LG Köln, Urteil vom 23.07.2018 - 26 O 38/18
Fundstelle
openJur 2020, 48880
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt verzinsliche Rückzahlung der Beiträge, die er auf eine mit der Beklagten mit Wirkung zum 01.06.2002 abgeschlossene kapitalbildende Lebensversicherung geleistet hat sowie Herausgabe der gezogenen Nutzungen. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von vorprozessualen Anwaltsgebühren.

Auf Grund Antrages des Klägers vom 29.05.2002 (K1, 44 f. GA) leitete die Beklagte ihm mit Policen-Begleitschreiben vom 01.07.2002 (K3, 47 GA) den Versicherungsschein zu der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vertragsnummer ...-001, K2, 46 GA, vollständig BLD1, 152 ff. GA) sowie die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen zu. Der Monatsbeitrag betrug zu Beginn 284,05 € und unterlag vereinbarungsgemäß einer dynamischen Erhöhung. Auf der dritten Seite des Versicherungsscheins findet sich im letzten Absatz unmittelbar über der Unterschriftenzeile folgende fett gedruckte Belehrung:

Sie können dem Versicherungsvertrag ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen schriftlich widersprechen. Eine Erklärung in Textform, z.B. per Fax oder eMail mit Angabe Ihres Namens, genügt. Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.

Während der Vertragslaufzeit zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 29.492,10 €.

Auf Antrag des Klägers wurde im Jahre 2009 eine Leistungs- und Beitragsreduzierung vorgenommen und dem Kläger mit Schreiben vom 24.03.2009 der entsprechend geänderte Versicherungsschein übersandt (BLD 2-4, 176 ff. GA).

Zum regulären Versicherungsablauf am 01.06.2014 zahlte die Beklagte dem Kläger auf dessen Auftrag vom 24.03.2014 hin den Betrag von 17.530,33 € aus (BLD 5-7, 256 ff. GA).

Durch Schreiben vom 22.10.2015 (K4, 50 GA) erklärte der Kläger sodann gegenüber der Beklagten den Widerspruch bezüglich des streitgegenständlichen Vertrags, welchen die Beklagte durch Schreiben vom 27.10.2015 (K5, 51 GA) zurückwies.

Die sodann nochmals von den Anwälten des Klägers mit Schreiben vom 18.01.2016 (K6, 52 ff. GA) geforderte Rückabwicklung des Vertrages durch Zahlung eines (weiteren) Betrages von 40.488,00 € sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.706,94 € bis zum 28.01.2016 wies die Beklagte ebenfalls mit Schreiben vom 01.02.2016 (K7, 56 GA) zurück.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er dem im Jahre 2002 geschlossenen Versicherungsvertrag im Oktober 2015 noch wirksam habe widersprechen können, da die 14-tägige Widerspruchsfrist zu keiner Zeit in Lauf gesetzt worden sei. Er sei zum einen nicht wirksam über sein Widerspruchsrecht belehrt worden, und zum anderen hätten die ihm übersandten Vertragsunterlagen nicht alle der nach § 10a VAG erforderlichen Verbraucherinformationen enthalten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1) an ihn einen Betrag in Höhe von 60.140,75 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.01.2016 zu zahlen;

2) ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 865,37 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.01.2016 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Widerspruchsbelehrung in formeller und inhaltlicher Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt sei, und die dem Kläger übersandten Vertragsunterlagen alle erforderlichen Verbraucherinformationen enthalten hätten. Unabhängig davon verstoße die nunmehrige Ausübung des Widerspruchsrechts gegen Treu und Glauben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

A.

Der Kläger hat gegen die Beklagte zunächst keinen Anspruch auf Rückzahlung der auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag geleisteten Beiträge sowie Erstattung der von der Beklagten hieraus gezogenen Nutzungen.

Ein entsprechender Rückabwicklungsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 1 BGB, da die Beklagte die betreffenden Leistungen nicht ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die Leistungen sind vielmehr auf Grund der zwischen den Parteien mit Wirkung zum 01.06.2002 geschlossenen kapitalbildenden Lebensversicherung erfolgt, welche auf der Grundlage des sogenannten Policenmodells nach § 5a Abs. 1 S. 1 und 2 VVG in der hier maßgeblichen Fassung vom 13.07.2001 wirksam zustande gekommen ist.

Diese Bestimmung regelt den Vertragsschluss, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Versicherer dem Versicherungsnehmer die Vertragsbedingungen und/oder die Verbraucherinformation nach § 10a VAG nicht bereits bei dessen Antragstellung übermittelt hat. In diesem Fall gilt der Versicherungsvertrag auf der Grundlage des später übersandten Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widerspricht.

Der Kläger hat dem im Juli 2002 mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag erst mit Schreiben vom 27.10.2015 und somit über 13 Jahre nach dem Vertragsschluss widersprochen. Dieser Widerspruch lässt die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages unberührt, da die gesetzliche Widerspruchsfrist zu dieser Zeit bereits abgelaufen war. Entgegen der Auffassung des Klägers begann die 14-tägige Widerspruchsfrist bereits mit seinem Erhalt der Vertragsunterlagen im Juli 2002 zu laufen.

I.

Die nach § 5a Abs. 2 S. 1 Hs. 2 VVG a. F. zur Auslösung der Frist erforderliche Widerspruchsbelehrung ist in dem Versicherungsschein der Beklagten vom 01.07.2002 ordnungsgemäß erfolgt. Der Kläger wurde hierdurch wie gesetzlich gefordert schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt.

Die Belehrung fällt dem Leser des Versicherungsscheins als dem zentralen Vertragsdokument auf Grund ihrer optischen Gestaltung durch durchgängigen Fettdruck deutlich ins Auge. Sie hebt sich von dem ansonsten nicht entsprechend hervorgehobenen Text der letzten Seite der dreiseitigen Police auffallend ab. Ihre Bedeutung wird zudem dadurch unterstrichen, dass sie in einen direkt über der Unterschriftenzeile und somit an exponierter Stelle platzierten gesonderten Passus gefasst wurde.

Auch inhaltlich ist die Belehrung über den Fristbeginn und die Dauer des Widerspruchsrechts nicht zu beanstanden.

Dem Versicherungsnehmer wird gerade auch durch den unmittelbaren räumlichen Bezug zu den unmittelbar vorab im Einzelnen aufgeführten Vertragsgrundlagen verdeutlicht, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch nicht zu beanstanden, dass die Belehrung einen Widerspruch ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang der maßgeblichen Unterlagen für zulässig erklärt. Es ist auch bei flüchtigem Lesen unmittelbar verständlich, dass ein Widerspruch zwar schon ab Antragstellung möglich ist, die konkret benannte Frist aber an den Zugang der maßgeblichen Unterlagen anknüpft.

Weiterhin ist es auch nicht unklar, in welcher Form der Widerspruch zu erfolgen hat, vielmehr wird der dem Versicherungsnehmer nicht unbedingt geläufige Begriff der Textform nochmals (überobligatorisch) erläutert, und es wird eindeutig darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch in Textform "genügt", dieser also nicht notwendig schriftlich erfolgen muss (vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 11.07.14, I-U 100/10, juris, Rn. 17).

Schließlich ist es nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer über die Folgen eines unterbliebenen Widerspruchs aufgeklärt, also eigens darauf hingewiesen wird, dass der Vertrag sodann auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen gilt. Die von dem Kläger für seine diesbezügliche Auffassung angeführten Entscheidungen (BGH, Urt. v. 29.07.15, IV ZR 497/14, juris, Rn. 12 u. Urt. v. 23.09.15, IV ZR 496/14, juris, Rn. 12; OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.12.17, 12 U 127/17, juris, Rn. 40) heben die Bedeutung eines solchen Hinweises für den Fall hervor, dass in der Belehrung der Erhalt dieser Unterlagen nicht bereits explizit als Voraussetzung für den Lauf der Widerspruchsfrist genannt worden ist; in diesem Fall trägt ein solcher Hinweis dazu bei, dem Versicherungsnehmer bewusst zu machen, dass es diese Unterlagen sind, deren Vorliegen die Widerspruchsfrist auslöst. In der streitgegenständlichen Widerspruchsbelehrung sind die betreffenden Unterlagen dagegen bereits unmittelbar im Zusammenhang mit der Erläuterung der Widerspruchsfrist benannt worden, so dass deren fristauslösende und vertragsgestaltende Bedeutung dem Versicherungsnehmer hinreichend verdeutlicht worden ist. Diesem ist damit auch ohne weiteren Hinweis bewusst, dass er mit einer Nichtausübung des Widerspruchsrechts den Vertrag so akzeptiert, wie er sich unter Einbeziehung dieser im Versicherungsschein auch als "Vertragsgrundlagen" bezeichneten Unterlagen darstellt.

II.

Die Auslösung der Widerspruchsfrist scheitert auch nicht an einer unvollständigen Übersendung der erforderlichen Verbraucherinformationen.

Nach § 5a Abs. 2 S. 1 Hs. 1 VVG a. F. setzt der Beginn der Widerspruchsfrist - neben dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Belehrung und der Aushändigung des Versicherungsscheins - auch eine Übergabe der vollständigen Unterlagen nach Absatz 1 dieser Bestimmung, also der Versicherungsbedingungen und des Verbraucherinformation nach § 10a VAG a. F. voraus. Entgegen der Auffassung des Klägers war auch diese Voraussetzung für den Lauf der Widerspruchsfrist bereits im Juli 2002 zumindest weitgehend erfüllt. Die Angaben, deren Fehlen der Kläger - weitgehend ohne nähere Substantiierung - bemängelt, sind entweder in den übersandten Vertragsunterlagen enthalten oder die Beklagte war zu diesen nicht verpflichtet bzw. ihr Fehlen war für die Vertragsentscheidung des Klägers aus objektiver Sicht nicht so relevant, dass es den Lauf der Widerspruchsfrist hinderte. Darüber hinaus genügt auch die Form, in welcher die Beklagte die Informationen vermittelt hat, den gesetzlichen Anforderungen.

1.

Nach § 10a Abs. 2 S. 2 VAG in der Fassung vom 22.04.2002 muss die Verbraucherinformation eindeutig formuliert, übersichtlich gegliedert und verständlich in deutscher Sprache oder der Muttersprache des Versicherungsnehmers abgefasst sein.

Dass an die Umsetzung dieser Vorgabe keine zu hohen Anforderungen gestellt werden können, ergibt sich bereits aus einer Betrachtung der für den Inhalt der Verbraucherinformation maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen. Diese sind ihrerseits über mehrere Vorschriften nebst Gesetzesanhängen mit jeweils unterschiedlicher, häufig wechselnder Geltungsdauer verteilt, teilweise wenig eindeutig gefasst und nicht wirklich stringent gegliedert. Dementsprechend ist einem Versicherer nicht abzuverlangen, dass er stets alle für den jeweiligen Versicherungsvertrag maßgeblichen Informationen in der jeweils aktuellen Fassung in einem zusammenhängenden Kompendium bündelt (vgl. auch: BGH, Urt. v. 13.07.16, IV ZR 541/1, juris, Rn. 11 u. 21.07.16, IV ZR 17/16, juris, Rn. 9; OLG Köln, Urt. v. 29.04.16, I-20 U 4/16, juris, Rn. 25 u. Beschl. v. 11.01.18, 20 U 178/17, S. 4; Saarl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.02.2018, 5 U 45/17, juris, Rn. 48). Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Versicherungsnehmer bei Erhalt der Vertragsunterlagen erkennen kann, welche Informationen als vertragsgestaltend anzusehen sind, er diese anhand ihrer Benennung in dem Anlagenkonvolut auffinden und er deren Inhalt verstehen kann.

Diesen Anforderungen genügen die dem Kläger übermittelten Verbraucherinformationen, die auf der dritten Seite des Versicherungsscheins übersichtlich aufgelistet und auf Grund der jeweiligen Überschriften den entsprechenden Anlagen zuzuordnen sind. Zudem wird der Versicherungsnehmer durch das "Leitblatt Verbraucherinformation" (BLD1, 148 f. GA) beim Auffinden der maßgeblichen Informationen unterstützt.

2.

Die Anforderungen an den Inhalt der Verbraucherinformation ergeben sich vor allem aus Abschnitt I, Ziff. 1 und 2 der Anlage D (in der Fassung vom 26.06.2001) zu § 10a VAG in der Fassung vom 22.04.2002. Die Auslegung dieser kursorisch gefassten Vorgaben, also die Bestimmung von Gegenstand und Reichweite der geforderten Angaben hat sich an deren Zweck zu orientieren. Dieser Zweck wird in dem 23. Erwägungsgrund der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 92/96/EWG vom 10.11.1992) wie folgt beschrieben: "Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine grössere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muß er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte...erhält...". Demnach soll der Versicherungsnehmer über die - aus objektiver Sicht - wesentlichen und damit für seinen Vertragsentschluss mutmaßlich relevanten Merkmale des jeweiligen Versicherungsvertrages so informiert werden, dass ihm ein Vergleich mit den Angeboten anderer Versicherer möglich ist.

Diesem Zweck werden die Informationen, welche die Beklagte dem Kläger mit den Vertragsunterlagen übermittelt hat, gerecht.

a)

Nach Abschnitt I, Ziff. 1 b) der Anlage D zum VAG a.F. sind dem Versicherungsnehmer zunächst die - auf Grund ihrer besonderen Bedeutung auch in § 5a VVG ausdrücklich erwähnten - Versicherungsbedingungen zu übermitteln. Deren notwendiger Inhalt richtet sich wiederum nach § 10 VAG in der Fassung vom 21.12.2000. Die Versicherungsbedingungen der Beklagten entsprechen diesen Vorgaben.

Die von dem Kläger ohne jegliche Substantiierung erhobene Beanstandung, dass die Versicherungsbedingungen entgegen § 10 Abs. 1 Nr. 4 VAG a.F. keine Angaben über die Gestaltungsrechte oder über die Obliegenheiten und Anzeigepflichten vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls enthielten, ist nicht nachvollziehbar. Beispielhaft sei nur auf die in § 7 der Bedingungen (BLD1, 163 GA) in großer Ausführlichkeit dargelegten vorvertraglichen Anzeigepflichten sowie die in § 6 der Bedingungen (BLD1, 162 GA) beschriebenen Möglichkeiten der Prämienanpassung, der Prämieneinstellung sowie der Kündigung verwiesen.

b)

Nach Abschnitt I, Nr. 1 e) der Anlage D zum VAG a.F. hat der Versicherer Angaben über die Prämienhöhe zu machen - wobei die Prämien (nur dann) einzeln auszuweisen sind, wenn das Versicherungsverhältnis mehrere selbständige Versicherungsverträge umfassen soll - und über die Prämienzahlungsweise; weiterhin hat er etwaige Nebengebühren und -kosten sowie den insgesamt zu zahlenden Betrag anzugeben.

Aus einer Gesamtschau der geforderten Angaben ergibt sich, dass dem Versicherungsnehmer verdeutlicht werden soll, welche fixen finanziellen Lasten (durch Beitragszahlung und feststehende Nebenkosten) auf ihn zukommen. Er soll überblicken können, in welchem Turnus und in welcher Höhe er Zahlungen für die jeweilige(n) Versicherung(en) zu leisten hat.

Dem Kläger wurde in dem Versicherungsschein (BLD1, 152 ff., 152 GA) mitgeteilt, dass die monatlich zu zahlende Prämie 284,05 € beträgt. Weiterhin wurde der Kläger mittels des Zusatzblattes "Gebühren für besondere Dienstleistungen" (BLD1, 155 GA) sowie durch § 16 der Versicherungsbedingungen (BLD1, 164 GA) über gesondert anfallende Gebühren informiert. § 15 der Vertragsbedingungen (BLD1, 164 GA) enthält Erläuterungen zu der Verrechnung der anfallenden Abschlusskosten, durch welche allerdings die fixe Belastung des Versicherungsnehmers ebenso wenig berührt wird wie durch die womöglich künftig auf Grund der Inanspruchnahme besonderer Dienstleistungen entstehenden Gebühren. Durch diese Angaben hat die Beklagte ihren Informationspflichten jedenfalls insoweit genügt, als der Kläger klar erkennen konnte, mit welchen finanziellen Lasten die beantragten Versicherungsleistungen für ihn konkret verbunden sind. Dementsprechend waren auch etwaige Ratenzahlungszuschläge von der Beklagten nicht gesondert auszuweisen. Diese werden dem Versicherungsnehmer nicht nachträglich als gesonderte (Neben)Kosten auferlegt, sondern sie gehen in die Berechnung der ausgewiesenen Prämie ein. Ob und inwieweit der "Preis" für die Versicherungsleistungen durch derartige Ratenzahlungszuschläge oder andere Faktoren beeinflusst ist, muss dem Versicherungsnehmer weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Informationsvorgabe in Abschnitt I, Nr. 1 e) der Anlage D zum VAG a.F. dargelegt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Versicherungsnehmer über die Höhe der von ihm letztlich geschuldeten Leistung informiert wird, und er somit die betreffenden Konditionen mit anderen Versicherungen vergleichen kann.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der zitierten gesetzlichen Informationsvorgabe ferner nicht zu entnehmen, dass der Versicherer darüber hinaus den in der vorgesehenen Versicherungsdauer insgesamt zu zahlenden Prämienbetrag ausweisen muss. Nach Wortlaut und Aufbau der betreffenden Bestimmung bezieht sich die geforderte Angabe des insgesamt zu zahlenden Betrages auf die Prämie nebst der unmittelbar zuvor erwähnten etwaigen (fixen) Nebengebühren und -kosten, das heißt (nur) wenn solche zusätzlichen Kosten konkret anfallen - was hier nicht vorgetragen wurde -, ist der sich hieraus unter Einbeziehung des Versicherungsbeitrags ergebende Gesamtbetrag auszuweisen. Die Deutung des Klägers, dass der Gesamtbetrag aller voraussichtlich zu zahlenden Prämien anzugeben sei, erscheint demgegenüber auch nach dem Sinn der Vorschrift fernliegend. Wenn, wie der Kläger argumentiert, die nur unter bestimmten Umständen entstehenden Nebenkosten prinzipiell nicht in den insgesamt zu zahlenden Betrag einflössen, setzte sich letzterer allein aus der Summe der während der Vertragsdauer anfallenden Prämien zusammen. Dann aber wäre dessen Angabe mit keinerlei Erkenntnisgewinn für den Versicherungsnehmer verbunden, sondern würde diesem nur die Mühe ersparen, die monatliche Prämie mit den vorgesehenen Beitragsmonaten zu multiplizieren. Abgesehen davon, dass dies kaum Sinn der Verbraucherinformation sein kann, handelte es sich bei dem solchermaßen bestimmten Gesamtbetrag um eine rein hypothetische Größe, die im Verlauf des Vertrages durch Dynamikänderungen, Beitragsreduzierungen und -freistellungen oder eine vorzeitige Vertragsbeendigung entscheidend verändert werden kann, und deren Bedeutung für die Vertragsentscheidung des Versicherungsnehmers und den Vergleich mit anderen Versicherungsprodukten sich nicht erschließt (vgl. auch: OLG München, Beschl. v. 02.03.18, 25 U 3439/17, S. 5; LG Aachen, Urt. v. 29.03.18, 9 O 332/17, S. 5 f.; LG Stuttgart, Urt. v. 02.03.18, 3 O 141/17, S. 9 f.; LG München I, Urt. v. 31.01.18, 26 O 13803/17, S.8; LG Wiesbaden, Urt. v. 05.04.18, 2 O 244/17, S. 6).

Ob es nach den gesetzlichen Informationsvorgaben einer - hier nicht erfolgten - gesonderten Ausweisung der auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) entfallenden Prämien bedurft hätte, mag dahinstehen. Diese BUZ ist zwar rechtlich betrachtet keine selbständige Versicherung, sondern Bestandteil eines die Rentenversicherung umschließenden einheitlichen Vertrages. Dennoch wird vertreten, dass auch bei dieser Vertragsgestaltung in richtlinienkonformer Auslegung des Abschnittes I, Nr. 1 e) der Anlage D zum VAG a.F. ein Einzelausweis der jeweiligen Prämien zu verlangen ist (Prölss/Martin-Prölss, VVG, 27. Aufl. 2004, § 5a, Rn.32 mwN). Selbst wenn dieser Auffassung zu folgen wäre, würde jedoch das Fehlen einer gesonderten Ausweisung der jeweiligen Prämien dem Lauf der Widerspruchsfrist des § 5a VVG a.F. nicht entgegenstehen. Dem eingangs dargelegten Zweck der Verbraucherinformation entsprechend vermag nämlich nur das Fehlen einer solchen Information eine dauerhafte schwebende Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages zu begründen, die aus objektiver Sicht für den Vertragsinhalt wesentlich erscheint und der demzufolge eine mutmaßliche Relevanz für den Vertragsentschluss beizumessen ist. Mangelt es also an einer Information, die ersichtlich ohne Bedeutung für den Vertragsentschluss ist, kann dies den Lauf der Widerspruchsfrist nicht hindern (vgl. auch: OLG Köln, Urt. v. 29.04.16, I-20 U 4/16, juris, Rn. 26 u. Urt. v. 11.12.15, I-20 U 19/15, juris, Rn.21; OLG München, Beschl. v. 02.03.18, 25 U 3439/17, S.5; LG München I, Urt. v. 31.01.18, 26 O 13803/17, S. 9; Saarl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.02.18, juris, Rn. 51; Prölss/Martin-Prölss, VVG, 27. Aufl., § 5a, Rn. 25a).

Um eine solche Information handelt es sich bei der Benennung der in den ausgewiesenen 284,05 € Gesamtprämie enthaltenen Beiträge für die BUZ, welche ersichtlich ohne Belang für die Vertragsentscheidung des Klägers war. Diesem wurde durch die Angaben im Versicherungsschein mitgeteilt, welche festen Kosten er für die erfassten Versicherungsleistungen zu tragen hat, und ihm wurde verdeutlicht, dass letztere zwei unterschiedliche Risiken abdecken, die Absicherung der Berufsunfähigkeit also eine Zusatzleistung darstellt. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, welche Bedeutung es für seine Vertragsentschließung gehabt haben soll, wie sich der Gesamtbetrag der Prämien auf die jeweiligen Leistungen verteilt.

c)

Abschnitt I, Ziff. 2 b) und d) der Anlage D zum VAG a.F. fordern bei Lebensversicherungen darüber hinaus eine Angabe der Rückkaufswerte sowie Angaben über das Ausmaß, in dem die Leistungen garantiert sind.

Diese Informationen hat die Beklagte dem Kläger in § 6 Abs. 3 der Vertragsbedingungen (BLD1, 162 GA) und mit der Anlage "Beitragsfreie Leistungen und Rückkaufswerte" (BLD1, 160 GA) erteilt. Letztere enthält eine auf jedes Versicherungsjahr bezogene tabellarische Auflistung der Leistungen, wobei sowohl in den diesbezüglichen Erläuterungen als auch in der genannten Vertragsbedingung deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich bei den angegebenen Werten nur um Näherungswerte handelt. In § 6 der Vertragsbedingungen wird der Versicherungsnehmer zudem eigens darauf hingewiesen, dass und warum eine Kündigung der Versicherung vor allem in der Anfangszeit mit wirtschaftlichen Nachteilen für ihn verbunden ist. Ferner wird ihm vor Augen geführt, dass der Rückkaufswert auch in der Folgezeit nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge erreicht, jedoch mindestens dem bei Vertragsschluss vereinbarten Garantiebetrag entspricht. Bezüglich näherer Informationen zum Rückkaufswert und seiner Höhe wird auf den Versicherungsschein verwiesen.

In letzterem finden sich keinerlei Hinweise auf eine Vereinbarung garantierter Rückkaufswerte, und eine solche wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen. Mangels Vereinbarung garantierter Rückkaufswerte erübrigt sich die von Ziff. 2 d) der Anlage D geforderte Mitteilung über das Ausmaß garantierter Leistungen. Es unterliegt der Vertragsvereinbarung der Parteien, ob und in welchem Ausmaß der Versicherer Leistungen garantiert; eine Verpflichtung des Versicherers zur Übernahme entsprechender Garantien besteht nicht. Nur aber wenn eine solche Vereinbarung getroffen worden ist, sind die garantierten Mindestbeträge in der Verbraucherinformation aufzuführen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 16.01.18, 20 U 182/17, S. 3 f.; Beschl. v. 11.05.17, 20 U 29/17, juris, Rn. 7 u. Urt. v. 17.10.14, 20 U 106/14, S. 3 f.; Prölss/Martin-Prölss, VVG, 27. Aufl. 2004, § 5a, Rn. 43,47).

d)

Die nach Abschnitt I, Ziff. 1 f) der Anlage D zum VAG a.F. geforderten Angaben zu einer Antragsbindungsfrist des Versicherungsnehmers sind nur dann erforderlich und sinnvoll, wenn eine solche Antragsbindung überhaupt besteht. Dies aber ist bei einem Vertragsschluss nach dem sogenannten Policenmodell nicht anzunehmen und würde dem Sinn des dem Versicherungsnehmer durch § 5a VVG a. F. eigens eingeräumten Widerspruchsrechts sogar widersprechen. Der in diesem Fall bei Antragstellung mangels Übergabe der maßgeblichen Vertragsunterlagen noch nicht ausreichend informierte Versicherungsnehmer ist an seinen Antrag gerade nicht gebunden, sondern ihm wird durch das - erst mit der Übersendung der für seinen Vertragsentschluss bedeutsamen Unterlagen beginnende - 14-tägige Widerspruchsrecht eine weitere Überlegungsfrist eingeräumt, binnen derer er über die Eingehung der beantragten Vertragsbeziehung frei entscheiden, sich also von seinem Vertragsangebot noch ohne Weiteres lösen kann (so auch: OLG Köln, Urt. v. 27.11.15, I-20 U 143/15, juris, Rn. 24 - bestätigt durch Urt. d. BGH v. 13.07.16, IV ZR 541/15, juris, Rn. 11; OLG München, Beschl. v. 02.11.16, 25 U 4229/16, S. 2; OLG Hamm, Beschl. v. 26.06.15, I-20 U 48/15, juris, Rn. 26 ff.; Saarl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.02.18, juris, Rn. 50).

e)

Weiterhin fordern Abschnitt I, Ziff. 2 c) und d) der Anlage D zum VAG a.F. bei Lebensversicherungen Angaben über den Mindestversicherungsbetrag für eine Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung und über die Leistungen aus prämienfreier Versicherung sowie das Ausmaß, in dem diese Leistungen garantiert sind.

Diese Angaben enthält die Anlage "Beitragsfreie Leistungen und Rückkaufswerte" (BLD1, 160 f. GA) iVm § 6 Abs. 4 u. 5 der Versicherungsbedingungen (BLD1, 162 f. GA). Dem Versicherungsnehmer werden hier bezogen auf jedes Versicherungsjahr in tabellarischer Form die beitragsfreien Versicherungsleistungen dargelegt, und er wird darauf hingewiesen, dass eine prämienfreie Fortführung der Versicherung erst ab Erreichen eines Mindestbetrags von 500 € möglich ist.

f)

Schließlich haben die Vertragsunterlagen nach Abschnitt I, Ziff. 2 a) der Anlage D zum VAG a.F. bei Lebensversicherungen Angaben über die für die Überschussermittlung und Überschussbeteiligung geltenden Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe zu enthalten.

Entgegen der wiederum nicht substantiierten Behauptungen des Klägers beinhalten § 17 der Versicherungsbedingungen (BLD1, 164 GA), die Anlage "Verbraucherinformation zur Überschußermittlung und -beteiligung" (BLD1, 172 f. GA) sowie die Anlage "Tarif- und Leistungsbeschreibung" (BLD1, 156 f. GA) die geforderten Informationen in ausgesprochen umfangreicher Form. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, an welchen weiteren Informationen es diesbezüglich fehlen soll. Wenn der Kläger mangelnde Angaben über die handelsrechtlichen Grundsätze beanstandet, anhand welcher die Gewinnbeteiligung sämtlicher überschussberechtigter Verträge kalkuliert wird, so wäre von ihm zumindest eine Auseinandersetzung mit den mehr als ausführlichen Erklärungen der Beklagten zu erwarten gewesen.

III.

Ob das dem Vertragsschluss zugrundeliegende Policenmodell nach § 5a VVG a. F. generell mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. dazu die widerstreitenden Auffassungen von BGH, Urt. v. 16.07.14, IV ZR 73/13, juris, Rn. 16 ff. und BVerfG, Beschl. v. 02.02.15, 2 BvR 2437/14, juris, Rn. 29 ff.), kann mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen. Dem Kläger wäre es nämlich angesichts der Umstände des vorliegenden Falls auch bei einer unterstellten Gemeinschaftswidrigkeit des Policenmodells nach dem in § 242 BGB verankerten Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten.

Der bei Vertragsschluss über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrte und über den Vertragsinhalt umfassend informierte Kläger verhält sich treuwidrig, indem er die Widerspruchsfrist ungenutzt verstreichen ließ, sodann 12 Jahre lang seine Versicherungsbeiträge entrichtete und nach dem regulären Ablauf der Versicherung im Juni 2014 den Auszahlungsbetrag unbeanstandet entgegennahm, nunmehr aber dem regulär beendeten Vertrag durch seinen ein Jahr später erfolgten Widerspruch nachträglich die Grundlage entziehen will. Die jetzt von dem Kläger geforderte vollständige Rückabwicklung verletzte das in den langen Jahren der wechselseitigen Beziehung entstandene schutzwürdige Vertrauen der Beklagten in die Wirksamkeit des regulär beendeten Vertrages.

Wenn damit dem Kläger auf Grund einer an Treu und Glauben ausgerichteten Bewertung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls die Ausübung seines 13 Jahre zuvor entstandenen Widerspruchsrechts versagt bleibt, beeinträchtigt dies weder die generelle praktische Wirksamkeit des europäischen Gemeinschaftsrechts noch den Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts des Versicherungsnehmers (zuletzt BGH, Beschl. v. 08.03.17, IV ZR 98/16, juris, Rn. 12 f.).

B.

Mangels Bestehens des Rückabwicklungsanspruchs kann der Kläger auch nicht die Freistellung von den ihm durch dessen vorprozessuale Verfolgung entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen.

C.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 17.282,34 €

Der Auszahlungsbetrag (17.530,33 €) ist auf die geltend gemachten Zinsen (60.388,74 €) anzurechnen. Der verbleibende Restbetrag (42.858,41 €) ist als Nebenforderung gemäß § 43 Abs. 1 GKG nicht streitwerterhöhend (vgl. BGH, Beschl. v. 15.02.2000, XI ZR 273/99, juris, Rn.5). Streitwertbestimmend ist damit die Hauptforderung in Höhe von 17.282,34 € (29.492,10 € gezahlte Beiträge abzgl. 12.209,76 € Risikokosten).

Der Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten ist als Hilfsanspruch nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil er gebührenrechtlich denselben Gegenstand wie der höhere Hauptanspruch betrifft; das Anspruchsziel ist bei wirtschaftlicher Betrachtung identisch.