OLG München, Urteil vom 17.08.2017 - U 2184/15 Kart
Fundstelle
openJur 2020, 59872
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Mai 2015, berichtigt durch Beschluss vom 22. Juli 2015, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerinnen wenden sich gegen einen von der Beklagten zu 1) den Internetnutzern unentgeltlich angebotenen Werbeblocker.

Die Klägerinnen gehören zur RTL-Gruppe. Die Klägerin zu 2) betreibt die in Anlage K 1 genannten Internetseiten RTL.de, RTLNOW.de, VOX.de, VOXNOW.de, GZSZ.de, Sport.de, VIP.de, Clipfish.de, Wetter.de, Frauenzimmer.de, Kochbar.de, Gamechannel.de, Superrtlnow.de, RTL2Now.de und RTLNitronow.de (im Folgenden: RTL-Seiten). Die Klägerin zu 1) vermarktet Werbung auf den RTL-Seiten. Diese sind für die Internetnutzer überwiegend kostenlos aufrufbar und im Wesentlichen werbefinanziert. Die Klägerin zu 1) vereinnahmt von Werbekunden Entgelte, behält einen Teil davon ein und schüttet den Rest an die Klägerin zu 2) als Betreiberin der RTL-Seiten aus. Die Höhe der durch Onlinewerbung erzielten Werbeerlöse richtet sich nach der Reichweite des Mediums. Diese wird in Tausend-Kontakt-Preisen (TKP) bemessen. Ein Kontakt, auch "Ad Impression" genannt, wird dabei erst dann erzielt, wenn die Werbung im Browser des Nutzers geladen und auf der Bildschirmoberfläche auch wahrnehmbar gemacht wird.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist und der Beklagte zu 2) bis zum 17. Dezember 2015 war, bietet Internetnutzern die unentgeltlich herunterladbare Open-Source Werbeblocker-Software Adblock Plus an, die der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Webseite dient. Adblock Plus ist als Browsererweiterung für die Browser Mozilla Firefox, Google Chrome, Internet Explorer, Opera und Android erhältlich und muss für jeden Browser einzeln installiert werden. Die Software besitzt selbst keine eigene Filter-Funktionalität; um Onlinewerbung zu blockieren, muss sie mit Vorgaben dazu ergänzt werden, welche Werbeinhalte blockiert werden sollen. Diese Vorgaben sind in sogenannten Filterlisten ("Blacklists") enthalten. Der Nutzer kann grundsätzlich selbst entscheiden, welche Filterregeln er anwenden möchte. Bei der Installation von Adblock Plus ist standardmäßig die "Easylist Germany" als Blacklist voreingestellt.

Adblock Plus ergänzt den vom Anwender genutzten Browser dahingehend, dass werbebezogene Informationen nicht mehr beim Nutzer angezeigt werden. Typischerweise werden Informationsinhalte vom Content-Server der Klägerin zu 2) abgerufen, Werbeinhalte hingegen von sogenannten Adservern ausgespielt, die vom Server der Klägerin zu 2) unabhängig sind und Internetadressen haben, die sie als Adserver erkennbar machen. In den Browserfenstern werden Informationen und Werbeinhalte als einheitliches Webseitenangebot dargestellt. Adblock Plus beeinflusst den Zugriff des Browsers auf der Nutzerseite dahingehend, dass nur noch Dateien von den Content-Servern, nicht dagegen Dateien von den Adservern abgerufen werden.

Neben der voreingestellten Blacklist ist bei der Grundeinstellung von Adblock Plus auch eine Liste mit Ausnahmefiltern, eine sogenannte Weiße Liste ("Whitelist"), voreingestellt. Wenn Websites in diese Whitelist aufgenommen sind, werden deren Werbeinhalte nicht mehr blockiert. Bei der Installation von Adblock Plus wird standardmäßig die Einstellung "einige nicht aufdringliche Werbung zulassen" mit der dazugehörigen Whitelist konfiguriert. Die Beklagte zu 1) besorgt regelmäßig Updates dieser Whitelist, die über ihren Server an die Nutzer ausgespielt werden. Der Nutzer kann diese Funktion deaktivieren sowie – bei entsprechenden Computerkenntnissen – einzelne Websites selbst freischalten oder eigene Whitelists erstellen und pflegen. Mehr als 90 % der Internetnutzer, die Adblock Plus verwenden, ändern die Voreinstellungen der Beklagten zu 1) während und nach der Installation jedoch nicht.

Die Aufnahme einer Website in die Whitelist setzt voraus, dass die Werbung den Kriterien der Beklagten zu 1) für "akzeptable" Werbung ("Acceptable Ads") entspricht und sich der Webseitenbetreiber bzw. Vermarkter vertraglich dazu verpflichtet, auf den vorgesehenen Werbeflächen auch in Zukunft nur noch akzeptable Werbung auszuspielen.

Es muss sich dabei nach den Kriterien der Beklagten zu 1) um statische Werbung handeln, die nach Möglichkeit nur Text und keine Aufmerksamkeit erregenden Bilder enthält, die eigentlichen Webseiten-Inhalte nicht versteckt und die auch als Werbung gekennzeichnet ist (vgl. Anlage K 9, Seite 2 – "Welche Werbung ist akzeptabel? "). Mittlerweile hat die Beklagte zu 1) ihre Kriterien zur Zulässigkeit von Bildwerbung geändert. Nunmehr heißt es: "Statische Bildwerbung kann, entsprechend der Bewertung der Unaufdringlichkeit im Gesamtzusammenhang der jeweiligen Webseite, als akzeptabel eingestuft werden." Die Beklagte zu 1) schaltet statische Bildwerbung teilweise frei.

Die Beklagte zu 1) setzt ihre Kriterien für akzeptable Werbung durch Whitelisting-Vereinbarungen mit den Webseitenbetreibern oder Werbenetzwerken, die im Auftrag der Webseitenbetreiber die Vermarktung von Werbeflächen bündeln, durch. Mit Werbekunden selbst schließt sie hingegen keine Vereinbarungen. Sie fordert für die Freischaltung von Werbung von größeren Webseitenbetreibern ein erlösabhängiges Entgelt, regelmäßig in Höhe von 30 % der durch das Whitelisting erzielten Werbeumsätze; zum Teil vereinbart sie auch Pauschalbeträge mit Unternehmen wie beispielsweise Google, Inc., Microsoft Corp. und Amazon, Inc. Die Beklagte zu 1) schloss bislang Whitelisting-Verträge mit einigen hundert Webseitenbetreibern weltweit. Ihren Vertragspartnern bietet die Beklagte zu 1) eine sogenannte Fall-back-Lösung an. Diese ermöglicht es den Webseitenbetreibern, zwischen Besuchern mit und ohne eingeschaltetem Werbeblocker zu unterscheiden, so dass Besucher mit Adblock Plus nur akzeptable Werbung sehen, die übrigen Internetnutzer demgegenüber jegliche Onlinewerbung.

Auf der Startseite https://adblockplus.org/ heißt es u.a. (vgl. Anlage BE 45):

"Adblock Plus

Für ein Web ohne nervige Werbung!

Kann Tracking, Malware-Seiten, Banner, Pop-ups und Videowerbung blockieren – sogar auf Facebook und YouTube

Unaufdringliche Werbung wird nicht blockiert, um Webseiten zu unterstützen (konfigurierbar)

Es ist kostenlos."

Folgt man dem Link "konfigurierbar", gelangt man auf die Unterseite "Akzeptable Werbung in Adblock Plus zulassen" (Anlage BE 46). Dort wird unter der Überschrift "Aber ich hasse jede Werbung!" für den jeweiligen Browser beschrieben, wie man die Funktion deaktivieren und damit jegliche Werbung, auch die von der Beklagten zu 1) als "akzeptabel" eingestufte Werbung, blockieren kann. Dort steht beispielsweise zum Browser Firefox:

"Firefox – Klicken Sie auf das Adblock Plus Symbol und wählen Filtereinstellungen. Deaktivieren Sie den Menüpunkt Einige nicht aufdringliche Werbung zulassen."

Für den Browser Internet Explorer besteht diese Änderungsmöglichkeit erst seit 13. August 2014. Zuvor wurde beim Internet Explorer sämtliche Werbung blockiert.

Die Beklagte zu 1) bestimmt den Inhalt der Whitelist. Nutzer haben die Möglichkeit, sich in einem Forum, in dem Vorschläge für Werbekriterien sowie für das Whitelisting von Websites angekündigt werden, zu äußern. Eine Abstimmung über die Kriterien oder das Whitelisting findet durch die "Community" jedoch nicht statt. Das Prozedere der Freischaltung wurde auf der Internetseite der Beklagten zu 1) https://adblockplus.org/ wie folgt geschildert (Anlage K 9, Seite 4):

"Wie kann ich meine Webseite freischalten lassen?

...

3. Nach der Prüfung und ggf. durchgeführten Änderungen, unterzeichnen beide Parteien eine Vereinbarung.

4. Der Vorschlag zur Freischaltung wird von uns in das Forum gestellt. Die Community hat dann etwa eine Woche lang Zeit, zu bestimmen, ob der Kandidat den Anforderungen entspricht.

5. Falls es keine berechtigten Einwände gibt, werden wir die Werbung freischalten. Diese Werbung wird dann Adblock Plus-Nutzern mit den Standard-Einstellungen angezeigt."

Diese Darstellung wurde von der Beklagten zu 1) mittlerweile geändert; Ziffer 4. lautet nunmehr (vgl. Berufungserwiderung vom 21. Dezember 2015, S. 114 = Bl. 714 d.A.):

"4. Der Vorschlag zur Freischaltung wird von uns in das Forum gestellt, gleichzeitig wird die Werbung freigeschaltet. Der Forumsbeitrag bleibt geöffnet, damit die Community die Werbung bemängeln kann, sofern sie nicht (mehr) den Kriterien entspricht."

Unter https://adblockplus.org/ hieß es bis November 2015 weiter (Anlage K 12):

"Wie verdienen wir Geld?

Wir werden von einigen großen Firmen bezahlt, die unaufdringliche Werbung unterstützen, welche an der Initiative für Akzeptable Werbung teilnehmen möchten.

...

Desweiteren haben wir ein Startkapital von unseren Investoren wie [...] erhalten. Sie glauben an akzeptable Werbung und wollen das Konzept erfolgreich sehen.

Warum brauchen wir Geld?

[...] GmbH, die Firma hinter Adblock Plus, wurde gegründet, um die Welt der Online-Werbung zu verändern. Das ist etwas, was eine Person nicht als Hobby betreiben kann.

...

Bei [...]geht es jedoch nicht nur um Adblock Plus und akzeptable Werbung. Unsere Mission ist es, das Internet zu verbessern. Durch die Schaffung neuer Wege versuchen wir Herausgebern die Möglichkeit zu geben, mit dem Inhalt ihrer Website Geld zu verdienen, ohne ihre Nutzer zu befremden.

...

Werden Sie für Einträge in die Liste bezahlt?

Die Freischaltung ist für kleinere und mittlere Webseiten und Blogs kostenlos. Jedoch fordert die kontinuierliche Betreuung dieser Listen erheblichen Aufwand unsererseits und diese Aufgabe kann nicht vollständig von Freiwilligen übernommen werden, wie es etwa bei den gewöhnlichen Filterlisten der Fall ist. Daher werden wir von einigen größeren Parteien bezahlt, die unaufdringliche Werbung anzeigen und die an der Initiative für Akzeptable Werbung teilnehmen möchten.

Wie kann ich helfen?

Adblock Plus ist ein Open Source Community-Projekt mit dem Ziel, das Internet durch die Eliminierung schlechter Werbung zu verbessern.

Bitte unterstützen Sie uns.

...

Spenden

Mit zusätzlichem Geld werden wir Adblock Plus schneller weiterentwickeln können. Auch Sie können einen Beitrag leisten."

Diese Darstellung auf der Internetseite der Beklagten zu 1) wurde mittlerweile teilweise geändert. Seit Dezember 2015 heißt es (vgl. Berufungserwiderung vom 21. Dezember 2015, S. 118 = Bl. 718 d.A.):

"Wie finanzieren wir uns?

Wir erhalten Spenden von unseren Nutzern, aber der Hauptteil der Einnahmen resultiert aus der Acceptable Ads Initiative. Größere Organisationen entrichten eine Lizenzgebühr für die von ihnen angeforderten und durch uns erbrachten Whitelist-Leistungen (90 Prozent der Lizenzen werden kostenlos erteilt, an kleinere Organisationen). Wichtig ist, dass die Acceptable-Ads-Kriterien immer eingehalten werden müssen, unabhängig davon, ob in Einzelfällen zusätzliche Lizenzgebühren zu zahlen sind. Werden die Kriterien nicht erfüllt, ist das Whitelisting nicht möglich."

Auf den von der Klägerin zu 2) betriebenen Seiten wird im Wesentlichen audiovisuelle Werbung vermarktet, insbesondere Bild- und Videowerbung. Diese Werbeformate entsprechen in aller Regel nicht den "Acceptable Ads" der Beklagten zu 1). Die Klägerinnen sind zum Abschluss einer Whitelisting-Vereinbarung nicht bereit.

Ein Teil der Werbung wird durch Adblock Plus und andere Werbeblocker bei den Nutzern der von der Klägerin zu 2) betriebenen Seiten blockiert. Jedenfalls teilweise sind die Klägerinnen in der Lage, Videowerbung unter Umgehung von Adblock Plus auszuspielen (Anlage B 151). Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter, die damit werben, mit der von ihnen – entgeltlich – angebotenen Software Werbeblocker zu umgehen (vgl. Anlagen BE 13, BE 14, BE 15). Der Anbieter Ooyala nennt die "RTL-Group Germany" als einen der Kunden seiner Umgehungssoftware (Anlage BE 13, Seite 3).

Gemäß den Messungen des Online-Verbraucherkreises (OVK) betrug die Werbeblocker-Rate im zweiten Quartal 2015 21,49 % sowie im vierten Quartal 2015 21,52 % (Anlage BE 64) und sank in der Folgezeit auf 20,09 % im ersten Quartal 2016 und weiter auf 19,43 % im zweiten Quartal 2016 (Anlage BE 65).

Die Klägerinnen haben vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) die Easylist Germany selbst betreibe, kontrolliere und weiterentwickle. Die Easylist Germany werde hauptsächlich von einem Mitarbeiter der Beklagten zu 1) während der üblichen Arbeitszeiten bearbeitet. Adblock Plus mit den voreingestellten Listen sei ein einheitliches Geschäftsmodell, für das die Beklagte zu 1) verantwortlich sei. Sie mache sich die Easylist Germany durch die Voreinstellung jedenfalls zu Eigen und habe ein überragendes Interesse an einer möglichst umfassenden und effektiven Werbeblockade, um anschließend Einnahmen aus der Freischaltung von blockierter Werbung zu erzielen.

Die Beklagte zu 1) habe die geforderten Werbestandards auf bestimmte finanzstarke bzw. ihr nahestehende Unternehmen ausgerichtet. Die Kriterien würden sich an den Bedürfnissen von Suchmaschinenbetreibern und Anbietern von Hyperlink-Werbeformen orientieren. Die Beklagte zu 1) habe von Google, Inc. einen Pauschalbetrag in Höhe von 25 Millionen US-Dollar gefordert und vereinnahmt.

Die Beklagte zu 1) und nicht der Nutzer entscheide, inwieweit Werbung blockiert werde. Sie kontrolliere die Werbeblockade mittels der Easylist Germany und der Whitelist. Dem Durchschnittsnutzer sei aufgrund der unklaren Darstellung auf der Internetseite der Beklagten zu 1) schon gar nicht klar, dass überhaupt akzeptable Werbung angezeigt werde. Rund 60 % der Nutzer von Adblock Plus gingen von einer Vollblockade sämtlicher Werbung aus (Anlage K 42, Seite 6). Die Mehrheit der Nutzer sei auch nicht in der Lage, Veränderungen an den Standardeinstellungen von Adblock Plus vorzunehmen. Die Beklagte zu 1) lege autonom – und jederzeit änderbar – die Kriterien für akzeptable Werbung fest. Diese seien unklar und beinhalteten ergebnisoffene Ermessensentscheidungen. Die Bedingungen der Freischaltungsverträge halte die Beklagte zu 1) vor den Nutzern geheim. Die einzige Handlung, die der Nutzer vornehme, sei die einmalige Installation der Software auf dem Browser. Alles andere steuere die Beklagte zu 1), insbesondere die Pflege und Updates der Software, die Bereitstellung der Easylist Germany, die Festlegung der Kriterien für akzeptable Werbung und den Abschluss der Freischaltungsverträge. Durch die ständigen Änderungen der Whitelist kontrolliere die Beklagte zu 1) die Werbeblockade und deren Umfang.

Die Beklagte zu 1) qualifiziere im Zweifel jeden Anbieter, bei dem sich für sie die Rechnungsstellung lohne, als "größeren Anbieter" und verlange ein Entgelt für die Freischaltung akzeptabler Werbung. Die Möglichkeit der kostenlosen Freischaltung für kleinere Seitenbetreiber werde nur sehr restriktiv gehandhabt und bestehe im Wesentlichen nur für solche Websites, die den Gesellschaftern oder verbundenen Unternehmen der Beklagten zu 1) gehörten. Es sei völlig unklar, wann ein Unternehmen klein, mittelgroß oder groß sei und nach welchen Kriterien die Beklagte zu 1) Freischaltungsgebühren fordere. Mangels verlässlicher Kriterien behandele die Beklagte zu 1) die Unternehmen daher ungleich.

Den Klägerinnen entstünden aufgrund der Werbeblockade durch Adblock Plus ganz erhebliche Einnahmeverluste. Aufgrund eines Tests auf einer kleineren RTL-Seite (RTLNitronow.de), bei dem die Anzahl der durch Adblock Plus unterdrückten Ad Impressions festgestellt worden sei, könne der Einnahmeverlust allein in Bezug auf diese kleine Seite auf monatlich 28.800,– € bis 36.000,– € hochgerechnet werden.

Die Klägerinnen vertreten die Auffassung, das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) sei unlauter. Die Beklagte zu 1) betreibe ein "Mafia-Modell", indem sie von den Webseitenbetreibern ein "Schutzgeld" für die Freischaltung ihrer Werbung verlange. Das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) beeinträchtige die unternehmerische Freiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit der Klägerinnen.

Sie stützen den Klageantrag Ziffer I.1., der auf das Verbot der Werbeblockade mit Freischaltmöglichkeit gerichtet ist, auf § 4 Nr. 4 UWG. Es liege eine gezielte Behinderung sowohl aufgrund der Werbebehinderung als auch aufgrund eines parasitären Ausnutzens der Leistungen der Klägerinnen vor. Eine gezielte Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG sei bereits aufgrund der Verdrängungsabsicht der Beklagten zu 1) anzunehmen, da diese mit der kostenlosen Verteilung des Werbeblockers das Ziel verfolge, nicht akzeptable Werbung gänzlich vom Markt zu drängen, den Klägerinnen diese Einnahmequelle zur Finanzierung ihrer Websites zu nehmen und ihre Marktstellung zu schwächen. Es sei im Hinblick auf die unklaren und intransparenten Angaben zur Funktionsweise von Adblock Plus und der Kontrolle über die freigeschaltete Werbung durch die Beklagte zu 1) nicht von einer autonomen Entscheidung der Nutzer der Software auszugehen.

Hilfsweise stützen die Klägerinnen den Klageantrag Ziffer I.1. auf § 823 I, § 1004 BGB wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie auf kartellrechtliche Vorschriften. Die Beklagte zu 1) sei Monopolistin auf dem eigenständigen Markt der Freischaltung von Werbung. Daneben sei sie mit einem Marktanteil von mindestens 90 % auch auf dem Markt der Werbeblocker marktbeherrschend. Die Beklagte zu 1) beute die Klägerinnen aus und behindere sie unbillig i.S.d. § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, Nr. 2 GWB. Zudem verstoße der Abschluss der Whitelisting-Vereinbarungen zwischen der Beklagten zu 1) und Betreibern von Webseiten gegen das Kartellverbot gemäß § 1 GWB, Art. 101 Abs. 1 AEUV.

Den Hauptantrag Ziffer I.2.1. (Verbot der Verknüpfung von Freischaltung und Vertragsschluss/Entgeltzahlung) und den Hilfsantrag Ziffer I.2.2. (Verbot der Forderung eines erlösabhängigen Entgelts) stützen die Klägerinnen in erster Linie auf § 4 a UWG und nachrangig auf Delikts- und Kartellrecht. Die Beklagte zu 1) übe unangemessenen Druck auf die Klägerinnen im Sinne des § 4 a UWG aus, indem sie ein Entgelt als Gegenleistung dafür fordere, dass die Klägerinnen einen bestimmten Nachteil – die Blockade von Werbung – nicht erleiden. Durch das unentgeltliche Anbieten des Werbeblockers werde die Entscheidungsfreiheit der Webseitenbetreiber erheblich beeinträchtigt. Die objektive Wahrscheinlichkeit, dass die Marktteilnehmer dem unangemessenen Druck der Beklagten zu 1) nachgeben, sei groß. Die Forderung eines Entgelts, insbesondere eines erlösabhängigen Entgelts in Form einer 30 %-igen Beteiligung an den infolge der Freischaltung erzielten Werbeeinnahmen, sei unangemessen hoch.

Den Klageantrag Ziffer I.3. (Verbot des Boykottaufrufs zu Lasten nicht freigeschalteter Werbung) stützen die Klägerinnen auf § 4 Nr. 4 UWG. Die Blockade der Werbeinhalte auf den von der Klägerin zu 2) betriebenen Seiten stelle einen unlauteren Boykottaufruf zu Lasten der Klägerinnen dar. Die Beklagte zu 1) rufe die Internetnutzer mit dem Angebot von Adblock Plus dazu auf, die Werbung derjenigen Seitenbetreiber und Agenturen zu boykottieren, die nicht auf der Whitelist stehen.

Mit dem Hilfsantrag Ziffer I.4. machen die Klägerinnen geltend, dass die Beklagte zu 1) durch die Freischaltung von Werbung ohne Zustimmung der Nutzer diese nach § 7 UWG unzumutbar belästige. Der Nutzer habe durch das Installieren des Werbeblockers zum Ausdruck gebracht, dass er keine Werbung möchte, sofern er der Freischaltung nicht ausdrücklich, z.B. im Wege eines "Opt in", zustimme.

Eine unlautere gezielte Behinderung der Klägerinnen i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG liege auch in der Blockade von Zählpixeln trotz ausgespielter Werbung (Klageantrag Ziffer I.5.). Die Meldung von Zählpixeln an die von Mediaagenturen betriebenen Kontrollserver werde durch Adblock Plus blockiert. Daher wichen die von der Klägerin zu 1) an die Mediaagenturen gemeldeten zutreffenden Zahlen und die von Mediaagenturen ermittelten Zahlen zur ausgespielten Werbung zum Nachteil der Klägerinnen voneinander ab mit der Folge, dass die Mediaagenturen nicht die tatsächlich geschuldeten Zahlungen an die Klägerinnen erbrächten. Diese Behinderung erfolge durch die Beklagte zu 1) gezielt, um die Klägerinnen zum Abschluss eines Freischaltungsvertrages zu bewegen.

Mit den Klageanträgen Ziffern I.6., I.7. und I.8. wenden sich die Klägerinnen gegen eine behauptete Irreführung der Nutzer von Adblock Plus. Die Beklagte zu 1) vermittle auf ihrer Internetseite den Eindruck, dass die Community bestimme, ob eine Werbung den Kriterien für akzeptable Werbung entspreche. Damit werde der Nutzer darüber getäuscht, dass alleine die Beklagte zu 1) über die Freischaltung entscheide (Ziffer I.6.). Zudem täusche die Beklagte zu 1) auch über ihre Gewinnerzielungsabsicht und spiegele stattdessen Gemeinnützigkeit vor. Adblock Plus werde von der Beklagten zu 1) als ein Mittel zur Verbesserung des Internets dargestellt. Die Beklagte zu 1) suggeriere, die Erhebung von Gebühren diene nur der Kostendeckung, während die Entgelte tatsächlich der Gewinnerzielung dienten (Ziffer I.7.).

Die Beklagten zu 2) und zu 3) seien als Initiatoren des Geschäftsmodells und verantwortliche Geschäftsführer für die gerügten Rechtsverstöße haftbar.

Die Klägerinnen haben in erster Instanz beantragt,

die Beklagten zur Unterlassung und Auskunftserteilung zu verurteilen sowie festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, Schadensersatz zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, mit der "Acceptable Ads"-Initiative werde ein Kompromiss angestrebt zwischen dem Finanzierungsbedarf der Webseitenbetreiber über Werbung auf der einen und dem Wunsch der Internetnutzer, keine aufdringliche Werbung eingeblendet zu bekommen, auf der anderen Seite. Die für die Aufnahme in die Whitelist zu erfüllenden Kriterien der Werbung seien erforderlich, um sicherzustellen, dass die werblichen Inhalte den Internetnutzer nicht belästigten. Die Kriterien für akzeptable Werbung seien intensiv mit Nutzern des Programms Adblock Plus diskutiert worden. Die erstellten Kriterien seien nicht auf bestimmte Unternehmen zugeschnitten, sondern gäben schlicht das wieder, was ein Großteil der Verbraucher, die sich an mancher Onlinewerbung stören würden, noch für akzeptabel halte.

Der durchschnittliche Internetnutzer sei aufgrund der ausreichend verständlichen Aufklärung in der Lage, die Freischaltfunktion hinsichtlich akzeptabler Werbung zu deaktivieren. Daher würden ca. 7,5 % der Nutzer diese Opt-out-Möglichkeit nutzen und Werbung vollständig blockieren.

Da es sich bei dem erfolgsabhängigen Entgelt um ein übliches Entgeltmodell handele, sei es unerheblich, ob der Leistung der Beklagten zu 1) entsprechende Kosten gegenüberstünden. Sie müsse aber tatsächlich einen erheblichen Aufwand betreiben, um ihre Dienstleistungen anzubieten, da sowohl die Freischaltung als auch die spätere Überwachung, bei der die Beklagte zu 1) die Einhaltung der Kriterien für akzeptable Werbung überprüfe, sehr aufwendig seien. Die Erhebung unterschiedlicher Entgelte sei nicht zu beanstanden. Von Bloggern und kleinen Seitenbetreibern verlange sie die Zahlung von 30 % der zusätzlich erwirtschafteten Werbeerlöse unter anderem deswegen nicht, um die Vielfalt im Internet zu unterstützen und kleine und mittlere Seitenbetreiber zu schützen. Zudem sei bei diesen Seiten der Prüfungsaufwand verhältnismäßig gering.

Die Verbreitung von Adblock Plus in Deutschland liege lediglich bei 4,32 %. Die Werbeblockerrate sei rückläufig und werde auch künftig weiter fallen. Die Entwicklung der Vermarktung von Onlinewerbung habe sich trotz der Existenz von Werbeblockern auch in den Jahren 2015 und 2016 mit zum Teil hohen Zuwachsraten der Brutto-Werbeeinnahmen im Instream-Videoanzeigenmarkt positiv entwickelt (vgl. Anlagen BE 7, BE 8, BE 63).

Soweit die Klägerinnen die Blockade von Zählpixeln monierten, so werde die Verwendung des Trackingpixels in aller Regel nur dann blockiert, wenn auch die Werbung blockiert werde. Die Zahl der Abweichungen von ausgespielter Werbung und gemeldeter Werbung dürfte nur Einzelfälle betreffen. Dies habe aber seine Ursache nicht in der Verwendung von Adblock Plus, sondern könne ebenso durch jeden anderen auf dem Markt befindlichen Adblocker verursacht worden sein. Auch andere technische Gründe seien denkbar, da jede Verhinderung des Trackings auch die Auslieferung von Zählpixeln störe.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass die Klageanträge teilweise unbestimmt und damit unzulässig, teilweise zu weit und auch im Übrigen unbegründet seien.

Die Klage sei im Hauptantrag Ziff. I.1. abzuweisen; es liege weder eine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG noch ein Verstoß gegen delikts- und kartellrechtliche Vorschriften vor. Der Bundesgerichtshof habe entschieden, dass eine Behinderung durch einen Werbeblocker grundsätzlich zulässig sei, wenn der Nutzer über die Blockade von Werbung entscheide, was vorliegend der Fall sei. Es liege weder eine Verdrängungs- oder Behinderungsabsicht noch eine unmittelbare Einwirkung auf das Produkt eines Mitbewerbers durch die Beklagte zu 1) vor. Die Internetnutzer empfänden Art und Inhalte von Werbung oft als störend oder belästigend. Besonders negativ wirke sich Internetwerbung auf schutzbedürftige Verbrauchergruppen wie beispielsweise Kinder und Jugendliche aus. Des Weiteren stelle Werbung im Internet ein Sicherheitsrisiko dar, da sich darin Schadsoftware verbergen könne. Auch unter Datenschutzaspekten sei Internetwerbung bedenklich, da Onlinewerbung häufig Cookies auf den Rechnern der Internetnutzer hinterlasse oder auf andere Weise das Online-Verhalten des Nutzers ausgespäht werde. Schließlich führe Werbung zu Bandbreitenverlusten. Den Klägerinnen stünden diverse Reaktionsmöglichkeiten wie Sperrmaßnahmen gegen Werbeblocker, alternative Finanzierungsmöglichkeiten mit digitalen Bezahlmodellen sowie technische Umgehungsmaßnahmen gegen Werbeblocker, die sie im Rahmen der Videowerbung auch erfolgreich umgesetzt hätten, zur Verfügung.

Ein Missbrauch von Marktmacht gemäß § 18, § 19 GWB scheitere bereits an der fehlenden marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1). Die Verteilung der Software Adblock Plus erfolge kostenlos und sei aus diesem Grunde gar keinem Markt zuzurechnen. Jedenfalls handele die Beklagte zu 1) nicht missbräuchlich, es liege weder ein Behinderungsmissbrauch noch ein Ausbeutungsmissbrauch vor. Das Fordern eines Entgelts als solches sei ebenso wenig missbräuchlich wie die konkrete Höhe des geforderten Entgelts. Das Auseinanderfallen von Aufwand und Entgelt im Einzelfall sei einem erfolgsabhängigen Entgeltmodell immanent.

Auch die Voraussetzungen der Ausübung von Druck gemäß § 4 a UWG lägen nicht vor. Die Whitelist-Funktion eröffne lediglich weitere Möglichkeiten der Verbreitung von Werbung. Eine unzumutbare Belästigung der Nutzer gem. § 7 Abs. 1 UWG scheitere daran, dass das Ausspielen derjenigen Werbung, die den Acceptable Ads-Kriterien entspreche – im Gegensatz zur klägerischen Werbung – gerade keine unzumutbare Belästigung darstelle. Vor allem aber habe der Nutzer, der Adblock Plus in der Standardeinstellung verwende, gerade zu erkennen gegeben, dass er akzeptable Werbung hinnehme. Auch die mit den Klageanträgen Ziffern I.6. bis I.8. behauptete Irreführung der Nutzer liege nicht vor.

Mit Urteil vom 27. Mai 2015 – 37 O 11843/14, juris –, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung. Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Soweit das Landgericht die Unterlassungsanträge Ziffer I.8. und die Auskunftsansprüche (Klageantrag Ziffer III.) abgewiesen hat, werden diese im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt.

Nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen den Klageantrag Ziffer I.1. aus dem Schriftsatz vom 27. August 2015 mit der Maßgabe abgeändert, dass nach "zu blockieren" eingefügt wird "und/oder diesen Werbeblocker anzubieten".

Die Klägerinnen beantragen:

I. Den Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (insgesamt bis zu zwei Jahren), im Falle der Beklagten zu 1) zu vollziehen an deren Geschäftsführern, verboten,

mit dem Werbeblocker "AdBlock Plus", bestehend aus einer Software, die mit Hilfe von Filterlisten werbliche Inhalte auf Internet-Seiten so blockiert, dass sie dem Nutzer nicht angezeigt werden, wobei die Beklagten durch Bearbeitung mindestens einer der Filterlisten Werbung freischalten können, Werbung auf den von der Klägerin zu 1) vermarkteten und/oder von der Klägerin zu 2) betriebenen Internet-Seiten zu blockieren und/oder diesen Werbeblocker anzubieten, insbesondere auf den in Anlage K 1 genannten Internetseiten;

2.1 die in Ziffer I.1 der Klageanträge beschriebene Freischaltung von Werbung auf den von der Klägerin zu 1) vermarkteten und/oder von der Klägerin zu 2) betriebenen Internet-Seiten, insbesondere auf den in Anlage K 1 genannten Internet-Seiten, von dem Abschluss eines Vertrages mit der Beklagten zu 1) und/oder der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen;

2.2 hilfsweise zu I.2.1:

die in Ziffer I.1 der Klageanträge beschriebene Freischaltung von Werbung auf den von der Klägerin zu 1) vermarkteten und/oder von der Klägerin zu 2) betriebenen Internet-Seiten, insbesondere auf den in Anlage K 1 genannten Internet-Seiten, von der Zahlung eines erlösabhängigen Entgelts abhängig zu machen;

bestehende oder potentielle Nutzer dazu aufzurufen, den in Ziffer 1 beschriebenen Werbeblocker "AdBlock Plus" dazu einzusetzen, die Werbung auf den von der Klägerin zu 1) vermarkteten und/oder von der Klägerin zu 2) betriebenen Internet-Seiten zu blockieren, insbesondere auf den in Anlage K 1 genannten Internet-Seiten;

hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag I.1 nicht stattgegeben wird:

bei dem in Ziffer 1 beschriebenen Werbeblocker "AdBlock Plus" wie in Ziffer 1 beschrieben Werbung freizuschalten, sofern diese Freischaltung nicht ausschließlich mit Wirkung für solche Nutzer des in Ziffer I.1 beschriebenen Angebots "AdBlock Plus" erfolgt, die der Freischaltung zuvor ausdrücklich, zum Beispiel im Wege eines "Opt in" zugestimmt haben;

die Kommunikation zwischen den Rechnern der Nutzer von "AdBlock Plus" und Servern von Mediaagenturen in der Weise zu beeinträchtigen, dass die Meldung über die den Nutzern im Internet-Browser tatsächlich angezeigte Internet-Werbung auf den in Anlage K 1 genannten Internet-Seiten gestört wird, insbesondere in Form der Blockade der Kommunikation der Rechner der Nutzer von "AdBlock Plus" mit den Servern der Mediaagenturen Aegis Media Central Services GmbH (Aegis Media) und/oder MPG Media Planning Group GmbH (Havas Media Group);

die Funktionsweise des Werbeblockers "AdBlock Plus" gegenüber Endnutzern in der Weise darzustellen, dass die Freischaltung von Werbung durch die Gemeinschaft der Nutzer, "Community", erfolgt;

die Tätigkeit der Beklagten zu 1) im Hinblick auf den Werbeblocker "AdBlock Plus" gegenüber Endnutzern in der Weise darzustellen, dass die Tätigkeit als uneigennützig und/oder ohne Gewinnerzielungsabsicht dargestellt wird.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägerinnen wegen der unter Ziffer I bezeichneten Handlungen, soweit über die Anträge entschieden wird, für die Zeit seit dem 7. April 2014 Schadensersatz zu zahlen.

Die Beklagten verteidigen das angegriffene Urteil und beantragen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2017 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Den Klägerinnen stehen die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzfeststellungsanträge weder aus lauterkeitsrechtlichen noch aus delikts- oder kartellrechtlichen Vorschriften zu.

I. Der mit dem Hauptantrag Ziffer I.1. geltend gemachte Unterlassungsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Soweit die Klägerinnen nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung den Berufungsantrag Ziffer I.1. dahingehend modifiziert haben, dass den Beklagten auch verboten werden soll, den Werbeblocker Adblock Plus mit Freischaltungsmöglichkeit anzubieten, handelt es sich um eine zulässige Klageänderung gemäß § 533 ZPO.

Nach dieser Vorschrift kann ein Berufungsführer im Wege der erweiternden Klageänderung einen neuen Streitgegenstand einführen, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (vgl. § 533 Nr. 1 ZPO) und dieser auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (vgl. § 533 Nr. 2 ZPO). Beide Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Zwar haben die Beklagten der Klageerweiterung nicht zugestimmt. Der Senat erachtet sie indes als sachdienlich, weil sie den bereits im ersten Rechtszug angesprochenen Unlauterkeitsmerkmalen Rechnung trägt und auch auf keine anderen Tatsachen gestützt ist als die im Rahmen der Prüfung des Unterlassungsantrags ohnehin heranzuziehenden.

2. Der Unterlassungsantrag entspricht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ist auch im Übrigen zulässig.

a) Nach der genannten Vorschrift darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH GRUR 2017, 537 – Konsumgetreide Tz. 12).

b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag.

aa) Die Bezeichnung der klägerischen Websites ist hinreichend bestimmt, da die von der Klägerin zu 1) vermarkteten und von der Klägerin zu 2) betriebenen Websites bestimmbar sind. Der "Betreiber" einer Website lässt sich im Regelfall bereits dem Impressum entnehmen.

bb) Durch die Bezugnahme auf den Werbeblocker "Adblock Plus" der Beklagten zu 1) mit der Möglichkeit einer Freischaltung ist der Unterlassungsantrag auch insoweit hinreichend bestimmt, als die Software mit der im Antrag genannten Funktionsweise verboten werden soll; den Beklagten ist insofern eine ausreichende Verteidigung möglich. Inwieweit künftige Änderungen der Software auch unter den Verbotstenor fallen, ist gegebenenfalls im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens unter Heranziehung der Urteilsgründe zu prüfen.

3. Ein Unterlassungsanspruch wegen gezielter Mitbewerberbehinderung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3, § 4 Nr. 4 UWG besteht nicht.

Der Antrag ist auf das Verbot einer von der Beklagten zu 1) kontrollierten Werbeblockade und/oder des Anbietens der Software Adblock Plus zur Blockierung von Inhalten auf den von der Klägerin zu 1) vermarkteten und von der Klägerin zu 2) betriebenen Internetseiten gerichtet, wenn durch Bearbeitung mindestens einer Filterliste Werbung freigeschaltet werden kann – unabhängig davon, unter welchen Bedingungen dieses Whitelisting erfolgen soll. Da nicht jede Art des Whitelistings den Unlauterkeitsvorwurf begründet, erfasst der Antrag jedenfalls auch Handlungen, die nicht unlauter sind, und ist deshalb insgesamt unbegründet.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die Klägerin zu 2) allerdings als Mitbewerberin der Beklagten zu 1) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen diese geltend machen. Ob zwischen der Klägerin zu 1), die Werbung auf den von der Klägerin zu 2) betriebenen Websites vermarktet, und der Beklagten zu 1) ein Wettbewerbsverhältnis besteht, kann dahinstehen, da das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1) jedenfalls nicht unlauter ist.

aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH Urt. v. 26. Januar 2017 – I ZR 217/15, juris, – Wettbewerbsbezug Tz. 16; BGH GRUR 2017, 397 – World of Warcraft II, Tz. 45; jeweils m.w.N.).

bb) Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Anbieterin werbefinanzierter Internetinhalte ist durch das Auftreten auf zwei verschiedenen Märkten gekennzeichnet:

Zum einen bietet die Klägerin zu 2) – vermittelt durch die Klägerin zu 1) – gegen Entgelt Gelegenheit für die Wiedergabe von Werbung in ihrem Internetauftritt an, woraus sie sich finanziert. Es kann dahinstehen, ob sie oder die Klägerin zu 1) auf diesem Markt der Beklagten zu 1) als Mitbewerberin gegenübersteht.

Denn zum anderen bietet die Klägerin zu 2) den Nutzern ihre Inhalte unentgeltlich an. Diese Unentgeltlichkeit steht hier – anders als etwa bei werbefreien Rundfunkprogrammen (vgl. Senat, Urt. v. 27. Juli 2017 – U 2879/16 Kart – Frequenzwechsel) – der Anwendung des Lauterkeitsrechts nicht entgegen, weil die Leistungen der Klägerin zu 2) gleichwohl abgesetzt – das heißt, im weitesten Sinne gegen Entgelt vertrieben (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 2 UWG Rz. 95 i.V.m. Rz. 21; Keller in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 2 Rz. 125 i.V.m. Rz. 27; Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 2 UWG Rz. 45; Lehmler in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz – Urheberrecht – Medienrecht, 3. Aufl. 2015, § 2 UWG Rz. 63 i.V.m. Rz. 11; jeweils m.w.N.) – werden. Denn auch das Angebot journalistischer Inhalte ist als Leistung anzusehen, durch welche die Attraktivität des gesamten Internetauftritts einschließlich der Werbeinhalte erhöht wird und die deshalb Teil dessen ist, was durch die für die Werbeinhalte geleisteten Entgelte abgegolten wird (vgl. BGH GRUR 2004, 602 [603] – 20 Minuten Köln).

Jedenfalls auf dem Markt, auf dem die Klägerin zu 2) ihre Inhalte den Nutzern anbietet, tritt die Beklagte zu 1) mit dem angegriffenen Verhalten mit der Klägerin zu 2) in Wettbewerb. Das von der Beklagten zu 1) angebotene Programm mit Werbeblocker-Funktion stellt zwar eine andersartige gewerbliche Leistung dar als diejenige, welche die Klägerin zu 2) den Nutzern präsentiert. Die Beklagte zu 1) wendet sich mit ihrem Angebot aber ebenso wie die Klägerin zu 2) – wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung – an Nutzer. Während die Klägerin zu 2) möglichst viele Nutzer zu erreichen versucht, die ihre Inhalte und insbesondere die darin enthaltene Werbung abrufen, wendet sich die Beklagte zu 1) an Nutzer, die beim Abruf der von der Klägerin zu 2) angebotenen Inhalte die damit verbundene Werbung nicht mitabrufen wollen. Eine geringere Anzahl von Werbeabrufen mindert aus der Sicht der Werbekunden die Attraktivität der von der Klägerin zu 2) angebotenen Werbeplätze und kann daher deren Absatz behindern (vgl. BGH GRUR 2004, 877 [879] – Werbeblocker zu einem Fernsehwerbesendungen blockierenden Gerät).

b) Das Angebot der Beklagten zu 1) stellt eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Nr. 1 UWG dar.

Nach dieser Vorschrift ist geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Die Beklagte zu 1) bietet ihr Programm selbst zwar unentgeltlich an; dieses Angebot dient jedoch – im Hinblick auf größere Websitebetreiber – der Vorbereitung der entgeltlichen Aufnahme von Websites in die Whitelist. Damit besteht der erforderliche objektive Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen.

Für die Beurteilung, ob ein Verhalten eine geschäftliche Handlung darstellt, ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) unerheblich, ob das angegriffene Verhalten selbst oder die damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte gegenüber dem Mitbewerber erfolgen, der dagegen lauterkeitsrechtlich vorgeht.

c) Den Klägerinnen steht der geltend gemachte Anspruch jedoch nicht zu, weil nicht jedes zu verbietende Verhalten eine geschäftliche Handlung darstellt.

Die Klägerinnen verfolgen einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Angebots der Software der Beklagten zu 1), der nur voraussetzt, dass die Blockierung von Inhalten auf der Internetseite der Klägerin zu 2) der Vorbereitung eines – wie auch immer ausgestalteten – Whitelistings dient. Er erfasst damit auch den Fall, dass das Angebot der Software auf die Vorbereitung lediglich eines unentgeltlichen Whitelistings gerichtet ist. Insoweit fehlt es schon an einer geschäftlichen Handlung, ohne die ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht in Betracht kommt (vgl. BGH GRUR 2006, 428 – Abschleppkosten-Inkasso Tz. 12 m.w.N.).

Denn diese Gestaltung verlässt das von der Beklagten zu 1) derzeit praktizierte Geschäftsmodell, bei dem sie sich über die Einnahmen aus den von ihr mit einigen Seitenbetreibern geschlossenen entgeltlichen Verträgen finanziert. Wird das Whitelisting nicht zumindest teilweise gegen Entgelt, sondern immer unentgeltlich angeboten, so werden die Leistungen der Beklagten zu 1) nicht abgesetzt, das heißt im weitesten Sinne gegen Entgelt vertrieben, so dass es an dem für die Annahme einer geschäftlichen Handlung erforderlichen Unternehmensbezug fehlt (vgl. Köhler, a.a.O., § 2 UWG Rz. 21; Keller, a.a.O., § 2 Rz. 27; Sosnitza, a.a.O., § 2 UWG Rz. 45; Lehmler, a.a.O., § 2 UWG Rz. 11; jeweils m.w.N.).

d) Im Hinblick auf den Klageantrag Ziffer I.1. kann deshalb dahin stehen, ob die konkrete Vorgehensweise der Beklagten zu 1) unlauter ist, bei der jedenfalls teilweise ein entgeltliches Whitelisting vorbereitet wird.

Der Unterlassungsantrag enthält weder eine allgemeine Beschränkung auf Handlungen im geschäftlichen Verkehr oder zu Zwecken des Wettbewerbs noch eine konkrete Beschränkung auf die Entgeltlichkeit des Whitelistings, zu dessen Vorbereitung die zu verbietenden Handlungen des Anbietens, Bewerbens oder Vertreibens der Software vorgenommen werden. Eine Beschränkung auf entgeltliches Whitelisting kann auch der namentlichen Bezugnahme auf die konkrete Software nicht entnommen werden, da diese mit den vertraglichen Bedingungen, zu denen die Beklagte zu 1) das Whitelisting vornimmt, nichts zu tun hat.

Hinzu kommt, dass die Klägerinnen die Klageanträge Ziffern I.2.1. und I.2.2. ausdrücklich gegen die Bedingungen der Freischaltung richten, wonach die Beklagte zu 1) für die Freischaltung der Werbung den Abschluss eines Vertrages und/oder die Zahlung eines Entgelts (Ziffer I.2.1.) bzw. ein erlösabhängiges Entgelt fordert (Ziffer I.2.2.). Die Klägerinnen haben damit zum Ausdruck gebracht, dass der Unterlassungsantrag Ziffer I.1. zumindest auch gegen ein Whitelisting ohne diese Einschränkungen, insbesondere gegen ein unentgeltliches Whitelisting, gerichtet ist.

Der Antrag Ziffer I.1. erfasst daher auch Handlungen, die schon deshalb nicht unlauter sind, weil sie keine geschäftlichen Handlungen darstellen, und ist deshalb unbegründet (vgl. BGH GRUR 2014, 393 – wetteronline.de Tz. 47 m.w.N.).

Wegen des zu weiten Antragsinhalts käme eine Verurteilung hinsichtlich der konkreten Verletzungsform als minus selbst dann nicht in Betracht, wenn die konkrete Vorgehensweise der Beklagten zu 1) unlauter wäre. Denn es ist nicht Sache der Gerichte, einen zu weit gefassten Antrag so umzuformulieren, dass er Erfolg hat oder haben könnte (vgl. BGH GRUR 2002, 187 [188] – Lieferstörung; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 12 UWG Rz. 2.44).

4. Zutreffend hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerinnen gemäß § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB unter dem hilfsweise geltend gemachten Gesichtspunkt der Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint.

a) Die Anwendung dieses Auffangtatbestandes kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn es darum geht, eine regelungsbedürftige Lücke im Rechtsschutz zu schließen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880).

Das ist hier jedenfalls im Hinblick auf die Klägerin zu 2) nicht der Fall. Da – wie oben unter Ziffer I.3.a) ausgeführt wurde – zwischen der Klägerin zu 2) und der Beklagten zu 1) ein Wettbewerbsverhältnis besteht, sind wettbewerbsrechtliche Vorschriften grundsätzlich vorrangig anzuwenden. Ein nach ihnen nicht zu beanstandendes Verhalten stellt auch keinen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880). Da der Klageantrag Ziffer I.1. lauterkeitsrechtlich zu weit gefasst ist, kommt auch eine Verurteilung nach § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB nicht in Betracht.

b) Hinsichtlich der Klägerin zu 1) liegt kein unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff durch die Beklagte zu 1) vor.

aa) Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über die bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen. Unmittelbare Eingriffe in das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb, gegen die § 823 Abs. 1 BGB Schutz gewährt, sind nur diejenigen, die gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen (vgl. BGH GRUR 2014, 904 Tz. 12 – Aufruf zur Kontokündigung).

bb) Die Beklagte zu 1) greift jedoch allenfalls in den Ablauf der Internetseiten und damit in den Betrieb und die Organisation der Klägerin zu 2) als Webseitenbetreiberin unmittelbar ein. Soweit sich ein solcher Eingriff auch auf die Klägerin zu 1) dadurch auswirkt, dass sich deren Provisionsansprüche gegen die Klägerin zu 2) für die Vermarktung der Werbeflächen durch die teilweise Blockierung von Werbung reduzieren, handelt es sich lediglich um eine mittelbare Beeinträchtigung, die für einen betriebsbezogenen Eingriff nicht ausreicht (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 823 Rz. 135 m.w.N.).

5. Die Klägerinnen können den Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18, § 19 GWB wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung stützen.

Es fehlt bereits an einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1) in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche. Sie ist damit schon nicht Normadressatin i.S.d. § 19 GWB, so dass offen bleiben kann, ob ein Missbrauchstatbestand im Streitfall erfüllt ist.

a) Der nach § 18 Abs. 1 GWB sachlich und örtlich relevante Markt ist vorliegend weder der Markt der Werbeblocker noch der Markt der Freischaltung von Onlinewerbung, sondern der Markt des Zugangs zu Internetnutzern in Deutschland.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) fehlt es nicht an der für einen Markt erforderlichen Austauschbeziehung, weil sie ihren Werbeblocker den Internetnutzern unentgeltlich anbietet.

Ein Markt kann auch ohne Entgeltleistung vorliegen (vgl. § 18 Abs. 2 a GWB in der seit dem 9. Juni 2017 geltenden Fassung). Zwar rechtfertigt die Feststellung einer unentgeltlichen Austauschbeziehung nicht stets die Annahme, dass ein wettbewerbsrechtlich relevanter Markt vorliege; werden unentgeltliche Leistungen aus nichtwirtschaftlichen Motiven angeboten, ohne Teil einer zumindest mittelbar oder längerfristig auf Erwerbszwecke angelegten Strategie zu sein, fehlt die entsprechende Relevanz (vgl. BT-Drs. 18/10207, S. 48). Im Streitfall bietet die Beklagte zu 1) ihren Werbeblocker jedoch aus wirtschaftlichen Motiven standardmäßig mit installierter Whitelist an. Der unentgeltliche Vertrieb der Software dient der Vorbereitung der entgeltlichen Aufnahme von größeren Websites in die Whitelist.

bb) Auszugehen ist bei der sachlichen Marktabgrenzung von dem Bedarfsmarktkonzept. Danach sind dem relevanten (Angebots-)Markt alle Produkte zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (st. Rspr., vgl. BGH WRP 2017, 707 Tz. 20 – Kabelkanalanlagen m.w.N.).

Die Beklagte zu 1) bietet den Endkunden Werbeblocker sowie Webseitenbetreibern und Werbenetzwerken die Freischaltung der Werbung durch Whitelisting an. Die Klägerinnen fragen jedoch weder Werbeblocker nach noch beantragen sie mit dem Hauptantrag Ziffer I.1. den Abschluss einer Whitelisting-Vereinbarung. Ob die Beklagte zu 1) hinsichtlich des Angebots von Werbeblockern eine marktbeherrschende Stellung oder hinsichtlich des Whitelistings eine Monopolstellung hat, ist somit hinsichtlich des Hauptantrags Ziffer I.1. schon aufgrund des Klagebegehrens nicht von Relevanz.

Die Klägerin zu 2) will vielmehr die mit den Inhalten ihres Internetangebots verbundene Werbung möglichst vielen Internetnutzern darbieten und wendet sich dagegen, dass die Beklagte zu 1) ihr diesen Zugang zu den Nutzern, die den Werbeblocker der Beklagten zu 1) verwenden, verwehrt. Für die Frage einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1) ist somit darauf abzustellen, in welchem Maße die Beklagte zu 1) der Klägerin zu 2) den Zugang zu den Internetnutzern verwehren kann; maßgeblich ist deshalb, welchen Anteil die Kunden der Beklagten zu 1) an der Gesamtheit der Internetnutzer in Deutschland darstellen. Der für die Klägerin zu 2) im Hinblick auf die von ihr verbreitete Werbung und damit auch deren Blockierung relevante Markt ist daher der Markt des Zugangs zu den Internetnutzern.

b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte zu 1) auf diesem sachlich relevanten Markt in Deutschland über keine Marktbeherrschung verfügt.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass allenfalls etwas über 20 % aller deutschen Internetnutzer Adblock Plus verwenden. Die Klägerinnen wenden sich in der Berufungsbegründung vom 27. August 2015 gegen diese Feststellung nicht (S. 54 = Bl. 561 d.A.). Unter Berücksichtigung der – von den Klägerinnen nicht bestrittenen – OVK-Messungen aus den Jahren 2015 und 2016, wonach die deutschlandweite Werbeblocker-Rate im zweiten Quartal 2015 21,49 % betragen hat (Anlage BE 64) und in der Folgezeit von 20,09 % im ersten Quartal 2016 auf 19,43 % im zweiten Quartal 2016 gesunken ist (Anlage BE 65), haben die Klägerinnen auch zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten zu 1) i.S.d. § 18 GWB nicht dargetan. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen in der Berufungsbegründung sind der Beklagten zu 1) auch nicht etwaige Marktanteile derjenigen Unternehmen auf dem Internet-Werbemarkt, die mit ihr Freischaltungsverträge abgeschlossen haben, zuzurechnen.

Selbst bei einem unterstellten Marktanteil von Adblock Plus in Höhe von 90 % auf dem Markt der Werbeblocker ist davon auszugehen, dass weniger als 20 % aller deutschen Internetnutzer den Werbeblocker verwenden und die Beklagte zu 1) insofern keine marktbeherrschende Stellung i.S.d. § 18 Abs. 3 und 4 GWB hat.

6. Soweit sich der Antrag dagegen wendet, dass die Beklagte zu 1) die Internetseiten blockiert, bleibt er ohne Erfolg, weil es sich um eine autonome Nutzerentscheidung handelt, die Software einzuschalten (s.u. unter II.1.b) cc) bbb)).

II. Die mit dem Hauptantrag Ziffer I.2.1. und dem Hilfsantrag Ziffer I.2.2. geltend gemachten Unterlassungsanträge sind zulässig, aber unbegründet. Die Anträge sind gegen die Bedingungen der Freischaltung gerichtet, wonach die Beklagte zu 1) für die Freischaltung der Werbung den Abschluss eines Vertrages und/oder die Zahlung eines Entgelts (Ziffer I.2.1.) bzw. ein erlösabhängiges Entgelt fordert (Ziffer I.2.2.).

1. Das angegriffene Angebot der Beklagten zu 1) ist nicht lauterkeitsrechtlich unzulässig. Die von den Klägerinnen als verletzt gerügten Tatbestände der gezielten Mitbewerberbehinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG und der aggressiven geschäftlichen Handlung i.S.d. § 4 a UWG sind nicht erfüllt.

a) Wie bereits dargelegt, ist zumindest die Klägerin zu 2) Mitbewerberin der Beklagten zu 1) (s.o. unter I.3.a) und ist das Verhalten der Beklagten zu 1) als geschäftliche Handlung anzusehen (s.o. unter I.3.b)).

b) Der unentgeltliche Vertrieb der Software zur Vorbereitung eines entgeltlichen Whitelistings stellt keine gezielte Mitbewerberbehinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG dar.

aa) Da der auf eine Verletzungshandlung gestützte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, wäre der entsprechende Hauptantrag nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1) sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme unlauter war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz unlauter ist (vgl. BGH, Urt. v. 2. März 2017 – I ZR 41/16, juris, – Komplettküchen Tz. 13 m.w.N.). Nach den mit der Klage vom 18. Juni 2014 angegriffenen Handlungen der Beklagten zu 1) ist das Lauterkeitsrecht mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 2015, S. 2158) novelliert worden. Der Tatbestand der gezielten Mitbewerberbehinderung, der sich in § 4 Nr. 10 UWG a.F. und § 4 Nr. 4 UWG wortgleich findet, hat sich in der Sache nicht geändert (vgl. BGH, a.a.O. – World of Warcraft II Tz. 48).

bb) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH, a.a.O., – World of Warcraft II Tz. 49 m.w.N.).

cc) Die Blockierung von Werbung als solche (das Blacklisting) begründet nicht den Vorwurf der gezielten Mitbewerberbehinderung.

aaa) Der Streitfall bietet keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte zu 1) verfolge mit ihrem Angebot den Zweck, die Klägerinnen oder andere Anbieter von Internetinhalten, die Werbung enthalten, zu verdrängen, sondern setzt deren Leistungen voraus (vgl. auch BGH GRUR 2014, 785 – Flugvermittlung im Internet Tz. 25).

bbb) Eine unlautere produktbezogene Behinderung kommt beim Vorliegen einer unmittelbaren Einwirkung auf das Produkt des Mitbewerbers – etwa dadurch, dass dieses vernichtet oder beschädigt wird – in Betracht. An einer solchen unmittelbaren Einwirkung auf die von der Klägerin zu 2) angebotenen Dienstleistungen durch die Beklagte zu 1) fehlt es im Streitfall.

Die Beklagte zu 1) wirkt auf die abrufbaren Internetinhalte der Klägerin zu 2) und namentlich auch auf die darin enthaltene Werbung nicht unmittelbar ein (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879). Sie ermöglicht es den Nutzern lediglich, nicht alle von der Klägerin zu 2) angebotenen Inhalte – insbesondere nicht die Werbeinhalte – abzurufen. Dabei bleibt das an die Gesamtheit der Nutzer gerichtete Angebot unverändert; lediglich beim konkreten, das Programm der Beklagten zu 1) verwendenden Nutzer erfolgt die von diesem gewünschte Nichtanzeige der von den Klägerinnen vorgesehenen Werbeinhalte.

Darin, dass Werbeinhalte nicht von den entsprechenden Servern abgerufen werden, kann kein lauterkeitsrechtlich relevanter unmittelbarer Eingriff in das Serververhalten gesehen werden, denn die Server und ihre Inhalte werden nicht verändert. Dass diese Inhalte nicht abgerufen werden, läuft lediglich der Vorstellung der Klägerin zu 2) zuwider, dass derjenige, der ihre journalistischen Inhalte abruft, auch ihre Werbeinhalte abrufen müsse; die Enttäuschung der Erwartung, dass beide Arten von Inhalten nur zusammen abgerufen werden, ist indes nicht geeignet, den Vorwurf der Unlauterkeit zu begründen. Es ist nicht unlauter, dem Nutzer die Möglichkeit an die Hand zu geben, von der Klägerin zu 2) angebotene Werbeinhalte von deren sonstigen Angebot zu trennen und diese – anders als das sonstige Angebot – nicht wahrnehmen zu müssen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879).

Da die grundsätzliche Entscheidung, den Werbeblocker der Beklagten zu 1) als ergänzende Browsereinstellung zu installieren und dadurch Werbeinhalte jedenfalls teilweise – soweit diese nicht den Kriterien der Beklagten zu 1) für akzeptable Werbung entsprechen und keine Freischaltung der Website erfolgt – ausblenden zu lassen, vom Nutzer getroffen wird, ist es lauterkeitsrechtlich ohne Belang, dass dieser die technische Ausführung im Detail, die konkrete Ausgestaltung der Whitelist-Vereinbarungen mit den Webseitenbetreibern und die fortlaufende Aktualisierung der Whitelist der Beklagten zu 1) überlässt. Im Übrigen kann der Nutzer die Whitelistfunktion jederzeit deaktivieren und sämtliche Werbung blockieren. Da die Beklagte zu 1) auf ihrer Homepage die Nutzer hinreichend transparent über die Whitelist-Funktion und deren Deaktivierung aufklärt, handelt es sich bei der Installation und der Weiterverwendung des Werbeblockers insgesamt um eine autonome Nutzerentscheidung. Schließlich entscheidet ausschließlich der Nutzer, ob er – etwa nach Ankündigung der Aussperrung für eine bestimmte Website bei Weiterverwendung des Werbeblockers – Adblock Plus wieder deaktiviert, um die kostenlos angebotenen Inhalte weiterhin wahrnehmen zu können. Auch die rückläufige Werbeblocker-Rate im Jahr 2016 spricht dafür, dass Nutzer auf derartige Aussperrungen oder andere Gegenmaßnahmen von Webseitenbetreibern reagieren und aufgrund einer bewussten Entscheidung – ohne Zutun der Beklagten zu 1) – den Werbeblocker zumindest partiell für den Besuch bestimmter Websites deaktivieren.

Auch eine mittelbare Einwirkung auf die Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers kann unlauter sein. So verhält es sich etwa bei dem Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen, die geeignet sind, Dritten einen unberechtigten kostenlosen Zugang zu einer entgeltlich angebotenen Leistung zu verschaffen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879 m.w.N.). Eine solche Fallgestaltung liegt im Streitfall indes schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin zu 2) ihre Inhalte den Nutzern selbst kostenlos anbietet.

Die von der Beklagten zu 1) über den Vertrieb des Werbeblockers dem Nutzer angebotene technische Auswahlmöglichkeit hindert die Klägerinnen nicht daran, ihre Leistungen auf dem Markt in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Zwar läuft der Einsatz des Werbeblockers dem Interesse der Klägerin zu 2) zuwider, nicht nur mit ihren journalistischen Inhalten, sondern insbesondere auch mit ihren Werbeinhalten möglichst viele Nutzer zu erreichen, da hiervon die Höhe ihrer Werbeeinnahmen abhängt. Das allein macht das Angebot und den Vertrieb der Leistungen der Beklagten zu 1) aber noch nicht unlauter. Ein unlauteres Verhalten wäre vielmehr nur dann gegeben, wenn sich die Beklagte zu 1) dabei nicht wettbewerbseigener Mittel bediente. Das ist jedoch nicht der Fall (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879).

ccc) Aus den vorstehend genannten Gründen liegt des Weiteren keine unlautere Werbebehinderung vor.

Zwar kann die Beeinträchtigung der Werbung eines Mitbewerbers – etwa durch deren Zerstörung, Beschädigung, Beseitigung oder Verdeckung – im Einzelfall eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers darstellen. Dabei handelt es sich aber typischerweise um die Beeinträchtigung der Werbewirkung gegenüber einem mit der Werbung angesprochenen breiteren Publikum oder – etwa in den Fällen einer Erinnerungswerbung – gegenüber den Erwerbern eines bestimmten Produkts, ohne dass dies auf einer freien Entscheidung derer beruht, an die sich die Werbung richtet.

Anders verhält es sich jedoch im Streitfall. Abgesehen davon, dass zumindest weitgehend nicht die Eigenwerbung der Klägerin zu 2) für deren Produkt blockiert wird, sondern Teile deren Produkts selbst – die Drittwerbung enthalten –, erreicht die von der Klägerin zu 2) angebotene Werbung, wenn der Werbeblocker der Beklagten zu 1) zum Einsatz kommt, nur diejenigen Nutzer nicht, die sich bewusst dafür entschieden haben, sich der Werbung im Internet nicht oder nur eingeschränkt auszusetzen (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 879).

ddd) Auch der verfassungsrechtliche Schutz, den die Klägerinnen genießen, gebietet unter den gegebenen Umständen keinen weiter reichenden wettbewerbsrechtlichen Schutz.

(1) Die Klägerin zu 2) handelt bei dem Angebot ihrer Inhalte im Internet, zu denen auch die darin enthaltene Werbung gehört, im Rahmen ihrer durch die Grundrechte der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit. Die Klägerin zu 1) kann sich zumindest auf die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG stützen. Dies ist bei der Auslegung und Anwendung des Lauterkeitsrechts zu berücksichtigen. Aus der Pressefreiheit lässt sich aber ein Anspruch der Presseunternehmen auf ungestörte geschäftliche Betätigung nicht herleiten. Auch Unternehmen des Medienbereichs müssen sich den Herausforderungen des Marktes stellen, der von der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und von der Kraft der Innovation lebt (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung ist zudem in den Blick zu nehmen, dass das von den Klägerinnen beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1) im Rahmen der Berufsfreiheit ebenfalls grundrechtlichen Schutz genießt, der insbesondere die wirtschaftliche Verwertung der beruflich erbrachten Leistung umfasst (vgl. BGH, a.a.O., – Werbeblocker S. 880). Schließlich ist auch die von der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG und der negativen Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG getragene Entscheidung des Nutzers, sich der Werbung im Internet nicht oder nur eingeschränkt auszusetzen, zu berücksichtigen, deren Umsetzung die Software der Beklagten zu 1) dient.

(2) Ein Überwiegen der – dem Marktgeschehen nicht entzogenen – Interessen der Klägerinnen über die genannten gegenläufigen Interessen kann nicht festgestellt werden, zumal der Klägerin zu 2) verschiedene Maßnahmen zu Gebote stehen, die Auswirkungen der Software der Beklagten zu 1) auf ihr Geschäftsmodell einzugrenzen. So hat sie die technische Möglichkeit, den Abruf ihrer Inhalte durch Nutzer zu verhindern, welche die Software der Beklagten zu 1) verwenden, und so diese Nutzer zu motivieren, die Software jedenfalls für den Besuch ihres Internetauftritts außer Funktion zu stellen. Zudem kann sie auch die Finanzierungsquellen für ihre journalistischen Angebote umgestalten, etwa durch Einführung einer (partiellen) Bezahlschranke (vgl. zu einer sogenannten Metered Paywall OLG München GRUR-RR 2017, 89 – Kein Vollgas). Im Übrigen setzt die Klägerin zu 2) mittlerweile erfolgreich Umgehungssoftware gegen Werbeblocker ein und kann so jedenfalls im Bereich der Videowerbung eine vollständige Werbeblockade durch Adblock Plus verhindern.

dd) Der Vorwurf der Unlauterkeit wird auch nicht dadurch begründet, dass die Blockierung von Inhalten zur Vorbereitung eines Whitelistings geschieht, für das zumindest von einigen Seitenbetreibern ein Entgelt verlangt wird.

aaa) Eine Verdrängungsabsicht kann im Streitfall nicht deshalb angenommen werden, weil die Werbeformate der Klägerinnen zum Großteil den "Acceptable Ads" der Beklagten zu 1) nicht entsprechen und eine Whitelisting-Vereinbarung mit den Klägerinnen jedenfalls hinsichtlich Videowerbung von vornherein nicht in Betracht kommt.

(1) Von einer Verdrängungsabsicht ist auszugehen, wenn die Maßnahme ihrer Natur oder den Umständen nach keinen anderen Zweck als den der Verdrängung oder Schwächung des Mitbewerbers haben kann (vgl. BGH GRUR 2015, 607 Tz. 17 – Uhrenankauf im Internet). Das ist dann anzunehmen, wenn die Maßnahme für sich allein nur wirtschaftliche Nachteile bringt und diese Nachteile erst dann ausgeglichen werden können, wenn der Mitbewerber ausgeschaltet ist (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 4 UWG Rz. 4.9).

(2) Die Beklagte zu 1) verfolgt mit ihrem Angebot jedoch in erster Linie den Zweck, Internetnutzer vor aufdringlicher Werbung zu schützen und durch den Abschluss entgeltlicher Freischaltungsvereinbarungen mit größeren Webseitenbetreibern ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich betreiben zu können. Hingegen will sie Webseitenbetreiber, die ausschließlich Werbeformate verwenden, die nicht ihren Kriterien für akzeptable Werbung entsprechen, nicht schwächen oder gänzlich vom Markt verdrängen, sondern vielmehr dazu animieren, ihre Werbeformate anzupassen. Soweit solche Webseitenbetreiber hierzu – aus wirtschaftlichen Erwägungen – nicht bereit sind, handelt es sich insoweit nicht um eine bezweckte Verdrängung oder Schwächung, sondern allenfalls um eine bloße Begleiterscheinung des Whitelisting-Modells.

bbb) Im Übrigen eröffnet das Whitelisting den Betreibern von Internetauftritten mit Werbeinhalten gegenüber dem Zustand der – lauterkeitsrechtlich wie dargelegt zulässigen – Blockierung lediglich zusätzliche Nutzerkreise für diejenige Werbung, die den Acceptable-Ads-Kriterien der Beklagten zu 1) entspricht (vgl. Köhler WRP 2014, 1017 Tz. 36 a.E.). Die Beklagte zu 1) verlangt von den Seitenbetreibern dafür ein Entgelt, dass sie ihnen diesen Vorteil eröffnet. Als Gegenleistung für eine erbrachte Leistung ein Entgelt zu verlangen, stellt indes grundsätzlich einen wettbewerbskonformen Vorgang dar. Dadurch werden die Seitenbetreiber weder an ihrer Entfaltung gehindert oder vom Markt verdrängt noch daran gehindert, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen.

ccc) Den Klägerinnen steht der Unterlassungsanspruch auch nicht wegen gezielter Mitbewerberbehinderung in Form eines "parasitären Ausnutzens" zu.

Zwar kann ein Fall des § 4 Nr. 4 UWG auch dann vorliegen, wenn ein Konkurrenzangebot parasitär ausgenutzt wird und dadurch der Anbieter um seinen wirtschaftlichen Erfolg gebracht oder gezwungen wird, seine Leistung zu ändern, um seinerseits konkurrenzfähig zu bleiben (Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 4 Nr. 4 UWG Rn. 108).

Die Frage, ob es sich um eine gezielte Behinderung handelt, ist jedoch auch insoweit aufgrund einer Gesamtabwägung zu beurteilen. Auch unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells der Beklagten zu 1), die unzweifelhaft versucht, durch das unentgeltliche Angebot des Werbeblockers an die Internetnutzer dessen Verbreitung zu fördern und durch die anschließenden Whitelisting-Vereinbarungen an den Leistungen der Webseitenbetreiber mit bis zu 30 % der Werbeerlöse in nicht unerheblichem Umfang zu partizipieren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerinnen ihre Leistungen am Markt nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können.

Im Übrigen verbreitet die Klägerin zu 2) nach ihren eigenen Angaben fast ausschließlich audiovisuelle Werbung, die auch durch ein Whitelisting nicht freigeschaltet werden könnte. Sie ist daher auch nicht bereit, eine solche Vereinbarung mit der Beklagten zu 1) abzuschließen. Eine gezielte Behinderung der Klägerinnen aufgrund eines parasitären Ausnutzens scheidet somit schon aus diesem Grunde aus.

ddd) Eine gezielte Mitbewerberbehinderung kann schließlich nicht deswegen angenommen werden, weil die Beklagte zu 1) unterschiedlich hohe Entgelte von Webseitenbetreibern verlangt. Eine etwaige Preisdiskriminierung haben die Klägerinnen schon nicht zum Gegenstand des Antrags gemacht. Im Übrigen kann aus der Vereinbarung unterschiedlicher Entgelte gerade nicht auf eine Behinderungsabsicht geschlossen werden. Der Beklagten zu 1) steht es im Wettbewerb grundsätzlich frei, mit ihren Vertragspartnern das Entgelt im Einzelfall auszuhandeln bzw. gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen ihre Leistung auch unentgeltlich anzubieten.

c) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die beanstandeten Verhaltensweisen aggressive geschäftliche Handlungen i.S.d. § 4 a UWG seien.

aa) Das im Streitfall maßgebliche Recht ist mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158) novelliert worden. Dadurch ist der in § 4 Nr. 1 UWG a.F. geregelte Tatbestand der unlauteren Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers und des sonstigen Marktteilnehmers in die neu geschaffene Bestimmung des § 4 a UWG überführt und entsprechend den Regelungen über aggressive Geschäftspraktiken gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken neu gefasst worden.

Es kann dahin stehen, ob eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage hieraus folgt. Denn jedenfalls kann keine aggressive geschäftliche Handlung i.S.d. § 4 a UWG angenommen werden.

bb) Nach § 4 a Abs. 1 Satz 1 UWG sind aggressive geschäftliche Handlungen unlauter, die geeignet sind, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 4 a Abs. 1 Satz 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung insbesondere dann aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers durch unzulässige Beeinflussung erheblich zu beeinträchtigen. Eine unzulässige Beeinflussung liegt nach § 4 a Abs. 1 Satz 3 UWG vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.

cc) Danach kann vorliegend nicht von einer unzulässigen Beeinflussung ausgegangen werden. Selbst wenn die Beklagte zu 1) durch die auf der kostenlosen Bezugsmöglichkeit beruhende weite Verbreitung ihrer Software eine lauterkeitsrechtlich bedeutsame wirtschaftliche Machtposition erlangt haben sollte, läge kein Ausnutzen dieser Position zur Druckausübung i.S.d. § 4 a Abs. 1 Satz 3 UWG vor.

Eine Machtposition wird zur Ausübung von Druck ausgenutzt, wenn der Handelnde sie in einer Weise nutzt, die beim Adressaten den Eindruck erweckt, er müsse mit irgendwelchen Nachteilen außerhalb des angestrebten Geschäfts rechnen, falls er die von ihm erwartete geschäftliche Entscheidung nicht trifft. Der Nachteil darf nicht bloß darin bestehen, dass der Unternehmer das Geschäft nicht abschließt, wenn der Adressat nicht auf die geforderten Vertragsbedingungen eingeht; denn insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 4 a UWG Rz. 1.59).

Im Streitfall läge der Nachteil der Seitenbetreiber lediglich darin, dass sie sich weiterhin mit der lauterkeitsrechtlich zulässigen Situation der Blockierung ihrer Werbung abfinden müssten, weil sie mit der Beklagten zu 1) keine Whitelistingvereinbarung getroffen haben, und beschränkt sich deshalb auf die Folgen des Nichtabschlusses eines Geschäfts, so dass kein Ausnutzen zur Druckausübung gegeben ist. Es liegt auch kein belastendes oder unverhältnismäßiges Hindernis nichtvertraglicher Art i.S.d. § 4 a Abs. 2 Nr. 4 UWG vor, weil damit nur Hindernisse bei der Ausübung vertraglicher Rechte im Verhältnis zwischen dem Handelnden und dem Druckadressaten gemeint sind (vgl. Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 4 a UWG Rz. 188; wohl auch Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 4 a UWG Rz. 54 und Fritzsche, WRP 2016, 1 Tz. 39; a.A. OLG Köln GRUR 2016, 1082 – Adblock Plus, dort Tz. 57).

2. Eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823, § 1004 BGB ist nicht gegeben. Da die beanstandeten Handlungen lauterkeitsrechtlich zulässig sind, kommt auch eine Verurteilung nach § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB nicht in Betracht (s.o. unter I.4.).

3. Die Klägerinnen können die geltend gemachten Unterlassungsansprüche mangels marktbeherrschender Stellung auch nicht auf das kartellrechtliche Missbrauchsverbot gemäß § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18, § 19 GWB stützen.

a) Die Klägerinnen wollen die mit den Inhalten ihres Internetangebots verbundene Werbung allen Internetnutzern darbieten und wenden sich mit dem Hauptantrag Ziffer I.2.1. und dem Hilfsantrag Ziffer I.2.2. dagegen, dass die Beklagte zu 1) ihr diesen Zugang zu den Nutzern, die Adblock Plus verwenden, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich nach Abschluss einer Freischaltungsvereinbarung und/oder der Zahlung eines (erlösabhängigen) Entgelts einräumt. Die Klägerinnen wehren sich mit diesen Anträgen somit dagegen, dass die Freischaltung von Bedingungen abhängig gemacht wird.

Zwar mag die Beklagte zu 1) die einzige Anbieterin einer Werbefreischaltung sein und die Klägerinnen können die Internetnutzer, die den Werbeblocker der Beklagten zu 1) installiert haben, auch nur durch eine Freischaltung durch die Beklagte zu 1) mit ihrer Werbung erreichen. Daraus ergibt sich aber keine marktbeherrschende Stellung auf dem hier relevanten Markt. Das von den Klägerinnen mit den Anträgen Ziffern I.2.1. und I.2.2. verfolgte Begehren ist – wie beim Hauptantrag Ziffer I.1. – auf den ungehinderten Zugang der Klägerin zu 2) zu den Internetnutzern mit ihren Angeboten inklusive der darin enthaltenen Werbung gerichtet, nur abweichend vom Klageantrag Ziffer I.1. nunmehr nicht durch ein Verbot des Werbeblockers, sondern durch eine bedingungsfreie Freischaltung. Maßgeblich für die Frage der Marktbeherrschung ist somit auch hinsichtlich dieser Anträge, in welchem Ausmaß die Beklagte zu 1) den Zugang der Klägerin zu 2) zu allen Internetnutzern beschränken kann. Ebenso wie ein Lebensmitteldiscounter mit einem kleinen Marktanteil am Lebensmittelmarkt nicht deshalb gegenüber Lebensmittelherstellern marktbeherrschend ist, weil der Lebensmittelhersteller die Stammkunden des Discounters nicht erreichen kann, wenn der Discounter die Lebensmittel des Herstellers nicht in sein Sortiment aufnimmt, hat die Beklagte zu 1) nicht deshalb eine marktbeherrschende Stellung, weil nur sie durch Freischaltung der Werbung der Klägerin zu 2) dieser Zugang zu diesen Internetnutzern für die von ihr geschaltete Werbung verschaffen kann (vgl. Köhler, Internet-Werbeblocker als Geschäftsmodell, WRP 2014, 1017, 1022, 1023). Genauso wie es beim Lebensmitteldiscounter im Verhältnis zum Hersteller darauf ankommt, wie viele Endverbraucher der Discounter auf dem Markt insgesamt repräsentiert, kommt es hinsichtlich der Marktbeherrschung der Beklagten zu 1) hinsichtlich des von den Klägerin zu 2) begehrten ungehinderten Zugangs zu den Internetkunden auch mit ihrer Werbung durch Freischaltung darauf an, welcher Anteil aller Internetnutzer in Deutschland den Werbeblocker der Beklagten zu 1) nutzt.

Für die Frage einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1) ist deshalb maßgeblich, welchen Anteil die Kunden der Beklagten zu 1) an der Gesamtheit der Internetnutzer in Deutschland darstellen.

b) Die Beklagte zu 1) ist auf dem danach sachlich relevanten Markt des Zugangs zu den Internetnutzern nicht marktbeherrschend.

Da weniger als 20 % aller deutschen Internetnutzer Adblock Plus verwenden, hat die Beklagte zu 1) keine marktbeherrschende Stellung i.S.d. § 18 Abs. 3 und 4 GWB.

4. Zutreffend und mit der Berufung nicht gesondert angegriffen hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerinnen die Unterlassungsansprüche gemäß Ziffern I.2.1. und I.2.2. auch nicht auf § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB, Art. 101 AEUV stützen können. Der Abschluss von Freischaltungsverträgen mit Webseitenbetreibern ist keine kartellrechtswidrige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung (vgl. Senatsurteil vom 17. August 2017, Az.: U 2225/15 Kart).

III. Der zulässige Hauptantrag Ziffer I.3., der darauf gerichtet ist, der Beklagten zu 1) zu verbieten, bestehende oder potentielle Internetnutzer dazu aufzurufen, den Werbeblocker "Adblock Plus" dazu einzusetzen, Werbung auf den nicht freigeschalteten Internetseiten der Klägerin zu 2) zu blockieren, bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Eine gezielte Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG unter dem Gesichtspunkt des Boykottaufrufs liegt nicht vor, weil die Webseitenbetreiber als etwaige Verrufene schon nicht hinreichend bestimmt sind.

1. Ein Boykottaufruf ist der Versuch, die freie Willensentscheidung des Adressaten dahingehend zu beeinflussen, dass er bestimmte Geschäftsbeziehungen mit Dritten nicht eingeht oder nicht aufrechterhält. Dies setzt die Beteiligung von drei Parteien voraus, nämlich die Beteiligung des Verrufers oder Boykottierers, des Adressaten oder Ausführers des Boykottaufrufs und des Verrufenen oder Boykottierten (vgl. BGH GRUR 1999, 1031, 1032 – Sitzender Krankentransport). Adressat des Aufrufs und Verrufener müssen bestimmt sein. Für die Bestimmtheit der Verrufenen reicht eine nähere Bezeichnung nach Gruppen-, Tätigkeits- oder Organisationsmerkmalen aus (vgl. BGH GRUR 1980, 242 [244] – Denkzettel-Aktion; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 4 UWG Rz. 4.120). Dabei genügt es, wenn der Verrufene aufgrund bestimmter Merkmale bestimmbar ist. Die Individualisierbarkeit fehlt jedoch, wenn der Kreis der zu sperrenden Unternehmen praktisch unübersehbar ist (vgl. Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a.a.O., § 4 Nr. 4 UWG Rz. 234).

2. Im Streitfall bietet die Beklagte zu 1) ihren Werbeblocker den rund 67 Millionen deutschen Internetnutzern als Adressaten des etwaigen Boykottaufrufs unentgeltlich zur Nutzung an. Als Verrufene kommen sämtliche in der Easylist aufgeführten Betreiber werbefinanzierter Webseiten, deren Onlinewerbung blockiert werden soll und die nicht in die Whitelist aufgenommen sind, in Betracht. In der Easylist Germany mit den rund 8.000 Einträgen, die in ausgedruckter Form 150 Seiten in DIN A4-Format umfasst, sind die Betreiber deutschsprachiger Internetseiten ohne inhaltliche oder branchenspezifische Unterscheidung enthalten. Die Whitelist der Beklagten zu 1) umfasst rund 400.000 Zeichen. Es ist lebensfern anzunehmen, dass die Nutzer von Adblock Plus, die zu über 90 % die Voreinstellungen der Beklagten zu 1) und damit auch die voreingestellten Listen nicht verändern, die in der Blacklist und der Whitelist jeweils mit der Domain aufgeführten Webseitenbetreiber im Einzelnen wahrnehmen und vergleichen, welche Seiten zwar in der Blacklist, nicht aber in der Whitelist enthalten sind, zumal die Klägerinnen behaupten, dass die – in ausgedruckter Form 51 Seiten in DIN A4-Format umfassende – Whitelist (vgl. Anlage K 33) für die Nutzer nicht entzifferbar und daher unverständlich sei (vgl. S. 11 des klägerischen Schriftsatzes v. 29. März 2016 = Bl. 736 d.A.). Die Betreiber werbefinanzierter Webseiten mit zwar nicht freigeschalteten, aber womöglich – nach den Kriterien der Beklagten zu 1) – akzeptablen Werbeinhalten lassen sich auch keinen bestimmten oder bestimmbaren Gruppen-, Tätigkeits- oder Organisationsmerkmalen zuordnen, sondern sind in dieser Allgemeinheit nicht individualisierbar und daher unbestimmt.

3. Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass im Rahmen der erforderlichen umfassenden Interessensabwägung aller Beteiligten (vgl. Omsels a.a.O. § 4 Nr. 4 UWG Rz. 246 ff.) ein etwaiger Boykottaufruf im Streitfall jedenfalls nicht unlauter wäre.

IV. Der zulässige Hilfsantrag Ziffer I.4., der auf das Verbot der Freischaltung von Werbung ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung der Nutzer von Adblock Plus gerichtet ist, kann weder mit Erfolg auf § 7 Abs. 1 und 2 UWG noch auf § 823, § 1004 BGB gestützt werden kann.

1. Ein Unterlassungsanspruch wegen unzumutbarer Belästigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 7 Abs. 1 und 2 UWG besteht nicht.

a) Die Voraussetzungen für ein per-se-Verbot i.S.d. § 7 Abs. 2 UWG, wonach eine Werbung stets als unzumutbare Belästigung anzusehen ist, liegen im Streitfall nicht vor.

b) Die Klägerinnen können den Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG stützen. Danach ist Werbung unzulässig, die erfolgt, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

Für die Beklagte zu 1) ist aber gerade nicht erkennbar, dass die Nutzer ihres Werbeblockers keinerlei Werbung wünschen und von einer Vollblockade der Werbung auf den aufgerufenen Webseiten ausgehen. Denn die Beklagte zu 1) weist schon auf ihrer Startseite, die von Nutzern vor dem Installieren des Werbeblockers aufgerufen wird, darauf hin, dass Adblock Plus in der Standardeinstellung zwar Banner, Pop-ups und Videowerbung, nicht aber unaufdringliche Werbung blockiert, um Webseiten zu unterstützen (Anlagen K 24, K 32, BE 45). Die Beklagte zu 1) erläutert zudem auf zahlreichen Unterseiten die Funktionsweise von Adblock Plus, insbesondere ihre Acceptable Ads-Initiative (vgl. Anlage K 9: "Was ist akzeptable Werbung?"; "Welche Werbung ist akzeptabel?"; Anlagen K 18, K 21, B 3, B 56, B 107). Zudem weist sie auf der Startseite mit einem Link darauf hin, dass die Anzeige unaufdringlicher Werbung änderbar ist. Nutzer, die keinerlei Werbung wünschen, haben die Möglichkeit, die Whitelist-Funktion zu deaktivieren. Soweit über 90 % der Nutzer die Standardeinstellungen nicht verändem, ist davon auszugehen, dass diese die angezeigte Werbung entweder nicht als störend empfinden oder aus Bequemlichkeit von Änderungen absehen. Die Klägerinnen haben auch nicht nachvollziehbar dargetan, warum der durchschnittliche Internetnutzer technisch nicht in der Lage sein sollte, entsprechend den hinreichend transparenten Informationen auf der Website der Beklagten zu 1) die Whitelist-Funktion zu deaktivieren.

c) Auch nach den allgemeinen Kriterien des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG kann eine unzumutbare Belästigung nicht angenommen werden.

Eine Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG liegt vor, wenn dem Empfänger eine geschäftliche Handlung aufgedrängt wird und diese bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem Inhalt als störend empfunden wird (vgl. BGH GRUR 2011, 747 Tz. 17 – Kreditkartenübersendung). Der Umstand, dass dem Nutzer auf seinem Endgerät trotz Aktivierung des Werbeblockers auf bestimmten – von der Beklagten zu 1) freigeschalteten – Internetseiten unaufdringliche Text- oder Bildwerbung angezeigt wird, ist angesichts der Funktionsweise von Adblock Plus, die anders als herkömmliche Werbeblocker in der Standardeinstellung gerade keine vollständige Werbeblockade bewirkt, nicht überraschend.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann auch unter Berücksichtigung der "Online-Repräsentativbefragung" vom August 2015 (Anlage K 42, Seite 6) nicht angenommen werden, dass sich die Nutzer bei der Installation von Adblock Plus für eine Vollblockade von Werbung entscheiden würden. Soweit lediglich 35,4 % der Befragten die Frage 7.1 "Blockiert Adblock Plus standardmäßig die gesamte Werbung im Internet?" verneint haben und rund 60 % der Nutzer davon ausgehen, dass keinerlei Werbung angezeigt werde, kommt dieser Befragung nur eine sehr geringe Aussagekraft zu. Denn es ist zu berücksichtigen, dass rund 50 % der Befragten Adblock Plus bereits seit zwei Jahren oder länger benutzt haben (Anlage K 42, Seite 4) und im Zeitpunkt der Befragung möglicherweise keine konkrete Erinnerung mehr an die Installation oder etwaige Änderungen der Standardeinstellung hatten. Auch legt das Umfrageergebnis nahe, dass die Befragten die – nach den Kriterien der Beklagten zu 1) unaufdringliche – freigeschaltete Werbung zum großen Teil gar nicht wahrnehmen oder sich zumindest nicht gestört fühlen. Insofern handelt es sich bei der Freischaltung von akzeptabler Werbung schon nicht um eine Belästigung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG.

Im Übrigen wäre auch die Grenze zur Unzumutbarkeit nicht überschritten. Unzumutbar ist eine Belästigung, wenn sie eine solche Intensität aufweist, dass sie von einem Großteil der Verbraucher als unerträglich empfunden wird, wobei der Maßstab des durchschnittlich empfindlichen Adressaten der Werbung zu Grunde zu legen ist. Dafür kommt es allerdings nicht einseitig auf die subjektive Perspektive des Adressaten der geschäftlichen Handlung an. Die Unzumutbarkeit ist vielmehr zu ermitteln durch eine Abwägung der Interessen des Adressaten, von der Werbung verschont zu bleiben, und des Unternehmers, der seine gewerblichen Leistungen durch Werbung zur Geltung bringen will (vgl. BGH GRUR 2010, 1113 Tz. 15 – Grabmalwerbung; BGH a.a.O. Tz. 17 – Kreditkartenübersendung). Nach diesen Kriterien kann die teilweise Freischaltung von unaufdringlicher Werbung entsprechend der transparent kommunizierten Funktionsweise von Adblock Plus und der jederzeitigen Möglichkeit zur Deaktivierung der Whitelist nicht als unzumutbar angesehen werden.

2. Eine Verletzung des Rechts der Klägerinnen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823, § 1004 BGB liegt nicht vor (s.o. unter I.4.).

V. Der auf das Verbot der Blockade von Zählpixeln und der Beeinträchtigung der Abrechnung ausgespielter Werbung mit Mediaagenturen gerichtete Klageantrag Ziffer I.5. ist zulässig, aber unbegründet. Der Unterlassungsanspruch steht den Klägerinnen weder gemäß § 4 Nr. 4 UWG noch wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot zu.

1. Der Antrag ist nicht zu weit gefasst. Durch die gemäß § 533 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO zulässige Antragsänderung im Berufungsverfahren haben die Klägerinnen den Klageantrag auf den Fall beschränkt, dass Zählpixel an die Mediaagenturen nicht übermittelt werden, obwohl die geschaltete Werbung tatsächlich ausgespielt wurde.

2. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte zu 1) durch die in Einzelfällen aufgrund eines Fehlers in der Blacklist vorgekommene Blockade von Zählpixeln trotz Ausspielung der Werbung auf den von der Klägerin zu 2) betriebenen Internetseiten nicht gezielt behindert i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG.

Für die Annahme einer unlauteren gezielten Mitbewerberbehinderung reicht es nicht aus, dass sich eine bloß versehentliche Pflichtverletzung auf den Absatz des Mitbewerbers nachteilig auswirken kann (vgl. BGH GRUR 2007, 987 Tz. 25 – Änderung der Voreinstellung).

Die Klägerinnen haben nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1) über Einzelfälle hinaus die Kommunikation zwischen den Rechnern der Nutzer von Adblock Plus und Servern von Mediaagenturen gezielt blockiert haben und die Klägerinnen ihre Leistung am Markt nicht mehr angemessen zur Geltung bringen können. Mangels entsprechenden Vortrags ist davon auszugehen, dass jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Klageeinreichung am 18. Juni 2014 dieses Problem nicht mehr aufgetreten ist. Daher kann nicht angenommen werden, dass die isolierte Blockade der Zählpixel ein grundlegender Bestandteil der Wirkweise von Adblock Plus ist.

3. Die Klägerinnen können den Unterlassungsanspruch mangels marktbeherrschender Stellung auch nicht auf das kartellrechtliche Missbrauchsverbot gemäß § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18, § 19 GWB stützen.

VI. Der Klageantrag Ziffer I.6. ist zulässig, jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Internetnutzer nicht darüber getäuscht werden, dass die Freischaltung von Werbung durch die Beklagte zu 1) erfolgt.

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässig.

Die Klägerinnen stützen den Unterlassungsantrag ausweislich der Klagebegründung auf die konkrete Darstellung der Funktionsweise von Adblock Plus und die Entscheidung über die Freischaltung von Werbung auf der Webseite der Beklagten zu 1) in der zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 18. Juni 2014 geltenden Fassung entsprechend der Anlage K 9, Seite 4. Diese Anlage haben die Klägerinnen zwar nicht zum Gegenstand ihres Antrags gemacht. Zur Auslegung eines Unterlassungsantrags und des ihm folgenden Urteilstenors ist jedoch nicht allein auf den Wortlaut abzustellen, sondern ergänzend der zur Begründung gehaltene Klagevortrag heranzuziehen (vgl. BGH GRUR 2016, 1076 Tz. 14 – LGA tested).

2. Den Klägerinnen steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG nicht zu. Die Darstellung der Beklagten zu 1) dazu, wer über die Freischaltung von Werbung entscheidet, ist nicht irreführend.

a) Nach den mit der Klage vom 18. Juni 2014 angegriffenen Handlungen der Beklagten zu 1) ist das Lauterkeitsrecht mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 2015, S. 2158) novelliert worden. In § 5 Abs. 1 UWG wurde eine Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken entsprechende Relevanzklausel eingefügt. Diese Änderungen haben nur klarstellenden Charakter und entsprechen der Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG a.F. durch den Bundesgerichtshof. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage hat sich damit nicht ergeben (vgl. BGH GRUR 2016, 1073 Tz. 16 – Geo-Targeting).

b) Bei der Prüfung, ob eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, ist auf die Auffassung der Verkehrskreise abzustellen, an die sich die Werbung richtet (vgl. BGH a.a.O. Tz. 30 – Geo-Targeting). Zum Verständnis des von der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Verkehrs vom Inhalt der fraglichen Werbung ist auf die einzelnen verfahrensgegenständlichen werblichen Äußerungen abzustellen, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass für die Beurteilung einer Werbeaussage entscheidend ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Aussage auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. BGH GRUR 2017, 308 Tz. 13 – Die Anstalt). Dabei kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Irreführend ist eine Werbung, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers oder die von ihm angebotene Leistung hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. BGH GRUR 2016, 521 Tz. 10 – Durchgestrichener Preis II).

c) Der hier angesprochene Durchschnittsverbraucher wird mit den streitgegenständlichen Aussagen (vgl. Anlage K 9, Seite 4)

"4. Der Vorschlag zur Freischaltung wird von uns in das Forum gestellt. Die Community hat dann etwa eine Woche lang Zeit, zu bestimmen, ob der Kandidat den Anforderungen entspricht.

5. Falls es keine berechtigten Einwände gibt, werden wir die Werbung freischalten. Diese Werbung wird dann Adblock Plus-Nutzern mit den Standard-Einstellungen angezeigt."

die Erwartung verbinden, dass die Community zwar Bedenken äußern kann, ob die Werbung den Acceptable Ads entspricht, und insofern ein Mitspracherecht über die Freischaltung der Werbung hat. Durch die Klarstellung in Ziffer 5, wonach die Werbung durch die Betreiber von Adblock Plus freigeschaltet wird ("werden wir die Werbung freischalten"), falls es keine berechtigten Einwände gibt, geht der durchschnittliche Internetnutzer jedoch davon aus, dass die Entscheidung über die Freischaltung der Werbung letztlich durch die Beklagte zu 1) getroffen wird und diese sich gegebenenfalls auch über geäußerte Bedenken und Einwände der Community im Rahmen einer Ermessensausübung hinwegsetzen kann.

Soweit die Klägerinnen auf die "Online-Repräsentativbefragung" vom August 2015 verweisen, wonach rund 40 % der Befragten angegeben haben, dass die Nutzer über die Freischaltung von Werbung entscheiden würden (Anlage K 42, Frage 7.5, Seite 10), kommt dieser Befragung schon deshalb keine Aussagekraft zu, weil ihr die Anlage K 9 als konkrete Verletzungsform nicht zugrunde gelegt wurde.

VII. Der unter Ziffer I.7. geltend gemachte Unterlassungsantrag ist zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Internetnutzer nicht über die Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten zu 1) getäuscht werden.

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerinnen stützen den Unterlassungsantrag ausweislich der Klagebegründung auf die konkrete Darstellung der Finanzierung von Adblock Plus auf der Webseite der Beklagten zu 1) in der zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 18. Juni 2014 geltenden Fassung entsprechend der Anlage K 12.

2. Den Klägerinnen steht der Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG nicht zu. Die Beklagte zu 1) stellt ihre Tätigkeit nicht als uneigennützig dar. Auch ihre Gewinnerzielungsabsicht verschweigt sie nicht.

Die angesprochenen Internetnutzer verstehen die Angaben in der Anlage K 12 dahingehend, dass die Beklagte zu 1) ihre Tätigkeit zwar als "Mission" mit höheren Zielen zur Verbesserung des Internets werbend anpreist, es sich bei Adblock Plus jedoch zugleich um ein Geschäftsmodell mit Gewinnerzielungsabsicht handelt.

Bereits durch die Überschrift "Wie verdienen wir Geld?" wird klargestellt, dass die Beklagte zu 1) mit ihrem Werbeblocker Geld verdienen will und nicht nur uneigennützig oder lediglich kostendeckend arbeitet. Die Beklagte zu 1) weist zudem darauf hin, dass ihr Modell zur Veränderung der Online-Werbung nicht als Hobby betrieben werden könne, sie Startkapital von Investoren, die an ein erfolgreiches Konzept glauben, erhalten habe, sie Herausgebern von Internetseiten die Möglichkeit geben möchte, mit dem Inhalt ihrer Website Geld zu verdienen, ohne ihre Nutzer zu befremden, und sie von einigen größeren Firmen bezahlt werde, die unaufdringliche Werbung anzeigen möchten. Auch wenn sie die Internetnutzer zu Spenden aufruft, um ihren Werbeblocker schneller weiterentwickeln zu können, verbleibt beim Durchschnittsverbraucher der Gesamteindruck, dass die Beklagte zu 1) ein erfolgreiches Geschäftsmodell betreibt oder zumindest anstrebt und mit dem Werbeblocker Geld verdienen will.

Die Antworten zu Frage 7.8. "Wie finanziert sich Adblock Plus?" im Rahmen der "Online-Repräsentativbefragung" (Anlage K 42, Seite 13) sind bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses nicht zu berücksichtigen, weil die Anlage K 12 als konkrete Verletzungsform der Befragung nicht zugrunde gelegt wurde.

VIII. Da die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) nicht bestehen, waren auch der Folgeantrag auf Schadensersatzfeststellung sowie die gegen die Beklagten zu 2) und 3) geltend gemachten Ansprüche abzuweisen.

IX. Die nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 23. März 2017 und der Beklagten vom 4. April 2017 boten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

C.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist veranlasst, weil es hinsichtlich der lauterkeitsrechtlichen Zulässigkeit von Werbeblockern der streitgegenständlichen Art um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO geht, über die derzeit noch Unklarheit besteht. Auch im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des OLG Köln vom 24. Juni 2016 zum Vorliegen einer aggressiven geschäftlichen Handlung i.S.d. § 4 a UWG (vgl. GRUR 2016, 1082 Tz. 49 ff. – Adblock Plus, s.o. unter B.II.1.c)cc)) ist die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO veranlasst.