergabeentscheidung sei der Zugang zu den Plakatmasthängern der Beklagten, um diese für die eigene wirtschaftliche Betätigung zu nutzen. Es handele sich vorliegend also um eine Fallgestaltung, in welcher der Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung begehrt werde, um diese kommerziell wirtschaftlich zu nutzen. Eine Zuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichts sei nach klägerseitiger Auffassung folglich gegeben.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 zu verpflichten, der Klägerin den Zuschlag zur Plakatierung in den Plakatmasthängern der Beklagten in der Stadt ... zu erteilen;

hilfsweise:

die Beklagte zu verpflichten, über die Vergabe der Plakatierung in den Plakatmasthängern der Beklagten in der Stadt ... unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden;

2. die Beklagte zu verpflichten, die bereits erfolgte Zuschlagserteilung zu Gunsten der Beigeladenen hinsichtlich der Plakatierung in den Plakatmasthängern der Beklagten in ... aufzuheben.

Die Beklagte tritt der Klage entgegen, da sie diese für jedenfalls unbegründet hält (wird ausgeführt). Die Klage sei aber auch bereits unzulässig, da der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben sei. Es handele sich nicht um eine Fallkonstellation, in welcher um den Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung gestritten werde. Unter einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) verstehe man eine Einrichtung, die von der Gemeinde im öffentlichen Interesse errichtet und/oder unterhalten, oder durch einen gemeindlichen Widmungsakt entsprechend der Zweckbestimmung der allgemeinen (öffentlichen) Benutzung durch die Berechtigten im Sinne des Art. 21 GO zugänglich gemacht werde. Grundsätzlich zählten Werbeflächen zu den gemeindlichen Einrichtungen. Bei Zugehörigkeit der Einrichtung zu einem fremden Rechtsträger des Privatrechts verlange der Begriff der öffentlichen Einrichtung aber zumindest die auf dem zivilrechtlichen Weg vermittelte Beherrschung durch die öffentliche Hand. Zwar habe die Beklagte durchaus bereits im Rahmen der Ausschreibung mehrere – auch detaillierte – Kriterien zur Ausführung der Plakatierung vorgegeben. Allerdings gingen diese Vorgaben nicht so weit, dass letztlich von einer Weisungsbefugnis der Beklagten auszugehen wäre. Eine Weisungsbefugnis der Beklagten dem Unternehmer gegenüber liege gerade nicht vor. Im Übrigen sei aus den Kriterien in der Ausschreibung nicht erkennbar, dass die Stadt einen Einfluss auf die Akquise von Plakaten Dritter ausüben würde. Es liege daher im Ergebnis kein "maßgeblicher Einfluss" der Beklagten und somit keine Beherrschung durch die öffentliche Hand vor. Schließlich gehe es im vorliegenden Fall auch nicht um den Zugang der Klägerin zu einer (möglicherweise) öffentlichen Einrichtung als solcher, sondern um die Vergabe eines Auftrags bzw. einer Konzession an einen Privaten, dessen sich die Beklagte gleichsam als Verrichtungsgehilfe bedient, um eine (möglicherweise) öffentliche Einrichtung zu betreiben. Eine Zuständigkeit der Vergabekammern sei unterhalb der Schwellenwerte nicht gegeben. Vielmehr sei nach Beklagtenansicht für den vorliegenden Fall der Zivilrechtsweg eröffnet: Der Auftraggeber trete bei der Beschaffung nicht hoheitlich, sondern wie ein privater Nachfrager auf. Daher handle es sich um eine Streitigkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits mit Urteil vom 13. Juni 2007 (Az. 6 B 10/07) klargestellt, dass bei Streitigkeiten unterhalb der Schwellenwerte regelmäßig die Zivilgerichte zuständig seien.

Mit Beschluss vom 19. Juni 2017 wurde die Firma ..., vertreten durch den Inhaber, zum Verfahren beigeladen.

Mit Schreiben vom 1. August 2017 hörte das Gericht die Beteiligten zur beabsichtigten Verweisung an den Zivilrechtsweg an. Innerhalb der eingeräumten Frist gingen hierzu keine weiteren Stellungnahmen mehr ein.

Zur Vervollständigung der Sachverhaltsdarstellung wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um ein Verfahren, das gemäß § 13 GVG als bürgerliche Rechtsstreitigkeit in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt. Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist nicht eröffnet, da keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt.

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Der Charakter des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, nicht dagegen die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch einen Kläger selbst. Vorliegend begehrt die Klägerin aber letztlich, an Stelle der Beigeladenen den Zuschlag für die Plakatierung in den Plakatmasthängern der Beklagten durch Abschluss eines entsprechenden Vertrags zu erhalten, der sich aber als privatrechtlich darstellt.

Die sogenannten Plakatmasthänger, die Gegenstand des ausgeschriebenen Vertrages sind, mögen durchaus als öffentliche Einrichtung anzusehen sein. Dafür spricht schon, dass die Beklagte mit § 1 ihrer "Verordnung zum Schutze des Ortsbildes" vom 7. November 1974 (vgl. www. ...de/images/pdf/satzungen/verordnung_z_schutze_d_ortsbildes.pdf) verboten hat, öffentliche Anschläge, insbesondere politische Wahlplakate, Hinweise auf öffentliche Veranstaltungen sowie sonstige Plakate, Tafeln und Zettel außerhalb der hierfür von der Stadt zum Anschlag bestimmten Plakatsäulen und Plakatanschlagtafeln anzubringen. Dementsprechend hat die Beklagte auch in ihrem Schreiben vom 14. September 2016, mit dem sie die fünf Firmen zur Abgabe von Angeboten aufforderte, ausgeführt, dass die Plakatierung in ... ausschließlich über diese Plakatmasthänger erfolge. Damit ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass die von der Beklagten zur Verfügung gestellten Plakatierungsmöglichkeiten Sachmittel sind, die dem gemeindlichen Interesse des Ortsbildschutzes dienen sollen, indem sie eine den ortsbildgestalterischen Vorstellungen der Gemeinde entsprechende Plakatierung ermöglichen, und von der Gemeinde auch entsprechend gewidmet sind. Sie sind mithin nicht bloße Anlagen, die privatrechtlich für fiskalische Zwecke der Gemeinde betrieben werden. Vielmehr stellen sie eine Einrichtung dar, die von der Gemeinde im öffentlichen Interesse errichtet wurde bzw. unterhalten wird, hierfür gewidmet ist und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Bei der Umsetzung dessen, wie die sonach der Gemeinde zuzurechnenden Einrichtung der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, kann sich die Gemeinde durchaus privater Dritter bedienen, ohne dass allein dadurch die gemeindliche Trägerschaft entfällt. Gegen die Annahme, dass es sich bei den Plakatmasthängern um eine öffentliche Einrichtung handelt, lässt sich nämlich nicht eine privatrechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und dem jeweiligen mal als "Mieter" der Plakatmasthänger, mal als "Auftragnehmer" bezeichneten Vertragspartner anführen. Insoweit hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 23. März 1988 (NVwZ-RR 1988, 71) betreffend die Übertragung der Ausrichtung eines Volksfestes auf einen Privaten ausgeführt:

"Dieses kann sowohl öffentlichrechtlich als auch zivilrechtlich ausgestaltet sein (vgl. Knemeyer, Rdnr. 238 m. w. Nachw.). Es ist deshalb in Rechtsprechung (vgl. VGH München v. 20. 3. 1987 - 4 CE 87 861: Augsburger Kongreßhalle) und Schrifttum (vgl. Herdegen, DÖV 1986, 906; Ehlers, DÖV 1986, 897 Ossenbühl, DVBl 1973, 291) anerkannt, daß eine öffentliche Einrichtung einer Gemeinde auch dann vorliegen kann, wenn der Träger der Einrichtung eine meist in der Hand der Kommune befindliche privatrechtlich organisierte Gesellschaft ist. Das gleiche muß auch dann gelten, wenn sich die Gemeinde im Rahmen des Benutzungsverhältnisses einer natürlichen Person - eines Pächters oder Mieters - bedient (vgl. bereits VGH München v. 18. 10. 1899, VGH 21, 5 (15); so auch Laforet-v. Jan-Schattenfroh, Bayer. GO - 1931 - Art. 44 Anm. 6; zustimmend auch Widtmann-Grasser, Bay. GO, Stand: November 1987, Art. 21 Rdnr. 6; anderer Ansicht Hölzl-Hien, GO für den Freistaat Bayern, Stand: Dezember 1984, Art. 21 Anm. 3b). Das gilt zumindest dann, wenn der Private den Weisungen der Gemeinde untersteht oder der Gemeinde zumindest weitgehende Mitwirkungsrechte zustehen. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, daß der Private lediglich Verrichtungsgehilfe der Gemeinde ist, sich die Gemeinde also des Privaten bedient, um ihre öffentliche Einrichtung zu betreiben."

Vergleichbar liegt der Fall auch hier: Zwar hat sich die Beklagte kein ausdrückliches umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem als "Mieter" der Plakatmasthänger bzw. als "Auftragnehmer" bezeichneten Vertragspartner vorbehalten, mit der sie ihm gegenüber in jeder Einzelfrage detaillierte Vorgaben machen kann. Allerdings hat sie in der Ausschreibung zahlreiche Kriterien genannt, die Vertragsbestandteil werden sollen, und mit denen sie sich zumindest umfangreiche Mitwirkungsrechte vorbehalten hat, die den diesbezüglichen Anforderungen der vorgenannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ebenfalls genügen. Zu verweisen ist vorliegend insoweit auf die Vorgaben zum beschränkten Kreis der zu bewerbenden Veranstaltungen (grundsätzlich nur Veranstaltungen in ..., nur bei freien Kapazitäten auch Veranstaltungen im näheren Umfeld), zum Vorrang kultureller und Vereinsveranstaltungen vor gewerblichen, zur Zahl der Plakate je Veranstaltung und deren Aushangdauer, zum Verbot von Plakaten mit dem Jugendschutz zuwiderlaufenden oder mit erotischen oder dem Allgemeinempfinden nach anstößigen Inhalten, zu den Preisrahmen, zum Zeitpunkt des Plakatwechsels oder vor allem zum (ausnahmslosen) Erfordernis einer Genehmigung der Plakate durch die Beklagte. Dies spricht dafür, die Beklagte weiterhin als Trägerin der gegenständlichen öffentlichen Einrichtung anzusehen, für deren Betrieb sich die Beklagte eines privaten Dritten, nämlich des Partners des ausgeschriebenen Vertrags bedienen will (vgl. zur Thematik auch Widtmann/Grasser/Glaser, GO, Stand: 28. EL Dez. 2015, Art. 21 Rn. 6 und 7). Ob die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses in jedem Detail den öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die Möglichkeit zur Einflussnahme genügt, ist insoweit nicht entscheidend.

Damit geht es vorliegend beim Streit um den Zuschlag für den ausgeschriebenen Vertragsschluss hinsichtlich der Plakatmasthänger aber gerade nicht um den Zugang der Klägerin zur öffentlichen Einrichtung nach Art. 21 GO als solchen, sondern um den Abschluss eines Vertragsverhältnisses über den Betrieb der öffentlichen Einrichtung. Insoweit tritt die Beklagte jedoch nicht hoheitlich auf. Vielmehr wird sie als Nachfrager am Markt tätig, um einen Bedarf an bestimmten Leistungen zu decken. In dieser Rolle als Nachfrager unterscheidet sie sich nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern, was letztlich auch für das dem Abschluss des Vertrages vorausgehende Vergabeverfahren gilt, das der Auswahl der öffentlichen Hand zwischen mehreren Bietern dient: Die Gemeinde trifft in diesem Vergabeverfahren eine Entscheidung über die Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung, die die Rechtsnatur des beabsichtigten bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts teilt; die Vergabe ist insoweit als einheitlicher Vorgang insgesamt dem Privatrecht zuzuordnen (vgl. BVerwG, B.v. 2.5.2007 – 6 B 10/07 – juris, wonach auch für Streitigkeiten über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen mit einem Auftragswert unterhalb der Schwellenwerte nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben ist). Für die Bestimmung des Rechtswegs ist es unerheblich, wenn die öffentliche Hand bei Abschluss zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte auch – zumindest mittelbar – öffentliche Aufgaben wahrnimmt; aus der Tatsache, dass gemeindliche Maßnahmen letztlich der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, kann nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass sie sich auch öffentlich-rechtlicher Mittel zur Erreichung dieser Ziele bedient; die öffentliche Verwaltung kann die ihr anvertrauten öffentlichen Aufgaben, wenn und soweit keine öffentlich-rechtlichen Normen oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen, auch in der Form und mit den Mitteln des Privatrechts erfüllen (vgl. BVerwG, B.v. 2.5.2007 – 6 B 10/07 – juris Rn. 8). Maßgeblich für die Zuordnung eines Rechtsverhältnisses zum öffentlichen Recht oder zum Privatrecht ist nicht das Ziel, sondern die Rechtsform staatlichen Handelns (vgl. BGH, B.v. 23.1.2012 – X ZB 5/11 – juris Rn. 20 im Anschluss an vorgenannte Entscheidung des BVerwG). Ist diese Rechtsform – wie hier mit dem gegenständlichen Vertragsverhältnis – privatrechtlich, so ist es grundsätzlich auch die betreffende Streitigkeit. Zwar mag die Gemeinde bei der Vergabe öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegen, die für Privatpersonen nicht in entsprechender Weise gelten, dies hat jedoch keinen Einfluss auf den Rechtsweg: Ob und in welchem Umfang bei der Auswahl eines Vertragspartners durch die öffentliche Hand eine derartige Bindung besteht, ist keine Frage des Rechtswegs, sondern der zu treffenden Sachentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 2.5.2007 – 6 B 10/07 – juris Rn. 6 m.w.N.). Mithin bleibt es beim zivilrechtlichen Charakter der gegenständlichen Rechtsstreitigkeit.

Der Verwaltungsrechtsweg wird im Übrigen insbesondere auch nicht dadurch eröffnet, dass die Mitteilung über die anderweitige Vergabe des Auftrags von der Klägerin als Bescheid angesehen und ein Widerspruch hiergegen eingelegt worden ist, den die Widerspruchsbehörde wegen fehlender Statthaftigkeit mit Widerspruchsbescheid zurückgewiesen hat. Denn damit hätte es ein unterlegener Bieter in der Hand, allein durch Einlegen eines unstatthaften Rechtsbehelfs in Form eines Widerspruchs Einfluss auf den in der Hauptsache einschlägigen Rechtsweg zu nehmen. Wie oben ausgeführt richtet sich der Rechtsweg aber nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird, und diese ist vorliegend zivilrechtlich.

Schließlich ist der Klägerin und der Beklagten darin zuzustimmen, dass die sich aus § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ergebenden Schwellenwerte für eine Zuständigkeit der Vergabekammern vorliegend nicht erreicht werden und der Rechtsstreit somit schon deshalb nicht der Sonderzuweisung an die Vergabekammern und das Beschwerdegericht gemäß § 156 Abs. 2 Satz 1 GWB unterfällt. Unterhalb der Schwellenwerte bleibt es dann aber bei dem für das fragliche Rechtsverhältnis einschlägigen Rechtsweg (vgl. BVerwG, B.v. 2.5.2007 – 6 B 10/07 – juris, wonach – wie bereits aufgezeigt – auch für Streitigkeiten über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen mit einem Auftragswert unterhalb der Schwellenwerte nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben ist).

Nach allem handelt es sich vorliegend aber um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet ist. Deswegen ist die Klage aber nicht unzulässig, wie von Beklagtenseite geltend gemacht. Vielmehr ist der Rechtsstreit nach erfolgter Anhörung der Beteiligten gemäß § 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an das zuständige Gericht des einschlägigen Rechtswegs zu verweisen, mithin vorliegend an das Amtsgericht ... (vgl. insbesondere § 23 Nr. 1 GVG und § 41 GKG).