AG Paderborn, Urteil vom 29.10.2019 - 55 C 97/19
Fundstelle
openJur 2020, 48349
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 975,58 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.05.2019 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 10 % und dem Beklagten zu 90 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über das Einfamilienhaus G in Q. Die Kaution stellten die Kläger in Gestalt einer Mietbürgschaft der C Sachversicherungs-AG. Zum Gegenstand der Versicherung heißt es in § 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Mietkautionspolice wie folgt:

"Gegenstand der Versicherung ist die Sicherung aller Verbindlichkeiten des Mieters/ der Mieter (Versicherungsnehmer), die aus dessen/ deren Kautionsvereinbarung dem/ den Vermieter(n) (Bürgschaftsgläubiger) im Rahmen seines/ ihres privaten Mietverhältnisses entstehen können - insbesondere Betriebskosten, Ersatzansprüche wegen Schäden an der Wohnung sowie fällige Mieten. Die Stellung der Kautionssicherheit durch den Versicherer (Bürgen) erfolgt dabei in Form einer separat ausgestellten Bürgschaft auf erstes Anfordern an den/ die Bürgschaftsgläubiger. (...)"

Für den Fall der Inanspruchnahme der Bürgschaft sieht § 7 der Versicherungsbedingungen unter anderem folgende Obliegenheiten des Versicherungsnehmers vor:

"Der Versicherungsnehmer hat auf Anforderung des Versicherers unverzüglich Auskunft zu geben über den Grund und die Höhe der geltend gemachten Ansprüche, Einreden und Einwendungen (...) sind dem Versicherer mitzuteilen. Der Versicherungsnehmer hat innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe der Inanspruchnahme seine etwaigen Einreden und Einwendungen gegen die Forderung des Vermieters glaubhaft zu machen (...) bzw. liquide Beweismitteln (...) zu seinen Angaben (...) zu überlassen, sofern dies dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann."

Wegen des weiteren Inhalts der Allgemeinen Bedingungen für die Mietkautionspolice der C Sachversicherungs-AG wird auf die Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 22.08.2019, Bl. 43 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Kläger gaben das Mietobjekt Ende September 2019 an den Beklagten zurück.

Mit Schreiben vom 17.01.2019 (Anlage zur Klageerwiderung vom 08.08.2019, Bl.19/20 d. A.) nahm der Beklagte die Mietbürgschaft der Kläger in Anspruch und machte einen Schaden an der Wohnung in Höhe von 825,58 EUR sowie unterlassene Schönheitsreparaturen geltend, welche er mit 150,00 EUR bezifferte.

Mit Schreiben vom 22.01.2019 (Anlage zum Schriftsatz vom 24.08.2019, Bl. 49 d. A.) bestätigte die C Sachversicherungs-AG den Eingang der Bürgschaftsforderung des Beklagten und teilte mit, dass der Mieter von den Forderungen in Kenntnis gesetzt worden sei und eine Auszahlung des Kautionsbetrages nach Ablauf der 4-Wochenfrist erfolge, falls der Mieter keine geeigneten Beweismittel vorlege, die eine Auszahlung verhindern könne. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.03.2019 teilte die C Sachversicherungs-AG den Klägern mit, dass sie am 09.01.2019 für den Schadensersatzanspruch aus Vertrag gemäß der Mietkautionsversicherung in Höhe von 975,58 EUR in Anspruch genommen worden ist (Anlage K 2, Bl. 3 f. d. A.). Zugleich forderte sie die Kläger zur Zahlung dieses Betrages sowie ihre Kosten für die Geltendmachung der Forderung in Höhe von insgesamt 1.131,10 EUR zu zahlen. Mit Schreiben des Mieterbundes vom 06.05.2019 (Anlage K 3, Bl. 5 d. A.) forderten die Kläger den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 1.131,10 EUR bis zum 17.05.2019 auf.

Die Kläger behaupten, bei der Rückgabe seien an dem Mietobjekt keinerlei Mängel oder Schäden festgestellt worden oder vorhanden gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Hausübergabeprotokoll (Anlage K 1, Bl. 2 d. A.). Nach Rückgabe der Mietsache auftretende Mängel seien nicht von ihnen zu verantworten. Eine Schadensanmeldung vor Erhalt des anwaltlichen Schreibens vom 19.03.2019 sei ihnen gegenüber weder von dem Beklagten noch von der Kautionsversicherung vorgenommen worden. Eine Konkretisierung der behaupteten Schäden sei erstmals im Rahmen der Klageerwiderung erfolgt. Die Kläger sind der Auffassung, eine Anzeige der beklagtenseits behaupteten Schäden und Mängel allein bei der Versicherung ohne Kautionsabrechnung gegenüber den Klägern sei für die Einhaltung der 6-Monatsfrist ab Rückgabe der Mietsache nicht ausreichend. Hinsichtlich etwaig bestehender Schadensersatzansprüche erheben die Kläger vorsorglich die Einrede der Verjährung.

Die Kläger haben ursprünglich beantragt, die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klägerpartei einen Betrag in Höhe von 1.131,10 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.05.2019 zu zahlen.

Vor der mündlichen Verhandlung haben die Kläger die Klage in Höhe von 155,52 EUR zurückgenommen und beantragen nunmehr,

die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klägerpartei einen Betrag in Höhe von 975,58 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.05.2019 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, bei Rückgabe der Mietsache seien erhebliche Mängel vorhanden gewesen. Der Warmwasser-Boiler im Gäste-WC sei defekt gewesen, an den Deckenleuchten im Kinderzimmer habe ein Klemmfehler behoben und im Obergeschoss ein Thermostat ausgetauscht werden müssen. Dafür habe der Beklagte ausweislich der Rechnungen der Fa. M 640,39 EUR sowie 185,19 EUR aufwenden müssen. Zudem habe der Beklagte in Eigenleistung Müll entsorgen und den Garten wieder herrichten müssen, wofür Kosten in Höhe 150,00 EUR anzusetzen seien. Der Zustand der Mietsache bei Rückgabe ergebe sich auch aus dem Protokoll.

Der Beklagte ist der Auffassung, Verjährung sei nicht eingetreten. Für die Mängelanzeige gegenüber den Klägern sei die Inanspruchnahme der Kautionsbürgschaft ausreichend gewesen, da für die Kläger nach Benachrichtigung durch ihre Versicherung die Möglichkeit bestanden hätte, vor der Auszahlung an den Beklagten Einwände zu erheben. Die Kläger hätten die geltend gemachten Schäden daher akzeptiert.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Den Klägern steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 975,58 EUR aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung in Verbindung mit der Sicherungsabrede der Parteien zu.

Die seitens des Versicherers der Kläger ausgekehrte Kaution ist von dem Beklagten an die Kläger zurückzuzahlen. Etwaig bestehende Schadensersatzansprüche des Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, 249 BGB, welche ihn zum Einbehalt der Kaution berechtigen könnten, sind gemäß § 548 Abs. 1 BGB bereits verjährt.

Gemäß § 548 Abs. 1 S. 1 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält, § 548 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Mietsache ist Ende September des Jahres 2018 an den Beklagten zurückgegeben worden, so dass Verjährung mit Ablauf des Monats März 2019 eingetreten ist.

Die Kläger haben die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB auch erhoben.

Die Ergreifung verjährungshemmender Maßnahmen im Sinne der §§ 203, 204 BGB seitens des Beklagten kann vorliegend ebenfalls nicht festgestellt werden.

Insbesondere hat der Beklagte etwaige Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung oder Verschlechterung der Mietsache nicht gegenüber den Klägern geltend gemacht, sondern sich auf die Inanspruchnahme des Versicherers als Bürgen beschränkt. Das Anfordern der Kaution bei der Versicherung entbindet den Beklagten jedoch nicht von der Abrechnung über die Kaution und gegebenenfalls von der Ergreifung verjährungshemmender Maßnahmen gegenüber den Mietern, da der Beklagte als Bürgschaftsgläubiger sodann besser gestellt wäre, als er stehen würde, wenn die Kläger zu Beginn des Mietverhältnis eine Barkaution geleistet oder ein Sparkonto eingerichtet hätten.

Unabhängig von der Frage, ob die Kläger vor der Auszahlung tatsächlich über die Inanspruchnahme von der Versicherung in Kenntnis gesetzt worden sind, ist die von dem Beklagten bei der Versicherung eingereichte Erklärung über die Inanspruchnahme einer Mietbürgschaft vom 17.01.2019 auch nicht geeignet, die Verfolgung etwaiger Schadensersatzansprüche gegenüber den Mietern zu ersetzen. Die dort enthaltenen Informationen beziehen sich allein auf die Anspruchshöhe und enthalten keine Angaben zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, welche eine Stellungnahme für die Kläger ermöglicht hätten.

Dass eine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber den Versicherungsnehmern entbehrlich ist und durch die Auszahlung der Kaution das Bestehen von Ansprüchen als anerkannt gilt, lässt sich auch den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu der Mietkautions-Police nicht entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus den Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gemäß § 7 lediglich eine Auskunfts- und Mitteilungspflicht des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer hinsichtlich des Anspruchs und etwaig bestehender Einreden und Einwendungen. Die Möglichkeit zur Erfüllung dieser Pflichten setzt für den Versicherungsnehmer zudem naturgemäß voraus, dass ihm die Forderung des Vermieters auch bekannt ist.

2.

Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und S. 2, 709 S. 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.131,10 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Paderborn, Am Bogen 2-4, 33098 Paderborn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Paderborn zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Paderborn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

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