SG Magdeburg, Urteil vom 31.03.2017 - S 5 EG 2/16
Fundstelle
openJur 2020, 47145
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld unter Berücksichtigung eines abweichenden Bemessungszeitraums.

Sie gebar am ........2015 ihren Sohn B. Am 27. Januar 2015 beantragte sie die Bewilligung von Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes, hälftig ausgezahlt für die doppelte Laufzeit bei einer Elternzeit von 2 Jahren. Die Söhne F. und J. hatte sie am ........2011 und ........2013 geboren. Mutterschaftsgeld bezog die Klägerin anlässlich der Geburt von B. nicht.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2015 bewilligte der Beklagte Elterngeld für den Zeitraum vom 2. Januar 2015 bis 1. Januar 2016 bei verlängerter Auszahlungsmöglichkeit in zwei halben Monatsbeträgen zu je 206,60 EUR. Da Elterngeld für ein älteres Kind bezogen wurde, habe sich der Zwölf-Monats-Zeitraum um die betreffenden Kalendermonate verschoben, nicht jedoch bezüglich der Verlängerung des Bezugszeitraums. Aufgrund einer Einkommensminderung wegen schwangerschaftsbedingter Erkrankung, verschiebe sich ebenfalls der Zwölf-Monats-Zeitraum um die betreffenden Kalendermonate. Es berechne sich ein durchschnittliches monatliches Einkommen iHv 338,19 EUR, welches bei der Bemessung des Elterngeldes zu 100 Prozent zu berücksichtigen sei. Zudem sei ein Geschwisterbonus iHv 75,00 EUR zugrunde zu legen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin am 27. März 2015 mit Widerspruch. Sie führte zur Begründung aus, dass das frühere Arbeitseinkommen vor der Geburt von J. zu beachten sei. Es sei das Elterngeld heranzuziehen, welches sie für J. bezogen habe.

Im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2016 wies das Landesverwaltungsamt darauf hin, dass die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden sei. Der Zeitraum einer möglichen Verschiebung erstrecke sich nicht auf die Monate der verlängerten Auszahlung von April bis Dezember 2014.

Die Klägerin hat am 2. März 2016 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, der Bemessungszeitraum sei falsch bestimmt. Es sei das ursprüngliche Einkommen vor der Elternzeit in voller Höhe maßgeblich.

Die Klägerin beantragt,

1. Der Bescheid des Beklagten vom 27. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016, zugestellt am 5. Februar 2016, Aktenzeichen: ..., wird aufgehoben und der Klägerin die beantragten Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gewährt.

2. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens werden für notwendig erklärt und dem Beklagten auferlegt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, eine weitere Verschiebung des Bemessungszeitraums sei nicht möglich. Dies sei gesetzlich ausgeschlossen. Die Monate der verlängerten Auszahlung des Elterngeldes seien bei der Berechnung des Elterngeldes anlässlich der Geburt von B. zu berücksichtigen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Gründe

Die Kammer durfte eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) treffen, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Der Bescheid des Beklagten vom 27. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Der Klägerin stehen weitere Leistungen nicht zu. Ihr Anspruch richtet sich nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Maßgeblich ist bei der Bestimmung der anzuwendenden Fassung der Regelungen gemäß § 27 Abs. 1 BEEG der Zeitpunkt der Geburt oder der Annahme des Kindes. B. ist am ........2015 geboren, so dass das BEEG in seiner Fassung bis zum 31. Dezember 2014 Anwendung findet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Sie erfüllt zunächst die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 1 BEEG. Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer

1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und

4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

Ein Anspruch auf höheres Elterngeld ergibt sich jedoch nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 BEEG wird das Elterngeld iHv 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Einkommenssteuergesetz (EStG) sowie

2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG,

die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in den Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 hat (Satz 3).

In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000 EUR war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.000 EUR unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BEEG).

Gemäß § 2a Abs. 1 BEEG wird das Elterngeld um 10 Prozent, mindestens jedoch um 75 Euro erhöht (Geschwisterbonus), wenn die berechtigte Person in einem Haushalt lebt mit

1. zwei Kindern, die noch nicht drei Jahre alt sind, oder

2. drei oder mehr Kindern, die noch nicht sechs Jahre alt sind.

Die hier streitgegenständliche Bestimmung des Bemessungszeitraums ist in § 2b BEEG geregelt:

(1) 1Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. 2Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person

1. ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,

2. während der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 oder § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,

3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder

4. Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.

Hiernach ist der maßgebliche Zeitraum im ersten Schritt auf die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes - also den Zeitraum von Januar bis Dezember 2014 - festzulegen. In § 2 Abs. 1 BEEG sind die Tatbestände zur Verschiebung des Bemessungszeitraums abschließend geregelt. Wegen des Bezuges von Elterngeld für die Erziehung von J. verschiebt sich der Bemessungszeitraum in einem weiteren Schritt ab März 2014 bis März 2013 gemäß § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG. Wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld anlässlich der Geburt von J. verschiebt sich der Bemessungszeitraum für Februar 2013 gemäß § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG. Wegen einer schwangerschaftsbedingten Arbeitsunfähigkeit mit Minderung des Einkommens verschiebt sich der Bemessungszeitraum von Januar 2013 bis August 2012 gemäß § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG. Damit findet das in den Kalendermonaten Juli bis Mai 2012 erzielte Erwerbseinkommen Berücksichtigung.

Hingegen verschiebt sich nach der ausdrücklichen und eindeutigen Regelung in § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG der Bemessungszeitraum von April bis Dezember 2014 nicht, da es sich hierbei um den Zeitraum der verlängerten Auszahlung (gemäß § 6 Sätze 2 und 3 BEEG) handelte. Die genannte Aufzählung von Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Verschiebungstatbestandes ist abschließend. Die Klägerin hat sich anlässlich der Geburt von J. für die Auszahlungsmodalität entschieden, nach der die zustehenden Monatsbeträge in zwei halben Beträgen auszuzahlen sind, so dass sich eine Verdopplung des Auszahlungszeitraums ergibt. Dieser Zeitraum beginnt ab dem Monat, der auf den letzten Monat folgt, für den dem Berechtigten ein Monatsbetrag der ersten Hälfte gezahlt wurde, hier demnach ab April 2014.

Es handelt sich lediglich um eine Zahlungsmodalität, die nicht zu einem - insgesamt berechnet - höheren Anspruch auf Elterngeld führt. Dazu ist der Bundestags-Drucksache (16/1889 zu § 6) zu entnehmen, dass die Verdopplung des Auszahlungszeitraums aus Gründen der Gleichbehandlung zur Halbierung des pro Monat zustehenden Betrages führen müsse. Der Zeitraum der verlängerten Auszahlung ist rechtlich betrachtet nicht identisch mit dem Zeitraum, für den das Elterngeld gewährt wird. Denn im verlängerten Auszahlungszeitraum müssten auch die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Elterngeld nicht mehr vorliegen (vgl. Lenz in Mutterschutz/Betreuungsgeld/Elterngeld/Elternzeit; Nomos Kommentar, 3. Aufl. 2014, § 6 BEEG Rn. 4).

Eine Regelung über die Gewährung des Elterngeldes iHv des zuletzt gezahlten Elterngeldes - wie sie die Klägerin hier zugrunde gelegt wissen möchte - existiert nicht. Die Berechnung des Elterngeldes bestimmt sich immer nach dem zu versteuernden Einkommen aus abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Erwerbstätigkeit.

Die Berechnung des Beklagten (Bl. 28 der Verwaltungsakte) ist nicht zu beanstanden. Die Werbungskostenpauschale (1.000 EUR) fand ebenso Berücksichtigung wie die Regelung zu den Steuern gemäß § 2e BEEG (ohne Abzug) und die Sozialabgaben gemäß § 2f BEEG. Die Erhöhung ist bis zu 100 Prozent erfolgt und der Geschwisterbonus hinzugerechnet worden. Die Berechnung selbst wird auch von der Klägerin nicht gerügt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte