FG Nürnberg, Urteil vom 27.04.2017 - 6 K 18/17
Fundstelle
openJur 2020, 58721
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob nach einem Umbau eines Kraftfahrzeugs mit Verbrennungsmotor in ein Kraftfahrzeug mit Elektromotor die Voraussetzungen für eine Befreiung von der KFZ-Steuer nach § 3d Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) vorliegen und in diesem Zusammenhang, ob der Tag der erstmaligen Zulassung das Erstzulassungsdatum des ursprünglichen Fahrzeugs (hier 03.09.1992) oder der Tag der Erstzulassung als Elektrofahrzeug (hier 12.08.2015) ist.

Der PKW des Klägers war am 03.09.1992 als Fahrzeug mit Verbrennungsmotor erstmals zugelassen worden und wurde am 12.08.2015 nach Ausbau des Verbrennungsmotors und Einbau eines Elektromotors erstmals als Fahrzeug mit Elektroantrieb zugelassen.

Nach Abmeldung des Fahrzeugs im Winter 2015/2016 und Wiederanmeldung am 07.04.2016 erließ der Beklagte am 15.04.2016 den streitigen KFZ-Steuerbescheid für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX XX 11 für die Zeit ab 07.04.2016, in dem es die KFZ-Steuer auf jährlich 80 € festsetzte und hierbei die Steuerermäßigung nach § 9 Abs. 2 KraftStG berücksichtigte.

Der hiergegen vom Kläger eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 01.12.2016, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 10.12.2016, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, maßgeblich für die Erstzulassung sei das Datum, an dem das Fahrzeug erstmals entsprechend seiner Zweckbestimmung als Verkehrsmittel im allgemein öffentlichen Verkehr im In- oder Ausland zugelassen werde; dieses Datum sei in den Fahrzeugschein sowie den Fahrzeugbrief (jetzt Zulassungsbescheinigung Teil I und II) eines jeden mit amtlichen Kennzeichen zugelassenen Fahrzeugs einzutragen. Die erstmalige Zulassung könne nicht geändert werden, wenn die erteilte Betriebserlaubnis erlösche und auf Grund von Umbaumaßnahmen eine neue Betriebserlaubnis erteilt werde. Der Umbau eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor in ein Fahrzeug mit Elektromotor begründe keinen neuen Erstzulassungszeitpunkt. Nachdem das Fahrzeug erstmalig am 03.09.1992 zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen worden sei, sei der Steuerbefreiungszeitraum nach § 3d KraftStG seit vielen Jahren abgelaufen.

Der Kläger hat Klage erhoben und trägt vor, die Auffassung des Beklagten, wonach für das Datum der Erstzulassung auf den Eintrag in der Zulassungsbescheinigung Teil II, Feld B, abzustellen sei, treffe nur bei Fahrzeugen zu, die von Anfang an als Elektrofahrzeuge hergestellt und zugelassen worden seien. In Umbaufällen sei darauf abzustellen, wann die Zulassungsbehörde dem nun mit Elektromotor angetriebenen Fahrzeug erstmalig die Betriebserlaubnis als Elektrofahrzeug erteile. Ab diesem Zeitpunkt liefen die Fristen des § 3d Abs. 1 KraftStG. Es komme nicht mehr auf die ursprüngliche Zulassung an; diese habe durch Änderung der Fahrzeugart und das damit einhergehenden Erlöschen der Betriebserlaubnis keine Bedeutung mehr. Maßgeblicher Zulassungszeitpunkt sei im Streitfall der 12.08.2015. Die Steuerfreiheit nach § 3d Abs. 1 S. 1 KraftStG sei bezogen auf die konkrete Antriebsart. Im Streitfall handle es sich bei dem Fahrzeug des Klägers erst ab 12.08.2015 um ein Elektrofahrzeug. Der Kläger könne erst ab diesem Zeitpunkt und nicht schon zuvor ein Fahrzeug mit Elektroantrieb halten.

Die Entscheidung der Zulassungsbehörde als Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für die für die Besteuerung zuständige Behörde betreffe nur die Art des Antriebs; mit dem Eintrag "Elektroantrieb" in der Zulassungsbescheinigung erfolge diese maßgebliche Grundlagenentscheidung der Zulassungsbehörde. Eine Bindungswirkung hinsichtlich des eingetragenen Erstzulassungsdatums bestehe nicht, da hiermit keine Aussage getroffen werde, wann das Fahrzeug erstmalig als Elektrofahrzeug zugelassen worden sei. Die für die Besteuerung zuständige Behörde könne selbst entscheiden, wann eine erstmalige Zulassung als Elektrofahrzeug erfolgt sei.

Eine Abänderung der Zulassungsbescheinigungen Teil I und II im Feld P.3 dahingehend, dass darin ein weiteres Datum für die Zulassung als Elektrofahrzeug aufgenommen wird, sei bereits technisch nicht möglich. Somit sei es für den Kläger auch unmöglich, bei der Zulassungsbehörde darauf hinzuwirken, als Erstzulassungsdatum den 12.08.2015 eintragen zu lassen. Eine Eintragung sei nur im Feld B möglich. An der Erstzulassung des Fahrzeugs ändere sich mit der Änderung der Kraftstoffart/Energiequelle nichts.

Der Gesetzgeber habe die Absicht gehabt, die Elektromobilität zu fördern; die Auffassung des Beklagten konterkariere den mit der Steuerbefreiung beabsichtigten Anreiz, mehr Fahrzeuge mit Elektroantrieb auf die Straße zu bringen, da gerade die umweltschädlichen älteren Fahrzeuge im Fall eines Umbaus auf den geförderten Elektroantrieb keinen Steuerbefreiung erhalten könnten.

Auch nach der ab 17.11.2016 geltenden Rechtslage sei eine Steuerbefreiung zu gewähren. Mit § 3d Abs. 4 KraftStG habe lediglich eine Klarstellung der Gleichsetzung erfolgen sollen. Aus den Gesetzesmaterialien lasse sich entnehmen, dass die ab 01.01.2016 rückwirkende steuerliche Befreiung von 10 Jahren allgemein auch für umgebaute Elektrofahrzeuge gelten solle. Gegen diese begünstigende Rückwirkung bestünden keine Bedenken. Der im Gesetz genannte Stichtag 18.05.2016 sei lediglich zufällig als Datum des Kabinettsbeschlusses ohne gesetzgeberische Absicht aufgenommen worden. Aus der Neufassung des § 3d Abs. 4 KraftStG ergebe sich die rückwirkende Steuerbefreiung für 10 Jahre für umgebaute Elektrofahrzeuge ohne Bindung an das Datum des Kabinettsbeschlusses. Dies entspreche auch der Intention des Gesetzgebers - der Förderung des Absatzes von Elektrofahrzeugen zum Umweltschutz durch Abgasentlastung. Auch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) ergebe sich eine zeitpunktunabhängige Gleichstellung von erstzugelassenen und umgebauten Elektrofahrzeugen. Der Umbau entspreche einer Neuzulassung als Elektroauto. Durch das Abhängigmachen einer Gleichstellung von einem gesetzlich festgelegten Zeitpunkt erfolge eine unterschiedliche Bewertung, obwohl eine Abgasverminderung in beiden Fällen eintrete. Die Differenzierung erfolge willkürlich, da das eingefügte Datum ohne Begründung oder Erklärung eingefügt worden sei. Auf das Datum komme es für die steuerrechtliche Begünstigung umgerüsteter Fahrzeuge entgegen des Wortlauts nicht an.

Der Kläger beantragt, den KFZ-Steuerbescheid für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX XX 11 vom 15.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.12.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen KFZ-Steuerbescheid mit der Maßgabe zu erlassen, dass Steuerbefreiung bis zum 12.08.2025 zu gewähren ist.

Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 01.12.2016 Bezug.

Darüber hinaus wird vorgetragen, die für die Gewährung der Befreiung erforderliche Fünf- oder Zehnjahresfrist seit dem Tag der erstmaligen Zulassung sei verstrichen; der Umbau des Fahrzeugs begründe keinen neuen Erstzulassungszeitpunkt.

Das Fahrzeug erfülle die Maßgabe einer Umrüstung in der Zeit von 18.05.2016 bis 31.12.2020 in der seit 17.11.2016 gültigen Fassung nicht. Die Gesetzesänderung bestätige, dass der Einbau eines Elektromotors keinen neuen Erstzulassungszeitpunkt begründe.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO) einverstanden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der KFZ-Steuerbescheid vom 15.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 3d KraftStG sind nicht erfüllt.

1. Gemäß § 3d Abs. 1 S. 1 KraftStG ist von der Steuer befreit das Halten von Elektrofahrzeugen im Sinne des § 9 Absatz 2 KraftStG. Die Steuerbefreiung wird bei erstmaliger Zulassung des Elektrofahrzeugs in der Zeit vom 18. Mai 2011 bis 31. Dezember 2020 für zehn Jahre ab dem Tag der erstmaligen Zulassung gewährt (§ 3d Abs. 1 S. 2 KraftStG in der Fassung des Gesetzes zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität im Straßenverkehr vom 07.11.2016, BGBl I 2016, 2498, mit Wirkung zum 17.11.2016).

Nach § 3d Abs. 4 S. 1 und 2 KraftStG in der Fassung des Gesetzes zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität im Straßenverkehr vom 07.11.2016, BGBl I 2016, 2498, mit Wirkung zum 17.11.2016, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend für technisch umgerüstete Fahrzeuge, die ursprünglich zum Zeitpunkt der erstmaligen verkehrsrechtlichen Zulassung mit Fremdzündungsmotoren oder Selbstzündungsmotoren angetrieben wurden. Die Steuerbefreiung wird nach Maßgabe der Voraussetzungen gewährt, dass (1.) das Fahrzeug in der Zeit vom 18. Mai 2016 bis zum 31. Dezember 2020 nachträglich zu einem Elektrofahrzeug im Sinne des § 9 Absatz 2 KraftStG umgerüstet worden und (2.) für die bei der Umrüstung verwendeten Fahrzeugteile eine Allgemeine Betriebserlaubnis nach § 22 in Verbindung mit § 20 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erteilt ist. Die Steuerbefreiung beginnt an dem Tag, an dem die Zulassungsbehörde die Voraussetzungen nach Satz 2 als erfüllt feststellt (§ 3d Abs. 4 S. 3 KraftStG).

Gemäß § 18 Abs. 4b KraftStG bleibt für Personenkraftwagen, die Elektrofahrzeuge im Sinne des § 9 Absatz 2 KraftStG sind und bis zum 17. Mai 2011 erstmals zugelassen wurden, § 3d KraftStG in der am 5. November 2008 geltenden Fassung weiter anwendbar.

Nach § 3d S. 1 KraftStG in dieser Fassung ist das Halten von Personenkraftwagen, die Elektrofahrzeuge im Sinne des § 9 Abs. 2 KraftStG sind, für die Dauer von fünf Jahren ab dem Tag der erstmaligen Zulassung von der Steuer befreit.

2. Das Fahrzeug des Klägers ist zu einem Elektrofahrzeug im Sinn des § 9 Abs. 2 KraftStG umgerüstet worden.

3. Für das Fahrzeug des Klägers kommt eine Steuerbefreiung weder nach § 3d Abs. 1 oder Abs. 4 KraftStG noch nach § 18 Abs. 4b KraftStG in Verbindung mit der Fassung des § 3d KraftStG vom 05.11.2008 in Betracht.

a) Die Voraussetzungen des § 3d Abs. 4 KraftStG sind nicht erfüllt. Zwar handelt es sich um ein technisch umgerüstetes Fahrzeug, das ursprünglich zum Zeitpunkt der erstmaligen verkehrsrechtlichen Zulassung mit Fremdzündungsmotoren oder Selbstzündungsmotoren angetrieben wurden. Jedoch wurde das Fahrzeug des Klägers nicht in der Zeit ab 18.05.2016 nachträglich zu einem Elektrofahrzeug im Sinne des § 9 Absatz 2 KraftStG umgerüstet, sondern bereits zuvor. Das Fahrzeug wurde am 12.08.2015 als Fahrzeug mit Elektroantrieb zugelassen.

b) Der Senat hält eine Auslegung des § 3d Abs. 4 KraftStG in dem Sinne, dass der Zeitpunkt der Nachrüstung in § 3d Abs. 4 Nr. 1 KraftStG ohne Bedeutung ist und auch Umrüstfälle vor dem 18.05.2016 begünstigt sind, für nicht zutreffend.

Zum einen steht dieses Verständnis im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut der Regelung.

Zum anderen ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass mit der Neufassung des § 3d Abs. 4 KraftStG nur eine Klarstellung der Gleichsetzung erfolgen soll. Ausweislich des Entwurfes des Gesetzes zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität im Straßenverkehr und seiner Begründung vom 27.05.2016 (BR-Drs 277/16; vgl. auch BT-Drs 18/8828 vom 20.06.2016) und der in Bezug auf die Neufassung des § 3d KraftStG unveränderten Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 21.09.2016 (BT-Drs 18/9688) seien bislang nach § 3d KraftStG ausschließlich erstmals zugelassene reine Elektrofahrzeuge im Sinne des § 9 Absatz 2 KraftStG durch befristete Steuerbefreiung begünstigt worden. Zwischenzeitlich habe sich auch die komplette Elektro-Umrüstung von Bestandsfahrzeugen, die ursprünglich mit Verbrennungsmotoren zugelassen waren, fortentwickelt. Dies trage in begrenztem Umfang ebenfalls zu lokal emissionsfreier Mobilität bei. Da die emissionsorientierte Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer technologieneutral ausgerichtet sei, werde die zehnjährige Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge auf technisch angemessene, verkehrsrechtlich genehmigte Elektro-Umrüstungen ausgeweitet.

Hieraus wird aus Sicht des Senats deutlich, dass § 3d Abs. 4 KraftStG nicht nur klarstellenden Charakter hat, sondern eine neugeschaffene Begünstigung enthält.

Ein anderes Verständnis ist auch nicht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz angezeigt.

Der Kläger trägt vor, die Privilegierung der Elektromobilität erfolge im Hinblick auf das Ziel der Abgasverminderung; diese würde gleichermaßen durch neu zugelassene Elektrofahrzeuge als auch durch umgerüstete Fahrzeuge erreicht. Das Abhängigmachen der Begünstigung der Umrüstfahrzeuge von einem Stichtag der Umrüstung sei willkürlich.

Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 98, 365, 385; stRspr). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfGE 88, 87, 96; 101, 54, 101; 107, 27, 45). Nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche präzisieren (vgl. BVerfGE 75, 108, 157; 93, 319, 348 f.; 110, 412, 432).

Der Gesetzgeber hat hinsichtlich steuerlicher Begünstigungen einen weiten Gestaltungsspielraum.

Vorliegend erfolgt die Differenzierung nicht willkürlich. Es wird zwischen neu zugelassenen Elektrofahrzeugen und umgerüsteten Fahrzeugen unterschieden. Dabei werden die neu zugelassenen Elektrofahrzeuge i.S.d. § 9 Abs. 2 KraftStG ohne Einschränkungen begünstigt. Dies entspricht dem gesetzgeberisch zulässigen und dem weiten Gestaltungsspielraum entsprechenden Ziel, den Anteil an Elektrofahrzeugen an den Neuzulassungen deutlich zu erhöhen (vgl. BR-Drs 277/16 unter A.; vgl. auch BT-Drs 18/8828 unter A. und BT-Drs 18/9688 unter A. II.).

Verstöße gegen verfassungsrechtliche Grundsätze liegen aus Sicht des Senats nicht vor, wenn der Gesetzgeber umgerüstete Fahrzeuge nicht im gleichen Maße fördert, sondern - anknüpfend an die zwischenzeitlich fortentwickelte komplette Elektro-Umrüstung von Bestandsfahrzeugen und deren Beitrag zu lokal emissionsfreier Mobilität (vgl. BR-Drs 277/16; BT-Drs 18/8828 und BT-Drs 18/9688) - nur Umrüstfälle ab einem gewissen Stichtag begünstigt. Der Gesetzgeber bewegt sich hier im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums.

c) Eine Begünstigung kann auch nicht nach § 3d Abs. 1 KraftStG erfolgen. Eine erstmalige Zulassung des Elektrofahrzeugs in der Zeit ab 18.05.2011 liegt nicht vor. Soweit auf den Tag der erstmaligen Zulassung abgestellt wird, ist dies der Tag, an dem das Fahrzeug erstmals zum Straßenverkehr zugelassen wurde - im Streitfall der 03.09.1992.

aa) Der Beklagte ist in Bezug auf das Datum der erstmaligen Zulassung an die Feststellungen der Zulassungsbehörde nicht gebunden.

Für die Beklagte sind die Feststellungen der Zulassungsbehörde nach § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KraftStG nur für die Einstufung eines Fahrzeugs in Emissionsklassen und Besteuerungsgrundlagen "technischer Art" verbindlich. Der Begriff der "erstmaligen Zulassung" im Kraftfahrzeugsteuerrecht ist ein Begriff des Verkehrsrechts; seine Auslegung richtet sich nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften.

Die Beurteilung, wann ein Fahrzeug erstmals zum Verkehr zugelassen wurde, obliegt den Steuerbehörden bzw. den zu ihrer Kontrolle berufenen Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit. Sie sind hierbei an die von den Zulassungsbehörden übermittelten Angaben zum Tag der Erstzulassung nicht gebunden. Diese Angaben gehören nicht zu den Besteuerungsgrundlagen "technischer Art" im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG, weil sie sich nicht auf die technische Beschaffenheit des Fahrzeugs beziehen (vgl. BFH-Urteil vom 23.05.2006 VII R 27/05, BStBl II 2006, 607).

bb) Was unter dem "Tag der erstmaligen Zulassung" bzw. dem Zeitpunkt, in dem das Fahrzeug "erstmals zum Verkehr zugelassen wird" zu verstehen ist, ist im Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht ausdrücklich geregelt. Der Begriff der "erstmaligen Zulassung" bzw. der "Erstzulassung" ist ein Begriff des Verkehrsrechts; seine Auslegung richtet sich nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften (§ 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG).

cc) Der Umbau eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor, das bereits verkehrsrechtlich erstmals zugelassen worden ist, in ein Fahrzeug mit Elektromotor begründet keinen neuen Erstzulassungszeitpunkt.

Auszugehen ist vom verkehrsrechtlichen Begriff der Erstzulassung. Bei der Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens ist das Datum der Erstzulassung oder der ersten Inbetriebnahme des betreffenden Fahrzeugs zu erheben. Dieses Datum ist in dem Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief (jetzt Zulassungsbescheinigung Teil I und II) eines mit amtlichen Kennzeichen zugelassenen Fahrzeugs einzutragen.

Bei der Festlegung des Datums der Erstzulassung ist deshalb maßgeblich, wann das Fahrzeug erstmals entsprechend seiner Zweckbestimmung als Verkehrsmittel bzw. Verbrauchsgut allgemein im öffentlichen Verkehr im Inland oder im Ausland mit der dafür erforderlichen Zulassung zugelassen oder in Betrieb genommen worden ist. Das war im Streitfall der 03.09.1992. Die verkehrsrechtlichen Grundsätze zur Festlegung des Datums der Erstzulassung gelten auch bei der Bestimmung des Tages der erstmaligen Zulassung im Sinne des § 3d Abs. 1 Satz 2 KraftStG.

dd) Soweit in der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten wird, in Fällen, in denen ein Kraftfahrzeug nachträglich auf Elektroantrieb umgerüstet wird und die Verkehrsbehörden als Folge dieses Umbaus von einem Erlöschen der allgemeinen Betriebserlaubnis des bisherigen Fahrzeugs ausgehen und das umgebaute Fahrzeug neu zulassen, handelt es sich um eine erstmalige Zulassung im Sinne des Verkehrsrechts und damit auch im Sinne des § 3d Abs. 1 Satz 2 KraftStG (vgl. Strodthoff, KraftStG, § 3d Rz. 12), überzeugt dies nicht.

Begründet wird die Kommentarmeinung, durch die Erteilung der Betriebserlaubnis/Einzelgenehmigung nach § 21 StVZO/§ 2 Nr. 6 FZV ändere sich die Fahrzeugart in Elektrofahrzeug, das als solches erstmalig zugelassen werde. Maßgebend für die Steuerbefreiung nach 3d KraftStG sei der Tag der erstmaligen Zulassung als Elektrofahrzeug.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Datum der Erstzulassung den Tag beschreibt, an dem das Fahrzeug erstmals allgemein und sachlich unbeschränkt im öffentlichen Verkehr im Inland oder Ausland mit der dafür erforderlichen Zulassung zugelassen oder in Betrieb genommen wurde. Dabei handelt es sich um die erstmalige allgemeine Zulassung, die allerdings nicht von der Antriebsart des Fahrzeugs abhängig ist. Somit kann sich das Datum der Erstzulassung nicht mit einer neuen Antriebsart ändern.

Zudem kann sich eine erstmalige Zulassung nach dem Verkehrsrecht auch nicht dadurch ändern, dass die ursprünglich erteilte Betriebserlaubnis gemäß § 19 Abs. 2 StVZO erlischt. Das Erfordernis einer Typen- oder Einzelgenehmigung ist seit Inkrafttreten der FZV am 01.03.2007 nicht mehr Bestandteil der Zulassung, sondern lediglich Tatbestandsvoraussetzung für eine Zulassung. Die Zulassung selbst erfolgt durch die Zulassung eines Kennzeichens, Abstempelung der Kennzeichenschilder und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung. Damit berührt das Erlöschen der Betriebserlaubnis die Zulassung nicht (vgl. Dauer in Hentschel, FZV, § 3 Rz. 30; Dauer in Hentschel StVZO § 19 Rz. 14).

Wenn das Erlöschen der Betriebserlaubnis die Zulassung nicht berührt, kann dies erst recht keine neue Erstzulassung dadurch auslösen, dass nach dem Erlöschen der Betriebserlaubnis eine neue Einzelbetriebserlaubnis erteilt wird.

Die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis richtet sich nach § 21 StVZO, wonach ein Vollgutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen erforderlich ist. Soweit kein Anlass zur Annahme der Unvorschriftsmäßigkeit im Übrigen besteht, kann die Begutachtung auch auf die Änderungen, die zum Erlöschen der Betriebserlaubnis geführt haben, beschränkt werden (vgl. Dauer in Hentschel, StVZO, § 19 Rz. 15). Auch in diesem Zusammenhang erscheint es, ausgehend von der oben angeführten Definition einer erstmaligen Zulassung nicht vertretbar, dass ein Fahrzeug nach der Änderung der Antriebsart, im Rahmen einer Einzelgenehmigung gemäß § 21 StVZO ein neues Erstzulassungsdatum erhält.

Weiterhin spricht gegen die Erteilung eines neuen Erstzulassungsdatums im Rahmen der Erteilung einer Einzelbetriebserlaubnis der Anwendungsbereich des § 21 StVZO. Aufgrund der Spezialität des § 13 EG-FGV gegenüber der Regelung des § 21 StVZO wird eine Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge nach § 21 StVZO u.a. ausschließlich für Fahrzeuge erteilt, die keine Neufahrzeuge sind. Neufahrzeuge sind per Definition Fahrzeuge, die noch nicht erstmals zugelassen oder erstmals in Betrieb genommen worden sind. Sobald ein Neufahrzeug erstmals zum Verkehr zugelassen wurde, wird es zum Gebrauchtfahrzeug. Gegebenenfalls erforderliche Betriebserlaubnisse für Einzelfahrzeuge werden nach § 21 StVZO erteilt (vgl. Dauer in Hentschel StVZO, § 21 Rz. 10).

Daraus folgt, dass ein Fahrzeug nur ein einziges Mal erstmalig zum Verkehr zugelassen werden kann. Sobald ein Fahrzeug eine Genehmigung nach StVZO erhält, handelt es sich um einen Gebrauchtwagen, dessen Erstzulassungsdatum nicht mehr geändert wird.

In den Fällen, in denen ein Kraftfahrzeug nachträglich auf Elektroantrieb umgerüstet wird und die Verkehrsbehörden als Folge dieses Umbaus von einem Erlöschen der Betriebserlaubnis ausgehen, handelt es sich nicht um eine "erstmalige Zulassung" i.S.d. Verkehrsrechts. Es ändert sich nicht die Fahrzeugart in "Elektrofahrzeug", sondern lediglich die Antriebsart des Fahrzeugs.

ee) Im Übrigen sprechen sowohl der Wortlaut des § 3d Abs. 4 KraftStG als auch die Intention des Gesetzgebers für diese Auslegung des Begriffs des Erstzulassungsdatums.

§ 3d Abs. 4 Satz 1 KraftStG geht bei der Neuregelung hinsichtlich der Steuerbegünstigung der technisch umgerüsteten Fahrzeuge davon aus, dass der Zeitpunkt der erstmaligen verkehrsrechtlichen Zulassung derjenige der Zulassung mit Fremdzündungsmotoren oder Selbstzündungsmotoren ist.

Eine Steuerbefreiung wird hier nur bei kumulativer Erfüllung der Voraussetzungen in § 3d Abs. 4 S. 2 Nrn. 1 und 2 KraftStG gewährt.

Eine Begünstigung der nachträglich zu Elektrofahrzeugen umgerüsteten Fahrzeuge nach § 3d Abs. 1 KraftStG durch Auslegung des Begriffs der erstmaligen Zulassung als erstmalige Zulassung als Elektrofahrzeug in der Zeit von 18.05.2011 bis 31.12.2020 unter geringeren Voraussetzungen widerspräche dieser Systematik und der unter 3.b) dargestellten gesetzgeberischen Absicht.

d) Auch aus § 18 Abs. 4b KraftStG i.V.m. § 3d KraftStG in der am 5. November 2008 geltenden Fassung ergibt sich nicht die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung.

Das Fahrzeug des Klägers wurde zwar bis 17.05.2011 zugelassen, jedoch nicht als Elektrofahrzeug nach § 9 Abs. 2 KraftStG.

Die Revision wird im Hinblick auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Unter Az. II R 12/17 ist in einem gleichartigen Fall Revision beim Bundesfinanzhof anhängig.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.

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