VG Münster, Beschluss vom 13.05.2019 - 5 L 175/19
Fundstelle
openJur 2020, 47638
  • Rkr:
Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladenen im Rahmen der Beförderungsrunde 2017/2018 (Beförderungsliste "DTTS_nT") in ein Amt der Besoldungsgruppe A 8 zu befördern, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis zu 13.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässige Antrag ist begründet. Der Antragsteller hat sowohl Anordnungsgrund (1.) als auch Anordnungsanspruch (2.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

1. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zur Seite, da die begehrte einstweilige Anordnung mit Blick auf die von der Antragsgegnerin konkret beabsichtigte Beförderung der Beigeladenen notwendig ist, um den materiellen Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers zu sichern.

2. Zudem hat der Antragsteller bei der gebotenen umfassenden tatsächlichen und rechtlichen - und nicht lediglich summarischen - Überprüfung der Bewerberauswahl der Antragsgegnerin einen Anordnungsanspruch in Form eines Anspruchs auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung. Denn die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ist fehlerhaft und nicht geeignet, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers zu erfüllen (a)). Ein Erfolg des Antragstellers, bei einer erneuten Entscheidung der Antragsgegnerin nach Leistungskriterien für die Besetzung der Stelle ausgewählt zu werden, erscheint jedenfalls möglich (b)).

a) Soll ein Beförderungsamt oder ein Beförderungsdienstposten besetzt werden, so ist der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung zwischen Bewerbern an die Bestimmung des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden. Dieser gewährleistet - unbeschränkt und vorbehaltlos - jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach darf der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung keinen Bewerber übergehen, der im Vergleich mit anderen Bewerbern die vom Dienstherrn - etwa im Rahmen eines Anforderungsprofils für die Stelle bzw. den Dienstposten - aufgestellten Kriterien am besten erfüllt. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf solche Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen; anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung zugemessen werden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist bzw. erst dann, wenn sich aus dem Vergleich von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167 = juris, Rn. 8; BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237 = juris, Rn. 13 f.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2012 - 1 B 681/12 -, ZBR 2013, 162 = juris, Rn. 4.

Wird das insoweit durch Art. 33 Abs. 2 GG vermittelte (grundrechtsgleiche) subjektive Recht, der sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, so folgt daraus zwar regelmäßig kein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, ZBR 2002, 427 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2012 - 1 B 681/12 -, ZBR 2013, 162 = juris, Rn. 6.

Den für die Auswahlentscheidung nach dem Vorstehenden maßgeblichen Leistungs- und Eignungsvergleich der Bewerber hat der Dienstherr regelmäßig anhand aussagekräftiger, also hinreichend differenzierter und auf gleichen Beurteilungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, NVwZ 2003, 1397 = juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2012 - 1 B 681/12 -, ZBR 2013, 162 = juris, Rn. 8.

Für den Bewerbervergleich maßgeblich sind dabei in erster Linie die Aussagen in den jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen. Dies können je nachdem die letzten (zeitlich noch hinreichend aktuellen) Regelbeurteilungen oder aber aus Anlass des Besetzungsverfahrens erstellte Anlass- oder Bedarfsbeurteilungen sein. Bei der Betrachtung der jeweiligen Beurteilung kommt es in erster Linie auf das abschließende Gesamturteil an, welches anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, ZBR 2013, 74 = juris, Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 -, NVwZ-RR 2012, 71.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch zu.

aa) Sein Bewerbungsverfahrensanspruch ist schon deswegen verletzt, weil die - dem streitgegenständlichen Auswahlverfahren vorrangig zugrundeliegende - aktuelle dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 00.00.0000 für den Beurteilungszeitraum 00.00.0000 bis 00.00.0000 rechtswidrig ist.

aaa) Dienstliche Beurteilungen sind verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar. Nur der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem Sinn der Regelungen über dienstliche Beurteilungen ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amts und seiner Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Gegenüber dieser hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob diese - über Art. 3 Abs. 1 GG den Dienstherrn gegenüber dem Beamten rechtlich bindenden - Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung im einschlägigen Beamtengesetz und der Laufbahnverordnung wie auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2015 - 1 B 384/15 -, juris, Rn. 5.

Zur Gewährleistung der effektiven gerichtlichen Kontrolle der Beurteilung sind die wesentlichen in ihr enthaltenen Erwägungen zu begründen. Nur so kann ihre Nachvollziehbarkeit sichergestellt werden und das Gericht seiner Aufgabe der - begrenzten - Überprüfung der Beurteilung nachkommen. Bedient sich der Beurteiler ganz oder teilweise auch der Erkenntnisse dritter Personen, so gehört es auch zu einer solchen Begründung, die wesentlichen Erkenntnisquellen und den Umfang und die Art ihrer Berücksichtigung in der vom Beurteiler zu verantwortenden Beurteilung offenzulegen. Es ist zu plausibilisieren, wie der Beurteiler auf dieser Grundlage zu seinem eigenen Werturteil gekommen ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 1 A 7/11 -, juris, Rn. 15.

bbb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die primär zur Bewerberauswahl herangezogene Beurteilung des Antragstellers vom 00.00.0000 für den Zeitraum 00.00.0000 bis 00.00.0000 fehlerhaft, weil sie nicht plausibel begründet worden ist. Die Plausibilitätsdefizite sind im gerichtlichen Verfahren nicht beseitigt worden.

Eine dienstliche Beurteilung als Werturteil darf keine formelhafte Behauptung bleiben, sondern muss für den Beamten und für außenstehende Dritte derart nachvollziehbar sein, dass die ausschlaggebenden Gründe und Argumente des Dienstherrn und damit der Weg, der zu dem Urteil geführt hat, sichtbar werden. Maßgeblich ist, dass die Beurteilung als Produkt des vom Dienstherrn praktizierten Bewertungssystems ihrer Aufgabe gerecht wird, mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG (Grundsatz der Bestenauslese) aussagekräftiger Maßstab für künftige Beförderungsentscheidungen in Konkurrenz mit anderen Bewerbern zu sein. Es unterliegt - gegebenenfalls innerhalb des durch Beurteilungsrichtlinien gezogenen Rahmens - grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im Einzelnen sein Gesamturteil über den Beamten und seinen Vorschlag für dessen weitere dienstliche Verwendung stützen will. Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen. Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile auf Grund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und Einzelbeobachtungen während des Beurteilungszeitraums beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten Möglichkeiten, über Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden bzw. miteinander verbinden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2013 - 6 B 509/13 -, juris, Rn. 13, 15.

Sieht das Beurteilungssystem - wie hier - ein Ankreuzverfahren für vorgegebene Einzelbewertungen vor, bedarf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung in der Regel einer Begründung. Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt. Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Diese Gewichtung bedarf schon deshalb einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet, das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden kann. Dies gilt insbesondere, wenn die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Einzelmerkmale im Ankreuzverfahren erstellt worden sind und die Bildung des Gesamturteils so einer zusammenfassenden Wertung bedarf. Erst durch die Ausführungen einer textlichen Begründung wird erkennbar, wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen hergeleitet und welches Gewicht den einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkten gegeben worden ist. Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind dabei umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 C 51.16 -, juris, Rn. 11 ff. m. w. N.

Die zur Bewerberauswahl herangezogene Beurteilung des Antragstellers ist im Ankreuzverfahren erstellt worden. Sie enthält lediglich eine formelhafte und daher ihrer Funktion nicht gerecht werdende, nicht nachvollziehbare Begründung des Gesamturteils. Eine Begründung des Gesamturteils ist vorliegend auch nicht entbehrlich.

Ein Begründungs- bzw. Erläuterungsbedürfnis im Rahmen des Gesamturteils ergibt sich vorliegend bereits aus dem Umstand, dass die hier erfolgte Verwendung unterschiedlicher Notenstufen für die Beurteilung der Einzelmerkmale einerseits (fünf Notenstufen) und für die Einordnung des Gesamturteils andererseits (sechs Notenstufen zuzüglich jeweils drei Ausprägungen) zur Folge hat, dass sich das zahlenmäßig abgebildete Beurteilungsergebnis für den beurteilten Beamten nicht bereits aus dem Beurteilungssystem selbst erschließt und auch den Beurteilungsrichtlinien nicht zu entnehmen ist, in welcher Weise sich die Einzelbewertungen generalisierend in bestimmter Weise auf konkrete Gesamturteile übertragen ließen.

Vgl. insoweit auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2018 - OVG 10 S 29.17 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2017 - 1 B 498/17 -, juris, Rn. 39.

(1) Dem sich daraus ergebenden Begründungserfordernis werden die Ausführungen im Rahmen des für den Antragsteller getroffenen Gesamturteils nicht gerecht. Insoweit heißt es:

"Das Gesamturteil wird im Vergleich zu der Bewertung der 5er-Notenskala in den Einzelmerkmalen in einer 6er-Notenskala gebildet. Im Gesamturteil kommt im oberen Leistungsspektrum im Vergleich zu den Einzelmerkmalen die Notenstufe "Hervorragend" dazu. Die Bewertung "Rundum zufriedenstellend" bildet dabei ein 100%iges Leistungs- und Befähigungsbild ab. Darüber hinaus wird das Gesamturteil mit den Ausprägungsgraden "Basis", "+", "++" gebildet. [...] Die Abstufung der 5er-Notenskala der Einzelnoten zu der 6er-Notenskala des Gesamturteils mit den Ausprägungsgraden ermöglicht eine weitere Differenzierung. Die fünf Notenstufen unterhalb "Hervorragend" nehmen in den Stellungnahmen und in der Beurteilung den gleichen Stellenwert ein. Die Schaffung der obersten, aufgesetzten Spitzennote "Hervorragend" erfolgt vielmehr, um der Sondersituation bei der E1. U. B. Rechnung zu tragen, dass dort ein großer Teil der Beamten höherwertig eingesetzt wird. Ohne eine weitere Notenstufe hätte die Notenvergabe, gerade für Beamte, die bereits die Höchstnote in den Stellungnahmen erreicht hatten und zudem noch höherwertig eingesetzt sind, nicht im Vergleich zu anderen Beamten (die zwar gleich bewertet, aber nicht im gleichen Maße oder gar nicht höherwertig eingesetzt sind) angemessen und dem Leistungsgedanken entsprechend gestaltet werden können."

Ausgehend von diesen Ausführungen wird zwar deutlich, dass die Notenstufen "In geringem Maße bewährt" bis "Sehr gut" im Rahmen des Gesamturteils ein Äquivalent zu der Notenskala betreffend die Einzelkriterien darstellen, und dass die sechste Notenstufe der Notenskala im Rahmen des Gesamturteils "Hervorragend" speziell für die Fälle vorgesehen ist, in denen Beamte neben der Erreichung der Höchstnoten in den Einzelkriterien zudem eine (erheblich) höherwertige Tätigkeit ausüben. Dass eine Notenstufe ausschließlich deutlich höherwertig beschäftigten Beamten vorbehalten und für statusamtsentsprechend eingesetzte Beamte von vornherein faktisch ausgeschlossen wird, stellt jedoch eine Verletzung des in Art. 33 Abs. 2 GG normierten Prinzips der Bestenauslese dar und vermag das der Bewertung zugrundeliegende Benotungssystem daher nicht zu plausibilisieren.

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juni 2018 - OVG 10 S 83.17 -, juris, Rn. 21.

Soweit es in der Begründung des Gesamturteils weiter heißt, dass das Beurteilungsergebnis "Hervorragend" vergeben werden könne, wenn sich aus der Stellungnahme der Führungskraft ein "besonderes - eben "hervorragendes" - Leistungsbild ergibt" und dass dies der Fall sein könne, wenn in den Stellungnahmen besondere "hervorragende" Leistungen dargelegt seien, die trotz der Höchstbewertung mit "Sehr gut" ein über "sehr gute" Leistungen hinausgehendes Bild abbilden würden, führt dies ebenfalls nicht weiter. Es ist weder vorgetragen noch den Beurteilungsrichtlinien (dort Nr. 5 sowie Anlage 4 - Leitfaden "Führungskräfte") zu entnehmen, dass die Führungskräfte ihre verbalen Eintragungen im Rahmen des fünfstufigen Beurteilungssystems mit Blick auf die Spitzennote "sehr gut" mit ihren drei Teilnoten "basis", "+" und "++" unter Berücksichtigung des Umstands vornehmen würden, dass hieraus Rückschlüsse auf die Vergabe einer sechsten Notenstufe - wiederum mit den drei Teilnoten - gezogen werden können. Es ist nicht einmal erkennbar, dass den Führungskräften überhaupt bewusst ist, dass ihre verbalen Ausführungen zur Spitzennote in einer Weise verfasst sein müssen, dass sich hieraus plausibel und statusamtsbezogen die Vergabe einer Gesamtnote aus sechs möglichen begründen lassen muss. Die Beurteilungsrichtlinien geben ihnen vielmehr nur auf, die Note "sehr gut" plausibel zu begründen.

(2) Ein Plausibilitätsdefizit im Rahmen der Begründung des Gesamturteils ergibt sich ferner aus dem Umstand, dass der Antragsteller im Verhältnis zu seinem Statusamt höherwertig - oberhalb der eigenen Laufbahngruppe - eingesetzt wurde und die Begründung des Gesamturteils nicht hinreichend plausibel darlegt, wie diese höherwertige Beschäftigung im Rahmen des Gesamturteils berücksichtigt worden ist.

Ist der zu beurteilende Beamte höherwertig eingesetzt, so kann dies nicht ohne Folgen für die in der dienstlichen Beurteilung zu leistenden Bewertungen bleiben. Denn ein Beamter, dessen Wahrnehmung der Aufgaben eines für ihn höherwertigen Dienst- oder Arbeitspostens während des Beurteilungszeitraums oder zumindest während eines nicht unerheblichen Teilzeitraums die Vergabe einer bestimmten (Gesamt-) Note rechtfertigt, erfüllt grundsätzlich die geringeren Anforderungen seines Statusamtes in mindestens ebenso guter wenn nicht besserer Weise. Diese Annahme basiert auf der vergleichend heranzuziehenden unbestrittenen Einschätzung, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. April 2016 - 1 B 1514/15 -, juris, Rn. 18.

Bei einer höherwertigen Beschäftigung des zu beurteilenden Beamten müssen daher in der dienstlichen Beurteilung die im Rahmen der höherwertigen Tätigkeit bezogen auf die Anforderungen des höherwertigen Dienstpostens erbrachten Leistungen zunächst in einem ersten Schritt zu den abstrakten Anforderungen des von dem Beamten innegehabten Statusamtes in Beziehung gesetzt werden, bevor sie dann in einem zweiten Schritt den in der Notenskala zum einen für die Einzelmerkmale und zum anderen für das Gesamturteil der Beurteilung geltenden Bewertungsstufen zugeordnet werden. Diese Schritte als wesentliche Bestandteile des Bewertungsvorgangs müssen für den beurteilten Beamten (und in einem Rechtsschutzverfahren auch für das Gericht) zumindest in Grundzügen nachvollziehbar gemacht werden, was die angemessene Berücksichtigung des jeweils vorliegenden Grades der höherwertigen Tätigkeit einschließt. Die schlichte Angabe des Bewertungsergebnisses und die Rechtsbehauptung, alle relevanten Gesichtspunkte in den Bewertungsvorgang einbezogen zu haben, reichen dafür nicht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2017 - 1 B 498/17 -, juris, Rn. 44 ff.

Dies zugrunde gelegt fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung des Gesamturteils im Hinblick auf die Art und Weise der erforderlichen Berücksichtigung der höherwertigen Beschäftigung des Antragstellers.

Zwar wird im Rahmen der Bewertung der Einzelmerkmale darauf hingewiesen, dass der Antragsteller "gespiegelt an seinem Statusamt [...] erfolgreich eine höherwertige Tätigkeit mit der Bewertung A 8 wahr[nehme], die er sehr gut meister[e]". Im Rahmen der Begründung des Gesamturteils heißt es insoweit, dass das Gesamtergebnis unter Berücksichtigung der Höherwertigkeit der Funktion sowohl in den Einzelkriterien als auch im Gesamturteil festgesetzt werde. Auf welche Weise die höherwertige Tätigkeit des Antragstellers konkret berücksichtigt wurde, lässt sich diesen formelhaften Ausführungen jedoch an keiner Stelle entnehmen.

bb) Die der Auswahlentscheidung vorrangig zugrunde gelegten Beurteilungen der Beigeladenen sowie deren - nachrangig in die Auswahlentscheidung einbezogenen - Vorbeurteilungen (für den Beurteilungszeitraum 00.00.0000 bis 00.00.0000) weisen ebenfalls die vorstehend aufgeführten Plausibilitätsdefizite auf. So werden auch hier sowohl im Hinblick auf die Zuordnung der unterschiedlich ausgestalteten Notenskalen zueinander als auch in Bezug auf die Berücksichtigung der höherwertigen Beschäftigung stereotype Formulierungen verwendet, die nicht geeignet sind, die Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Gesamturteile zu gewährleisten.

Vgl. insoweit VG Münster, Beschluss vom 15. Februar 2019 - 5 L 1354/18 -, n. v.

b) Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Beurteilungsmängel erscheint es schließlich auch möglich, dass der Antragsteller bei einer erneuten Erstellung dienstlicher Beurteilungen in den Kreis der zu befördernden Beamten eintreten würde.

Insbesondere angesichts des Umstands, dass die für das Auswahlverfahren herangezogenen Beurteilungen des Antragstellers sowie der Beigeladenen aufgrund der aufgezeigten Begründungsdefizite nicht geeignet sind, eine taugliche Grundlage für die Auswahlentscheidung über die Besetzung der Beförderungsstellen zu bilden, sowie der Tatsache, dass der Antragsteller in der Stellungnahme seiner unmittelbaren Führungskraft ausnahmslos mit Spitzennoten beurteilt worden ist, erscheint es völlig offen, ob nach ordnungsgemäßer Neubeurteilung überhaupt noch ein Konkurrenzverhältnis zwischen dem Antragsteller und den Beigeladenen besteht oder ob der Antragsteller besser zu beurteilen ist und damit an ihrer Stelle in den Kreis der zu befördernden Beamten aufzunehmen ist.

Vgl. insoweit auch OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 1 B 741/18 -, juris, Rn. 23 ff.

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