LG Bielefeld, Beschluss vom 25.11.2016 - 8 Qs 436/16 VIII
Fundstelle
openJur 2020, 46941
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird auf Kosten der Landeskasse (§ 473 Abs.1 StPO) verworfen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht Minden hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Staatsanwaltschaft auf öffentliche Zustellung der Anhörung zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung zurückgewiesen.

Einer derartigen Anhörung bedarf es nämlich gar nicht. Nach allgemeiner Meinung in der Literatur (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt 59. Aufl. StPO § 33 Rdn.17; Münchener Kommentar § 33 Rdn.33 mwN) ist in entsprechender Anwendung des § 33 Abs.4 Satz 1 StPO die Anhörung entbehrlich, wenn der Anhörung tatsächliche Gründe entgegenstehen, so auch - wie im vorliegenden Fall - der unbekannte Aufenthalt des Beteiligten.

Daher kann der beantragte Gesamtstrafenbeschluss ohne vorherige Anhörung des Verurteilten ergehen, und zwar durch öffentliche Zustellung. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung des Widerrufsbeschlusses wegen unbekannten Aufenthalts des Verurteilten liegen nach Auffassung der Kammer vor, da die nach den Umständen zumutbaren Aufenthaltsermittlungsmaßnahmen des Amtsgerichts ebenso ohne Erfolg geblieben sind wie sonstige Fahndungsmaßnahmen nach dem Verurteilten (er wurde von der Gemeinde I. von Amts wegen abgemeldet; Anrufversuche waren vergeblich).

Der Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) erfordert ein Abwarten, wie es vom Amtsgericht angedacht ist, nicht. Der Grundsatz ist gewahrt, wenn dem Verurteilten nachträglich eine Anhörung durch das Gericht eröffnet wird, das den Gesamtstrafenbeschluss erlassen hat. Dies kann im Wege des Nachverfahrens gemäß der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 33a StPO erfolgen (BGHSt 27, 127 (130) [BGH 16.02.1977 - 3 StR 500/76]; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 31.07.2008 - 3 Ws 271/08).