AG Fürth, Beschluss vom 24.07.2018 - 471 OWi 704 Js 105668/18
Fundstelle
openJur 2020, 53949
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des anwaltschaftlichen Vertreters des Betroffenen ... Richter am Amtsgericht R. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist begründet.

Gründe

I.

Gegen den Betroffenen wurde seitens des Zweckverbandes Kommunale Verkehrsüberwachung Großraum Nürnberg am 11.04.2018 ein Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsübertretung gemäß §§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, § 24 StVG mit einer Geldbuße in Höhe von 80,00 € erlassen. Hiergegen legte der anwaltschaftliche Vertreter des Betroffenen rechtzeitig Einspruch ein. Mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 25.06.2018 wurde der Betroffene von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zum Hauptverhandlungstermin am 27.06.2018 entbunden. In Untervollmacht wurde der Betroffene von Herrn Rechtsanwalt B. im Hauptverhandlungstermin vertreten. Nachdem die Beweisaufnahme geschlossen worden war, hielt der Verteidiger des Betroffenen seinen Schlussvortrag und stellte währenddessen einen Befangenheitsantrag gegen Richter am Amtsgericht R. Zur Begründung führte er aus, dass der Vorsitzende bereits während des Plädoyers des Verteidigers die Urteilsformel niederschrieb. Insoweit wird auf den handschriftlichen Befangenheitsantrag des Rechtsanwalts B. vom 27.06.2018 Bezug genommen.

Richter am Amtsgericht R. erklärte mit dienstlicher Stellungnahme vom 04.07.2018: "Die im Befangenheitsantrag genannten Tatsachen sind richtig wiedergegeben. Ich habe die Urteilsformel – aufgrund Zeitverzuges – bereits während des Schlussvortrages des Verteidigers vollinhaltlich niedergeschrieben und auch unterzeichnet."

Rechtsanwalt B. erhielt Kenntnis von dieser dienstlichen Stellungnahme und machte von seinem Recht zur weiteren Stellungnahme Gebrauch. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 18.07.2018 des Verteidigers verwiesen.

II.

Referat 451 ist gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. der Geschäftsverteilung für richterliche Dienstgeschäfte des Amtsgerichts Fürth für das Jahr 2018, allgemeiner Teil B Absatz 1 Ziffer 7 i.V.m. Anlage 3 – gültig ab 01.01.2018 – für das Ablehnungsgesuch zuständig.

Das im Rahmen des Abschlussplädoyers der Verteidigung gestellte Ablehnungsgesuch war zulässig, insbesondere nicht verspätet angebracht.

Dem zulässigen Ablehnungsgesuch war stattzugeben.

Zunächst ist festzuhalten, dass nach § 24 Abs. 2 StPO die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit begründet ist, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Es kommt also weder darauf an, ob der Richter tatsächlich parteiisch ist oder sich für befangen hält, noch darauf, ob der Ablehnende subjektiv diesen Eindruck hat. Maßgeblich ist allein, ob ein vernünftiger Betroffener nach dem ihm bekannten Sachverhalt bei verständiger Würdigung Grund zur Annahme hat, der Abgelehnte nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne (BGH1, 34, 39).

Das Verhalten des Richters während der Hauptverhandlung kann die Ablehnung begründen, wenn es besorgen lässt, dass er nicht unvoreingenommen an die Sache herangeht, insbesondere von der Schuld des Betroffenen bereits endgültig überzeugt ist. Ein Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters ist grundsätzlich zu bejahen, wenn sich aus dessen Verhalten ergibt, dass das Ergebnis der Entscheidungsfindung bereits feststeht, obgleich dem Betroffenen noch rechtliches Gehör zu gewähren ist. D es ist hier der Fall, weil Richter am Amtsgericht R. schon während des Plädoyers des Verteidigers das Urteil abgesetzt hat.

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