VG Magdeburg, Beschluss vom 24.02.2020 - 9 B 53/20
Fundstelle
openJur 2020, 46243
  • Rkr:

1. Die Herausgabe von Ermittlungsakten an einen Untersuchungsausschuss ist nur dann ein Justizverwaltungsakt i.S.v. § 23 EGGVG (juris: GVGEG), wenn das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

2. Aus § 15 Abs. 3 UAG LSA kann sich ein Anspruch auf Unterlassung der Herausgabe von Teilen von Akten ergeben.

3. Die Begrenzung des Beweiserhebungsrechts auf den Untersuchungsgegenstand soll lediglich verhindern, dass Untersuchungsausschüsse ganze Akten - oder einzelne, nicht in Behördenakten befindlichen Unterlagen - anfordern können, die schon an sich in keinerlei Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag stehen.

4. § 27 Abs. 2 UAG LSA ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auf eine Verlesung insoweit verzichtet werden muss, als Betroffene individualisierbar gemacht werden, sofern dies für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages nicht notwendig ist oder die jeweiligen Daten der Öffentlichkeit nicht bereits bekannt sind.

5. Die Entscheidung darüber obliegt jedoch allein dem Untersuchungsausschuss.

Gründe

Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, dass ihre personenbezogenen Daten nicht von der Antragsgegnerin an einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss übermittelt werden.

Am 29.04.2018 kam es in A-Stadt zum Todesfall des Polizeischülers L. Sein lebloser Körper wurde an einem Haus in der A-Straße gefunden, in dem u.a. die Antragstellerin wohnt. Die Staatsanwaltschaft A-Stadt leitete daraufhin eine Todesermittlungssache (Az. 167 UJs 13897/18) ein. Im Zuge der Ermittlungen wurde am Tag des Todesfalls die Telefonnummer der Antragstellerin durch die Polizei aufgenommen; sie wurde auch als Zeugin durch die Polizei vernommen. Dabei wurden Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand, Beruf, Wohnort, Wohnung, Staatsangehörigkeit, Personalausweisnummer und Angaben zu Partnerschaft und Mitbewohnern der Antragstellerin erhoben.

Das Ermittlungsverfahren ist mittlerweile abgeschlossen. Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten ergaben sich nicht.

Während und nach den Ermittlungen kam es zu Medienberichten, welche die "Linken" mit dem Todesfall in einen Zusammenhang stellten und von einem Tötungsdelikt ausgingen. Das Magazin "Compact" stellt in einem Artikel vom 09.11.2019 die These eines Mordes durch Linke in dem Jugendtreff, welcher sich in der Nähe des Auffindeortes des Leichnams befindet, auf. Es berichtet, dass der Polizeischüler nach Angaben von dessen Vater in den linksalternativen Jugendtreff eingekehrt sei. Die Spuren am Körper des Verstorbenen seien auf einen Angriff mit einer Eisenstange zurückzuführen. Ein Kommentar zu dem Bericht lautet: "man müsste denken, dass da am Balkongeländer des Hauses (...) Spuren des angeblichen Einbrechers".

Im Bericht von "Du bist A-Stadt" vom 23.11.2018 sind dagegen Angaben der Eltern des Verstorbenen enthalten, wonach die Polizei davon ausgehe, dass ihr Sohn bei einem Einbruch überrascht worden und bei der Flucht von einem Balkon gestürzt sei. Sie hätten jedoch die These, dass ihr Sohn eine Straftat beobachtet habe und deshalb habe sterben müssen. Es sei nicht ermittelt worden, was ursächlich für sein Eindringen in das Haus in der A-Straße gewesen sei. Auffällig für sie sei jedoch das erkennbare Bemühen der Zeugen, den Jugendclub in der A-Straße unter allen Umständen aus dem Fall heraus zu halten.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass diese Medienberichte die Bewohner des Hauses, an dem der Leichnam gefunden wurde, mithin auch sie, mit dem Todesfall in einen Zusammenhang stellen würden.

Mit Beschluss vom 20.11.2019 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Dieser soll unter anderem untersuchen, ob und inwieweit es im Fall des verstorbenen Polizeischülers zu Fehlern und Versäumnissen während der polizeilichen Ermittlungsarbeit bei der Polizeidirektion A-Stadt, ehemals Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd gekommen ist.

Der Untersuchungsausschuss begehrt die Beiziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft A-Stadt. Am 16.12.2019 beschloss der Untersuchungsausschuss die Vorlage der vollständigen Ermittlungsakte und forderte diese mit Schreiben vom 17.12.2019 bei der Antragsgegnerin an.

Daraufhin erbat der Chef der Staatskanzlei mit Schreiben vom 19.12.2019 vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung unter Beachtung der §§ 3, 15 UAG LSA die unverzügliche und vollständige Zurverfügungstellung der Ermittlungsakte.

Mit Schreiben vom 27.12.2019 beantragte die Antragstellerin bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt für den Fall der Weitergabe der Ermittlungsakte an Dritte die Entfernung bzw. Anonymisierung ihrer personenbezogenen Daten. Aufgrund der Mitteilung, dass sich die Akte bei der Generalstaatsanwaltschaft befinde, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 07.01.2020 bei der Generalstaatsanwaltschaft einen gleichlautenden Antrag. Diesen lehnte die Generalstaatsanwaltschaft ab. 13 weitere Personen hatten bezüglich der Ermittlungsakte ebenfalls erfolglos einen solchen Antrag gestellt.

Mit Schreiben vom 17.01.2020 wiederholte die Antragstellerin ihren Antrag gegenüber dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung. Das Ministerium wertete den Antrag zugleich als sachliche Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die vorherige Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft und teilte mit, dass die Landesregierung demnächst entscheiden werde, wie den vorgebrachten Sicherheitsbedenken Rechnung zu tragen sei. Mit Schreiben vom 04.02.2020 teilte das Ministerium mit, dass die Generalstaatsanwaltschaft dem Begehren der Antragstellerin nicht abgeholfen habe, da sie ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin i.S.v. § 15 UAG LSA für nicht dargetan halte. Eine abschließende Entscheidung werde nicht vor dem 11.02.2020 getroffen. Im Falle einer ablehnenden Entscheidung würden die Akten unverzüglich dem 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss übergeben.

Mit Schreiben vom 10.01.2020 wandte sich die Antragstellerin an den 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtages und teilte diesem unter Angabe ihres Namens und ihres Geburtsdatums mit, dass sie in der Todesfallermittlung mit dem Az. 167 UJs 13897/18 als Zeugin vernommen worden sei. Sie sei besorgt, dass ihre personenbezogenen Daten an unbefugte Dritte gelangen könnten.

Am 10.02.2020 hat die Antragstellerin beim Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie ist der Auffassung, einer vollständigen Aktenvorlage stehe ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entgegen. Zwar sei die Antragsgegnerin gemäß § 15 UAG LSA verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss Akten vorzulegen. Gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 UAG LSA dürfe die Antragsgegnerin die Aktenvorlage jedoch verweigern, wenn überwiegende Rechte Dritter entgegenstehen. Dies sei hier der Fall.

Es bestehe keine Gewähr, dass die personenbezogenen Daten den Untersuchungsausschuss nicht verlassen; so bestehe insbesondere eine Gefährdung durch die Öffentlichkeit der Beweiserhebung. Zwar könne der Untersuchungsausschuss verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Geheimhaltung treffen. Im Regelfall würden die in Betracht kommenden Beweismittel jedoch alsbald in öffentlicher Verhandlung erörtert, ohne dass zuvor eine förmliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Beweiserhebung oder die Beweiserheblichkeit erfolge. Zwar könne der Ausschuss bei Befürchtung von Verletzungen der Rechte Dritter die Öffentlichkeit ausschließen. Zur Stellung eines Antrages auf Ausschluss oder Beschränkung der Öffentlichkeit seien Dritte jedoch nicht berechtigt. Auch ein rechtzeitiger gerichtlicher Rechtsschutz gegen den Beschluss sei für Dritte vor der öffentlichen Erörterung nicht möglich. Aber auch bei Nichtöffentlichkeit seien personenbezogene Daten im Ausschuss nicht ausreichend sicher. Untersuchungsausschüsse seien anfällig für das Durchsickern vertraulicher Informationen.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, ihre in den Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt zur Todesermittlungssache mit dem Az. 167 UJs 13897/18 befindlichen personenbezogenen Daten an den 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss herauszugeben,

hilfsweiseder Antragsgegnerin zu untersagen, die in den Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt zur obigen Todesermittlungssache befindlichen personenbezogenen Daten an den 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss herauszugeben, ohne diese zuvor zu anonymisieren.

Nachdem das Ministerium für Justiz und Gleichstellung am 12.02.2020 erklärt hat, dass die Akten lediglich bis zum Ende der siebten Kalenderwoche benötigt und deshalb nicht dem Untersuchungsausschuss übergeben würden, untersagte das Gericht mit Beschluss vom 14.02.2020 der Antragsgegnerin bis zu einer Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt mit dem Az. 167 UJs 13897/18 dem 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtages von Sachsen-Anhalt vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom 19.02.2020 nahm die Antragsgegnerin zu dem Antrag Stellung. Sie führt aus, die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges sei zweifelhaft. Bei Justizverwaltungsakten innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit sei diese als sachnäher anzusehen; die zu gewährende Akteneinsicht sei als Maßnahme der Strafrechtspflege anzusehen.

Die Generalstaatsanwaltschaft habe sich gem. Art. 54 Abs. 7 i.V.m. § 53 Abs. 3 Verf LSA, § 15 Abs. 3 UAG LSA zur Übergabe der Akten an die Landesregierung zur Ermöglichung einer uneingeschränkten Akteneinsicht verpflichtet. Die Akten würden in strafprozessual anscheinend ordnungsgemäßer Weise erhobene Personendaten der Antragstellerin enthalten und seien von den Zeugen zudem freiwillig preisgegeben worden.

Für den Untersuchungsgegenstand sei die Kenntnis aller in Betracht kommenden Zeugen unerlässlich. Gegenüber dem Anspruch des Untersuchungsausschusses würden die von der Antragstellerin geltend gemachten Interessen nicht überwiegen i.S.v. § 15 Abs. 3 UAG LSA. Die Daten seien zwar personenbezogen, würden aber nicht zum höchstpersönlichen Lebensbereich gehören. Die Grundrechtsabwägung führe hier zu einer uneingeschränkten Vorlage der Akten an den Untersuchungsausschuss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Akten des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt (Az. 4107 I - 402.3838/2019) verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.

A) Der Antrag ist zulässig.

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Auf- oder abdrängende Sonderzuweisungen liegen nicht vor.

Stehen die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die Aufgabenzuweisung an denselben oder in diesem Zusammenhang sonstige, explizit verfassungsrechtliche Fragen in Streit, so ist dieser verfassungsrechtlicher Art. Anders verhält es sich jedoch, wenn ein Untersuchungsausschuss quasi dem Bürger gegenüber vergleichbar einem Verwaltungsorgan auftritt und beispielsweise - wie hier - die Herausgabe von Akten einfordert. Wird Rechtsschutz gegenüber solchen (unmittelbaren) Maßnahmen des Untersuchungsausschusses begehrt, so liegt grundsätzlich eine Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art vor (vgl. Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, § 40 VwGO, Rn. 231, juris).

Der Rechtsweg ist nicht nach § 23 EGGVG zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Ob der Rechtsweg bei Streitigkeiten hinsichtlich von Untersuchungsausschüssen der Länder zu den ordentlichen Gerichten oder den Verwaltungsgerichten eröffnet ist, richtet sich nach der jeweils angegriffenen Maßnahme (vgl. Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, § 40, Rn. 231). Vorliegend ist Streitgegenstand die Herausgabe von staatsanwaltlichen Ermittlungsakten. Die hier verlangte Herausgabe der Ermittlungsakten ist kein sog. Justizverwaltungsakt i.S.v. § 23 EGGVG. Sie ist keine Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege, da sie nicht im Zusammenhang mit der Ermöglichung oder geordneten Durchführung eines Strafverfahrens steht, sondern ausschließlich dazu dient, den Untersuchungsauftrag zu erfüllen (vgl. auch OVG Koblenz, v. 07.01.1986 - 7 B 73/85 -, beckonline). Etwas anderes gilt dann, wenn es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren handelt (vgl. BGH, v. 21.01.2001 - 2 Ars 355/00 -, juris). In einem solchen Fall könnte die Aktenherausgabe an einen Untersuchungsausschuss auch das strafrechtliche Ermittlungsverfahren beeinträchtigen.

Es befindet sich im UAG LSA auch keine besondere Zuweisung zu einem anderen Gericht i.S.v. § 40 Abs. 1 S. 2 VwGO.

2. Das Verwaltungsgericht Magdeburg ist nach § 123 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 31 UAG LSA örtlich zuständig als das für den Sitz des Landtages zuständige Gericht.

3. Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO statthaft. Hiernach kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

In Abgrenzung zu § 80 Abs. 5 VwGO ist vorliegend ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft. Statthafte Klageart in der Hauptsache wäre eine allgemeine Leistungsklage. Denn die Antragstellerin begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes die Unterlassung, Akten an den 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss weiterzuleiten und damit die Unterlassung einer schlicht hoheitlichen Handlung.

Der Antrag ist in Form einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO statthaft. Denn die Antragstellerin begehrt, dass der derzeit bestehende Zustand nicht verändert wird. Die Unterlagen befinden sich bei der Landesregierung. Die Antragstellerin möchte, dass die Akten zunächst nicht weitergeleitet werden.

4. Die Antragstellerin ist auch analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Denn es besteht die Möglichkeit, dass sie einen Anspruch auf Unterlassung der Herausgabe der Akten in ihrer ursprünglichen Gestalt hat.

Ein solcher Anspruch könnte sich aus § 15 Abs. 3 UAG LSA i.V.m dem Grundrecht der Antragstellerin auf informationelle Selbstbestimmung und dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergeben. Nach § 15 Abs. 3 UAG LSA darf die Aktenvorlage verweigert werden, wenn überwiegende Rechte Dritter entgegenstehen. Zwar ist diese Norm lediglich als Verweigerungsrecht der Landesregierung formuliert. Die Norm dient jedoch auch bzw. gerade dem Schutz der Rechte Dritter; die Norm ist damit (auch) drittschützend. Dritte können aus § 15 Abs. 3 UAG LSA in Verbindung mit ihren Grundrechten einen möglichen Anspruch auf Unterlassung der Aktenvorlage herleiten.

Aus § 15 Abs. 3 UAG LSA kann sich zudem ein Anspruch auf Verweigerung der Vorlage von Teilen der Akten ergeben, obwohl die Vorschrift dem Wortlaut nach lediglich eine Verweigerung der Aktenvorlage im Ganzen vorsieht. Insoweit fehlt es dem Wortlaut zwar an der Formulierung "dürfen nur insoweit verweigert werden". § 15 Abs. 3 UAG LSA ist jedoch seinem Sinn und Zweck nach dahingehend auszulegen, dass er grundsätzlich auch eine Verweigerung der Vorlage von Teilen der Akte - etwa durch das Entfernen einzelner Blätter oder Passagen innerhalb der Akte - ermöglichen soll, insoweit dem erhebliche Gründe der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder überwiegende Rechte Dritter entgegenstehen. Denn die Norm dient dem Ausgleich der genannten berechtigten Interessen an der Verweigerung der Aktenvorlage und dem Untersuchungsrecht des Parlaments. Um dem verfassungsrechtlich hohen Rang des Untersuchungsrechts gerecht zu werden, muss es mithin möglich sein, eine Akte nur insoweit vorzulegen, als dem die berechtigten Interessen nicht entgegenstehen. Denn ansonsten könnte eine Aktenvorlage im Ganzen verweigert werden, obwohl es für den Schutz der genannten berechtigten Interessen ausreichend würde, bestimmte Teile der Akte nicht vorzulegen.

B) Der Antrag ist unbegründet.

Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO ist begründet, wenn aufgrund einer summarischen Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruches gegen den Antragsgegner und ein Anordnungsgrund besteht. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen, §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO.

1. Die Landesregierung ist die richtige Antragsgegnerin. Denn die Landesregierung ist die Stelle, die verhindern kann, dass Akten einem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden. Nach § 15 Abs. 3 UAG LSA entscheidet die Landesregierung über die Verweigerung der Aktenvorlage. Die Landesregierung ist diejenige, an die sich ein Betroffener wenden muss, wenn er - wie hier - die Unterlassung der Vorlage von Akten an einen Untersuchungsausschuss begehrt.

2. Die Antragstellerin hat jedoch - ungeachtet des Bestehens eines Anordnungsgrundes - keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Nichtherausgabe der Akten in ihrer vorliegenden Gestalt ist § 15 Abs. 3 UAG LSA, welcher gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 DSG LSA den datenschutzrechtlichen Vorschriften vorgeht, in Verbindung mit den Grundrechten der Antragstellerin.

Nach § 15 Abs. 3 UAG LSA darf die Aktenvorlage verweigert werden, wenn überwiegende Rechte Dritter entgegenstehen.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Herausgabe der Ermittlungsakte stehen keine überwiegenden Rechte der Antragstellerin entgegen.

Die Grundrechte der Antragstellerin auf informationelle Selbstbestimmung und Leben und körperliche Unversehrtheit überwiegen deshalb im Verhältnis zum Untersuchungsrecht des Parlaments nicht.

a) Das Untersuchungsrecht des Landtages hat Verfassungsrang. Es gehört zu den ältesten und wichtigsten Rechten des Parlaments. Es verschafft die Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung, die das Parlament zur Vorbereitung seiner Entscheidungen und vor allem zur Wahrung seiner Kontrollfunktion gegenüber der ihm verantwortlichen Regierung benötigt (BVerfG, B. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -, Rn. 105, 112, juris).

Das parlamentarische Regierungssystem wird grundlegend durch die Kontrollfunktion des Parlaments geprägt. Der Grundsatz der Gewaltenteilung, der zu den tragenden Organisationsprinzipien des Grundgesetzes gehört und dessen Bedeutung in der politischen Machtverteilung, dem Ineinandergreifen der drei Gewalten und der daraus resultierenden Mäßigung der Staatsgewalt liegt, gebietet gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung - zumal wegen mangelnder Eingriffsmöglichkeiten des Parlaments in dem der Exekutive zukommenden Bereich unmittelbarer Handlungsinitiative und Gesetzesanwendung - eine Auslegung des Grundgesetzes dahingehend, dass parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, gerade auch den Untersuchungsausschuss mit denjenigen Befugnissen ausgestattet anzusehen, derer er bedarf, um die ihm aufgegebene Klärung von Zweifeln an der Gesetzlichkeit oder Lauterkeit von Regierungs- oder Verwaltungsmaßnahmen wirksam vornehmen zu können. Zu diesen Befugnissen gehört - im Rahmen des durch Parlamentsbeschluss festgelegten Untersuchungsauftrags - als ein Bestandteil des Rechts, die erforderlichen Beweise zu erheben, das Recht auf Einsichtnahme in die Akten der Regierung (BVerfG, U. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83 -, Rn. 102, juris). Das Recht auf Aktenvorlage gehört zum Kern des Untersuchungsrechts (BVerfG, B. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -, Rn. 112, juris).

b) Das Beweiserhebungsrecht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses unterliegt jedoch Grenzen, die, auch soweit sie einfachgesetzlich geregelt sind, ihren Grund im Verfassungsrecht haben.

aa) Begrenzt wird das Beweiserhebungsrecht zunächst durch den im Einsetzungsbeschluss zu bestimmenden Untersuchungsauftrag. Der Regierung und gegebenenfalls ihren nachgeordneten Behörden steht bei einer Anforderung sächlicher Beweismittel ein Prüfungsrecht dahingehend zu, ob die angeordnete Beweiserhebung den Untersuchungsauftrag betrifft. Gegen eine Beweiserhebung kann eingewandt werden, dass sie sich nicht innerhalb des Auftrags hält. Innerhalb des Untersuchungsauftrages kann der Untersuchungsausschuss frei von den Einwirkungen anderer Staatsorgane entscheiden, welche Beweiserhebungen er für dessen Erfüllung für erforderlich erachtet (so BVerfG zur Bundesregierung, B. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -, Rn. 116 - 118, juris).

Der Untersuchungsausschuss muss sich nicht mit Aktenauskünften zufrieden geben oder sein Verlangen auf bestimmte Aktenteile beschränken. Vielmehr soll er sich anhand der vollständigen Akten selbst ein Bild vom Umfang ihrer Entscheidungserheblichkeit machen können. Der Vorlageanspruch bezieht sich grundsätzlich auf alle Akten (formeller Aktenbegriff), die mit dem Untersuchungsgegenstand in Zusammenhang stehen. Bei einem Ersuchen auf Aktenvorlage muss nicht bereits feststehen, dass die Unterlagen auch tatsächlich entscheidungserhebliches Material oder entsprechende Beweismittel enthalten. Es reicht aus, wenn sie Hinweise hierauf geben könnten (vgl. BVerfG, B. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -, Rn. 113, juris).

Der aktenübermittelnden Behörde steht ein Prüfungsrecht zu, ob sich in den zu übermittelnden Akten überhaupt irgendwelche Tatsachen befinden, die mit dem Untersuchungsauftrag, dessen Grenzen sich aus dem Einsetzungsbeschluss ergeben, im Zusammenhang stehen (OLG Stuttgart, B. v. 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 -, Rn. 14, juris).

Vorliegend soll der 19. Parlamentarische Untersuchungsausschuss ausweislich von Ziffer 2 des Beschlusses des Landtages von Sachsen-Anhalt vom 20.11.2019 (LT-Drs. 7/5307) unter anderem untersuchen, ob und inwieweit es im Fall des verstorbenen Polizeischülers zu Fehlern und Versäumnissen während der polizeilichen Ermittlungsarbeit gekommen ist.

Die Akte der Staatsanwaltschaft A-Stadt zur Todesermittlungssache des Polizeischülers L. mit dem Az. 167 UJs 13897/18 betrifft diesen Untersuchungsauftrag. Ob sich die begehrte Vorlage einer Akte im Rahmen des Untersuchungsauftrages hält, ist lediglich danach zu beurteilen, ob die verlangte Akte an sich den Untersuchungsauftrag betrifft; unerheblich ist dabei, ob sich innerhalb der Akte daneben Informationen befinden, die für sich allein gesehen nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag stehen. Die Begrenzung des Beweiserhebungsrechts auf den Untersuchungsgegenstand soll lediglich verhindern, dass Untersuchungsausschüsse ganze Akten - oder einzelne, nicht in Behördenakten befindliche Unterlagen - anfordern können, die schon an sich in keinerlei Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag stehen. Bei der Anforderung von einzelnen Unterlagen, die sich nicht in behördlichen Akten befinden, käme es darauf an, ob die jeweiligen Unterlagen an sich mit dem Untersuchungsauftrag in Zusammenhang stehen.

Die Begrenzung auf den Untersuchungsgegenstand soll nicht dazu führen, dass einzelne Daten (wie z.B. Personendaten wie Namen, Geburtsdaten, Anschriften) aus Dokumenten nicht übermittelt werden. Dies wäre hier der Fall, wenn die Personendaten der Antragstellerin bereits aufgrund der Begrenzung des Beweiserhebungsrechts auf den Untersuchungsgegenstand unkenntlich gemacht würden.

bb) Das Beweiserhebungsrecht der Untersuchungsausschüsse wird zudem durch die Grundrechte begrenzt. Denn parlamentarische Untersuchungsausschlüsse üben öffentliche Gewalt aus und haben gem. Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte zu beachten. Diese können zu einer Einschränkung des Beweiserhebungsrechts führen.

aaa) Dabei sind das Untersuchungsrecht und die Gewährleistungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, insbesondere die Anforderungen des Datenschutzes, im konkreten Fall so zuzuordnen, dass beide im Sinne praktischer Konkordanz so weit wie möglich ihre Wirkungen entfalten. Die Bedeutung, die das Kontrollrecht des Parlaments sowohl für die parlamentarische Demokratie als auch für das Ansehen des Staates hat, gestattet in der Regel dann keine Verkürzung des Aktenherausgabeanspruchs zugunsten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn das Parlament Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen hat und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Eine Ausnahme hiervon gilt indessen für solche Informationen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für den Betroffenen unzumutbar ist (BVerwG, B. v. 02.09.2019 - 6 VR 2/19 -, Rn. 51, juris).

Die gebotene Abwägung hat auch die Prüfung einzuschließen, ob nach den Umständen eine öffentliche Beweisaufnahme gerechtfertigt ist oder ob die Grundrechte einen Ausschluss der Öffentlichkeit und sonstige Vorkehrungen zur Geheimhaltung erfordern. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings auch die Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips im demokratischen Parlamentarismus dem, gerade für das parlamentarische Untersuchungsverfahren, insbesondere bei Missstandsenqueten, ein besonderer Stellenwert zukommt (BVerfG, B. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 -, Rn. 134, juris).

bbb) Bei den von der Antragstellerin in Rede gestellten Daten handelt es sich nicht um Informationen mit streng persönlichem Charakter, deren Herausgabe unzumutbar ist.

Im Zuge der Ermittlungen wurde die Telefonnummer der Antragstellerin durch die Polizei aufgenommen und sie wurde durch die Polizei als Zeugin vernommen. Dabei wurden Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand, Beruf, Wohnort, Wohnung, Staatsangehörigkeit, Personalausweisnummer und Angaben zu Partnerschaft und Mitbewohnern der Antragstellerin erhoben.

Zum einen handelt es sich dabei nicht um solche Informationen über ihre Person, die anders als solche, die etwa in Briefen, E-Mails oder gar Tagebucheinträgen enthalten sind, einen geschützten personellen Bereich betreffen. Die Antragstellerin hat die obigen Angaben gegenüber Ermittlungsbehörden gemacht. Bei Angaben, die Betroffene gegenüber Ermittlungsbehörden machen, ist den Betroffenen bewusst, dass die Informationen ihren persönlichen Bereich verlassen. Schon aus diesem Grund geht es vorliegend nicht um Informationen mit streng persönlichem Charakter.

Zum anderen handelt es sich bei den streitgegenständlichen Informationen teilweise nur um schlichte Personendaten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Familienstand, Beruf etc.). Bei solchen ist per se nicht davon auszugehen, dass diese höchstpersönlich sind. Bezüglich der von der Antragstellerin gemachten Angaben zu ihrer Partnerschaft und ihren Mitbewohnern hat sie zudem nicht glaubhaft gemacht, was genau sie diesbezüglich ausgesagt hat. Ohne einen substantiierten Vortrag fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung des Umstands, dass es sich um streng persönliche Angaben handelt, deren Herausgabe unzumutbar ist.

ccc) Das Parlament hat ausreichende Vorkehrungen für den Geheimschutz getroffen; der Untersuchungsausschuss ist bereits kraft Gesetzes verpflichtet, diesen zu gewährleisten (§ 11 Abs. 6 UAG LSA).

Nach § 30 Abs. 1 UAG LSA sind die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder sowie die Berater auch nach Auflösung des Untersuchungsausschusses verpflichtet, über die ihnen im Rahmen des Untersuchungsverfahrens bekannt gewordenen Tatsachen Verschwiegenheit zu bewahren. Nach § 30 Abs. 5 UAG LSA sind Personen, die nicht aufgrund einer Amts- oder Dienstpflicht zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, und denen durch Gewährung von Akteneinsicht oder durch Aktenauskünfte oder in sonstiger Weise geheimhaltungsbedürftige Tatsachen bekannt werden, zur Geheimhaltung zu verpflichten. Nach Art. 54 Abs. 3 Verf LSA und § 11 Abs. 2 UAG LSA kann die Öffentlichkeit von der Beweiserhebung ausgeschlossen werden, wenn zu befürchten ist, dass durch das Bekanntwerden von Tatsachen schutzwürdige Interessen Dritter verletzt werden. Beweiserhebungen und Beweismittel können nach § 11 Abs. 5 UAG LSA durch Beschluss für vertraulich erklärt werden. Gemäß § 30 Abs. 3 UAG LSA dürfen fremde Geheimnisse, namentlich zum persönlichen Lebensbereich gehörende Geheimnisse, nur mit Ermächtigung der dazu befugten Personen offenbart werden, es sei denn, die Offenbarung ist gesetzlich geboten. Zwar sind nach § 27 UAG LSA Akten, die als Beweismittel dienen, vor dem Untersuchungsausschuss zu verlesen; von der Verlesung kann jedoch nach Abs. 2 Abstand genommen werden, wenn die Akten allen Mitgliedern zugänglich gemacht worden sind und die Mehrheit der anwesenden Mitglieder auf die Verlesung verzichten.

Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin vorliegend Umstände glaubhaft gemacht hat, die aller Voraussicht nach dazu führen würden, dass der Untersuchungsausschuss - vor dem Hintergrund des vom Bundesverfassungsgericht deutlich gemachten hohen Ranges des Öffentlichkeitsprinzips im demokratischen Parlamentarismus - die Öffentlichkeit von der Beweiserhebung ausschließen müsste. Das Gericht hält jedoch die darüber hinaus bestehenden Vorschriften für hinreichend geeignet, die berechtigten Interessen der Antragstellerin zu wahren.

So hat der Untersuchungsausschuss, wie bereits erörtert, nach § 27 Abs. 2 UAG LSA die Möglichkeit, von der Verlesung von Beweismitteln Abstand zu nehmen. Zwar ist § 27 Abs. 2 UAG LSA dahingehend formuliert, dass der Untersuchungsausschuss von der Verlesung Abstand nehmen "kann". § 27 UAG LSA ist jedoch vor dem Hintergrund des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auf eine Verlesung insoweit verzichtet werden muss, als Betroffene individualisierbar gemacht werden, sofern dies für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages nicht notwendig ist oder die jeweiligen Daten der Öffentlichkeit nicht bereits bekannt sind. Denn es kann auch vor dem Hintergrund des hohen Ranges des Untersuchungsrechts des Parlaments zum Schutze des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht hingenommen werden, dass Betroffene für die Öffentlichkeit individualisierbar gemacht werden, wenn dies nicht erforderlich ist. Es obliegt jedoch dem Untersuchungsausschuss - und nicht dem Gericht - zu beurteilen, welche Daten einen Betroffenen individualisierbar machen, ob die Verlesung der Daten für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages notwendig ist und ob die Daten der Öffentlichkeit bereits bekannt sind. Der Untersuchungsausschuss ist diejenige öffentliche Stelle, die vollständigen Einblick in die jeweiligen Behördenakten hat und aufgrund dessen eine sachgerechte Entscheidung treffen kann und muss. Insbesondere kann er auf dieser fundierten Grundlage beurteilen, inwieweit eine (vollständige) Verlesung der Personendaten - etwa zum Verständnis des Gesamtzusammenhangs von Vorgängen - erforderlich ist. Dass der 19. Parlamentarische Untersuchungsausschuss, mit seinen an Recht und Gesetz gebundenen Mitgliedern, diesen von Verfassungs wegen gebotenen Anforderungen nicht gerecht wird, hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich.

Zwar dürfte es tatsächlich so sein, dass Untersuchungsausschüsse aufgrund des politischen Raumes, in dem sie agieren, und der oftmals brisanten Informationen, über die sie verfügen, anfälliger für das "Durchsickern" von Daten sein können als dies etwa andere Behörden oder Gerichte sind. Es mag auch in Einzelfällen dazu gekommen sein, dass bei Untersuchungsausschüssen befindliche Daten gesetzeswidrig an die Öffentlichkeit gelangt sind. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Geheimschutzmöglichkeiten durch das Parlament grundsätzlich als nicht wirksam angesehen werden müssten. Untersuchungsausschüsse sind als öffentliche Stellen an Recht und Gesetz gebunden; die nach § 30 Abs. 1 und Abs. 5 UAG LSA bestehende umfassende Verschwiegenheitspflicht gilt uneingeschränkt. Auch soweit die Antragstellerin die Befürchtung äußert, es bestehe die Gefahr, dass auch sie für politische Auseinandersetzungen instrumentalisiert werde, dürfte durch den Tatort sowie die in den Medien erfolgte Berichterstattung auch die Antragstellerin bereits diesbezüglich "vorbelastet" sein. Insoweit ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Weitergabe der Daten an den Untersuchungsausschuss in der Lage wäre, eine darüber hinausgehende Betroffenheit zu bewirken.

ddd) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auch im Übrigen gewahrt, insbesondere hinsichtlich der sinngemäß geltend gemachten Gefahr der Verletzung der Antragstellerin in ihrem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, welche möglicherweise aus der Weitergabe ihrer Daten resultieren könnte. Einer Aktenvorlage könnte grundsätzlich auch dieses Grundrecht als überwiegendes Recht eines Dritten im Sinne von § 15 Abs. 3 UAG LSA entgegenstehen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass durch die Weitergabe der von der Antragstellerin in Rede gestellten Daten an einen Untersuchungsausschuss eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht. Vorliegend hat die Antragstellerin jedoch eine solche konkrete Gefahr nicht glaubhaft gemacht. Zwar kann aus den Zeitungsartikeln für einen Leser die vage Vermutung entstehen, dass möglicherweise Hausbewohner des Hauses in der A-Straße, an welchem der Leichnam gefunden wurde, den Polizeischüler (aufgrund eines Einbruchs) getötet haben könnten. Dass sich dies jedoch durch die Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten an den Untersuchungsausschuss zu einer derart wahrscheinlichen Gefahr von körperlichen Übergriffen auf die Antragstellerin verdichtet, ist nicht ersichtlich. Für eine solche Prognose müssen außergewöhnliche und schwerwiegende Umstände geltend gemacht werden. Zudem dürfte sich eine solche Gefahr aufgrund der Geheimschutzvorkehrungen des Parlaments maximal bei einer die Antragstellerin individualisierbar machenden Veröffentlichung ihrer Personendaten durch den Untersuchungsausschuss ergeben. Dem kann jedoch wie oben erläutert ausreichend durch eine Nichtverlesung der Personendaten begegnet werden.

Aus den gleichen Gründen bleibt auch der Hilfsantrag der Antragstellerin ohne Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert in der Regel die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes, welcher vorliegend nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000 Euro zu bemessen wäre; nur in Verfahren, die die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, kann der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben werden. Wegen der Vorläufigkeit der hier begehrten Regelung kommt jedoch eine solche Anhebung nicht in Betracht, sodass der Streitwert auf 2.500,00 EUR festzusetzen war.

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