OLG München, Beschluss vom 29.08.2019 - 5 U 3408/19
Fundstelle
openJur 2020, 81368
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23.5.2017, Aktenzeichen 28 O 14809/16, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung aus dem genannten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.253,59 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Ansprüche nach Widerruf eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Pkw geltend.

Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag über 18.224,98 € datiert vom 6.3.2015. Die Klägerin leistete zudem eine Anzahlung in Höhe von 5.000,- €. Das Darlehen wurde planmäßig zurückgeführt einschließlich der am 10.2.2018 fälligen Zielrate. Mit Schreiben vom 7.3.2018 erklärte die Klägerin den Widerruf.

Im Übrigen wird, auch hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge, auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Widerruf sei nicht wirksam gewesen, da die Widerrufsfrist infolge Aushändigung der erforderlichen Unterlagen nach § 356b BGB a.F. und ordnungsgemäßer Erteilung aller erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB iVm Art. 247 §§ 6 ff EGBGB bereits abgelaufen gewesen sei.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, welche ihre erstinstanzlich vertretene Rechtsansicht vertieft. Die ihr ausgehändigten Unterlagen seien nicht ausreichend, da sie keine Unterschrift beider Parteien enthielten; die Angabe des Tageszinsbetrags mit 0,00 € sei irreführend und widersprüchlich und hindere, dass die Beklagte sich auf den Musterschutz berufen könne; die Angaben zum Recht auf vorzeitige Kündigung/Rückzahlung, zur Höhe der Provision, welche der Händler als Kreditvermittler erhalte, zum Verzugszinssatz, zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung und zur zuständigen Aufsichtsbehörde seien unvollständig oder nicht korrekt. Die unwirksame Vereinbarung eines Aufrechnungsverbots erschwere das Widerrufsrecht der Klägerin unzulässig. Schließlich seien die vorgelegten Unterlagen wegen zu kleiner Schriftgröße und fehlender Gliederung nicht hinreichend lesbar.

Die Klägerin beantragt,

Unter Abänderung des Urteils des LG München I, 32 O 15472/18, wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.253,59 € nebst 5,0%-Punkte Zinsen p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs ... mit der Fahrgestellnummer ... von der Klägerin an die Beklagte.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs ... mit der Fahrgestellnummer ... in Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 € nebst 5,0%-Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

Der Senat hat mit Beschluss vom 19.8.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.8.2019 Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin sowie den genannten Beschluss des Senats Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Angelegenheit keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Der Widerruf der Klägerin am 7.3.2018 erfolgte nach Ablauf der Widerrufsfrist, so dass die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags nicht bestehen; das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 19.8.2019 Bezug genommen. Auch aufgrund der Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 26.8.2019 sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner im Beschluss dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen. Im Einzelnen:

1) Zinsbetrag 0,00 €

Der Senat teilt nicht die Ansicht der Klägerin, wonach der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher nicht annehme, dass die Bank ihm etwas schenke, indem sie freiwillig auf Zinsbeträge verzichte. Aus Sicht der Beklagten kann es - auch für den durchschnittlichen Verbraucher erkennbar - mehr Mühe kosten als finanziellen Vorteil bringen, wenn sie innerhalb der ohnehin nur vierzehntägigen Widerrufsfrist für einige wenige Tage Zinsen berechnen und einfordern muss. Dem Senat ist aus Parallelverfahren mit anderen Autobanken bekannt, dass zum Teil der Verzicht auf die Verzinsung bei Widerruf nach Valutierung sogar explizit in den AGB geregelt ist, was belegt, dass es gerade nicht völlig abwegig ist, dass eine Bank auf diese Minimalbeträge verzichten wolle. Im Übrigen hat der Senat auch keine Zweifel, dass der durchschnittliche Verbraucher in dem Fall, in dem die Bank nach Widerruf von ihm eine Zinszahlung verlangen würde, der Bank ihre eigene Angabe "0,00 €" entgegenhalten würde. Die mitgeteilten Ansichten des LG Ravensburg und des LG Düsseldorf teilt der Senat aus diesem Grund nicht.

1) Musterschutz

Wie bereits im Beschluss vom 19.8.2019 (dort Ziff. 3) ausgeführt, entspricht die verwendete Widerrufsinformation vollständig dem Muster zu Anl. 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB; die grammatische Änderung (direkte Anrede statt 3. Person Singular) ist unschädlich. Die Angabe von 0,00 € als Zinsbetrag ändert hieran nichts. Ob die Angabe einer falschen Zahl Auswirkungen auf den Musterschutz hätte, kann offenbleiben, da der Senat wie auch in den Parallelverfahren die Auffassung vertritt, dass die Parteien sich im Wege von Angebot und Annahme auf den Verzicht der Beklagten geeinigt haben und der angegebene Betrag daher nicht falsch ist. Auch die Aufnahme eines eventuell unzulässigen Aufrechnungsverbots in den AGB beeinträchtigt nicht die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung selbst; die Klägerin setzt sich in keiner Weise mit der im Beschluss vom 19.8.2019 erwähnten BGH-Entscheidung (BGH, Beschluss vom 2.42019, XI ZR 463/18) auseinander. Dass dem LG Ravensburg diese Entscheidung offenbar ebenfalls nicht bekannt war, als es sein Urteil vom 30.7.2019 erließ, vermag an der Rechtsauffassung des Senats nichts zu ändern.

1) Verzugszinssatz

Der Senat hat hierzu bereits Hinweise erteilt (Beschluss vom 19.8.2019, dort Ziff. 6), mit denen sich die Klägerin nicht auseinandersetzt. Soweit sie lediglich ihre Rechtsansicht unter Beifügung eines Urteils des LG München I wiederholt, überzeugt dies den Senat nicht.

1) Vorfälligkeitsentschädigung

Der Senat hat hierzu bereits Hinweise erteilt (Beschluss vom 19.8.2019, dort Ziff. 7), mit denen sich die Klägerin nicht auseinandersetzt. Soweit sie lediglich ihre Rechtsansicht unter Beifügung eines Urteils des LG Tübingen wiederholt, überzeugt dies den Senat nicht.

2. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen; auf Ziff.. 12 des Beschlusses vom 19.8.2019 wird Bezug genommen. Eine Divergenz ist dem Senat nicht bekannt und ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin; dass andere Oberlandesgerichte dennoch die Revision zulassen, bindet den Senat nicht.

3. Nebenentscheidungen

Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO

vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO

4. Streitwert: Wert der Leistungsklage