AG Miesbach, Beschluss vom 15.05.2019 - (4) 12 C 66/19
Fundstelle
openJur 2020, 57010
  • Rkr:
Tenor

1. Der geänderte Antrag vom 11.02.2019 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 80.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Am 28.02.2013 schloss Herr H. unter Vorlage einer Vorsorgevollmacht für Frau S., einen Vertrag mit Urkundennummer des Notars über den Verkauf der im Antrag genannten Grundstücke an die Antragsgegner. Die Vorsorgevollmacht wurde am 01.12.2011 ausgestellt. Der Vertrag wurde vollzogen und die Antragsgegner mit Datum vom 04.06.2013 im Grundbuch eingetragen. Frau S. verstarb am 13.05.2015.

Die Antragsteller behaupten, Erben nach Frau S. zu sein. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Vorsorgevollmacht sei Frau S. nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Dies sei rechtskräftig durch das Landgericht Traunstein im Rahmen des Urteils mit dem Aktenzeichen 6 O 57/16 durch den Sachverständigen Prof. Dr. C. mit Gutachten vom 07.08.2017 festgestellt worden.

Die Antragsteller beantragen im Wege der einstweiligen Verfügung:

Im Grundbuch von M. für W., Fl.St. 564/2 und 564/9, Bl. 1440, wird zu Gunsten der Erbengemeinschaft zu S., verstorben am 13.05.15, bestehend aus Herrn H., Herrn H<sub>2</sub>, und Frau H., ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht der Antragsgegner eingetragen.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag vom 11.02.2019 abzuweisen.

II.

Der Antrag ist unbegründet. Ein Verfügungsanspruch wurde weder schlüssig vorgetragen noch hinreichend glaubhaft gemacht.

Der Verfügungsanspruch ist nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller zu verneinen. Zur Begründung ist Folgendes auszuführen:

Ein zur Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch nach § 899 BGB berechtigender Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB wurde weder schlüssig vorgetragen, noch hinreichend glaubhaft gemacht. Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs liegt auch nach dem Vortrag der Antragsteller nicht vor.

Die Antragsgegner sind wirksam Eigentümer des im Antrag bezeichneten Grundstücks geworden, §§ 873, 925 BGB. Die Voraussetzungen einer Einigung über den Eigentumsübergang sowie die Eintragung im Grundbuch als Eigentümer liegen vor.

Die erklärte Auflassung durch Herrn H. wirkt als Willenserklärung der verstorbenen Frau S. Durch die vorgelegte Vorsorgevollmacht des Herrn H. als Vertreter der Frau S. bei Kaufvertragsschluss mit den Antragsgegnern wurde eine Rechtsscheinsvollmacht nach § 172 BGB begründet. Wegen der Ausstellung und der Aushändigung der Urkunde durch die Vollmachtgeberin an den Vertreter und an die Antragsgegner, die unstreitig erfolgte, ist der Rechtsschein dieser zurechenbar. Da die Antragsgegner gutgläubig waren, besteht eine Rechtsscheinvollmacht, die dem Mangel an Vertretungsmacht abhilft, wenn die Vollmacht - wie vorliegend dargestellt - infolge der Geschäftsunfähigkeit der Vollmachtgeberin nicht wirksam ist (vgl. etwa Münchener Kommentar, § 172 BGB, Rn. 1). Der Umstand, dass Frau S. auf Seite 7 der Vollmachtsurkunde erklärt, so lange wie möglich in dem betroffenen Haus leben zu wollen, rechtfertigt nicht die Annahme von grober Fahrlässigkeit oder Kenntnis der Geschäftsunfähigkeit der Frau S., § 173 BGB (vgl. Münchener Kommentar, § 172 BGB, Rn. 25). Der Wunsch, in einem Haus längstmöglich wohnen zu bleiben, steht in keinem Zusammenhang mit der Annahme einer Geschäftsunfähigkeit der Frau S. bei Erteilung der Vollmacht. Aus der Vollmachtsurkunde zu entnehmende Umstände, aus denen sich die Unwirksamkeit der Vollmacht ergibt, wurden nicht vorgetragen. Ebensowenig wurde zu einer rechtzeitigen wirksamen Beseitigung des Rechtsscheins durch Widerruf oder Kraftloserklärung vorgetragen. Weder wurde vorgetragen, dass die Vollmacht der Vollmachtgeberin zurückgegeben wurde, noch, dass sie gegenüber den Antragsgegnern wirksam widerrufen wurde.

Etwaige bereicherungsrechtliche Ansprüche nach §§ 812ff. BGB begründen keinen Anspruch auf Eintragung eines Widerspruchs und waren daher nicht zu prüfen.

Im Übrigen wiesen die Antragsteller ihre Erbenstellung nicht - wie grundbuchrechtlich nach § 35 GBO vorgeschrieben - durch Vorlage eines Erbscheins nach. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte