Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13.08.2020 - 13 MN 290/20
Fundstelle
openJur 2020, 46533
  • Rkr:

Beschränkung von Hochzeitsfeiern auf 50 Teilnehmer in Niedersachsen rechtmäßig

Tenor

Der Antrag wird verworfen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin verwaltet ein Anwesen, das sie für festliche Veranstaltungen wie etwa Hochzeitsfeiern vermietet. Sie wendet sich gegen eine Beschränkung der Teilnehmerzahl derartiger Veranstaltungen durch die (6.) Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 - Niedersächsische Corona-Verordnung - vom 10. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 226, 257), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 31. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 260). Es ist bereits der zweite Normenkontrolleilantrag der Antragstellerin gegen eine entsprechende Regelung. Das erste Normenkontrolleilverfahren endete durch Verwerfung mit Beschluss vom 29. Juli 2020 - 13 MN 280/20 -, juris, da die damals gültige Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung ein Ansammlungsverbot allein für den öffentlichen Raum enthielt und das Anwesen der Antragstellerin dieser Norm nicht unterfiel.

II. Der in diesem Verfahren sinngemäß gestellte Antrag,

die einstweilige Außervollzugsetzung der Regelung des § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung anzuordnen, soweit dadurch eine Teilnahme an Hochzeitsfeiern und standesamtlichen Trauungen sowie entsprechenden Jubiläen auf 50 Personen beschränkt ist,

ist ebenfalls zu verwerfen.

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig.

a. Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft.

Die Niedersächsische Corona-Verordnung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 16 ff.).

b. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet.

Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

c. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

aa. Die Antragsbefugnis scheitert nicht daran, dass sie selbst keine Teilnehmerin an entsprechenden Feiern ist.

Der Senat hat hierzu bereits im Beschluss vom 29. Juli 2020 - 13 MN 280/20 -, juris Rn. 9ff., ausgeführt:

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 - BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 - BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 - BVerwG 6 CN 4.00 -, juris Rn. 10; grundlegend: Urt. v. 24.9.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 65).

Nach diesem Maßstab ist die Antragsbefugnis wegen einer möglichen Verletzung der Berufsfreiheit der Antragstellerin nach Art. 12 Abs. 1 GG gegeben.

Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz dieses Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, wie die Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz sowie Berufsausübung zeigt. Andererseits schützt es aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt also nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. Das ist bei vielen Normen der Fall. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Norm, auf die die Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat. Das heißt allerdings nicht, dass die Berufstätigkeit unmittelbar betroffen sein muss. Es kann vielmehr auch vorkommen, dass eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lässt, aber im Blick auf den Beruf die Rahmenbedingungen verändert, unter denen er ausgeübt werden kann. In diesem Fall ist der Berufsbezug ebenfalls gegeben. Das gilt auch für durch Verordnungen auferlegte Teilnahmebeschränkungen. Sie berühren Art. 12 Abs. 1 GG dann, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerfG, Urt. v. 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, juris Rn. 135).

Die hier streitgegenständliche Teilnahmebeschränkung bei Hochzeiten und ähnlichen Veranstaltungen verändert nach der Behauptung der Antragstellerin die Rahmenbedingungen, unter denen sie das Anwesen vermieten kann. Teilnehmerbeschränkungen stehen in engem Zusammenhang mit den Möglichkeiten, Räumlichkeiten, die mehr als die beschränkte Teilnehmerzahl zulassen, am Markt anzubieten, und regeln damit objektiv, wofür diese Räumlichkeiten nicht genutzt werden können.

Hieran hält der Senat fest.

bb. Die Antragstellerin ist auch im Weiteren antragsbefugt, da die Teilnahme an entsprechenden Feiern, zu welchen die Antragstellerin das Anwesen vermietet, durch § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung eingeschränkt ist.

Nach Abschluss des vorangegangenen Verfahrens hat der Antragsgegner § 1 Abs. 4 und 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung mit Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 31. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 260) wie folgt ergänzt (Ergänzung unterstrichen):

(3) 1In der Öffentlichkeit sowie in den für die Öffentlichkeit zugänglichen und für einen Besuchs- oder Kundenverkehr geöffneten Einrichtungen jeglicher Art hat jede Person soweit möglich einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten (Abstandsgebot). 2Satz 1 gilt nicht gegenüber solchen Personen, die dem Hausstand der pflichtigen Person oder einem weiteren Hausstand oder einer Gruppe von nicht mehr als 10 Personen angehören. […]

(4) 1Zusammenkünfte und Ansammlungen von Menschen im öffentlichen Raum und im Rahmen von Feiern in dafür außerhalb der eigenen Wohnung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten dürfen nicht mehr als 10 Personen umfassen. 2Abweichend von Satz 1 sind mehr als 10 Personen zulässig, wenn

1. die Zusammenkunft oder die Ansammlung ausschließlich aus Angehörigen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) besteht, […]

3. dies in den nachfolgenden Regelungen dieser Verordnung ausdrücklich zugelassen ist.

(5) Unter Einhaltung der Anforderungen nach Absatz 3 Sätze 1 und 2, auch in außerhalb der eigenen Wohnung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten, ist die Teilnahme an1. Hochzeitsfeiern und standesamtlichen Trauungen sowie entsprechenden Jubiläen […]zulässig, jedoch mit jeweils nicht mehr als 50 Personen.

Die Antragstellerin trägt vor, dass auf ihrem Anwesen Hochzeitsfeiern mit 80 bis 120 Personen gefeiert werden und für derartige Feiern mehrere Räumlichkeiten vorhanden sind. Dies sagt noch nichts darüber aus, ob einzelne Räumlichkeiten vorhanden sind, die für den Aufenthalt von mehr als 50 Personen geeignet sind, zumal die Lichtbilder eine ausgiebige Nutzung der Außenanlagen suggerieren. Außenanlagen, die für geladene und namentlich bekannte Gäste privat angemietet werden, unterfallen weder dem § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der vorherigen Fassung (vgl. Senatsbeschl. v. 29.7.2020 - 13 MN 280/20 -, juris Rn. 19) noch in der aktuellen Fassung, da sie keine Räumlichkeiten, d.h. keinen umbauten Innenraum, darstellen.

Der Senat entnimmt jedoch dem Bestuhlungsplan der Veranstaltungsscheune, dass diese Räumlichkeit für den Aufenthalt von 64 bis 80 Personen geeignet ist (8 Tische mit je 8 bis 10 Personen). Die Antragstellerin ist somit zumindest in Bezug auf diese Räumlichkeit von der Regelung betroffen.

d. Die Antragstellerin hat jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis.

Das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die Antragstellerin ihre Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung derzeit nicht verbessern kann. Dies ist der Fall, wenn der Antrag, selbst wenn er ansonsten zulässig und begründet wäre, der Antragstellerin keinen Nutzen bringen könnte (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.6.2020 - 2 BvR 297/20 -, juris Rn. 14; Senatsbeschl. v. 29.6.2020 - 13 MN 244/20 -, juris Rn. 6; v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 68).

aa. Würde dem Antrag stattgegeben, so hätte dies für die Antragstellerin nicht nur keinen Nutzen; ihre Rechtsposition verschlechterte sich sogar.

Mit vorläufiger Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung fände der § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auf Hochzeitsfeiern Anwendung, was zu einem Ansammlungsverbot von mehr als 10 Personen in den Räumlichkeiten der Antragstellerin führen würde. § 1 Abs. 5 stellt (allein) eine Privilegierung einzelner Feierlichkeiten gegenüber dem Ansammlungsverbot des § 1 Abs. 4 dar (vgl. Senatsbeschl. v. 29.7.2020 - 13 MN 280/20 -, juris Rn. 17). Es ist insbesondere nicht so, dass § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung eine eigenständige Regelung nur in Bezug auf Feierlichkeiten trifft, die nicht von § 1 Abs. 5 der Verordnung erfasst sind.

bb. Die Antragstellerin, mit dieser Problematik konfrontiert, argumentiert, dass sie im Ergebnis die Außervollzugsetzung des letzten Halbsatzes von § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung begehrt, d.h. des Zusatzes „jedoch mit jeweils nicht mehr als 50 Personen“ (Schriftsatz v. 10.8.2020, Seite 4).

Auch ein derartiger Ausspruch würde die Rechtsposition der Antragstellerin nicht verbessern.

§ 1 Abs. 5 der Corona-Verordnung lautete in diesem Fall:

(5) Unter Einhaltung der Anforderungen nach Absatz 3 Sätze 1 und 2, auch in außerhalb der eigenen Wohnung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten, ist die Teilnahme an

1. Hochzeitsfeiern und standesamtlichen Trauungen sowie entsprechenden Jubiläen […]

zulässig.

Ausdrücklich würde hierdurch nicht geregelt werden, welche Personenstärke bei derartigen Feiern zulässig wäre. Hochzeitsfeiern von nur 10 Personen sind vorstellbar, so dass die Anwendung von § 1 Abs. 4 der Verordnung nicht gegen Denkgesetze und anerkannte Erfahrungssätze verstieße.

Eine Ausnahme von dem Ansammlungsverbot des § 1 Abs. 4 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung muss aber gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ausdrücklich zugelassen werden. Eine ausdrückliche Ausnahme von § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung würde durch § 1 Abs. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nach Außervollzugsetzung des Halbsatzes nicht bewirkt.

cc. Der im Ergebnis begehrte Ausspruch, abweichend von § 1 Abs. 4 Satz 1 (und damit ohne Beschränkung der Personenzahl) sei die Teilnahme an Hochzeitsfeiern zulässig, wäre eine unzulässige Normergänzung.

Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist die Gültigkeit einer Rechtsvorschrift. Die Norm muss - wie es in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO heißt und auch für § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gilt - "erlassen", also jedenfalls bereits verkündet sein. Eine Normenkontrolle, die auf Erlass einer untergesetzlichen Regelung gerichtet ist, ist daher unstatthaft. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Rechtsvorschrift (teilweise) ungültig ist, so erklärt es sie nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO (teilweise) für unwirksam. Ein Rechtsgrund für eine Unwirksamkeit kann darin liegen, dass der Normgeber unter Verstoß gegen höherrangiges Recht einen bestimmten Sachverhalt nicht berücksichtigt und damit eine rechtswidrige, unvollständige Regelung erlassen hat. Zielt ein Normenkontrollantrag dagegen auf Ergänzung einer vorhandenen Norm, ohne deren Wirksamkeit in Frage zu stellen, ist der Weg der Normenkontrolle nicht eröffnet. Auch der Wortlaut des § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist eindeutig und lässt keinen Raum für Ergänzungen des Tenors über die Feststellung der Unwirksamkeit hinaus. Das Normenkontrollgericht hat sich auf die (teilweise) Kassation von Rechtsvorschriften zu beschränken und muss sich nicht zu Möglichkeiten einer Fehlerbehebung verhalten. Es ist nicht Aufgabe des Normenkontrollverfahrens, eine bestimmte Art der Fehlerbehebung durch Feststellungen, die über den Ausspruch der Unwirksamkeit hinausgehen, in den Raum zu stellen, bevor der Normgeber darüber entschieden hat. Denn es ist grundsätzlich Sache des Normgebers, welche Konsequenzen er aus der gerichtlich festgestellten Fehlerhaftigkeit zieht. Das folgt aus der im Gewaltenteilungsgrundsatz angelegten Entscheidungsfreiheit der rechtsetzenden Organe. Auch die Verpflichtung des Normgebers, die Entscheidungsformel im Falle der Erklärung als unwirksam nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre, spricht dafür, dass eine stattgebende Normenkontrollentscheidung (nur) die (teilweise) Kassation der Norm zur Folge hat. Mit dem actus contrarius der Veröffentlichung wird spiegelbildlich zur Verkündung inter omnes Kenntnis von der Unwirksamkeit vermittelt und der Rechtsschein der Norm verlässlich beseitigt. Damit verträgt sich ein Ausspruch nicht, der die Ergänzungsbedürftigkeit einer Norm zum Gegenstand hat (vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urt. v. 16.4.2015 - BVerwG 4 CN 2.14 -, BVerwGE 152, 55, 56 f. - juris Rn. 4 m.w.N.).

2. Der Antrag wäre zudem aber auch unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bliebe ein Antrag gegen die Teilnahmebeschränkung auf 50 Personen bei Hochzeitsfeiern ohne Erfolg. Ein in der Hauptsache zu stellender Normenkontrollantrag wäre voraussichtlich unbegründet (a.). Zudem überwiegen die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung (b.).

a. Ein in der Hauptsache noch zu stellender Normenkontrollantrag bliebe voraussichtlich ohne Erfolg. Nach der derzeit nur gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass die in § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Teilnehmerbegrenzung formell und materiell rechtmäßig ist.

aa. Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 32 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), in der hier maßgeblichen zuletzt durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) mit Wirkung vom 28. März 2020 geänderten Fassung. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, drängen sich dem Senat nicht auf (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG Bremen, Beschl. v. 9.4.2020 - 1 B 97/20 -, juris Rn. 24 ff.; Hessischer VGH, Beschl. v. 7.4.2020 - 8 B 892/20.N -, juris Rn. 34 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.4.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris Rn. 36 ff.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 39 ff.; Beschl. v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 -, juris 17 f.).

bb. Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. März 2017 (Nds. GVBl. S. 65), betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung zum Erlass der Verordnung zuständig.

cc. Die in § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Teilnehmerbegrenzung dürfte auch die materiellen Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG erfüllen.

Nach § 32 Satz 1 IfSG dürfen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sind angesichts der herrschenden Corona-Pandemie erfüllt, wie der Senat zuletzt im Beschluss vom 29. Juni 2020 - 13 MN 244/20 -, juris Rn. 15 bis 21, festgestellt hat. Seitdem hat sich keine wesentliche Veränderung der Sachlage ergeben. Der Mittelwert der in den vergangenen 7 Tagen neu Erkrankten ist im Vergleich zu Ende Juni 2020 seit Anfang August 2020 sogar erhöht und aktuell annähernd verdoppelt (siehe https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/ (Stand 13.8.2020)).

Die Teilnehmerbegrenzung bei Hochzeitfeiern und ähnlichen Feiern verstößt weder gegen die Berufsfreiheit der Antragstellerin als gewerbliche Vermieterin (Art. 12 Abs. 1 GG) noch gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der Veranstaltungsteilnehmer (Art. 2 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

(1) Soweit die Teilnehmerbegrenzung in die Freiheitsgrundrechte der gewerblichen Vermieter (Art. 12 Abs. 1 GG) oder der Teilnehmer (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift, ist der Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sie hält gegenwärtig die sich aus der Beschränkung in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG in Verbindung mit § 32 Satz 1 IfSG auf „notwendige Schutzmaßnahmen“ sowie aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit in inhaltlicher Hinsicht („soweit“) und zeitlicher Hinsicht („solange“) ergebenden strengen Grenzen ein (vgl. zum Folgenden Bayerischer VGH, Beschl. v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 -, juris Rn. 17ff.).

(a) Der Verordnungsgeber verfolgt mit der Teilnehmerbegrenzung das legitime Ziel, die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines exponentiellen Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden. Die angeordnete Beschränkung der Teilnehmerzahl an Hochzeiten auf 50 Personen ist geeignet, die Infektionsgefahr einzudämmen, da sie physische Kontakte, Zusammenkünfte in Form von geschlossenen Veranstaltungen, und das damit einhergehende Infektionsrisiko reduziert.

(b) Der Verordnungsgeber darf die angeordnete Begrenzung von geschlossenen Veranstaltungen auf eine bestimmte Teilnehmerzahl gegenwärtig voraussichtlich noch für erforderlich halten.

Zum einen ist es nachvollziehbar, dass eine Feier ein spezifisch hohes Infektionsrisiko begründet. Eine Feier zeichnet sich dadurch aus, dass ganz bestimmte Einzelpersonen zusammenkommen und deshalb eine innere Verbundenheit zwischen den Teilnehmern besteht. Feiern sind daher typischerweise in besonderem Maße auf zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation aller Teilnehmer angelegt. Insbesondere Hochzeitsfeiern zeichnen sich durch eine Stimmung der Geselligkeit, Ausgelassenheit und Herzlichkeit aus und sind damit auf physischen Kontakt ausgerichtet. Beim Feiern kommt es typischerweise zu engeren, aus Gründen des Infektionsschutzes riskanteren Kontakten zwischen zahlreicheren Personen als bei anderen Anlässen (vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung v. 15.5.2020, Vf. 34-VII-20, juris Rn. 12). Dazu ist die Verweildauer bei Veranstaltungen typischerweise relativ lang. Auf die Begründung von Infektionsketten durch Familienfeiern und andere Veranstaltungen weist auch das RKI in seinen täglichen Situationsberichten hin (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html (Stand: 12.8.2020).

Zum anderen ist die Wertung des Verordnungsgebers nachvollziehbar, dass es auch und gerade bei Veranstaltungen wie Hochzeitsfeiern kein im Vergleich zur Teilnehmerbegrenzung gleich effektives, die Veranstalter und Teilnehmer weniger belastendes Mittel gibt, diesem spezifischen Infektionsrisiko zu begegnen. Die zahlenmäßige Beschränkung der Teilnehmerzahl reduziert die Anzahl möglicher Kontakte von vornherein. Dagegen hinge die Effektivität von weitergehenden Abstandsvorschriften und einem Maskengebot maßgeblich vom Verhalten der Beteiligten ab. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich ein gewisser Anteil von Personen bereits in alltäglichen Situationen, sei es absichtlich oder unabsichtlich, nicht an solche Schutzmaßnahmen hält. Kommt ein überschwänglicher Moment wie eine Hochzeitsfeier hinzu, den man mit Freunden und Familie begeht, so entspricht die Unterschreitung von Abständen der menschlichen Natur, selbst im Angesicht einer fortdauernden Pandemie und selbst bei einer bußgeldbewehrten Untersagung dieses Verhaltens.

Auch erscheint die Annahme, die Teilnehmer einer Hochzeitsfeier würden sich für die gesamte Dauer der Veranstaltung gleichmäßig über die zur Verfügung stehende Fläche verteilen, realitätsfern, sodass die von der Antragstellerin angesprochene Teilnehmerbegrenzung anhand der zur Verfügung stehenden Fläche nicht gleichermaßen geeignet wäre, Infektionsgefahren zu verhüten. Maßnahmen zur Rückverfolgung von Infektionsketten nach einer festgestellten Infektion sind bereits nicht in der Lage, die Entstehung von Infektionen während der Veranstaltung zu verhindern.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Festlegung der Grenze auf gerade 50 Personen in Räumlichkeiten. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist eine zahlenmäßige Grenzziehung angezeigt. Die Festsetzung der zulässigen Höchstanzahl von Teilnehmern gehört zum Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 -, juris Rn. 23). Dass die konkrete Begrenzung auf 50 Personen vorliegend die Grenzen dieses Spielraums verlassen hätte, ist unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung und bei typisierender Betrachtung der Veranstaltungen auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere ist ein Vergleich mit anderen Bundesländern nicht ergiebig, da hiernach allenfalls festgestellt werden könnte, dass dortige Begrenzungen als innerhalb des Einschätzungsspielraums befindlich angesehen werden dürften, nicht jedoch, wo dieser Spielraum endet.

(c) Die Teilnehmerbegrenzung bei Hochzeitsfeiern ist voraussichtlich auch angemessen.

Dabei wiegt der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der gewerblichen Vermieter gemäß Art. 12 Abs. 1 GG nicht allzu schwer, da die Begrenzung dem Veranstalter die Wirtschaftsgrundlage nur teilweise entzieht. Es verbleiben auch so beachtliche Betätigungsmöglichkeiten: Veranstaltungen innerhalb der Teilnehmergrenzen, Veranstaltungen unter freiem Himmel oder die Aufteilung der Veranstaltung, soweit sie in Räumlichkeiten stattfindet, auf verschiedene Gebäude. Abgesehen davon ist es gewerblichen Vermietern wieder möglich, ihre Räumlichkeiten für Veranstaltungen, insbesondere kulturelle Veranstaltungen, für bis zu 500 Personen zur Verfügung zu stellen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) oder für Kongresse anzubieten (§ 5 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Dabei sind allerdings die diesbezüglichen Einschränkungen (Teilnahme im Sitzen, Hygienekonzept, Dokumentation, Mund-Nase-Bedeckung außerhalb des Sitzplatzes) einzuhalten. Mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines möglichen erneuten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die hochwertigen Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie einer Überlastung des Gesundheitswesens ist der Eingriff daher voraussichtlich angemessen.

(2) Die Teilnehmerbegrenzung bei Hochzeitsfeiern verletzt voraussichtlich auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240, 252 - juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. -, BVerfGE 98, 365, 385 - juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, BVerfGE 132, 179, 188 - juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, 69 - juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. -, BVerfGE 126, 400, 416 - juris Rn. 79).

Hiernach sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde weniger streng (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020- OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG B-Stadt, Beschl. v. 26.3.2020 - 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (vgl. Senatsbeschl. v. 14.4.2020 - 13 MN 63/20 -, juris Rn. 62).

(a) Dass für den regulären Betrieb einer Gastronomie keine absolute Obergrenze für die Anzahl der Gäste gilt, begründet keinen Gleichheitsverstoß.

Dies lässt sich damit begründen, dass der persönliche Zuschnitt und der Charakter von Feiern regelmäßig eine gegenüber der sonstigen Gastronomie stark erhöhte Mobilität der Teilnehmer zwischen den Tischen erwarten lassen, mit entsprechend stärker steigendem Infektionsrisiko bei steigender Teilnehmerzahl (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 -, juris Rn. 29) . Es bestehen im Hinblick auf die innere Verbundenheit der Teilnehmer sowie Art und Dauer der Zusammenkunft typisierbare sachliche Unterschiede zu Gastronomieaufenthalten.

Der Senat sieht sich veranlasst, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach seiner Auffassung eine Ansammlung im Rahmen von Feiern im Sinn des § 1 Abs. 4 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung immer dann vorliegt, wenn ein einheitlicher, die anwesenden Personen verbindender Anlass zum Feiern gegeben ist. Sie kann nicht durch Einhaltung des Abstandsgebotes künstlich in zwei Feiern aufgeteilt werden. Eine solche Aufteilung wäre vielmehr eine Umgehung des § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Wenn etwa eine Geburtstagsfeier von mehr als 10 Personen mit einem Essen in einem Restaurant gefeiert werden soll, indem sich die Teilnehmer auf verschiedene Tische in derselben Räumlichkeit verteilen, so dürfte dies grundsätzlich nicht mit § 1 Abs. 4 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vereinbar sein (wohl anders die FAQ der Antragsgegnerin, https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten_auf_haufig_gestellte_fragen_faq/antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-faq-186686.html). Derartige Umgehungen können nicht unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung als Vergleich herangezogen werden.

(b) Auch ein Vergleich mit der weitgehend unbeschränkten Zulässigkeit von Hochzeitsfeiern in der eigenen Wohnung überzeugt nicht.

§ 1 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung legt fest, dass physische Kontakte einer Person außerhalb der eigenen Wohnung nur erlaubt sind, wenn die in den Absätzen 3 und 4 genannten Bedingungen eingehalten werden. Entgegen der Formulierung und der Stellung in der Vorschrift stellt § 1 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung inhaltlich kein Verbot von physischem Kontakt außerhalb der eigenen Wohnung dar, von dem in Fällen des § 1 Abs. 3 und Abs. 4 abgewichen werden kann. Es handelt sich vielmehr strukturell um eine Ausnahme dahingehend, dass § 1 Abs. 3 und Abs. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht auf physische Kontakte innerhalb der eigenen Wohnung anwendbar sind (siehe zu diesem Verhältnis auch Senatsbeschl. v. 29.7.2020 - 13 MN 280/20 -, juris Rn. 22).

Der Verordnungsgeber wollte auf diesem Wege die Privatsphäre des Einzelnen von den Eingriffen der Verordnung ausnehmen. Bei dem Begriff der eigenen Wohnung im Sinne des § 1 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung hat sich der Verordnungsgeber ersichtlich von dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG leiten lassen und damit in vertretbarer Weise die Anwendbarkeit der Niedersächsischen Corona-Verordnung beschränkt. Art. 13 GG gewährleistet dem Einzelnen einen „elementaren Lebensraum“ im Hinblick auf seine Menschenwürde und im Interesse seiner freien Entfaltung (BVerfG, Beschl. v. 26.5.1976 - 2 BvR 294/76 -, juris Rn. 30; v. 2.3.2006 - 2 BvR 2099/04 -, juris Rn. 116). Hierbei geht der Senat nicht davon aus, dass § 1 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung den gesamten Schutzbereich des Art. 13 GG erfassen will. Die von Art. 13 GG mit geschützten beruflich genutzten Räume (Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume, vgl BVerfG, Beschl. v. 7.9. 2006 - 2 BvR 1141/04 -, juris Rn. 16 m.w.N.) fallen nicht hierunter, wie schon ein Vergleich mit § 1 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zeigt, der auch Regelungen für Einrichtungen trifft, die für einen Besuchs- und Kundenverkehr geöffnet sind. Eine Privilegierung des elementaren Lebensraums des Einzelnen gegenüber Räumlichkeiten, die allein wirtschaftlichen Interessen dienen, stellt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

(c) Auch ein Verweis auf Wettbewerbsnachteile gegenüber Anbietern in angrenzenden Bundesländern überzeugt nicht.

Der Gleichheitssatz bindet, wie die Antragstellerin an anderer Stelle selbst ausführt, jeden Träger der öffentlichen Gewalt allein in seinem Zuständigkeitsbereich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 -, juris Rn. 151).

b. Schließlich überwiegen auch die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung.

Das Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen Außervollzugsetzung der angefochtenen Regelung ist im Hinblick auf die anderweitigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Anwesens nicht von überdurchschnittlichem Gewicht (vgl. oben II. 2. a) cc) (1) (c)). Die Antragstellerin könnte ihr Anwesen an Hochzeitsgesellschaften von 50 Personen vermieten, größere Hochzeitsgesellschaften auf ihre Außenanlage verweisen und bei schlechter Witterung mehrere Gebäude (Veranstaltungsscheune, Orangerie, Pferdestall) für jeweils 50 Gäste zur Verfügung stellen. Nicht zuletzt könnte sie ihre Räumlichkeiten für Kongresse, Tagungen und kulturelle Veranstaltungen anbieten, wie sie es ausweislich ihres Internetauftritts auch in der Vergangenheit getan hat.

Soweit die Antragstellerin ausführt, sie werde durch die Verordnung wettbewerbsmäßig verdrängt, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragstellerin kann zwar keine Veranstaltungen für Hochzeitsfeiern von über 50 Personen in geschlossenen Räumen mehr anbieten, dies trifft jedoch alle ihre niedersächsischen Wettbewerber. Wenn die Antragstellerin vorübergehend durch in anderen Bundesländern ansässige Anbieter wegen der dortigen Möglichkeit größerer Veranstaltungen verdrängt werden sollte, so wäre dies aufgrund der föderalen Gliederung der Bundesrepublik Deutschland hinzunehmen. Es ist im Hinblick auf die steigenden Fallzahlen und die häufige Identifizierung von Familienfeiern als Infektionsquellen zudem nicht abzusehen, dass es über einen längeren Zeitraum bei den großzügigen Regelungen anderer Bundesländer bleibt.

Das derart gewichtete Interesse der Antragstellerin setzt sich nicht gegen das öffentliche Interesse an einem ununterbrochenen weiteren Vollzug der Verordnung für die Dauer eines etwaigen Normenkontrollverfahrens in der Hauptsache durch. Denn ohne diesen bliebe die Möglichkeit, eine weitere geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 - juris Rn. 119 m.w.N.), effektiver zu verhindern, (irreversibel) ungenutzt und würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der erneuten Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach derzeitigen Erkenntnissen weiter erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v. 7.4.2020 - 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 28.4.2020 - 1 BvR 899/20 -, juris Rn. 12 f.).

III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).