LG Bochum, Urteil vom 08.11.2019 - 4 O 389/18
Fundstelle
openJur 2020, 46907
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Regulierungspflicht der Beklagten aus einer verbundenen Hausratversicherung aufgrund eines Brandereignisses, welches sich in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2018 ereignete.

Die Parteien sind seit dem 01.10.2015 über einen Privathaftpflicht-, Hausrat-, Glas- sowie Hilfe- und Serviceleistungsversicherungsvertrag miteinander verbunden. In den Vertrag mit einbezogen sind die VHB 2008 (vgl. S. 5 d. Versicherungsscheins, Anlage BLD 1 Bl. 56 d. eA.). Den Versicherungsantrag stellte die Klägerin über einen Versicherungsmakler, den Zeugen H.

Die Versicherungsprämien wurden jeweils zum Monatsersten fällig. Die Klägerin zahlte in den Monaten Dezember 2016 bis Juni 2017 durchgehend die fälligen Beiträge nicht. Im Juni 2017 gab die Beklagte den Vorgang an ein Inkassounternehmen ab, welches den Erlass eines Mahnbescheids beantragte.

Die Klägerin ist mit ihrem Ehemann E C im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Sie bewohnte eine Wohnung im zweiten Obergeschoss des Hauses in der S # in I zur Miete. In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2018 ereignete sich in dieser Wohnung ein Brand. Bei diesem Brand wurde der Hausrat der Klägerin zerstört.

Eine Woche nach dem Schadensereignis, am 28.02.2018, veranlasste die Klägerin die Zahlung der rückständigen Prämien. Die Zahlung erfolgte durch den Zeugen H. Wiederum eine Woche später, am 07.03.2018, meldete der Zeuge H den Schaden bei der Beklagten.

Die Beklagte lehnte die Regulierung ab und berief sich auf Leistungsfreiheit. Mit Schreiben vom 07.05.2018 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für diese und stellte den Zugang der Mahnschreiben nicht ausdrücklich in Abrede. Es wurde allerdings gerügt, man habe nicht qualifiziert über die Folgen des Ratenverzugs belehrt (vgl. Anlage BLD 8, Bl. 87 d. eA.). Die Beklagte verblieb bei der Deckungsablehnung.

Die Klägerin behauptet, sie habe von der Beklagten keine qualifizierten Mahnungen erhalten. Sie habe erst zu einem späteren Zeitpunkt durch den gerichtlichen Mahnbescheid von den angeblichen Zahlungsrückständen erfahren und habe diese daraufhin ausgeglichen.

Sie behauptet, sie habe durch die Hausratversicherung den ehelichen und aus gemeinsamen Geldmitteln angeschafften Hausrat versichern wollen. Dass sie verheiratet sei und ihr Ehemann mitversichert werden solle, sei im Rahmen der Antragstellung - auch hinsichtlich der mit beantragten Privathaftpflichtversicherung - mit dem Zeugen H thematisiert worden. Die Zeugin F habe in diesem Antragsgespräch für sie übersetzt. Diese habe im Rahmen der Antragstellung gegenüber dem Zeugen H deutlich gemacht, dass die Klägerin die zu versichernde Wohnung gemeinsam mit dem Ehemann und den Kindern bewohne. Dies sei in dem Versicherungsantrag auch entsprechend eingetragen worden. Diese Angaben und Hinweise seien der Beklagten zur Policierung eingereicht worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, der streitgegenständliche Hausratversicherungsvertrag stelle ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs i.S.d. § 1357 Abs. 1 BGB dar. Sie meint, die Beklagte hätte deswegen, um sich rechtswirksam auf die Leistungsfreiheit aufgrund Prämienverzugs trotz qualifizierter Mahnung berufen zu können, eine solche Mahnung sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber dem Ehemann aussprechen müssen.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag zur verbundenen Hausratversicherung zur Versicherungsscheinnummer # Versicherungsschutz zu gewähren und zwar wegen des Brandschadens ausgehend von der Mietwohnung der Klägerin im zweiten Obergeschoss des Hauses S # in I, welcher sich dort in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2018 ereignete.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe - nachdem die Beitragszahlungen ab Dezember 2016 ausblieben - wiederholt qualifizierte Mahnungen an die Klägerin gesandt. Die erste qualifizierte Mahnung mit Fristsetzung sowie Nennung der Rechtsfolgen im Falle der Nichtzahlung datiere auf den 27.02.2017 (vgl. Anlage BLD 2, Bl. 64 f. d. e.A.). Nachdem die Klägerin daraufhin auch im März 2017 die Prämie bei Fälligkeit nicht gezahlt habe, habe sie am 13.03.2017 eine weitere qualifizierte Mahnung an die Klägerin gesandt (vgl. Anlage BLD 3, Bl. 68 f. d. e.A.). Am 20.04.2017 sei die qualifizierte Mahnung hinsichtlich der am 01.04.2017 fällig gewordenen Prämie verschickt worden (vgl. Anlage BLD 5, Bl. 76 f. d. e.A.). Für den Folgemonat sei eine qualifizierte Mahnung am 15.05.2017 verschickt worden (vgl. Anlage BLD 6, Bl. 80 f. d. e.A.). Die qualifizierten Mahnungen seien der Klägerin auch zugegangen.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe sich nach dem Brandereignis mit den qualifizierten Mahnschreiben an den Zeugen H gewandt, woraufhin dieser die Zahlung der rückständigen Folgeprämien veranlasst habe.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es Indizwirkung für den Zugang der qualifizierten Mahnung habe, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Zugang der Mahnungen in seinem Schreiben vom 07.05.2018 nicht in Abrede gestellt habe, dies allerdings nun mit der Klageschrift tue. Es sei zudem unglaubwürdig, dass sämtliche qualifizierten Mahnschreiben nicht zugegangen seien, die Klägerin jedoch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis zunächst die rückständigen Beträge ausgeglichen habe, bevor eine Woche später die Schadensmeldung erfolgt sei.

Die Beklagte behauptet, dass der eingereichte Versicherungsantrag (vgl. Anlage BLD 9, Bl. 472 d. e.A.) keine Angaben zur familiären Situation der Klägerin enthalte. Dass die Klägerin im gesetzlichen Güterstand verheiratet sei, sei der Beklagte bei Abschluss des Versicherungsvertrages ebenso wenig mitgeteilt worden, wie genaue Angaben zur Person des Ehemannes. Aus der Versicherungsakte der Klägerin seien keine Informationen oder Hinweise auf ihre familiäre Situation ersichtlich.

Die Klägerin hat am 13.11.2019 nach dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.11.2019 einen Schriftsatz zur Gerichtsakte gereicht, ohne dass eine Schriftsatzfrist nachgelassen war.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H und F. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle zur mündlichen Verhandlung vom 31.05.2019, Bl. 364 ff. d. eA. sowie vom 08.11.2019, Bl. 536 ff. d. eA. verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Ein solches Feststellungsinteresse im Hinblick auf die Feststellung der Regulierungspflicht eines Versicherers dem Grunde nach besteht grundsätzlich, wenn in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen die Möglichkeit der Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zur Bestimmung der Schadenshöhe vorgesehen ist (vgl. BGH r+s 2010, 64).

In Teil A, § 15 der in den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag einbezogenen VHB 2008 ist eine solche Möglichkeit der Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zur Bestimmung der Schadenshöhe vorgesehen.

Zudem ist eine Feststellungsklage als zulässig anzusehen, wenn unter Berücksichtigung der Prozessökonomie durch die Feststellungsklage eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der Sache zu erwarten ist (vgl. BGH, r + s 2006, 239). Gerade bei großen Versicherern ist die Erwartung gerechtfertigt, dass diese auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil ihren Verpflichtungen nachkommen werden. Es fehlt selbst dann nicht an einem Feststellungsinteresse, wenn ausnahmsweise bereits eine Leistungsklage durch Bezifferung möglich wäre (vgl. BGH NJW-RR 2005, 619).

II.

Die Klage ist indes unbegründet.

1.

Die Klägerin hat keinen Anspruch dem Grunde nach gegen die Beklagte auf Regulierung ihres Schadens aufgrund des Brandereignisses in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2018 gemäß § 1 S. 1 VVG i. V. m. Teil A, §§ 1 Nr. 1 lit. a), 2 Nr. 1 lit a), Nr. 2 VHB 2008 i.V.m. dem Versicherungsvertrag, da die Beklagte jedenfalls gemäß § 38 Abs. 2 VVG leistungsfrei ist.

Nach § 1 S. 1 VVG verpflichtet sich der Versicherer mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalls zu erbringen hat. Die Parteien haben ab dem 01.01.2015 eine Hausratversicherung geschlossen. In den Vertrag mit einbezogen wurden die VHB 2008. Gemäß Teil A §§ 1 Nr. 1 lit. a), 2 Nr. 1 lit a), Nr. 2 VHB 2008 sind Schäden versichert, die durch Brand entstehen.

Jedoch ist die Beklagte gemäß § 38 Abs. 2 VVG als Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, da der streitgegenständliche Versicherungsfall im Zeitraum des Prämienverzuges der Klägerin eintrat und die Beklagte zuvor qualifiziert gemahnt hatte, § 38 Abs. 1 VVG.

a.

Die Klägerin befand sich unstreitig zum Zeitpunkt des Schadensereignisses - dem Brand in dem Haus S # in I in der Nacht von dem 20. auf den 21. Februar 2018 - im Prämienrückstand mit an die Beklagte zu zahlenden Folgeprämien. Für die Monate Dezember 2016 bis einschließlich Juni 2017 zahlte die Klägerin die Folgeprämien, welche jeweils zum Monatsersten fällig wurden, nicht. Eine Zahlung dieser rückständigen Beiträge erfolgte erst ca. eine Woche nach dem streitgegenständlichen Schadensfall über den Zeugen H.

b.

Es bestand ebenfalls Verzug hinsichtlich der rückständigen Prämien. Die Klägerin hatte die Nichtzahlung bei Fälligkeit zu vertreten. Grundsätzlich wird das Verschulden bis zur Exkulpation vermutet (vgl. Reiff, in: Prölss/Martin, VVG, 30. Auflage 2018, § 38 Rn. 26). Etwaiges Vorbringen, welches die Klägerin exkulpieren könnte, ist nicht gegeben.

c.

Die Beklagte reichte insgesamt vier qualifizierte Mahnungen zur Gerichtsakte, welche sämtlich mit dem Hinweis "Reproduktion entspricht dem Originaldokument [...]" versehen sind. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin lediglich den Zugang dieser Mahnschreiben in Abrede stellt oder auch deren Versendung. Denn angesichts der zur Akte gereichten Mahnungen (vgl. Anlagen BLD 2, 3, 5, 6) genügt jedenfalls ein pauschales Bestreiten der Erstellung und Versendung der Mahnungen nicht.

Die Mahnungen entsprechen inhaltlich den Anforderungen des § 38 Abs. 1 VVG. Die Beklagte erstellte eine qualifizierte Mahnung vom 27.02.2017 hinsichtlich des Versicherungszeitraumes Dezember 2016 bis einschließlich Februar 2017.Die Prämien für diesen Zeitraum wurden am 01.12.2016, 01.01.2017 und 01.02.2017 fällig. Die eingereichte qualifizierte Mahnung vom 13.03.2017 bezieht sich auf den Monat März 2017, für welchen die Prämie am 01.03.2017 fällig wurde. Am 20.04.2017 erstellte die Beklagte eine qualifizierte Mahnung hinsichtlich des Monats April 2017, für welchen die Prämie am 01.04.2017 fällig wurde. Am 01.05.2017 wurde die Prämie für Mai 2017 fällig; diesbezüglich erstellte die Beklagte am 15.05.2017 eine qualifizierte Mahnung.

Sämtliche der eingereichten Mahnungen (vgl. Anlagen BLD 2, 3, 5, 6) enthalten eine wirksame Fristsetzung von 2 Wochen, welche auch nach Fälligkeit der jeweiligen Prämien gesetzt wurde, § 38 Abs. 1 S. 1 VVG. Die rückständigen Beträge - aufgeteilt nach den jeweiligen Verträgen der Bündelversicherung - wurden einzeln beziffert, ebenso wurde eine Belehrung über die Rechtsfolgen des Verzugs gemäß § 38 Abs. 2 und 3 VVG angegeben, § 38 Abs. 1 S. 2 VVG. Insoweit wird auf die Anlagen BLD 2, 3, 5, 6 verwiesen.

d.

Es steht zur Überzeugung des Gerichts nach Maßgabe des § 286 Abs. 1 ZPO aufgrund der Aussage des Zeugen H sowie der vorliegenden Indizien fest, dass zumindest eine der qualifizierten Mahnungen der Klägerin zuging.

Hinsichtlich des Zugangs gilt § 130 Abs. 1 S. 1 BGB entsprechend, da die qualifizierte Mahnung zwar keine Willenserklärung, aber eine geschäftsähnliche Handlung darstellt. Damit ist es ausreichend, dass die qualifizierte Mahnung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass üblicherweise mit ihrer Kenntnisnahme zu rechnen ist.

Grundsätzlich liegt die Beweislast hinsichtlich des Zugangs voll auf Seiten des Versicherers. Es besteht keine Beweiserleichterung und ebenfalls kein prima facie Beweis bei feststehender Versendung. Jedoch ist die Beweisführung durch Indizien möglich.

Der Zeuge H bekundete, dass sich die Klägerin über die Zeugin F im Februar 2018 bei ihm gemeldet und um ein Treffen gebeten habe. Dieses Treffen habe dann am 26.02.2018 in der Wohnung der Zeugin F stattgefunden. Diese sei die Tochter des Hausbesitzers (wahrscheinlich Hauseigentümers) wohne jedoch in einem anderen Haus. Bei diesem Treffen habe die Klägerin den rückständigen Betrag zahlen wollen und ihm Bargeld übergeben. Die Klägerin habe bei dem Treffen ein Mahnschreiben dabei gehabt. Nach seiner Erinnerung sei dies ein Mahnschreiben der Versicherung selbst gewesen. An etwaige Mahnungen eines Inkassobüros oder Mahnbescheide könne er sich nicht erinnern. Bei diesem Treffen am 26.02.2018 sei es ausschließlich um die rückständigen Beträge gegangen, über den Schaden sei nicht gesprochen worden, davon habe er erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren. Erst am Morgen des 07.03.2018 habe sich die Zeugin F erneut bei ihm gemeldet und von dem Brandschaden berichtet. Er habe sich nachmittags mit ihr an dem betroffenen Objekt getroffen und bereits darauf hingewiesen, dass höchstwahrscheinlich aufgrund der rückständigen Beiträge kein Versicherungsschutz bestehe.

Der Zeuge H bekundete damit insbesondere, dass die Klägerin bei dem Treffen zur Geldübergabe am 26.02.2018 ein Mahnschreiben dabei hatte. Nach seiner Erinnerung handelte es sich dabei auch um ein Mahnschreiben der Versicherung. Auch bestätigte er den ungewöhnlichen zeitlichen Ablauf nach dem Brandereignis, insbesondere, dass zunächst eine Woche nach dem Schadensereignis die Beiträge ausgeglichen wurden und erst im Anschluss daran, wiederum eine Woche später, der Schaden gemeldet wurde. Seine Aussage ist glaubhaft. Er vermochte sich an Details, Randgeschehen und die zeitlichen Abläufe erinnern. Mutmaßungen oder Unsicherheiten machte er kenntlich. Seine Aussage war in sich schlüssig und widerspruchsfrei.

Hinzu kommt, dass mehrere Indizien gegeben sind, welche ebenfalls für den Zugang mindestens einer der qualifizierten Mahnungen sprechen. Zum einen ergibt sich anhand des Klägervortrags keine plausible Erklärung dafür, dass eine Woche nach dem Schadensfall die rückständigen Versicherungsprämien zunächst - ohne den Brand auch nur zu erwähnen - ausgeglichen werden, bevor wiederum eine Woche später der Schaden gemeldet wird. Zum anderen erscheint es ungewöhnlich, dass vier qualifizierte Mahnungen, welche sämtlich an die richtige Anschrift gerichtet waren, nicht zugegangen seien sollen, der Mahnbescheid jedoch, welcher den Anforderungen des § 38 Abs. 1, 2 VVG gerade nicht entspricht und an dieselbe Anschrift gerichtet wurde, im Gegensatz dazu zugegangen sein soll. Es erscheint anhand der Umstände unter Berücksichtigung der Bekundungen des Zeugen H vielmehr so, als habe die Klägerin die Rückstände ausgleichen und den Versicherungsschutz wiederherstellen wollen, bevor der Schaden gemeldet werden sollte.

Die Aussage der Zeugin F vermag diese Überzeugung nicht zu erschüttern. Sie bekundete, dass sie sich an eine von der Klägerin mitgebrachte Mahnung bei dem Zahlungstermin am 26.02.2018 nicht erinnern könne. Die Klägerin habe ihr zudem mitgeteilt, sie habe keine der Mahnungen erhalten und nicht gewusst, dass sie mit den Versicherungsprämien in Verzug gewesen sei.

Jedoch vermochte das Gericht der Aussage der Zeugin F nicht zu folgen. Nach Ansicht des Gerichts waren bei der Zeugin Entlastungstendenzen zugunsten der Klägerin erkennbar. Zum einen bekundete sie, dass es ihr "in der Seele wehgetan" habe, dass die Wohnung abgebrannt sei, sie führe mit der Klägerin eine freundschaftliche Beziehung. Sie teilte auch mit, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann immer wieder in finanziellen Schwierigkeiten befunden hätten.

Zum anderen war die Aussage der Zeugin F in den streitentscheidenden, für die Klägerin günstigen Fragen sehr detailliert. Insbesondere zu Details des Antragsgesprächs - was sogar über 2 Jahre vor dem Brandereignis stattgefunden hat - konnte sie in den für den Fall erheblichen Punkten genaue Angaben machen, dazu sogleich. Dahingegen waren ihre Angaben in anderen, für die Klägerin ungünstigen Punkten sehr pauschal, inkonsistent und ohne Vermögen der Schilderung von Randgeschehen, zeitlichen Zusammenhängen oder Erläuterungen, obwohl die - für ihr nahestehende Personen teils einschneidenden - Ereignisse noch nicht weit zurückliegen. So vermochte die Zeugin F zu den zeitlichen Abläufen nach dem Brand keine genauen Angaben zu machen. Sie bekundete sogar zunächst, zeitlich gar nicht eingrenzen zu können, wann sich der Brand ereignet habe. Erst nach mehrmaliger Nachfrage und Vorhalten grenzte sie den Zeitpunkt des Brandes auf 1 bis 2 Tage nach dem Geldübergabetreffen ein - was jedoch objektiv und sogar zwischen den Parteien unstreitig falsch ist. Zumindest habe sie zu diesem Zeitpunkt erst von der Klägerin von dem Brand telefonisch erfahren. Es erscheint jedoch wenig glaubhaft, dass die Klägerin - nach eigenen Angaben der Zeugin eine Freundin - im Zusammenhang mit dem 26.02.2018 bei dem Geldübergabetreffen nicht erzählt habe, dass sie gegenwärtig in einem Heim leben müsse, weil ihre Wohnung vor einer Woche abgebrannt sei, sondern dies erst 1 bis 2 Tage später im Rahmen eines Anrufs erzählt habe.

Zudem vermochte die Zeugin F nicht zu erklären, warum sie das Brandereignis nicht für die Klägerin bei dem Zeugen H gemeldet habe, obwohl sie sich sonst um die Versicherungsangelegenheiten der Klägerin gekümmert habe. Auf Vorhalt, dass der Zeuge H genau das jedoch bekundete und weiterführend darstellte, dass sie sich am 07.03.2018 nach ihrer telefonischen Schadensmeldung auch an dem Brandobjekt getroffen hätten, konnte sie dies nicht zu erklären, sie betonte lediglich, dass die Angaben des Zeugen H nicht zutreffend seien. Sie konnte auch nicht erklären, wer sich sonst wohl um die Schadensmeldung gekümmert habe; sie mutmaßte, dass dies jemand aus dem Heim der Klägerin gewesen sein müsse.

Auch vor dem Hintergrund, dass - gemäß der Aussage des Zeugen H - ihr Vater der Eigentümer des Hauses war, erscheint fraglich, warum sie sich um alle sonstigen Versicherungsangelegenheiten der Klägerin gekümmert haben will, um den Brand jedoch nicht. Der Zeuge H hingegen schilderte nachvollziehbar, dass die Zeugin F wie üblich aufgrund der sprachlichen Schwierigkeiten der Klägerin den Schaden gemeldet habe und sogar bei dem Ortstermin am selben Tag mit anwesend gewesen sei. Der Zeuge H teilte diesbezüglich mit, dass eine erste Schadenseinschätzung durch die Versicherungsmakler erfolge, bevor sie die Schadensmeldung an die Versicherung weiterleiteten, sodass es nachvollziehbar erscheint, dass die Zeugin F für etwaige Nachfragen und als Übersetzerin mit vor Ort gewesen sein soll.

Auffällig war zudem, dass die Zeugin auf Nachfrage bekundete, sich gar nicht mit der Klägerin über den Prozess und die streitentscheidenden Fragen unterhalten zu haben. Sie gab zunächst an, nicht zu wissen, um welchen Anspruch oder Versicherungsfall es gehe. Dies erscheint gerade vor dem Hintergrund der detaillierten Antworten in den für die Klägerin günstigen Fragen, ohne dass die Zeugin speziell danach gefragt wurde, fraglich. Insbesondere fiel auf, dass sie ungefragt unmittelbar zu Beginn mitteilte, dass der Ehemann der Klägerin bei dem die streitgegenständliche Hausratversicherung betreffenden Antragsgespräch zugegen gewesen sei und in diesem Rahmen besonders betont worden sei, dass eine Hausratversicherung für beide Ehepartner abgeschlossen werden solle, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur generell nach dem Antragsgespräch der Klägerin gefragt war und der Ehemann der Klägerin an dem Prozess nicht beteiligt ist, hierzu sogleich.

e.

Für die Frage der Leistungsfreiheit gemäß § 38 Abs. 2 VVG ist es vorliegend unerheblich, dass die Beklagte den Ehemann der Klägerin unstreitig nicht gesondert qualifiziert mahnte.

Zwar geht aus dem klägerseits zitierten Urteil (BGH XII ZR 94/17) hervor, dass - im Falle eines entsprechenden Zuschnitts der Lebensverhältnisse des betreffenden Ehepaars - eine Hausratversicherung ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs nach § 1357 Abs. 1 BGB darstellt, sodass beide Ehepartner durch den Versicherungsvertrag berechtigt und verpflichtet werden. Des Weiteren ist Adressat einer qualifizierten Mahnung der Prämienschuldner, also i.d.R. der Versicherungsnehmer. Gibt es mehrere Versicherungsnehmer, so muss der Versicherer grundsätzlich jeden von ihnen gesondert qualifiziert mahnen, und zwar auch dann, wenn sie unter derselben Anschrift wohnen (BGH VersR 2014, 229 Rn. 11 ff.).

Es kann allerdings dahinstehen, ob für die Klägerin und ihren Ehemann die Hausratversicherung ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs i.S.d. § 1357 Abs. 1 BGB darstellt, und sich daraus tatsächlich die Folge ergeben würde, dass auch ihr Ehemann Versicherungsnehmer würde und gesondert qualifiziert gemahnt werden müsste. Denn jedenfalls ist das Berufen der Klägerin auf das Erfordernis einer gesonderten qualifizierten Mahnung an ihren Ehemann nach Auffassung des Gerichts treuwidrig, da die Klägerin nicht beweisen konnte, dass die Beklagte bei Vertragsschluss oder zum Eintritt des Prämienrückstands erkennen konnte, dass die Klägerin im gesetzlichen Güterstand verheiratet war.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es in dem klägerseits zitierten Urteil (BGH XII ZR 94/17) um die Frage der Wirksamkeit der Kündigung eines Versicherungsvertrages durch den Ehepartner des Versicherungsnehmers geht. Der Ehemann der Versicherungsnehmerin kündigte eine Vollkaskoversicherung mit einem Schreiben, welches den Adresskopf seiner Frau und seine Unterschrift auswies. Dadurch gab der Ehepartner jedoch selbst zu erkennen, dass er sich als berechtigt zur Ausübung des Gestaltungsrechts ansah, den Vertrag somit als für und gegen sich geltend betrachtete. Dieser Umstand wurde durch das eigens verfasste Schreiben offenbar, ebenso wie die Daten des Ehemannes.

Die Klägerin ist dahingegen für die Behauptungen, dass der Beklagten die Daten des Ehemannes bei Antragstellung mitgeteilt worden seien und die Beklagte alle notwendigen Informationen und Daten zur Verfügung gehabt habe, um zu erkennen, dass beide Ehepartner berechtigt und verpflichtet werden sollten, beweisfällig geblieben. Auf die Aussage der Zeugin F konnte eine dahingehende Überzeugungsbildung nicht gestützt werden.

Die Zeugin konnte lediglich bekunden, dass sie dem Zeugen H im Rahmen des Antragsgesprächs mitgeteilt bzw. übersetzt habe, dass die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann die eheliche Wohnung versichern wolle und beide den Versicherungsantrag stellen wollten. Diese hätten sich auch beide ausgewiesen und ein Formular unterschrieben. Allerdings bekundete sie zugleich, dass der Zeuge H ein eigenes Formular handschriftlich ausgefüllt habe und bestätigte nach entsprechender Inaugenscheinnahme, dass das tatsächlich bei der Beklagten vorhandene Antragsformular, welches unstreitig lediglich die Klägerin als Antragstellerin ausweist, nicht mit dem Zettel übereinstimme, den der Zeuge H in dem Antragsgespräch ausgefüllt habe.

Was dem Zeugen H im Rahmen der Antragstellung mitgeteilt wurde, ist jedoch unerheblich, solange nicht feststeht, dass die Beklagte davon Kenntnis erlangte. Denn der Zeuge H ist Versicherungsmakler gemäß § 59 Abs. 3 S. 1 VVG, § 34 d Abs. 1 Nr. 2 GewO. Ein Versicherungsmakler ist aufgrund der umfassenden Pflichten gegenüber seinen Kunden als Berater, Vermittler und Vertreter auch als treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers anzusehen (vgl. BGH NJW 1985, 2595; Dörner, in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 59 Rn. 72). Als dessen Sachwalter steht er im "Lager" des Versicherungsnehmers und nicht des Versicherers. Daran ändert auch nichts, dass der Versicherungsmakler sein Vermittlungshonorar als Courtage für den Vertragsabschluss üblicherweise vom Versicherer bezieht (vgl. BGH VersR 1985, 930; VersR 2016, 1118 Rn. 20; Gansel/Gängel, in: Marlow/Spuhl, BeckOK VVG, 5. Ed. 28.2.2019, § 59 Rn. 158). Daraus folgt, dass eine etwaige Zurechnung der Kenntnis des Zeugen H als Versicherungsmakler nicht in Betracht kommt.

Davon abgesehen, erschien es hinsichtlich der Bekundungen der Zeugin F auffällig, dass diese auf eine allgemeine Frage zum Ablauf des Antragsgesprächs der Klägerin nahezu unmittelbar betonte, dass der Ehemann ebenfalls erschienen war, die Klägerin ausdrücklich Wert darauf gelegt habe, dass die Familienwohnung auch für den Ehemann und die Kinder mitversichert werde und der Ehemann das Formular des Zeugen H mit unterschrieben habe. Dies lässt vermuten, dass im Vorfeld über die streitentscheidenden Fragen des Falls gesprochen worden sein könnte, auch wenn die Zeugin auf Nachfrage des Beklagtenvertreters im Gegenteil fest behauptete, mit der befreundeten Klägerin gar nicht über das Verfahren geredet zu haben.

Dazu, welche Unterlagen und Angaben von dem Zeugen H bei der Beklagte eingereicht wurden, konnte die Zeugin F keine Angaben machen.

Vielmehr enthält der beklagtenseits eingereichte Versicherungsantrag - entgegen der Behauptung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.07.2019, Bl. 408 d. eA. -keinerlei Angaben zu den familiären Verhältnissen der Klägerin.

Die weiteren eingereichten Unterlagen, insbesondere der Versicherungsschein (Anlage BLD 1, Bl. 52 ff. d. e.A.), weisen vielmehr darauf hin, dass die Klägerin durch ihr Verhalten darauf schließen ließ, dass sie alleinige Vertragspartnerin sowie Versicherungsnehmerin sein sollte und auch zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten allein aufkommen werde. In dem auf den 22.09.2015 datierten Versicherungsschein ist lediglich sie selbst als Versicherungsnehmerin aufgeführt. Eine beantragte/begehrte Änderung des Versicherungsscheins ist nicht vorgetragen. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass sie auch schon im Rahmen der Antragstellung so bedacht darauf gewesen sein solle, dass der Ehemann als Versicherungsnehmer mit aufgeführt werde, inkonsequent. Sie klärte die Beklagte nach Übersendung des Versicherungsscheins nicht auf und suggerierte der Beklagen damit, dass ihre Angaben hinsichtlich des Vertragspartners korrekt seien und sie selbst als benannte Versicherungsnehmerin für die vertraglichen Pflichten, insbesondere die Zahlung der Beitragsprämien, aufkommen werde.

f.

Der Schriftsatz der Klägerin vom 13.11.2019 hatte unberücksichtigt zu bleiben, § 296a ZPO, da die mündliche Verhandlung nach dem Termin am 08.11.2019 geschlossen war. Die mündliche Verhandlung ist dann geschlossen, wenn das Gericht zu erkennen gibt, dass es keine weiteren Erörterungen für erforderlich hält, was i.d.R. konkludent durch die Bestimmung eines Verkündungstermins geschieht (vgl. Bacher, in: Vorwerk/Wolf BeckOK ZPO, § 296a, Rn. 5). Ein solcher Verkündungstermin wurde im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.11.2019 bestimmt. Es wurde weder eine Schriftsatzfrist nach §§ 139 Abs. 5, 283 ZPO tatsächlich nachgelassen, noch hätte ein solcher Schriftsatznachlass erfolgen müssen. Gründe für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO ergeben sich aus dem Schriftsatz vom 13.11.2019 nicht.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 40.000,00 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO. Für den Streitwert einer Feststellungsklage ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der beantragten Feststellung maßgeblich. Dieses richtet sich nach der zu erwartenden Höhe des klägerseits begehrten Anspruchs. Da hinsichtlich der voraussichtlichen Schadenshöhe keine Angaben gemacht wurden, wurde angesichts des Umstands, dass die 140 qm Wohnung vollständig von dem Brand betroffen war, der Hausrat zerstört wurde und die Wohnung auch gegenwärtig nach Angaben der Klägerseite nicht bewohnbar sei, die vereinbarte Versicherungssumme von 50.000,00 Euro als Ausgangspunkt zugrunde gelegt. Bei der positiven Feststellungsklage ist von diesem Betrag regelmäßig ein Abschlag von 20 % (BGH NVwZ-RR 2008, 741; NJW-RR 2006, 791) gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen, weil der Kläger mit einem Feststellungsurteil einen Titel erlangt, der nicht so weittragende Wirkungen wie ein entsprechendes Leistungsurteil hat (BGH NVwZ-RR 2008, 741; NJW 1965, 2298); das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn damit zu rechnen ist, dass der Schuldner auch auf ein entsprechendes Feststellungsurteil hin zahlen werde (BGH NVwZ-RR 2008, 741; OLG Hamm BeckRS 2016, 03771).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.