Hat der Betroffene vor Eintritt der Geschäftsunfähigkeit ausreichende Vorsorgevollmacht erteilt, so ist bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit nicht sogleich von Amts wegen für den Bevollmächtigten vorsorglich ein Óberwachungsbetreuer zu bestellen. Eine Betreuerbestellung ist erst dann vorzunehmen, wenn eine Óberwachung aufgrund konkreter Umstände im Einzelfall erforderlich wird.
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 29.4.99 - 4 T 2o5/99 - aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts Bonn vom 25.9.97 - 36 XVII E 193 - aufgehoben, soweit damit Óberwachungsbetreuung zur Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem Beteiligten zu 1) angeordnet ist, und der Beteiligte zu 2) als Betreuer entlassen.
G R Ó N D E
Die Betroffene erteilte unter dem 7.2.96 dem Beteiligten zu 1),
ihrem Neffen, eine notariell beglaubigte und über den Zeitpunkt des
Eintritts der Geschäftsunfähigkeit und den Tod hinausgehende
General- und Betreuungsvollmacht, in der es u.a. heißt:
"Ich bitte den Notar, dem
Bevollmächtigten sofort eine Ausfertigung dieser Urkunde zu
erteilen, weitere Ausfertigungen auf meine Anweisung oder erst
dann, wenn der Bevollmächtigte ein ärztliches Zeugnis darüber
vorlegt, daß ich geschäftsunfähig bin oder daß Zweifel an meiner
Geschäftsfähigkeit bestehen, oder wenn ich verstorben bin. Verlangt
der Bevollmächtigte eine weitere Ausfertigung wegen eingetretener
Geschäftsunfähigkeit, so soll der Notar das Vormundschaftsgericht
wegen der etwa notwendigen Bestellung einer Óberwachungsperson
verständigen."
Nach Bekanntwerden dieser Vollmacht hob das Amtsgericht die
bereits mit Beschluß vom 16.5.97 für die Betroffene wegen eines
hirnorganischen Psychosyndroms angeordnete umfassende Betreuung
wieder auf. Es ordnete zugleich Óberwachungsbetreuung an zur
Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem
Beteiligten zu 1) und bestimmte den Beteiligten zu 2) zum Betreuer.
Eine von dem Beteiligten zu 1) beantragte Aufhebung der
Óberwachungsbetreuung lehnte das Amtsgericht ab. Die daraufhin
gegen den Anordnungsbeschluß vom 25.9.97 erhobene Beschwerde des
Beteiligten zu 1) wies das Landgericht durch den angefochtenen
Beschluß zurück. Mit der hiergegen eingelegten weiteren Beschwerde
verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Aufhebungsbegehren weiter.
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist zulässig (§§
27, 29, 69 g Abs.1 FGG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, denn
die Voraussetzungen zur Anordnung einer Betreuung mit dem
Aufgabenkreis des § 1896 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
Das Landgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt
begründet: In der bei der Erteilung der Vollmacht abgegebenen
Erklärung der Betroffenen zur Verständigung des
Vormundschaftsgerichts durch den Notar "wegen der etwa notwendigen
Bestellung einer Óberwachungsperson" komme ihre Vorstellung zum
Ausdruck, daß eine Kontrolle der Vollmachtsausübung von anderer
Seite erfolgen solle, wenn sie selbst hierzu einmal nicht mehr
imstande sein sollte. Die Formulierung "... Verlangt der
Bevollmächtigte eine weitere Ausfertigung wegen
Geschäftsunfähigkeit ..." könne daher nicht so ausgelegt werden,
daß es von einem Verhalten des Beteiligten zu 1), wie dieser aber
meine, abhänge, ob der Schutzmechanismus auch in Gang gesetzt
werde.
Die Auslegung der Erklärung ist rechtsfehlerhaft, denn dabei ist
nicht der das gesamte Betreuungsrecht beherrschende
Erforderlichkeits- und Subsidiaritätsgrundsatz beachtet, wonach die
Bestellung eines Betreuers voraussetzt, daß die Betreuung mit einem
bestimmten Aufgabenkreis konkret erforderlich ist. Eine unter
Berücksichtigung des Grundsatzes auf den Wortlaut und Sinngehalt
der Erklärung der Betroffenen abgestellte Auslegung, die der Senat
als Rechtsbeschwerdegericht uneingeschränkt selbst vornehmen kann,
ergibt, daß das VormG einen Betreuer zur Óberwachung des
Beteiligten zu 1) bestellen soll, wenn die Betroffene
geschäftsunfähig geworden ist, also den Bevollmächtigten nicht mehr
überwachen und auch die Vollmacht nicht mehr widerrufen kann, und
aus weiteren Gründen die Óberwachung des Bevollmächtigten auch
erforderlich ist.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts sollte nach dem in der
Vollmacht zum Ausdruck gekommenen Willen der Betroffenen nicht
schon unabhängig davon, ob auch ein konkreter Bedarf zur
Óberwachung des Beteiligten zu 1) besteht, wegen
Geschäftsunfähigkeit ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis des § 1836
Abs. 3 BGB bestellt werden. Nach dem erklärten Willen der
Betroffenen sollte das VormG Gelegenheit erhalten, vielmehr zu
prüfen, ob es, wenn sie geschäftsunfähig geworden ist, nunmehr
notwendig ist, zur Óberwachung des Beteiligten zu 1) einen Betreuer
zu bestellen. Das ergibt sich hinreichend deutlich aus der Wendung
"etwa notwendigen", was belegt, daß zur Geschäftsunfähigkeit
zusätzlich ein konkreter Bedarf zur Bestellung eines solchen
Betreuers treten muß.
Dies entspricht der Gesetzeslage. Nach § 1896 Abs. 2 BGB ist
eine amtliche Betreuung nicht erforderlich, wenn die
Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in §
1897 Abs. 3 BGB bezeichneten Personen gehört, ebenso gut wie durch
einen Betreuer besorgt werden können. Diese Regelung ergänzt § 1896
Abs. 3 BGB, wonach als Aufgabenkreis eines Betreuers auch die
Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem
Bevollmächtigten bestimmt werden kann. Im Hinblick auf den
Erforderlichkeitsgrundsatz heißt das, daß mit dem letztgenannten
Aufgabenkreis ein Betreuer nicht schon deshalb bestellt werden
kann, weil der Betroffene geschäftsunfähig geworden ist, also den
von ihm Bevollmächtigten nicht mehr hinreichend überwachen kann.
Eine Betreuerbestellung ist vielmehr erst dann erforderlich, wenn
eine solche Óberwachung konkret erforderlich wird, insbesondere -
wie es der Gesetzgeber selbst angeführt hat (BT-Dr 11/4528 S. 122
123) - etwa wegen des Umfangs oder der Schwierigkeit des zu
besorgenden Geschäfts oder wegen eines vorangegangenen Verhaltens
des Bevollmächtigten
( vgl. auch Cypionka NJW 92, 2o7, 2o8).
Nichts ist indes hier dafür dargetan oder sonst ersichtlich, daß
die Bestellung eines Betreuers zur Geltendmachung von Rechten der
Betroffenen gegen den Beteiligten zu 1) konkret erforderlich
geworden ist. Hinweise darauf, daß die Verwaltung des Grundbesitzes
sowie des Geldvermögens im Bestand von ca. 5o.ooo,- DM für den
Beteiligten zu 1) Schwierigkeiten begründet, oder ihm konkrete
Unregelmäßigkeiten anzulasten sind, fehlen. Ebensowenig bestehen
Anhaltspunkte dafür, daß etwa das Vertrauensverhältnis zwischen der
Betroffenen und dem Beteiligten zu 1) gestört wäre. Die Betroffene
hat bei ihrer persönlichen Anhörung - gemäß dem aufgenommenen
Protokoll - zum Ausdruck gebracht, daß sie dem Beteiligten zu 1),
ihrer einzigen Vertrauensperson, rückhaltlos vertraue.
Die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung ist danach für
den Senat nicht bindend und die angeordnete Óberwachungsbetreuung
mithin mangels Erforderlichkeit ersatzlos aufzuheben und der
Beteiligte zu 2) als Betreuer zu entlassen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist wegen fehlender
Billigkeitsgründe nicht anzuordnen (§ 13 a Abs.1 S.1 FGG).