OLG Hamm, Urteil vom 09.09.1993 - 6 U 58/89
Fundstelle
openJur 2012, 73982
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das am 05. Januar 1989 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.10.1987 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen zukünftigen materiellen Schaden für die Zeit nach dem 05.10.1987 aus Anlaß des Verkehrsunfalls vom 19.03.1983 zu ersetzen, soweit kein öffentlich-rechtlicher Forderungsübergang vorliegt.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Parteien: unter 35.000,00 DM.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 19.03.1983 auf der Autobahn ... bei ereignet hat. Die Klägerin befand sich als Beifahrerin im Pkw des Zeugen ... Auf dieses Fahrzeug fuhr ein Versicherungsnehmer des Beklagten auf. Die Klägerin erlitt ein Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule (HWS). Die volle Haftung des Beklagten ist außer Streit. Er hat vorprozessual auf die Schmerzensgeldansprüche der Klägerin 5.000,00 DM gezahlt.

Mit der Behauptung, sie habe einen schweren Dauerschaden erlitten, hat die Klägerin mit der Klage ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld in vorgestellter Höhe von 25.000,00 DM gefordert und die Feststellung begehrt, daß der Beklagte ihr - vorbehaltlich eines eventuellen Anspruchsübergangs - zum Ersatz aller zukünftigen materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 19.03.1983 verpflichtet sei.

Das Landgericht hat ein orthopädisches Gutachten des ... eingeholt. Auf dieser Grundlage hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die gezahlten 5.000,00 DM reichten als Schmerzensgeld aus, da nicht bewiesen sei, daß das HWS-Trauma ungewöhnlich schwere, auch nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Unfall noch andauernde Beeinträchtigungen zur Folge gehabt habe. Bei dieser Sachlage könne die Klägerin auch keine unfallbedingten künftigen vom Beklagten zu ersetzenden Schäden darlegen.

Mit der form- und fristgerechten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens greift sie das Gutachten des ... an und legt dazu die Stellungnahmen verschiedener von ihr konsultierter Ärzte vor.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat die Klägerin gemäß § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... Wegen des Ergebnisses wird auf die Berichterstattervermerke vom 30.08.1990 und vom 29.06.1992 Bezug genommen. Außerdem sind folgende Sachverständigengutachten eingeholt worden:

a) ein fachorthopädisches Gutachten des ... vom 10.08.1989 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 12.06.1990, vom 16.08.1990 und vom 08.06.1993;

b) ein neurochirurgisches Gutachten des ... vom 22.01.1992;

c) ein neurochirurgisches Gutachten des ... vom 22.02.1993.

Auf den Inhalt dieser Gutachten wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist im wesentlichen begründet.

Die dem Grunde nach unstreitige, auf §§ 823, 847 BGB, § 3 Nr. 1 PflVG beruhende Verpflichtung des Beklagten zur Schmerzensgeldzahlung ist durch die vorprozessual gezahlten 5.000,00 DM nicht erfüllt, denn die Klägerin hat einen erheblichen Dauerschaden erlitten, der ein Gesamtschmerzensgeld von 25.000,00 DM rechtfertigt. Wegen der fortdauernden Schäden ist auch der Feststellungsantrag zulässig und begründet.

1.

Die Klägerin leidet an Nacken- und Hinterkopfschmerzen mit Ausstrahlung in die Stirnregion beiderseits, ferner an ziehenden Schmerzen im Bereich der rechten Hand, die ein- bis zweimal pro Woche auftreten. Außerdem kommt es im Bereich der HWS gelegentlich zu schmerzhaften Fixierungen, so daß angefangene Bewegungen nicht völlig zu Ende geführt werden können. Insbesondere durch die Nackenschmerzen wird das Wohlbefinden der Klägerin erheblich beeinträchtigt. Der Zeuge ... - es handelt sich um den inzwischen verstorbenen Lebensgefährten der Klägerin - hat anschaulich geschildert, daß die Schmerzen manchmal - vor allem morgens - so stark sind, daß die Klägerin kaum ohne Hilfe aufzustehen vermag und zunächst in kniender Haltung vor dem Bett verharren muß, bis sie sich aufrichten kann. An anderen Tagen kann sie zwar ohne derartige Beschwerden aufstehen, hat aber häufig Kopfschmerzen. Da diese durch Belastungen gesteigert werden, ist die vor dem Unfall sportlich aktive Klägerin in ihrer Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt.

Die Schilderungen des Zeugen ... und der gemäß § 287 ZPO angehörten Klägerin sind glaubhaft. Sie werden zumindest teilweise durch die gutachterlichen Befunde bestätigt. Zwar lassen sich Schmerzempfindungen medizinischerseits allenfalls eingeschränkt objektivieren. Jedoch hat bereits ... in seinem in erster Instanz unter dem 01.06.1988 erstatteten Gutachten (Bl. 48 ff. d.A.) auf Verspannungen im Bereich der Schulter- und Nackenmuskulatur und der Lendenwirbelsäulenmuskulatur hingewiesen und die Schmerzen als glaubhaft bezeichnet. Seine Diagnose wird bestätigt von ..., der - ebenso wie ... - darauf hinweist, daß weder ein leidensbetontes Verhalten noch eine Aggravationstendenz besteht. Bei dieser Ausgangslage hat der Senat keine Zweifel, daß die geschilderten Beschwerden tatsächlich vorhanden sind, zumal die Vielzahl der überreichten ärztlichen Unterlagen erkennen läßt, daß die Klägerin bemüht ist, Linderung ihrer Schmerzen zu finden. Keineswegs können die Arztbesuche und Klinikaufenthalte sowie die seit 1983 vermehrt auftretenden kurzfristigen Arbeitsunfähigkeitszeiten durch den Wunsch erklärt werden, den Belastungen des Alltags- und Arbeitslebens zu entgehen, da die Klägerin sich in ihrem Beruf als Personalsachbearbeiterin einer Bank engagiert einsetzt und die vermehrte Arbeitsunfähigkeit durch freiwillige Samstags- und Sonntagsarbeit kompensiert.

2.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß die Beschwerden ihre Ursachen in den Verletzungen haben, die die Klägerin bei dem Unfall vom 19.03.1983 erlitten hat. Allerdings wird der Kausalzusammenhang von den in diesem Rechtsstreit herangezogenen Sachverständigen nicht einheitlich beurteilt:

Der Orthopäde ... kommt zu dem Ergebnis, daß bei seiner gutachterlichen Untersuchung vom 01.06.1988 keine krankhaften Befunde erhoben werden konnten, welche als Folge des Unfalls vom 19.03.1987 hätten angesprochen werden müssen.

Auch ... - ebenfalls Orthopäde - vermißt zum Zeitpunkt seiner Begutachtung (28.11.1989) objektivierbare Befunde, die mit dem Unfall von 1983 in Zusammenhang gebracht werden könnten, und kommt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.06.1993 zu dem Schluß, daß ein Kausalzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich sei.

Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit wird auch von dem Neurochirurgen ... in seinem Gutachten vom 22.01.1992 verneint. Er ordnet für einen Zeitpunkt von sieben Wochen die bestehenden Beschwerden dem Unfall zu und hält es für hinreichend wahrscheinlich, daß die ab Juni 1983 zur Behandlung führenden rezidivierenden und chronischen Zerviko-Zephalgien und Haltungsstörungen, Bewegungsstörungen und Myogelosen unfallunabhängig und schicksalsbedingt sind. Er beurteilt daher die jetzigen Beschwerden nicht als unfallbedingte Dauerschäden.

... - ebenfalls Neurochirurg - bejaht dagegen einen unfallbedingten Dauerschaden. Er befindet sich damit im Einklang mit mehreren Ärzten, die die Klägerin seit dem Unfall behandelt und begutachtet haben, z.B. dem Orthopäden und Sportmediziner ..., dem Unfallchirurgen ... und dem Orthopäden ...

Für die Überzeugung des Senats davon, daß die vorhandenen Beschwerden ihre Ursache in dem Unfall haben, waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Es geht bei der zwischen den Parteien streitigen Frage um die Ermittlung des Kausalzusammenhanges zwischen dem - hier unstreitigen - Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden, also um die sog. haftungsausfüllende Kausalität. Deren Feststellung richtet sich nicht wie die der haftungsbegründenden Kausalität, also des Zusammenhangs zwischen schädigendem Verhalten und Rechtsgutverletzung, nach den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, sondern nach § 287 ZPO. In diesem Bereich genügt für die Überzeugungsbildung je nach Lage des Einzelfalls eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH VersR 70, 924, 926 f.; VersR 87, 310). Daher darf eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, die etwa gar den besonders strengen medizinischwissenschaftlichen Kriterien standhält, nicht verlangt werden; vielmehr kann es durchaus genügen, daß für die Kausalität eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BGH VersR 93, 55 = NJW 92, 3298 = NZV 93, 64 m.w.N.; ständige Rechtsprechung).

Diese Maßstäbe, die nicht nur für die Frage des Kausalzusammenhanges gelten, sondern - wenn erst der Haftungsgrund nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO festgestellt ist - auch für die Frage, ob überhaupt und in welchem Ausmaße weitere Schäden vorhanden sind, werden mitunter von medizinischer Seite verkannt. Bisweilen legen auch medizinische Sachverständige bei der Frage nach unfallbedingten Folge- bzw. Dauerschäden einen zu strengen Maßstab an, der der gesetzlichen Beweiserleichterung des § 287 ZPO nicht gerecht wird. Vor allem dann, wenn ein Sachverständiger bei der Beauftragung hierüber nicht ausreichend instruiert worden ist, bedarf ein Gutachtenergebnis, in dem der Kausalzusammenhang zwischen Primärschädigung und späterem Schaden verneint wird, einer besonders kritischen Würdigung hinsichtlich des Beweismaßstabes.

Wenn der Kausalitätsnachweis für den Geschädigten in der genannten Weise erleichtert wird, so führt das - abgesehen von den hier nicht zur Debatte stehenden Besonderheiten, die etwa in Arzthaftungsprozessen ausnahmsweise bei besonderen Fallkonstellationen gelten können - keineswegs zu einer Umkehr der Beweislast. Es geht daher zu Lasten des Geschädigten, wenn nach Ausschöpfung der zu Gebote stehenden Erkenntnismittel die Verursachung seiner Beschwerden durch den vom Gegner zu verantwortenden Unfall nicht wahrscheinlicher ist als ihre unfallunabhängige Entwicklung.

Gerade im Bereich der HWS-Schädigung durch ein Beschleunigungstrauma werden die Kausalitätsfeststellung und die Abgrenzung unfallbedingter von unfallunabhängigen Schäden durch die weite Verbreitung degenerativer Bandscheibenschäden erschwert. Sie sind bei Menschen nach dem 30. Lebensjahr so häufig anzutreffen, daß sie in der allgemeinen Presse (vgl. etwa Der Spiegel, Nr. 23/91, S. 214) als "regelrechte Volkskrankheit in den westlichen Industrieländern" bezeichnet werden. Es kommt hinzu, daß degenerativ bedingte cervikale Bandscheibensyndrome sich in ihrer Symptomatik kaum von posttraumatischen Cervikalsyndromen unterscheiden. Vor diesem Hintergrund werden die Fragen der Folgen von HWS-Beschleunigungstraumen seit Jahren im In- und Ausland intensiv diskutiert (vgl. z.B. Ayasse, VersR 92, 1195; Ritter, DAR 92, 47; Malin/Tegenthoff, DAR 90, 164; desgl. Dtsch. med. Wschr. 116 - 1991 -, 1030; Ludolph/Besig, Die Berufsgenossenschaft 87, 755; in der Schweiz hat die Entscheidung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 04.02.1991 zu kontroversen Diskussionen geführt, vgl. z.B. einerseits Senn, plädoyer 92, 36, andererseits Ludolph/Weber, VersR 92, 662), wobei hinsichtlich des Beweismaßes zwischen den in Betracht kommenden Rechtsgebieten des gesetzlichen und des privaten Unfallversicherungsrechts und des zivilen Haftungsrechts nicht immer ausreichend differenziert wird.

Im vorliegenden Fall hält der Senat im Anschluß an die Ausführungen des ... eine Verursachung der Beschwerden der Klägerin durch den Unfall für deutlich wahrscheinlicher als eine unfallunabhängige Entwicklung. Die entgegenstehende Beurteilung der Orthopäden ... und ... wird maßgeblich dadurch beeinflußt, daß ein direkter Nachweis knöcherner oder ligamentärer Verletzungen der HWS fehlt. Damit wird aber nach Auffassung des Senats der Beweiserleichterung nicht hinreichend Rechnung getragen, die § 287 ZPO dem Geschädigten bietet. Denn es erscheint nicht hinreichend gesichert, daß die Folgen eines HWS-Beschleunigungstraumas, wie es die Klägerin unstreitig erlitten hat, sich binnen einer Frist von wenigen Monaten bis zu einem Jahr zurückgebildet haben müssen, und daß darüber hinausgehende Schaden nur dann als Unfallfolgen zu akzeptieren sind, wenn es sich - im Sinne der herkömmlichen Einteilung von Erdmann - um ein Trauma 3. Grades handelt, d.h. um solche Verletzungen, die auf normalen Rötgenaufnahmen sichtbar sind. Bei dieser Klassifikation wird die HWS in erster Linie als Teil des Bewegungsapparates angesehen, und die posttraumatische Ausheilung nach HWS-Verletzungen wird mit derjenigen von großen Gliedmaßengelenken verglichen. Da aber im HWS-Bereich eine enge anatomische Nachbarschaft zum zentralen Nevensystem (Hirnstamm und Rückenmark) und zu den Spinalnervenwurzeln besteht, erscheint der Ansatz des Sachverständigen ... sachgerecht, wonach das Ausmaß des bleibenden neurologischen Schadens, das durch eine subtile klinischneurologische Untersuchung festzustellen ist, einen wesentlichen Hinweis auf die Schwere der HWS-Verletzung darstellt. Wie dem Senat aufgrund seiner Erfahrung aus ähnlichen Sachen - insbesondere aufgrund eines von ... in dem Rechtsstreit 6 U 155/87 OLG Hamm erstatteten Gutachtens - bekannt ist, erscheint demgemäß ein Neurologe oder Neurochirurg in erster Linie sachkundig und berufen zur Klärung von Zusammenhängen, die ohne sichtbare knöcherne oder ligamentäre Verletzungen zwischen einem Unfall und geklagten Beschwerden bestehen.

Allerdings hat auch ... als kompetenter Neurochirurg einen Zusammenhang der nach Ablauf von sieben Wochen noch empfundenen Beschwerden mit dem Unfall verneint. Demgegenüber gibt jedoch der Senat dem Gutachten des Neurochirurgen ... deswegen den Vorzug, weil dieser Sachverständige das vorhandene Röntgenmaterial vollständig ausgewertet hat, während ... - entgegen seiner von der Klägerin geschilderten Ankündigung - auf die Beiziehung der zeitnah zum Unfall gefertigten Aufnahmen verzichtet und sich insoweit lediglich ohne unmittelbare eigene Auswertung auf Berichte gestützt hat. Es leuchtet ein, daß diese nicht in der erforderlichen Deutlichkeit die Entwicklung wiedergeben konnten, auf die ... seine Beurteilung maßgeblich gestützt hat. Nach dessen Feststellungen zeigten nämlich die ersten nach dem Unfall gefertigten Röntgenaufnahmen keine bemerkenswerte Degeneration der HWS, wohingegen die folgenden Aufnahmen eine progrediente, sich rasch entwickelnde Osteochondrose/Spondylose C 5/6 zeigen, die der Sachverständige als Hinweis auf eine traumatisch bedingte Gefügelockerung, nicht aber auf eine degenerative Veränderung wertet. In Verbindung mit den in klinischneurochirurgischer Untersuchung gefundenen Hinweisen kommt er zu dem Schluß auf eine Mitbeteiligung des cervikalen Spinalmarks und auf narbige Umbauprozesse innerhalb bzw. in der Umgebung des Rückenmarks.

Von besonderer Bedeutung ist auch, daß er bei seiner Untersuchung die schweren Fahrzeugschäden mitberücksichtigt hat, die auf eine erhebliche Geschwindigkeitsänderung des gestoßenen Fahrzeugs schließen lassen, in dem die Klägerin saß (zur Notwendigkeit der Auswertung der technischen Unfalldaten und der dazu bekannten Forschungsergebnisse vgl. Ayasse, VersR 92, 1195).

Im übrigen schließen auch ... und ... keineswegs aus, daß die heutigen Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen sind, sondern halten einen Kausalzusammenhang im Hinblick auf die von ihnen als naheliegend angesehene Möglichkeit einer degenerativen Entwicklung lediglich für weniger wahrscheinlich. Bei dieser Ausgangslage fällt aber nach Auffassung des Senats wesentlich der Umstand ins Gewicht, daß die Klägerin vor dem Unfall ein sportlich aktives Leben ohne Beschwerden der jetzt vorliegenden Art geführt hat, wie es der Zeuge ... glaubhaft bekundet hat, und daß seit dem Unfall durchgehend erhebliche Beschwerden der geschilderten Art vorhanden sind. In Verbindung mit der von ... dargestellten sich rasch entwickelnden Osteochondrose spricht das auffällige zeitliche Zusammentreffen von Unfall und Beginn der Beschwerden maßgeblich dagegen, daß diese sich auch ohne den Unfall aufgrund einer zuvor angelegten, bis dahin aber unbemerkt gebliebenen degenerativen Entwicklung zufällig zu diesem Zeitpunkt eingestellt hätten.

3.

Art, Ausmaß und Dauer der von der Klägerin erlittenen Schmerzen lassen ein Gesamtschmerzensgeld von 25.000,00 DM als erforderlich, aber auch als ausreichend erscheinen, so daß ihr über die vorprozessual gezahlten 5.000,00 DM hinaus noch weitere 20.000,00 DM zuzusprechen waren. Dabei ist insbesondere berücksichtigt worden, daß die Klägerin einen nicht unerheblichen Dauerschaden erlitten hat. Der Betrag entspricht dem, was der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Gerichte in Fällen ähnlich schwerer leidensbedingter Beeinträchtigungen der Lebensqualität zuzusprechen pflegt.

4.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Bei dem von der Klägerin erlittenen Dauerschaden müssen unfallbedingte materielle Folgeschäden jedenfalls ernsthaft in Betracht gezogen werden. Zur Abgrenzung und Klarstellung wird darauf hingewiesen, daß der Senat das Klagebegehren und den Feststellungsausspruch, soweit dort von zukünftigen materiellen Schäden die Rede ist, in der Weise versteht, daß damit die nach Klageeinreichung entstandenen und noch entstehenden Schäden gemeint sind, weil dies erkennbar dem Begehren der Klägerin bei Abfassung des Klageantrags entspricht. Zwar hätte die Klägerin, soweit bisher derartige Schäden eingetreten sein sollten, diese nunmehr beziffern können. Notwendig war dies jedoch nicht; es reicht für die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens vielmehr aus, daß bei Klageantrag ein Feststellungsinteresse bestand (vgl. BGH NJW 84, 1552; Zimmermann, ZPO, § 256 Rdn. 18).

Die Zinsentscheidung und die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 291 BGB, §§ 912 II, 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO.