Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.08.2020 - 20 CS 20.1821
Fundstelle
openJur 2020, 49672
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. August 2020 (Az. B 7 S 20.682) geändert.

II. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

III. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen eine infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung über das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs von Alkohol angeordnet hat.

Die auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützte Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2020 hat folgenden Wortlaut:

"1. Der Verkauf und die Abgabe von alkoholischen Getränken innerhalb des in der Anlage beschriebenen räumlichen Geltungsbereiches (gelbe Fläche, rote Umrandung) sind zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag sowie vor einem gesetzlichen Feiertag untersagt. Ebenso gilt dieses Verbot im genannten zeitlichen Rahmen von Donnerstag 20.08.20 auf Freitag 21.08.20, von Sonntag 23.08.20 auf Montag 24.08.20 sowie von Montag 24.08.20 auf Dienstag 25.08.2020. Ausgenommen hiervon ist der Ausschank von alkoholischen Getränken im konzessionierten Bereich von Gaststätten für den Verzehr an Ort und Stelle. Die Anlage ist Teil dieser Allgemeinverfügung.

2. Diese Allgemeinverfügung tritt mit Wirkung zum 29.07.2020 in Kraft und gilt bis einschließlich 26.08.2020.

3. Bei Verstoß gegen Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro festgesetzt werden.

4. Die sofortige Vollziehbarkeit dieser Allgemeinverfügung besteht kraft Gesetzes."

Der räumliche Geltungsbereich der Allgemeinverfügung umfasst ausweislich der als Anlage beigefügten Karte einen Teil der Bamberger Innenstadt im Bereich der Unteren und Oberen Brücke, eingefasst durch die Straßen "Am Leintritt", "Untere S1.-straße", "E.-straße", "R.-straße", "K.-straße", "Obere Brücke", "Obstmarkt", "G. Markt", "F.-straße", "Am K.1." und "Untere Brücke".

Hiergegen erhob die Antragstellerin, die im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung drei Gastronomiebetriebe betreibt, am 3. August 2020 Klage und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Mit Beschluss vom 6. August 2020 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage an. Bei summarischer Prüfung spreche ganz Überwiegendes dafür, dass die Klage im Hauptsacheverfahren erfolgreich sein werde. Das streitgegenständliche Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke sei voraussichtlich nicht rechtmäßig. Zwar könnten infektiologisch bedenkliche Zustände im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung auf der Basis der Sondernutzungssatzung und/oder Fußgängerbereich-Satzung der Antragsgegnerin nicht ohne Weiteres zuverlässig unterbunden werden. Infektiologisch kritische Situationen würden jedoch nicht direkt aus dem (untersagten) Verkauf und der Abgabe von alkoholischen Getränken zu bestimmten Zeiten resultieren. Vielmehr müssten regelmäßig weitere autonome Entscheidungen Dritter hinzutreten, um überhaupt eine entsprechende konkrete Gefahrensituation entstehen zu lassen. Auch wirke die Allgemeinverfügung nur solchen Gefahren entgegen, die auf den Außer-Haus-Verkauf von alkoholischen Getränken in der Verbotszone zurückgeführt werden könnten. Nicht erfasst werde das potentielle Fehlverhalten all derer Personen, die durch den Besuch der Gastronomiebetriebe bzw. konzessionierten Flächen innerhalb der Verbotszone bzw. durch den Konsum von außerhalb erworbenen und mitgebrachten Alkoholika alkoholisiert seien und ebenfalls die von der Allgemeinverfügung erfassten Bereiche aufsuchten. Gleiches gelte für den sonstigen Personenverkehr (z.B. Touristen, Anwohner, etc.). Auch wenn die verfügte Maßnahme als ein Bestandteil des gesamten derzeitigen Regelungsgefüges möglicherweise einen kleinen Beitrag leisten könne, erweise sie sich als nicht geeignet im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, um die Gefahr weiterer Infektionen mit dem Coronavirus und einer Ausbreitung der Krankheit wirksam einzudämmen. Eine dem Ziel und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gerecht werdende erforderliche Schutzmaßnahme müsse zuvorderst die infektionsschutzrechtlich Verpflichteten in den Blick nehmen, um im Gesamtkonzept dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen. Als ultima ratio eines solchen Gesamtkonzepts seien dann auch Maßnahmen und Beschränkungen - wie das streitige Verkaufsverbot - gegenüber Dritten denkbar, deren infektionsschutzrechtliche Verantwortlichkeit erst mit einer längeren Kausalkette begründbar sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 7. August 2020 Beschwerde erhoben. Anders als vom Erstgericht angenommen, sei das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke außerhalb konzessionierter Bereiche geeignet, Menschenansammlungen entgegenzuwirken. Dies folge bereits aus den Mitteilungen der Polizei, dass (unter Geltung der ersten Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2020) gegen die 6. BayIfSMV verstoßende Ansammlungen nicht mehr zu verzeichnen gewesen seien. Es spiele keine Rolle, dass es nach der verbotenen Abgabe von Alkohol bis zur Erreichung einer infektionsschutzrechtlich kritischen Situation noch weiterer Handlungen bedürfe, insbesondere wenn ein entsprechendes Verhalten absehbar sei. § 28 Abs. 1 IfSG erlaube auch präventive Maßnahmen. Das vom Erstgericht geforderte Vorgehen gegen unmittelbare Störer zwinge jedenfalls zur Hinnahme von Zuständen, in denen der Eintritt eines Schadens wesentlich wahrscheinlicher sei. Durch die von den Polizeibehörden beschriebenen Menschenansammlungen sei der Bereich der lediglich abstrakten Gefahr bereits überschritten, es liege eine konkrete Gefahr vor. Da die erste Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin zu einer Verbesserung der Situation geführt habe, erschließe sich nicht, warum das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke nicht geeignet sein solle, dem Infektionsschutz zu dienen. Aus der Sicht des Infektionsschutzes sei nicht entscheidend, durch wen letztlich ein Verstoß gegen infektionsschutzrechtliche Regelungen begangen werde. Entscheidend sei, dass durch die getroffene Maßnahme die Gefährdungslage für die Allgemeinheit erheblich gesenkt worden sei. Auch die Maßnahmerichtung sei nicht zu beanstanden. Ein Vorgehen gegen die allgemeine Bevölkerung, etwa in Form eines Verbotes des Konsums oder des Mitsichführens von Alkohol - sei es auf der Grundlage von Art. 30 LStVG, sei es auf Grundlage von Satzungsrecht der Antragsgegnerin - sei mit schwereren Grundrechtseingriffen verbunden. Auch würde ein solches Vorgehen die Gastronomiebetriebe härter treffen, da dann insgesamt mit einem Fernbleiben von Gastronomiebesuchern zu rechnen sei. Gegen die Maßnahmerichtung ergäben sich zudem unter Berücksichtigung der Figur des Zweckveranlassers keine rechtlichen Bedenken.

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten und verteidigt den angegriffenen Beschluss. Das Erstgericht habe zu Recht festgestellt, dass die infektiologisch bedenklichen Menschenansammlungen ihre Ursache nicht im Alkoholverkauf hätten. Die Menschen würden sich auch ohne Alkohol versammeln. Es sei auch nicht richtig, dass sich unter Geltung der ersten Allgemeinverfügung gegen die Außer-Haus-Abgabe von Alkohol keine Ansammlungen gebildet hätten. Auch sei die Darstellung der Polizei zu den Zuständen nach dem Auslaufen des ersten Verbots verzerrend. Es scheine im Nachgang so, dass das erste "Versuchswochenende" lediglich zur Rechtfertigung der nachfolgenden neuen Allgemeinverfügung gedient habe. Das Verbot sei nicht geeignet, Ansammlungen zu verhindern, da Alkohol in konzessionierten Freischankflächen getrunken oder außerhalb erworben und dann im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung konsumiert werden dürfe. Es sei schließlich nicht verhältnismäßig, allein die Gastwirte in Anspruch zu nehmen.

Die Vertreterin des öffentlichen Interesses hat keinen eigenen Antrag gestellt, hält die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin aber für rechtmäßig. Es bestehe ein hinreichender Bezug der durch die Allgemeinverfügung in Anspruch genommenen Gastwirte im von der Allgemeinverfügung erfassten Bereich des Stadtgebiets zur Infektionsgefahr. Es sei zwar richtig, dass der Verkauf und Konsum von Alkohol selbst noch keine besondere Infektionsgefahr bedeuteten. Bei dem von der Antragsgegnerin glaubhaft dargelegten, absehbaren weiteren Geschehen könne jedoch die Abgabe alkoholischer Getränke als ein entscheidender erster Schritt für das Entstehen einer erhöhten Infektionsgefahr betrachtet werden. Das Verhalten vieler Menschen in Bamberg an Sommerabenden und in Sommernächten im von der Allgemeinverfügung erfassten Teil des Stadtgebiets ähnele der Teilnahme an einer Veranstaltung, auch wenn es an der abgegrenzten Verantwortung einer Person oder Institution fehlen möge. Veranstaltungen seien zusammen mit öffentlichen Festivitäten, wie das Geschehen in Bamberg ebenfalls bezeichnet werden könne, gem. § 5 Abs. 1 der 6. BaylfSMV derzeit grundsätzlich landesweit untersagt. Die Abgabe von Alkohol an Besucher einer (de facto) Veranstaltung, mit einer Allgemeinverfügung jedenfalls zeitlich zu beschränken, setze insoweit das Veranstaltungsverbot des § 5 Abs. 1 der 6. BaylfSMV weiter um. Es handele sich um eine weitergehende örtliche Maßnahme i.S.d. § 23 der 6. BaylfSMV. Die Beschränkung und Untersagung von Veranstaltungen wiederum seien als typische Infektionsschutzmaßnahmen in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG ausdrücklich genannt. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass gerade im Bereich der Gastronomie und von Veranstaltungen sog. Ausbrüche (verstärkte Infektionsgeschehen) ein bekanntes Phänomen seien. Zum vom Erstgericht als Alternative nahegelegten Vorgehen mit einer Verordnung nach Art. 30 Abs. 1 LStVG habe das Verwaltungsgericht selbst festgestellt, dass ein polizeiliches Einschreiten wegen infektiologisch bedenklicher Zustände beim Feiern wohl nicht ohne Weiteres erfolgversprechend wäre. Hinzu kämen rechtliche Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit von Verordnungen mit Alkoholverboten, die auch bereits in der Rechtsprechung bestätigt worden sind. Die Abgabe von Alkohol durch Gastwirte zu begrenzen, habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. Juni 2020 als gegenüber einer vorgezogenen Sperrstunde mildere und geeignete Infektionsschutzmaßnahme erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Akteninhalt.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn die Klage - wie hier (vgl. § 28 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG) - keine aufschiebende Wirkung hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei seiner Entscheidung eine originäre Interessenabwägung auf der Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage darüber zu treffen, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Dabei sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren wesentlich zu berücksichtigen, soweit sie bereits überschaubar sind. Nach allgemeiner Meinung besteht an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich aussichtslosen Klage kein überwiegendes Interesse. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen.

Der Verwaltungsgerichtshof prüft in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei Beschwerden gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zwar grundsätzlich nur die rechtzeitig und in der gebotenen Weise dargelegten Gründe. Erweisen sich die Beschwerdegründe aber als berechtigt, hat die Beschwerde nicht schon aus diesem Grund Erfolg. Vielmehr darf sich die angefochtene Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweisen, was aus der entsprechenden Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO folgt (BayVGH, B.v. 27.3.2019 - 8 CS 18.2398 - ZfB 2019, 202 = juris Rn. 25 m.w.N.). Insoweit beschränkt § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO die Prüfung in diesen Fällen nicht auf die dargelegten Gründe (BayVGH, B.v. 21.5.2003 - 1 CS 03.60 - a.a.O.; B.v. 8.5.2017 - 8 CS 17.432 - a.a.O.).

b) Gemessen daran führen die in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründe zu einer Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, weil sich diese weder auf Grundlage der Beschlussgründe noch aus anderen Gründen als richtig erweist. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Hauptsache zu treffende Abwägungsentscheidung lässt ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragstellerin nicht erkennen. Die Hauptsacheklage der Antragstellerin hat nach vorläufiger Prüfung der Rechtslage und summarischer Prüfung der Sachlage (vgl. BVerwG, B.v. 23.2.2018 - 1 VR 11.17 - juris Rn. 15) entgegen der Annahme des Erstgerichts keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2020 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

aa) Der Senat geht aufgrund der nur möglichen vorläufigen Prüfung davon aus, dass die Antragsgegnerin als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Allgemeinverfügung zu Recht § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG herangezogen hat. Danach trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Es spricht vieles dafür, dass diese speziell dem Infektionsschutz dienende Regelung in ihrem Anwendungsbereich den allgemeinen sicherheitsrechtlichen Regelungen und wohl auch den Regelungen im Gaststätten- und Gewerberecht vorgeht (so wohl auch Schmidt, COVID-19, § 16 Rn. 56). Die Befugnis zu Anordnungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG wird jedenfalls nicht durch die Regelungen der 6. BayIfSMV verdrängt, denn diese sind nicht abschließend. § 23 Satz 2 der 6. BayIfSMV bestimmt vielmehr ausdrücklich, dass die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden, auch soweit in der 6. BayIfSMV Schutzmaßnahmen oder Schutz- und Hygienekonzepte vorgeschrieben sind, im Einzelfall ergänzende Anordnungen erlassen können, soweit es aus infektionsschutzrechtlicher Sicht erforderlich ist.

Schutzmaßnahmen i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können auch Form der Allgemeinverfügung ergehen (BayVGH, B.v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 - juris Rn. 9; Schmidt, COVID-19, § 16 Rn. 1; Häberle/Lutz, IfSG, 1. Aufl. 2020, § 28 Rn. 8).

bb) Formelle Mängel der Allgemeinverfügung - etwa Bekanntmachungsmängel - wurden nicht vorgetragen und sind bei summarischer Prüfung auch sonst nicht ersichtlich.

cc) Die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2020 ist voraussichtlich auch materiell rechtmäßig.

(1) Die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 35 Satz 2 Alt. 1 BayVwVfG für den Erlass einer Allgemeinverfügung sind gegeben, insbesondere handelt es sich bei der Verfügung der Antragsgegnerin aufgrund des räumlich und zeitlich begrenzten Geltungsumfang um die Regelung eines Einzelfalls für einen bestimmbaren Personenkreis und damit um eine konkret-generelle Regelung.

(2) Tatbestandlich setzt § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG lediglich voraus, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war. Dass diese Voraussetzungen für ein gesundheitsbehördliches Eingreifen angesichts der immer noch anhaltenden SARS-CoV-2-Pandemielage grundsätzlich bestehen, hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen. Dies wird von der Antragstellerin nicht bestritten und ist auch sonst nicht zweifelhaft. Das Robert-Koch-Institut, dem der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt hat (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 - Vf. 6-VII-20 - juris Rn. 16), schätzt in der erneut überarbeiteten Risikobewertung vom 29. Juli 2020 die Lage in Deutschland auch gegenwärtig als sehr dynamisch und ernstzunehmend und die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung weiterhin insgesamt (auf einer Skala von "gering", "mäßig", "hoch" bis "sehr hoch") als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch ein und verweist dabei auf die seit Anfang Juli wieder stetig steigenden Fallzahlen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html). Angesichts des zu befürchtenden exponentiellen Verlaufs des Infektionsgeschehens, einer Vielzahl klinischer Verläufe mit Todesfolge oder schwerwiegenden Gesundheitsschäden und der Tatsache, dass nach wie vor weder ein Impfstoff noch eine spezifische Therapie zur Verfügung stehen, ist die Risikobewertung für die Gesundheit der Bevölkerung als hoch beziehungsweise als sehr hoch jedenfalls nicht offensichtlich unplausibel (vgl. BayVerfGH, E.v. 3.7.2020 - Vf. 34-VII-20 - juris Rn. 17).

Weitere tatbestandliche Anforderungen an ein Tätigwerden der zuständigen Behörde stellt § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht. Insbesondere bleibt - insofern entgegen der Auffassung des Erstgerichts - kein Raum für einen Rückgriff auf polizei- und sicherheitsrechtliche Gefahrenbegriffe (so auch Schmidt, COVID-19, § 16 Rn. 58). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG umschreiben vielmehr selbst abschließend eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Gesundheit durch die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit, bei deren Vorliegen die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind. Aus dem allgemeinen Polizeirecht lassen sich daher insoweit keine zusätzlichen Anforderungen ableiten (Johann/Gabriel in Eckart/Winkelmüller, BeckOK InfSchR, Stand 1.7.2020, IfSG, § 28 Rn. 21). Die niedrige Eingriffsschwelle der Norm ist nicht auf Tatbestandsebene sondern auf der Ermessensebene zu kompensieren, indem an das Kriterium der Erforderlichkeit und insbesondere an die Angemessenheit der Maßnahme je nach Eingriffstiefe der Maßnahme ggf. erhöhte Anforderungen zu stellen sind (Schmidt, COVID-19, § 16 Rn. 59; dazu sogleich).

Etwas Anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. März 2012 (3 C 16/11 - BVerwGE 142, 205 - juris Rn. 32) einen allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen entnommenen gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab verwendet, bezieht sich das ausdrücklich nur auf die Frage, wann von einem Ansteckungsverdächtigen i.S.v. § 2 Nr. 7 IfSG ausgegangen werden kann. Eine weitergehende Einengung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 IfSG ist damit nicht verbunden. Die vom Erstgericht zur Begründung der Erforderlichkeit einer konkreten Gefahr weiter herangezogene Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 28.02.1961 - I C 54.57 - juris zu § 16 der Verordnung des Reichsministers des Innern betreffend die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 1.1.1938 (RGBl. I S. 1721); U.v. 15.10.2018 - 7 C 22.16 - juris zu § 52 Abs. 1 Satz 1 WHG sowie U.v. 14.9.2017 - 3 C 4.16 - juris zu § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG) betrafen Allgemeinverfügungen aufgrund gänzlich anderer Rechtsgrundlagen.

(3) Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen - "wie" des Eingreifens - ist der Behörde durch § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG ein Ermessen eingeräumt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass nur "notwendige Schutzmaßnahmen" in Betracht kommen, also Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16/11 - BVerwGE 142, 205 - juris Rn. 24).

Ermessensfehler der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat ausweißlich der Begründung der angegriffenen Allgemeinverfügung die Für und Wider das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke sprechenden Gründe einschließlich der Interessen der betroffenen Adressaten umfassend erwogen und Handlungsalternativen berücksichtigt. Ihre Erwägungen sind vor dem Hintergrund des eingeschränkten Prüfungsumfangs der Gerichte (§ 114 Satz 1 VwGO) rechtlich nicht zu beanstanden.

Insbesondere genügt das Verbot auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

(a) Die von der Antragsgegnerin angestrebte Verhütung von Menschenansammlungen ist eine geeignete Schutzmaßnahme zur Verhinderung weiterer Ansteckungen. Ansammlungen bergen typischerweise ein erhebliches Risiko der Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus. Diese Einschätzung hat bereits der Gesetzgeber vorgezeichnet, der die Beschränkung von Ansammlungen in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG beispielhaft als geeignete Schutzmaßnahme herausgehoben hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16/11 - BVerwGE 142, 205 - juris Rn. 26 unter Verweis auf BT-Drs. 8/2468 S. 27 f. und BR-Drs. 566/99 S. 169 f.; vgl. zum allgemeinen Verbot von Ansammlungen in § 5 Abs. 1 der 6. BayIfSMV BayVGH, B.v. 28.7.2020 - 20 NE 20.1609 - juris Rn. 47; B.v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 - juris Rn 13 ff.; vgl. zum Verbot bzw. Beschränkung von Feiern in geschlossenen Gesellschaften BayVGH, B.v. 8.6.2020 - 20 NE 20.1316 - juris; B.v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 - juris; zum Verbot von Feiern im öffentlichen Raum BayVerfGH, E.v.15.5.2020 - Vf. 34-VII-20 - juris Rn. 12).

Das von der Antragsgegnerin verfügte Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke ist auch zur Erreichung des von der Antragstellerin angestrebten Ziels geeignet, denn die Abgabe von alkoholischen Getränken "über die Straße" (vgl. § 7 Abs. 2 GastG) begünstigt die Bildung von infektiologisch bedenklichen Menschenansammlungen. Richtig ist zwar, dass eine Menschenansammlung nicht unmittelbar durch den Außer-Haus-Verkauf von Alkohol entsteht. Der Außer-Haus-Verkauf erhöht jedoch gerade in Zeiten geschlossener Clubs, Bars und Diskotheken durch die jederzeitige Verfügbarkeit auch alkoholischer Getränke die Anziehungskraft und Attraktivität des öffentlichen Raums, insbesondere des Innenstadtbereichs. Er dehnt das schon allgemein und durch Abstand- und Hygienevorgaben in besonderem Maße beschränkte gastronomische Platzangebot gleichsam auf den Straßenraum aus und lädt dadurch zum Aufenthalt im öffentlichen Raum ein (allgemein zum Beitrag von Alkoholkonsum zur Gruppenbildung im öffentlichen Raum BVerfG, B.v. 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 - juris Rn. 19). Daneben kann Alkoholkonsum im Einzelfall aufgrund seiner enthemmenden Wirkung zu im Hinblick auf den Infektionsschutz problematischen Verhaltensweisen (Schreien, lautes Reden, geringere Distanz zwischen Einzelpersonen etc.) im Rahmen einer Ansammlung führen.

Die Wirksamkeit des Verbots des Außer-Haus-Verkaufs von Alkohol an bestimmten Tagen und zu bestimmten Uhrzeiten zur Eindämmung von Menschenansammlungen ist nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall klar belegt. Nach Schilderung der Polizeibehörden, an deren Richtigkeit und Aussagekraft der Senat trotz der Einwände der Antragstellerin keine Zweifel hat, haben sich vor Inkrafttreten des ersten Verbotes mit Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2020 Feiernde im Bereich der unteren Brücke "in Scharen" zu den Geschäften des Allstadtbereichs begeben, um "Alkoholnachschub" zu erwerben und dann im Allstadtbereich weiter zu feiern. Die Situation habe sich während der Gültigkeit des ersten Verbots des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke erheblich verbessert. Erst nach dessen Auslaufen habe sich die Situation wieder deutlich verschärft. Nachdem in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 2020 (der letzten Nacht der Geltung des Verbots) gegen 03:30 Uhr mit etwa 30 Personen auf der Unteren Brücke und rund 120 Personen in der S1.-straße noch eine verhältnismäßig geringe Besucheranzahl festgestellt worden sei, habe sich die Situation in der folgenden Nacht von Samstag auf Sonntag, den 26. Juli 2020, erheblich verändert. In einigen Bereichen, darunter auch der Bereich vor dem Lokal der Antragstellerin, seien rund 250 bis 300 Personen festgestellt worden, welche den Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten hätten, was aufgrund der Größe der Ansammlung auch nicht möglich gewesen sei. An einer anderen Stelle sei aufgrund einer dort vorhandenen baulichen Absicherung des Gebäudes kein Durchkommen mehr möglich gewesen. Gleichzeitig seien auf der Unteren Brücke bis zu 150 Personen festgestellt worden. Nach Auffassung des Senats belegt dieser Vergleich der Situationsbeschreibungen der Polizei mit und ohne Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke eindeutig dessen Geeignetheit.

Die Eignung des Verbots des Außer-Haus-Verkaufs von alkoholischen Getränken zur Verhütung infektiologisch bedenklicher Menschenansammlungen wird auch durch die Erwägung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts, dass Gefahren auch von solchen Personen ausgehen können, die aufgrund von Alkoholkonsum in Speisewirtschaften oder konzessionierten Freischankflächen oder durch den Konsum von selbst mitgebrachten alkoholischen Getränken alkoholisiert sind, nicht in Frage gestellt. Nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen kommt es für die Geeignetheit einer Maßnahme lediglich darauf an, dass sie zur Zweckerreichung beiträgt (stRspr., vgl. etwa BVerwG, U.v. 2.8.2012 - 7 CN 1/11 - juris Rn. 29). Es ist demnach gerade nicht erforderlich, dass die Maßnahmen allein den Zweck erreichen können.

(b) Das zeitlich beschränkte Verbot des Außer-Haus-Verkaufs von alkoholischen Getränken ist auch erforderlich. Gleich geeignete, den Adressatenkreis des Verbots weniger belastende Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Insbesondere wäre eine allgemeine Sperrzeitverkürzung belastender (BayVGH, B.v. 19.6.2020 - 20 NE 20.1127 - juris Rn. 40 ff.). Soweit das Erstgericht auf Maßnahmen gegen Einzelpersonen auf der Grundlage einer erst noch zu schaffenden Verordnung nach Art. 30 LStVG und die Antragstellerin auf die Durchsetzung von Satzungsrecht der Antragsgegnerin gegenüber Einzelpersonen verweisen und deshalb jeweils die Erforderlichkeit des temporären Alkoholverkaufsverbotes anzweifeln, übersehen sie, dass die Erforderlichkeit einer Maßnahme grundsätzlich nicht mit einem Verweis auf mögliche Eingriffe in Rechte anderer Grundrechtsträger oder zu Lasten der Allgemeinheit in Frage gestellt werden kann und bloße Belastungsverlagerungen daher grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben (stRspr. vgl. allgemein BVerfG, B.v. 6.10.1987 - 1 BvR 1086/82 - BVerfGE 77, 84 - juris Rn. 86; B.v. 14.11.1989 - 1 BvL 14/85 - BVerfGE 81, 70 - juris Rn. 66; speziell zur Auswahl zwischen alternativen Belastungsmodellen bei Maßnahmen der Pandemiebekämpfung BayVGH, B.v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 - juris Rn. 22; B.v. 22.5.2020 - 10 CE 20.1236 - juris Rn. 17; OVG Bremen, B.v. 7.5.2020 - 1 B 129/20 - juris Rn. 30; OVG HH, B.v. 30.4.2020 - 5 Bs 64/20 - juris Rn. 44). Daher stellt auch eine strengere Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Vorgaben der 6. BayIfSMV durch die Polizeibehörden selbst keine gleichwertige Alternative zum Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke dar. Unabhängig davon erscheint es aufgrund oftmals unklarer Beziehungen von Einzelpersonen und Gruppen zueinander bereits zweifelhaft, ob die Feststellung eines Verstoßes gegen die Kontaktbeschränkungen des § 2 Abs. 1 und 2 der 6. BayIfSMV bzw. das Ansammlungsverbots des § 5 Abs. 1 der 6. BayIfSMV mit vertretbarem Polizeiaufwand leistbar ist. Auch stellt sich die Frage, ob eine - gegebenenfalls zwangsweise - Durchsetzung der entsprechenden Vorgaben durch Polizeibeamte aufgrund der dadurch notwendig entstehenden physischen Kontakte die infektiologischen Risiken einer Ansammlung nicht noch weiter erhöhen würde. Und selbst wenn Maßnahmen gegen einzelne Personen gleich wirksam wären, würden sie nach den nachvollziehbaren Schilderungen der Polizeibehörden einen Aufwand erfordern, den die Antragsgegnerin als unzumutbar ansehen durfte. Zwar bestehen Grundrechte nicht nur nach Maßgabe dessen, was an Verwaltungsressourcen vorhanden ist (BVerfG, B.v. 6.10.1987 - 1 BvR 1086/82 - BVerfGE 77, 84 - juris Rn. 86 m.w.N.), sodass ein Verbot durch Allgemeinverfügung nicht lediglich mit der Erleichterung polizeilicher Aufsicht begründet werden darf. Allerdings kann die Antragstellerin mit Blick auf ihre Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit auch nicht erwarten, dass zur Vermeidung grundrechtsbeschränkender Maßnahmen mit dem Ziel der Bewältigung von ihr mitverursachter Missstände - hier der infektiologisch bedenklichen Menschenansammlungen im öffentlichen Raum - die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel - hier die Personalressourcen der Polizei und der Antragsgegnerin - über das vernünftigerweise von der Gesellschaft erwartbare Maß hinaus zur Bekämpfung dieser Missstände verwendet werden (stRspr., vgl. BVerfG a.a.O.; zur Durchsetzung der Abstandsregelungen innerhalb einer Großdemonstration durch die Polizei BayVGH, B.v. 22.5.2020 - 10 CE 20.1236 - juris Rn. 17).

(c) Soweit Verwaltungsgericht und Antragstellerin in diesem Zusammenhang meinen, die Antragsgegnerin habe vorrangig gegen die "Störer" vorzugehen, bevor sie die Antragstellerin als "Nichtstörerin" in Anspruch nehme, kann dem nicht gefolgt werden.

Es ist bereits fraglich, ob die an herkömmliche Gefahrbegriffe des allgemeinen Sicherheitsrechts anknüpfende Unterscheidung von Störern und Nichtstörern ohne Weiteres auf behördliche Maßnahmen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG zur Bekämpfung einer Pandemie anwendbar sind (dagegen Schmidt, COVID-19, § 16 Rn. 60; zweifelnd auch VGH BW, B.v. 25.6.2020 - 1 S 1739/20 - juris Rn. 26). Mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) hat der Gesetzgeber - allerdings nach der Gesetzesbegründung nur zur Klarstellung (vgl. BT-Drs. 19/18111 S. 24) - als Adressaten von Schutzmaßnahmen auch nicht näher eingrenzte "Personen" benannt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 IfSG). Die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 22.3.2012 - 3 C 16/11 - BVerwGE 142, 205 - juris Rn. 25) zu § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F., wonach vorrangige Adressaten die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. benannten Personengruppen (damals nur Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider) seien, die wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr, eine übertragbare Krankheit weiterzuverbreiten, nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehr- und Polizeirechts als "Störer" anzusehen seien, lässt sich auf die derzeit geltende Gesetzesfassung jedenfalls nicht ohne entsprechende Anpassungen übertragen, zumal unter den Bedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie, die den Gesetzgeber zu der besagten Änderung veranlassten, aus tatsächlichen Gründen vielfach gar nicht klar ist, ob eine Person "Störer" oder "Nichtstörer" im hergebrachten Sinne ist (OVG NW, B.v. 31.7.2020 - 13 B 739/20.NE - juris Rn. 42).

Im Übrigen erscheint zweifelhaft, ob die Antragstellerin in der vorliegenden Konstellation als Nichtstörerin anzusehen wäre. Wenn der Gesetzgeber menschliche Ansammlungen im Hinblick auf die Ausbreitung ansteckender Krankheiten ausdrücklich als besonders gefährlich einstuft, spricht manches dafür, dass Personen, die die Bildung von Ansammlungen durch ihr Verhalten fördern, selbst Störer sind. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Folgen der Abgabe von Alkohol an Dritte dem Abgebenden - jedenfalls in Grenzen - rechtlich zugerechnet werden können (vgl. etwa BVerfG, B.v. 29.9.2010 - 1 BvR 1789/10 - juris Rn. 23 ff.; BayVGH, U.v. 16.9.2010 - 22 B 10.289 - juris Rn. 18; VGH BW, B.v. 14.9.2004 - 6 S 21/04 - juris Rn. 4), sodass die Antragstellerin eher für Maßnahmen zur Eindämmung dieser Folgen in Anspruch genommen werden kann, als andere Verursacher oder die Allgemeinheit.

Diese Fragen können jedoch - zumal im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - dahinstehen, denn jedenfalls können Maßnahmen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG auch gegen "Nichtstörer" im Sinne herkömmlicher Begriffsbildung gerichtet werden. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG als Generalklausel ausgestaltet, da sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt und hat schon im Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes zu § 34 BSeuchG ausdrücklich klargestellt, dass Maßnahmen nicht nur gegen die in Satz 1 (seinerzeit neu) Genannten (Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige usw.) in Betracht kämen, sondern auch gegenüber "Nichtstörern" (BayVGH, B.v. 26.5.2020 - 20 NE 20.1065 - juris Rn. 36 unter Verweis auf BT-Drs. 19/18111 S. 25 und BT-Drs. 8/2468 S. 27); vgl. auch BayVGH, B.v. 19.6.2020 - 20 NE 20.1127 - juris Rn. 35 ff.; jeweils m.w.N.; ebenso bereits BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16/11 - juris Rn. 24). Dem steht insbesondere auch § 31 IfSG samt dem dort genannten Adressatenkreis nicht entgegen. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ergänzt aus den geschilderten Gründen die speziellen, aber nicht abschließenden Instrumentarien der §§ 29 bis 31 IfSG, um einer infektionsschutzrechtlichen Gefährdungslage in jedem Fall adäquat begegnen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 7.7.2020 - 20 NE 20.1497 - juris Rn. 21; OVG Berlin-Bbg., B.v. 23.4.2020 - OVG 11 S 25/20 - juris Rn. 10 m.w.N.). Die dargestellte Änderung von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) bestätigt jedenfalls, dass Maßnahmen gegen Nichtstörer nicht ausgeschlossen sind. Daraus folgt keine unbegrenzte Möglichkeit der Inanspruchnahme Dritter. Der erforderliche Zurechnungszusammenhang wird auch hier durch die Begrenzung auf verhältnismäßige Schutzmaßnahmen hergestellt.

Selbst wenn man also die Antragstellerin als Nichtstörerin behandeln wollte, wäre ihre Inanspruchnahme aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr grundsätzlich gerechtfertigt, da ein Vorgehen gegen Störer vorliegend - wie dargestellt - nicht gleichermaßen möglich bzw. erfolgsversprechend ist.

(d) Das Verbot des Außer-Haus-Verkaufs von alkoholischen Getränken ist auch angemessen. Die Folgen für die Antragstellerin stehen nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck der Maßnahme.

Die Antragstellerin ist durch die angegriffene Allgemeinverfügung in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Der Eingriff erfolgt jedoch lediglich auf der Ebene der Berufsausübung, sodass zu seiner Rechtfertigung lediglich vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls vorliegen müssen (stRspr, vgl. etwa BVerfG, B.v. 20.12.2017 - 1 BvR 2233/17 - juris Rn. 11 m.w.N.), was im Hinblick auf den angestrebten Schutz der Gesundheit Einzelner und der Allgemeinheit vor ansteckenden Krankheiten der Fall ist. Zudem betrifft das Verbot lediglich sog. Nebenleistungen eines gastronomischen Betriebs (vgl. § 7 GastG). Auch stehen gaststättenrechtliche Erlaubnisse von vornherein unter dem Vorbehalt der nachträglichen Anordnung von Auflagen aus Gründen des Schutzes der Allgemeinheit vor Gesundheitsgefahren (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Das angegriffene Verbot ist aufgrund der Befristung der angegriffenen Allgemeinverfügung bis zum 26. August 2020 zeitlich beschränkt und betrifft auch nur die Wochenenden, die Nächte vor gesetzlichen Feiertagen und - aufgrund einschlägiger Erfahrungen aus dem Jahr 2017 - die Zeit der entfallenen "Sandkerwa" vom 20. bis 24. August 2020. Den Umfang der durch das Verbot verursachten Umsatzeinbußen hat die Antragstellerin nicht mitgeteilt; schon deswegen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das zeitlich beschränkte und befristete Verbot für sich genommen die Betriebe der Antragstellerin existenziell bedroht.

Angesichts dessen überwiegen die dargestellten öffentlichen Interessen an der Unterbindung weiterer Infektionen und der damit verbundenen Gefahren für die Gesundheit und das Leben einzelner Personen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems die finanziellen Interessen der Antragstellerin (so im Ergebnis zuletzt auch BayVerfGH, E.v. 3.7.2020 - Vf. 34-VII-20 - a.a.O. Rn. 21 f.; dem folgend etwa BayVGH, B.v. 20.7.2020 - 20 NE 20.1606 - juris Rn. 33; B.v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 - juris Rn. 30).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (152 Abs. 1 VwGO).