AG Büdingen, Beschluss vom 10.06.2020 - 50 F 652/19 AD
Fundstelle
openJur 2020, 47015
  • Rkr:

1. Zum Namensrecht bei einer Adoption eines verheirateten Volljährigen durch denjenigen, der mit der Mutter des Anzunehmenden in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1766a Abs. 1 BGB lebt. Über den am 31. März 2020 in Kraft getretenen § 1766a BGB gilt in diesen Fällen auch § 1757 Abs. 2 BGB.

2. Führt der Anzunehmende in seiner Ehe keinen Ehenamen und ist für die nach § 1757 Abs. 1 BGB gesetzlich vorgesehene Änderung des Geburtsnamens die Zustimmung des Ehegatten des Anzunehmenden nach § 1767 Abs. 2 S. 3 BGB somit nicht erforderlich, können die Mutter des Anzunehmenden, der Anzunehmende und der Annehmende nach den §§ 1766a Abs. 1, 1757 Abs. 2 BGB den Geburtsnamen des Anzunehmenden abweichend von § 1757 Abs. 1 BGB bestimmen.

3. Soweit Zweifel bestehen, ob es mit dem von Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vereinbar ist, dass gemäß §§ 1767 Abs. 2 Satz 1, 1757 BGB bei der sog. schwachen Volljährigenadoption für einen Angenommenen, der bis zur Annahme als Kind seinen Geburtsnamen als Familiennamen, nicht aber als Ehenamen geführt hat, auch bei Vorliegen besonderer Umstände nicht die Möglichkeit besteht, diesen Geburtsnamen als alleinigen Familiennamen fortzuführen (vgl. Vorlagebeschluss des BGH vom 13. Mai 2020, AZ: XII ZB 427/19, ECLI: ECLI:DE:BGH:2020:130520BXIIZB427.19.0), muss die Entscheidung des BVerfG über den Vorlagebeschluss des BGH nicht abgewartet werden, wenn der Geburtsname des Anzunehmenden über § 1757 Abs. 2 BGB abweichend von § 1757 Abs. 1 BGB bestimmt werden kann.

Tenor

Herr ..., geboren am ..., wird von Herrn ..., geboren am ... in ..., als Kind angenommen.

Der Angenommene führt als Geburtsnamen weiter den Namen ... .

Die Kosten des Verfahrens hat der Annehmenden zu tragen.

Gründe

Die Annahme gründet sich auf die Vorschriften der §§ 1767 bis 1771 BGB.

Der Anzunehmende ist am ... geboren. Die Ehe seiner Eltern wurde mit Urteil des Amtsgerichts Büdingen vom 16. März 1984 rechtskräftig geschieden. Seit 1984 lebt der Annehmende mit der Mutter des Anzunehmenden in häuslicher Gemeinschaft zusammen, nachdem der Vater des Anzunehmenden vorher ausgezogen war. Diese eheähnliche Lebensgemeinschaft besteht bis heute. Der Anzunehmende lebte daher über mehrere Jahre als Kind in häuslicher Gemeinschaft mit seiner Mutter und dem Annehmenden. Bis zu seinem Auszug ist zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden auch ein enges Eltern-Kind-Verhältnis entstanden. Der Vater des Anzunehmenden ist am 06. Mai 2017 verstorben.

Der Anzunehmende hat am 17. September 2005 die weitere Beteiligte zu 3) geheiratet. Aus dieser Ehe sind die beiden Kinder ..., geboren am ..., und ..., geboren am ..., hervorgegangen. Die beiden Kinder sehen den Annehmenden als ihren Großvater an.

Der Annehmende hat keine leiblichen Kinder.

Die nach § 1768 Abs. 1 BGB erforderlichen Anträge des Annehmenden und des Anzunehmenden liegen in der nach den §§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1752 Abs. 2 S. 2 BGB erforderlichen notariellen Form vor (Urkunde vom 03. September 2019, Urkundenrolle Nr. 255/2019 des Notars ...).

Nach § 1767 Abs. 2 BGB ist zur Annahme eines Verheirateten die Einwilligung seines Ehegatten erforderlich. Die Ehefrau des Anzunehmenden hat der Adoption in der notariellen Urkunde vom 03. September 2019 zugestimmt. Diese Einwilligung erfolgte daher auch in der erforderlichen notariellen Form (§ 1750 BGB).

Nach § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist.

Dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist, steht nach der Anhörung der Beteiligten und dem Inhalt des Antrages zur Überzeugung des Gerichts fest.

Die Annahme ist auch nicht nach § 1769 BGB ausgeschlossen. Danach ist eine Annahme ausgeschlossen, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen. Der Annehmende hat keine Kinder und die Kinder des Anzunehmenden sehen den Annehmenden als ihren Großvater an.

Eine Zustimmung der Eltern des Anzunehmenden ist nach § 1768 Abs. 1 S. 2 BGB für die beantragte Volljährigenadoption nicht erforderlich, da nach dieser Vorschrift § 1747 BGB auf eine Volljährigenadoption nicht anwendbar ist.

Nach den §§ 1766a, 1749 BGB ist jedoch die Einwilligung der Mutter des Anzunehmenden als Lebenspartnerin des Annehmenden erforderlich. Diese hat die weitere Beteiligte zu 2) in der notariellen Urkunde vom 25. Mai 2020 (Urkundenrolle Nr. 136/2020 des Notars ...) und somit in der erforderlichen notariellen Form erteilt. Nach dem am 31. März 2020 in Kraft getretenen § 1766a Abs. 1 BGB gelten für zwei Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, die Vorschriften der §§ 1741 ff. BGB über die Annahme eines Kindes des anderen Ehegatten entsprechend. Über § 1767 Abs. 2 BGB gilt dies auch für die Annahme Volljähriger soweit die §§ 1767 ff. BGB Vorschriften über die Annahme des Kindes eines Ehegatten enthalten (vgl. BT-Drs. 19/15618, S. 13). Aufgrund des zum 31. März 2020 in Kraft getretenen § 1766a BGB ist somit über § 1767 Abs. 2 BGB auch § 1749 Abs. 1 BGB anwendbar, wonach zur Annahme eines Kindes durch einen Ehegatten allein, die Einwilligung des anderen Ehegatten erforderlich ist. Nach § 1766a Abs. 2 BGB liegt eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1766a Abs. 1 BGB in der Regel vor, wenn die Personen seit mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem eheähnlich zusammenleben, es sei denn ein Partner ist mit einem Dritten verheiratet ist. Der Annehmende und die Mutter des Anzunehmenden leben seit 1984 in einer nichtehelichen und damit in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1766a BGB zusammen. Der leibliche Vater des Anzunehmenden ist am 06. Mai 2017 verstorben und die Ehe zwischen den Eltern des Anzunehmenden wurde am 16. März 1984 rechtskräftig geschieden.

Da die Mutter des Annehmenden sowie der Annehmende und der Anzunehmende in der notariellen Urkunde vom 25. Mai 2020 bestimmt haben, dass der Anzunehmende als Geburtsnamen weiter den Namen ... führen soll, war dies entsprechend auszusprechen. Zwar erhält nach § 1757 Abs. 1 BGB der Anzunehmende grundsätzlich als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden, nimmt jedoch ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an und führen die Ehegatten keinen Ehenamen, so bestimmen sie den Geburtsnamen des Kindes vor dem Ausspruch der Annahme durch Erklärung gegenüber dem Familiengericht. Nach dem am 31. März 2020 in Kraft getretenen § 1766a BGB gilt § 1757 Abs. 2 BGB auch für zwei Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben. Der Annehmende und die Mutter des Anzunehmenden leben in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1766a BGB, wie bereits ausgeführt, und konnten daher mit Zustimmung des Annehmenden nach § 1757 Abs. 2 BGB bestimmen, dass der Anzunehmende seinen bisherigen Geburtsnamen beibehält. Dies entspricht auch dem in der notariellen Urkunde vom 03. September 2019 geäußerten Willen der Ehefrau des Anzunehmenden. Da der Anzunehmende und seine Ehefrau jedoch keinen Ehenamen bestimmt haben, konnte diese Wirkung nicht über § 1767 Abs. 2 S.3 BGB erreicht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

Die Entscheidung ist nach § 197 Abs. 3 S. 1 FamFG nicht anfechtbar.

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