VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 15.06.2020 - 2 K 1074/18
Fundstelle
openJur 2020, 47752
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Beihilfebescheides vom 26. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20. Februar 2018 verpflichtet, dem Kläger weitere Aufwendungen in Höhe von 1412, 89 Euro zu erstatten, im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu einem Drittel, der Beklagte zu zwei Dritteln.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am 8. Mai 1970 geborene Kläger ist Landespolizeibeamter mit Beihilfeanspruch in Höhe von 70% bei dem Beklagten. Seine Ehefrau, geboren am 21. August 1985, ist Bundesbeamtin mit eigenem Beihilfeanspruch in Höhe von 50 %. Mit den verbliebenen 30 % bzw. 50 % sind beide bei verschiedenen privaten Krankenkassen versichert.

Zur Behandlung der Kinderlosigkeit befanden sie sich vom 12. September 2016 bis zum 4. Januar 2018 in Behandlung in einer Kinderwunschklinik in Berlin.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 erfragte der Kläger bei dem Beklagten die Kostenübernahme für die zukünftigen Aufwendungen der ICSI-Behandlung und legte einen Behandlungsplan vor. Der Beklagte gab ihm am 20. Oktober 2017 eine Auskunft über die Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit. Danach seien die Aufwendungen bei künstlicher Befruchtung gemäß § 43 Abs. 1 BBhV nach den Regelungen des § 27a SGB V beihilfefähig. Die Aufteilung der Kosten auf die Ehegatten erfolge gemäß § 27a Abs. 4 i.V. m § 135 Abs. 1 SGV V in enger Anlehnung an die Nummer 3 der Richtlinie zur künstlichen Befruchtung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Dort sei bestimmt, dass "für die Beratung des Ehepaares nach Nr. 14 sowie für die extrakorporalen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Eizellen und Samenzellen die Krankenkasse der Ehefrau zuständig" sei. Danach seien die beantragten Aufwendungen - mit Ausnahme der Spermaaufbereitung und seiner eigenen Voruntersuchungen - bei der Beihilfestelle der Ehefrau geltend zu machen.

Gegen diese Auskunft erhob der Kläger am 20. November Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2017 als unzulässig zurückgewiesen wurde, da dem Schreiben vom 20. Oktober 2017 mangels Regelungsabsicht keine Verwaltungsaktsqualität zukomme. Die gegen diesen Widerspruchsbescheid separat erhobene Klage hat der Kläger im Parallelverfahren VG 2 K 994/18 am 12. Mai 2020 zurückgenommen.

Am 11. Januar 2018 beantragte der Kläger die Erstattung der Aufwendungen der künstlichen Befruchtung und reichte drei Belege ein.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2018 wurden die beantragten 181,31 Euro des ersten Belegs in Höhe von 63,46 Euro erstattet. Die Erstattung der Aufwendungen des zweiten Belegs in Höhe von 4036,84 Euro und des dritten Belegs in Höhe von 540, 84 Euro wurden abgelehnt, da es sich um extrakorporale Maßnahmen und damit um Aufwendungen handele, die der Frau zuzurechnen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 20. Januar 2018 Widerspruch. Darin führte er aus, dass er beim ersten Beleg nicht nachvollziehen könne, woher sich der Abzug ergebe. Die Begründungen zum zweiten Beleg und dritten Beleg seien außerdem nicht nachvollziehbar, da es sich bei den hier betroffenen extrakorporalen Maßnahmen um Aufwendungen handele, die die Aufbereitung und Verarbeitung seines Samens betrafen. Mit Bescheid vom 26. Januar 2018 wurde dem Widerspruch hinsichtlich des ersten - nicht streitgegenständlichen - Belegs geringfügig abgeholfen. Hinsichtlich des zweiten und dritten Belegs erging keine Abhilfe. Die Aufwendungen seien der Ehegattin zuzuordnen und daher bei der Beihilfestelle des Bundesverwaltungsamts (BVA) Köln geltend zu machen.

Da der Kläger seinen Widerspruch aufrechterhielt, erließ der Beklagte am 20. Februar 2018 einen abschließenden Widerspruchsbescheid, in welchem er ausführte, dass die Aufwendungen des zweiten Belegs die Aufwendungen für die extrakorporale Spermieninjektion umfassten. Unabhängig von der Frage der Zuordnung der Aufwendungen sei der Nachweis für die männliche Fertilitätsstörung nicht durch zwei aktuelle Spermiogramme nachgewiesen.

Die Aufwendungen des dritten Belegs seien nicht beihilfefähig, da es sich um solche der IMSI-Methode (Intrazytoplasmische morphologisch selektierte Spermieninjektion) handele. Diese Weiterentwicklung der ICSI-Methode, bei der die Spermien unter sehr starker Vergrößerung und daher gezielter ausgewählt werden können, sei im Rahmen des § 43 Abs. 1 BBhV mangels Erwähnung in der Verwaltungsvorschrift zur Bundesbeihilfeverordnung nicht beihilfefähig.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 1. März 2018 beim Verwaltungsgericht Potsdam Klage erhoben. Mit Beschluss vom 13. April 2018 hat das Verwaltungsgericht Potsdam das Verfahren an das erkennende Gericht verwiesen.

Der Kläger meint, dass aufgrund seiner schweren Fertilitätsstörung die ICSI-Behandlung ärztlich indiziert gewesen sei. Die Kosten sollten daher durch seine Beihilfe getragen werden, da er der Verursacher sei.

Er beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Beihilfebescheides vom 26. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2018 zu verpflichten, ihm die Erstattung der Kosten für die durchgeführte ICSI-Behandlung im Rahmen der Kinderwunschtherapie gemäß Antrag vom 9. Oktober 2017 zum Bemessungssatz 70 v. H. zu zahlen,

hilfsweise den entsprechenden Zahlungsbetrag nach einem Bemessungssatz in Höhe von 50 v. H. festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass sowohl die Aufwendungen für ICSI-Behandlung als auch die IMSI- Behandlung nicht beihilfefähig seien, da keine schwere männliche Fertilitätsstörung, sondern nur eine krankhafte Veränderung der Spermien diagnostiziert worden sei. Die Spermiogramme vom 11. Oktober 2016 und 11. Januar 2017 enthielten weder eine solche Diagnose noch eine ICSI-Empfehlung.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2018 hat der Kläger ein ärztliches Schreiben vom 6. Juli 2018 eingereicht, worin der Arzt dem Kläger eine ausgeprägte Einschränkung der Spermienqualität bei den Spermiogrammen vom 11. Oktober 2016 und 11. Januar 2017 bescheinigt. Es bestehe eine eindeutige Indikation für die ICSI-Therapie. Dies war nachträglich in den Spermiogrammen angekreuzt worden. Die Werte wurden nicht verändert.

Mit Schriftsatz vom 30. April 2020 erkannte der Beklagte die Beihilfefähigkeit der ICSI-Methode dem Grunde nach aufgrund dieses Attestes vom 6. Juli 2018 an. Der Kläger sei außerdem Verursacher der Sterilität. Das Verursacherprinzip sei jedoch nicht für die Aufteilung der Kosten maßgebend, sondern die Regelung in der Verwaltungsvorschrift zu § 43 BBhV.

Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2020 hat der Kläger den ablehnenden Bescheid des BVA und der privaten Krankenkasse der Ehefrau vorgelegt. Das BVA lehnte darin die Beihilfefähigkeit nicht aufgrund der Kostentragungsregel ab, sondern aufgrund fehlender medizinischer Indikation. Nach seinen Angaben ist der Bescheid bestandskräftig geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Verpflichtungsklage ist zulässig und teilweise begründet.

Die Klage ist hinsichtlich des zweiten Belegs in Höhe von 70 % der Hälfte der Aufwendungen begründet, im Übrigen ist die Klage unbegründet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die ICSI-Behandlung in Höhe von 70 % der Hälfte der Aufwendungen aus § 43 Abs. 1 BBhV i.V. m § 27a SGB V.

Die Beilhilfevorschriften des Bundes sind für die Beamtinnen und Beamten des Landes Brandenburg aufgrund des Verweises in § 62 Abs. 7 LBG und der dort beschriebenen noch nicht erlassenen Beihilfeverordnung in Brandenburg anwendbar.

Gemäß § 62 Abs. 3 Nr. 3 LBG sind bei künstlicher Befruchtung grundsätzlich notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig.

Gemäß § 62 Abs. 7 LBG in Verbindung mit § 43 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) sind Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einschließlich der Arzneimittel, die im Zusammenhang damit verordnet werden, beihilfefähig, soweit deren Inhalt und Ausgestaltung den Grundsätzen nach § 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen beantragt werden, gegeben war (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40/09 - juris). Danach findet für die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen aus dem Dezember 2017 die Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 in der Fassung vom 25. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2403) Anwendung.

Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 BBhV i.V. m. § 27a Abs. 1 und Abs. 3 SGB V liegen hinsichtlich der ICSI-Behandlung vor. Die Maßnahmen sind nach ärztlicher Feststellung erforderlich, der Kläger und seine Frau sind miteinander verheiratet und im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen auch noch zwischen 25 und 50 Jahre alt.Mit Schriftsatz vom 30. April 2020 erkannte der Beklagte die Beihilfefähigkeit der ICSI-Methode dem Grunde nach an.

Demgegenüber scheidet der Anspruch auf die Erstattung der Kosten der IMSI-Behandlung aus, da die nach § 27a Abs. 1 Nr. 1 SGB V erforderliche ärztliche Feststellung ihrer Notwendigkeit nicht vorliegt.

§ 43 Abs. 1 BBhV verweist auf § 27a SGB V und übernimmt damit das Regelungsmodell aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung in das Beihilferecht. Danach sind beihilfefähig 50 vom Hundert der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahme, die bei dem Beihilfeberechtigten durchgeführt wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40/09)- ; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2009 - OVG 4 B 3.08 - ; VG Potsdam, Urteil vom 14. November 2018 - 2 K 2247/16 - alle juris).

Die Vorschrift enthält nach Wortlaut, Normzweck und systematischer Stellung eine Zuordnungsregelung, die die Gesamtkosten einer künstlichen Befruchtung - hier in der Form der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion - auf den Beihilfeberechtigten und seinen Ehepartner aufteilt und dabei grundsätzlich danach differenziert, an wessen Körper der jeweilige Teil der Behandlung vorgenommen wird. Die Gesamtkosten einer Behandlung zur künstlichen Befruchtung sind danach regelmäßig auf zwei Personen und die für diese jeweils zuständigen Beihilfeträger aufzuteilen. Die Aufwendungen für extrakorporale Maßnahmen sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welcher sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen hat, ebenfalls dem Beihilfeberechtigten zuzuordnen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40/09 - ; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2009 - OVG 4 B 3.08; VG Potsdam, Urteil vom 14. November 2018 - 2 K 2247/16 -).

Der Verweis auf § 27a Abs. 3 S. 3 SGB V steht dem begründeten Anspruch nicht entgegen. Der Wortlaut legt zwar nahe, dass die jeweilige Krankenkasse nur für Untersuchungen oder Eingriffe aufzukommen habe, die unmittelbar am Körper ihres Versicherten vorgenommen werden.

Würde die Vorschrift so ausgelegt, blieben bei den in der Praxis dominierenden Verfahren der extrakorporalen Befruchtung aber die wesentlichen Teile der Behandlung von der Leistungspflicht ausgenommen, weil sie sich, wie die In-vitro-Fertilisation und die Spermainjektion, keinem der Ehegatten zuordnen lassen. Ein teilweiser Leistungsausschluss war aber mit der Regelung nicht beabsichtigt. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 11/6770, S 15) sollte lediglich "klargestellt werden, dass - für den Fall, dass die Ehegatten nicht in derselben Krankenkasse versichert sind oder dass nur einer der Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist - die Leistungen für den anderen Ehegatten keine 'Nebenleistungen' zu den Leistungen an dem versicherten Ehegatten und daher nicht von seiner Krankenkasse zu übernehmen sind". Der Gesetzgeber wollte offensichtlich Schlussfolgerungen entgegenwirken, wie sie die Rechtsprechung in anderen Fällen der Einbeziehung Dritter in eine Behandlung gezogen hatte (BSG, Urteil vom 3. April 2001 - B 1 KR 22/00 R -; Anschluss durch BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40/09 - beide juris).

Der dem Grunde nach bestehende Anspruch ist auch nicht durch die Kostentragungsregel der Richtlinien der Ärzte und Krankenkassen über künstliche Befruchtung, auf die § 27a Abs. 5 SGB V verweist, ausgeschlossen. Danach bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 4.

Diese Bezugnahme erstreckt sich aber nicht auf die Regelungen, mit denen der Gemeinsame Bundesausschuss die ihm durch das SGB V eingeräumte Befugnis überschreitet. Danach bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss die medizinischen Einzelheiten, es ist ihm aber nicht die Befugnis eingeräumt, rechtliche Entscheidungen über die Erstattungsfähigkeit zu treffen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 V 28.08 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2009 - OVG 4 B 3.08 - juris).

Da die Verwaltungsvorschrift zur Bundesbeihilfeverordnung einen durch die Verordnung gewährten Anspruch nicht einschränken kann, steht auch Ziffer 43.1.9. der Verwaltungsvorschrift dem Anspruch nicht entgegen (VG Potsdam, Urteil vom 14. November 2018 - 2 K 2247/16 - juris, Rn 33).

Gemäß § 27a Abs. 3 S. 3 SGB V übernimmt die Krankenkasse lediglich 50 v.H. der Kosten der Maßnahmen.

Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Beihilfefähigkeit durch diese Vorschrift auf 50 v. H. begrenzt wird. Dem Dienstherrn ist es aus dem Grundsatz der Fürsorgepflicht gegenüber seinen Berufsbeamten grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Nach dem gegenwärtigen System nicht ausschließbar sind Aufwendungen lediglich dann, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können. Eine derartig existenzielle Bedeutung hat die medizinisch assistierte Reproduktion nicht. Die Subfertilität und andere Einschränkungen der Fruchtbarkeit stellen zwar einen regelwidrigen Gesundheitszustand dar. Ihre Behandlungsbedürftigkeit ergibt sich jedoch vorwiegend aus dem Kinderwunsch der Eheleute und damit nicht aus biologisch-medizinischen Erfordernissen wie etwa beim behandlungsbedürftigen Bluthochdruck, beim Diabetes oder anderen Erkrankungen, deren Auswirkungen der willentlichen Steuerung des Menschen nicht unterliegen und die unbehandelt unzumutbare Beschwerden und weitere körperliche Krankheitserscheinungen auslösen können. Sie hängt wesentlich vom steuerbaren Willen der Ehegatten ab; die Kinderwunschbehandlung als solche und die Häufigkeit der Versuche unterliegen ihrer freien Entscheidung. Ohne Verletzung der beamtenrechtlichen Verpflichtung, sich gesund zu erhalten, und ohne die Gefahr weitergehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder Schädigungen können die Betroffenen auf medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft je nach ihrer individuellen Lebensplanung auch verzichten ( OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2009 - OVG 4 B 3.08 - Rn 29 ff. juris).

Die anteilige Begrenzung der Beihilfefähigkeit ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich zu beachten. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt. Das ist hier nicht der Fall. Für die Halbierung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für künstliche Befruchtung gibt es sachliche, im Beihilferecht angelegte Gründe. Wie bereits ausgeführt, ist es nicht zu beanstanden, die künstliche Befruchtung als ein Verfahren einzustufen, bei dem die Erfüllung des Kinderwunsches im Vordergrund steht, und zwar auch dann, wenn die zugrunde liegende Ursache der Kinderlosigkeit in einem an sich behandlungsbedürftigen Leiden wurzelt. Unter dem Gesichtspunkt der Behandlungsbedürftigkeit kann die assistierte Reproduktion ohne Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus dem von der Fürsorgepflicht des Dienstherrn umfassten Verantwortungsbereich ausgeschieden werden (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2009 - OVG 4 B 3.08 - Rn 33. juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

BeschlussDer Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 S. 1 GKG auf 3204,30 Euro festgesetzt.

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