OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.08.2019 - 2 M 85/19
Fundstelle
openJur 2020, 46132
  • Rkr:

1. Für die Begründung einer Anordnung der sofortigen Vollziehung können bei gleichartigen Tatbeständen gleiche oder "gruppentypisierte" Begründungen ausreichen, soweit gewährleistet ist, dass auch die Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden.

2. Regelmäßig entspricht es einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch eine entsprechende Anordnung unterbindet.

3. Ein sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO liegt nur vor, wenn das Vorhaben bei typisierender Betrachtungsweise bezogen auf den Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets keine gebietsunüblichen Störungen bewirkt. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind daher nicht zulässig, wenn das Vorhaben - bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt.

4. Eine Hochzeits- und Eventlocation ist in einem allgemeinen Wohngebiet nicht offensichtlich als nicht störender Gewerbebetrieb i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.

5. Es bleibt offen, ob eine Hochzeits- und Eventlocation dem Anwendungsbereich der TA Lärm oder der Freizeitlärm-Richtlinie unterfällt.

6. Eine sich auf die formelle Illegalität einer Nutzung gestützte Nutzungsuntersagung stellt sich mit Blick auf eine mögliche Genehmigungsfähigkeit der Nutzung im Regelfall nur dann als unverhältnismäßig dar, wenn der erforderliche Bauantrag gestellt und nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der Erteilung der Baugenehmigung auch sonst keine Hindernisse entgegenstehen (Anschluss an OVG NRW, Beschluss vom 10.06.2019 - 10 B 678/19 -, juris, Rdnr. 9).

7. Es kann dahinstehen, ob die Bauaufsichtsbehörde zu einer Anordnung, einen Bauantrag zu stellen, befugt ist. Eine solche Anordnung erweist sich jedenfalls nicht als "milderes Mittel" gegenüber einer Nutzungsuntersagung, wenn das Vorhaben nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und die Genehmigungsfähigkeit nicht offensichtlich ist.

8. Eine Nutzungsuntersagung ist nicht im Hinblick auf das Insolvenzrisiko des betroffenen Unternehmens unverhältnismäßig, wenn das Unternehmen in Kenntnis des Erfordernisses einer Baugenehmigung und der von der Bauaufsichtsbehörde geäußerten Bedenken gegen die Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzung den Betrieb aufgenommen hat, ohne vorab die baurechtliche Zulässigkeit zu klären.

9. Bei der Bemessung des Zwangsgelds hat die Behörde ein weites Ermessen. Die Behörde darf auch berücksichtigen, dass sich der Pflichtige zuvor bewusst über Rechtsvorschriften hinweggesetzt hat und deshalb ein der Anordnung entsprechendes Verhalten nicht zu erwarten ist.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Verfügung des Antragsgegners, mit der ihr die Nutzung einer ehemaligen Scheune als Hochzeits- und Eventlocation untersagt wird.

Sie ist Mieterin des Grundstücks M-Straße in J., Ortsteil M. Das Grundstück ist mit einem früher als Scheune genutzten Gebäude und Nebengebäuden bebaut. Unter dem 19.04.2018 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Nutzung des Gebäudes als Hochzeits- und Eventscheune für Feiern und Jubiläen. Nachdem der Antragsgegner ihr in einem Anhörungsschreiben mitgeteilt hatte, dass das Vorhaben unzulässig sei, insbesondere weil die Art der Nutzung gegen den Rücksichtnahmegebot verstoße, nahm die Antragstellerin die Bauvoranfrage am 15.05.2018 zurück. Unter dem 02.07.2018 beantragte die Antragstellerin die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Nutzung des Gebäudes als "Seminar, Tagungs- und Eventscheune". Der Antragsgegner wies die Antragstellerin auf immissionsschutzrechtliche Bedenken hin und forderte sie zur Nachreichung von Bauvorlagen auf. Daraufhin nahm die Antragstellerin auch diesen Antrag zurück.

Laut Gewerbeanmeldung nahm die Antragstellerin am 01.05.2019 das Gewerbe der "Vermietung einer Eventlocation, Vermittlung von Serviceleistungen" auf. Nachdem der Antragsgegner Kenntnis darüber erlangt hatte, dass das Gebäude der ehemaligen Scheune für Veranstaltungen genutzt und auf der Webseite "www.land(...).b." für Vermietungen der Scheune zur Durchführung von Feiern geworben wird, kündigte er der Antragstellerin mit Schreiben vom 20.05.2019 seine Absicht an, die Nutzung des Gebäudes als Eventlocation mit sofortiger Wirkung zu untersagen. Am 03.06.2019 legte die Antragstellerin einen "Vorab-Entwurf des Berichts" über eine "schall-technische Machbarkeits-Untersuchung" eines Sachverständigen für Technische Akustik / Schallschutz vor. Darin heißt es, dass an dem kritischsten Immissionsort durch den von der Hoffläche ausgehenden Schall in der lautesten Nachtstunde unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 6 dB(A) für technisch verstärkte Geräusche ein Beurteilungspegel von Lr,N ˜ 42 sowie ein Spitzenpegel von Lmax ˜ 65 dB(A) bei einer Prognosetoleranz von ca. ± 3 dB zu erwarten sei. Damit ließen sich die Zielwerte für ein Misch- bzw. Dorfgebiet einhalten.

Mit Bescheid vom 12.06.2019 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin die Nutzung des Grundstücks einschließlich des gesamten darauf befindlichen Gebäudekomplexes als Hochzeits- und Eventlocation mit sofortiger Wirkung, drohte ein Zwangsgeld von 7.500 € für den Fall der Zuwiderhandlung an und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus: Die Nutzung des Grundstücks als Hochzeits- und Eventlocation sei formell illegal. Die durchgeführte Nutzungsänderung sei nach § 58 BauO LSA genehmigungspflichtig; eine Baugenehmigung sei nicht erteilt worden. Neben der formellen Illegalität, die bereits zum Erlass einer Untersagungsverfügung berechtigte, bestünden erhebliche Bedenken gegen die materielle Zulässigkeit des Vorhabens. Die nähere Umgebung sei entgegen früherer Einschätzung als faktisches allgemeines Wohngebiet einzustufen. Bei dem derzeitigen Betrieb durch die Antragstellerin handele es sich nicht um einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb, sondern nach Art und Umfang um eine Vergnügungsstätte. Durch die Hochzeits- und Eventlocation würden Lärmimmissionen in das allgemeine Wohngebiet hineingetragen, für die es noch keine Vorbelastung gebe. Der von der Antragstellerin vorgelegte "Vorab-Entwurf" eines Berichts zur Schallbeurteilung räume die bestehenden erheblichen Bedenken hinsichtlich der Lärmbelastung für die umliegenden Wohngrundstücke nicht aus. Eine Gleichzeitigkeit von Ereignissen in den drei angenommenen Nutzungsabschnitten sowie Reflexionen aufgrund der Lage einzelner Schallquellen in den Örtlichkeiten seien unberücksichtigt geblieben. Auf die Stellplatzsituation sowie den damit verbundenen An- und Abfahrtverkehr werde nicht eingegangen. Die Beurteilung der näheren Umgebung als Misch- bzw. Dorfgebiet sei unzutreffend. Selbst wenn Betriebszeiten bis 22:00 Uhr eingehalten würden, sei davon auszugehen, dass nicht alle Teilnehmer sofort den Veranstaltungsort verließen. Zudem sei die brandschutzrechtliche Prüfung noch immer nicht erfolgt. Es bestehe Veranlassung, die baurechtswidrige Nutzung des Objekts vollständig zu untersagen. Das Nutzungsverbot sei geeignet und erforderlich, um die rechtswidrige Nutzung zu unterbinden. Die wirtschaftlichen Interessen an dem weiteren Betrieb als Hochzeits- und Eventlocation hätten gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zurückzustehen. Dafür spreche auch die generalpräventive Funktion des formellen Baurechts. Die Androhung des Zwangsgelds sei geboten, um die Antragstellerin anzuhalten, dem Nutzungsverbot Folge zu leisten. Die Höhe des Zwangsgeldes sei angemessen. Dabei habe Berücksichtigung gefunden, dass die Antragstellerin das Vorhaben in Kenntnis der formellen Genehmigungspflicht und der bestehenden erheblichen Bedenken gegen die Zulässigkeit verwirklicht habe. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geboten, weil sich die Antragstellerin über die Ordnungsfunktion des formellen Baurechts hinweggesetzt habe und es Pflicht der Bauaufsichtsbehörde sei sowie im Interesse aller Bürger liege, die Ordnungsfunktion zu sichern. Hinzu komme, dass der Antragstellerin die Unzulässigkeit des Vorhabens bekannt gewesen sei. Die Anordnung bekämpfe die Vorbildwirkung einer illegalen Nutzung, entziehe dem "Schwarzbauer" ungerechtfertigte Vorteile und verhindere ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht. Andernfalls würde die fragliche Nutzung auf unbestimmte Zeit weitergeführt werden können, was im Hinblick auf die Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit sowie die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots und der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nicht zu verantworten sei. Hinzu komme, dass das Vorhaben hinsichtlich der Brandschutzanforderungen nicht habe überprüft werden können. Da eine Brandentstehung nicht auszuschließen sei, bestünden Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen.

Mit Beschluss vom 15.07.2019 - 2 B 131/19 HAL - hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Nutzungsuntersagung des Antragsgegners vom 12.06.2019 wiederherzustellen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Bei gleichartigen Tatbeständen könnten auch "gruppentypisierte" Begründungen den Anforderungen an die Begründung der Anordnung entsprechen. Bei baurechtlichen Nutzungsverboten sei es in der Regel ausreichend, wenn auf eine bei illegaler Nutzung bestehende Nachahmungsgefahr hingewiesen werde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nach § 79 Satz 2 BauO LSA lägen vor. Die Nutzungsänderung sei rechtswidrig, weil hierfür keine Baugenehmigung vorliege. Das Vorhaben sei genehmigungspflichtig, auch wenn zu bezweifeln sei, dass es unter den Begriff der Vergnügungsstätte falle. Die aufgenommene Nutzung als Hochzeits- und Eventscheune werfe aufgrund der nicht unerheblichen Lärmimmissionen durch feiertypischen Lärm, den Zu- und Abgangsverkehr, die Parkplatzsituation sowie die Beherbergung der Gäste andere planungsrechtliche Anforderungen als ein landwirtschaftlicher Betrieb auf. Für die formelle Illegalität sei es unerheblich, welchen Gebietscharakter die nähere Umgebung habe. Die Nutzungsuntersagung leide auch nicht unter Ermessensfehlern. Sei die Nutzung - wie hier - formell unzulässig, so mache die Bauaufsichtsbehörde in der Regel von ihrem Ermessen in rechtmäßiger Weise Gebrauch, wenn sie die unzulässige Nutzung untersage (intendiertes Ermessen). Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sei auch nicht hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Maßnahme seien erfüllt. Das angedrohte Zwangsgeld sei auch nicht unangemessen hoch.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Die Antragstellerin macht geltend, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend begründet worden. Die Anordnung müsse mit einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht bloß formelhaften schriftlichen Begründung versehen werden. Die Angabe, sie, die Antragstellerin, habe sich über die Ordnungsfunktion des formellen Baurechts hinweggesetzt, sei eine formelhafte Wendung, vermutlich unter Verwendung eines Textbausteins, die bei sämtlichen Nutzungsuntersagungen angewandt werden könne. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei baurechtlichen Nutzungsuntersagungen dürften standardisierte Begründungselemente verwendet werden, laufe dem Grundsatz zuwider, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst werden und das Erfordernis einer sofortigen Vollziehung sorgfältig prüfen müsse. Eine zumindest schwerpunktmäßig auf das Fehlen einer Genehmigung gestützte Nutzungsuntersagung könne nicht ohne weiteres vollziehbar sein. Das Abstellen auf die regelmäßig bestehende Nachahmungsgefahr sei nicht einzelfallbezogen. Im vorliegenden Fall bestehe auch nicht die Gefahr, dass andere Eigentümer zu einer gleichen oder annähernd ähnlichen Nutzung verleitet würden.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass regelmäßig eine auf den Einzelfall abstellende Darlegung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts erforderlich ist, gleichwohl aber keine übermäßig hohen Anforderungen an die Begründung gestellt werden dürfen. Die Funktion, der Behörde den Ausnahmecharakter der sofortigen Vollziehung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, erfordert regelmäßig, dass die Begründung der Vollziehungsanordnung auf den konkreten Fall abstellt und nicht nur formelhaft ist und dass die Behörde erkennen lässt, dass sie die Besonderheit einer sofortigen Vollziehung in ihrer Entscheidungsfindung beachtet hat. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin können bei gleichartigen Tatbeständen gleiche oder "gruppentypisierte" Begründungen ausreichen, soweit gewährleistet ist, dass auch die Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Das gilt insbesondere für baurechtliche Nutzungsverbote, weil - worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - in diesen Fällen regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (vgl. Beschluss des Senats vom 26.10.2012 - 2 M 124/12 -, juris, Rdnr. 10).

Die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht diesen Anforderungen. Soweit in der Begründung darauf hingewiesen wird, dass die Anordnung geboten sei, um dem "Schwarzbauer" ungerechtfertigte Vorteile zu entziehen und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht zu verhindern, handelt es sich um zwar eine "gruppentypisierte" Begründung, die den Sofortvollzug auch in anderen Fällen von Nutzungsuntersagungen rechtfertigen könnte. Eine solche Begründung ist jedoch nicht unzulässig, wenn - wie hier - die Interessenkonstellation in der Mehrzahl der Fälle gleich gelagert ist und deshalb gewisse Standardisierungen kaum zu vermeiden sind (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 15.07.2019 - 3 M 123/19 -, juris, Rdnr. 5). Es kommt hinzu, dass die vorliegende Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch auf den konkreten Einzelfall Bezug nimmt. Dort wird ausgeführt, dass die Fortführung des Betriebs ohne Durchführung des Genehmigungsverfahrens aufgrund von Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit sowie die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots und der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nicht verantwortet werden könne. Zudem habe das Vorhaben nicht in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des vorbeugenden baulichen Brandschutzes geprüft werden können, so dass Gefahren für Leben und Gesundheit bestehen könnten. Ob die Erwägungen der Behörde die Anordnung der sofortigen Vollziehung tatsächlich rechtfertigen, ist keine Frage des formellen Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO; für dieses kommt es nicht auf die inhaltliche Richtigkeit der behördlichen Begründung an (Beschluss des Senats vom 26.10.2012, a. a. O., Rdnr. 11, m. w. N.).

2. Weiter führt die Antragstellerin aus, die Ermessensausübung des Antragsgegners zum Erlass der Nutzungsuntersagung sei nicht ermessensgerecht, weil der bestehende Zustand offensichtlich genehmigungsfähig sei. Offensichtliche Genehmigungsfähigkeit liege vor, wenn das Vorhaben in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach zulässig sei. Der Gebietscharakter der näheren Umgebung sei deshalb nicht unbeachtlich. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richte sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB. Im Umkreis des Vorhabengrundstücks befänden sich landwirtschaftliche, gewerbliche und handwerkliche Betriebe sowie Wohngebäude, so dass sie Eigenart der näheren Umgebung nicht einem allgemeinen Wohngebiet i. S. des § 4 BauNVO, sondern einem Dorf- oder Mischgebiet i. S. des § 5 oder § 6 BauNVO entspreche. Während eines Ortstermins sei nicht der Eindruck entstanden, dass eine der beiden Nutzungsarten - der Wohnnutzung und der nicht wesentlich störenden gewerblichen Nutzung - überwiege. Die Nutzung als Hochzeits- und Eventscheune werde die wohnliche Nutzung nicht wesentlich stören. Die immissionsschutzrechtlichen Bedenken des Antragsgegners seien nicht haltbar. Das Wohnen im Dorf- und Mischgebiet müsse ein höheres Maß an Störungen hinnehmen als das Wohnen in Wohngebieten. Mit feiertypischem Lärm sei nur an Wochenenden zu rechnen. Sie, die Antragstellerin, werde persönlich die Freiluftveranstaltungen beenden und kontrollieren, dass sich Lärmimmissionen nicht in die Zeit der Nachtruhe erstreckten. Mit Zu- und Abgangsverkehr, der gleichermaßen bei Schank- und Speisewirtschaften auftrete, sei in einem Dorf- oder Mischgebiet zu rechnen; er finde auch bei der Bäckerei mit Lkw statt. Ein Großteil der Gäste werde mit dem Bus befördert. Die Parkplätze befänden sich in der Nähe der Eventlocation.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 18.10.2018 - 2 M 71/18 -, juris, Rdnr. 41, m. w. N.) entspricht es regelmäßig einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch eine entsprechende Anordnung unterbindet. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ist die daran anknüpfende Rechtsfolge indiziert. Es handelt sich insoweit um einen Fall des sogenannten intendierten Ermessens. Die Behörde macht deshalb im Regelfall von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise Gebrauch, wenn sie die formell rechtswidrige Nutzung einer Anlage unterbindet.

Ein Absehen von der Nutzungsuntersagung ist nicht deshalb geboten, weil - wie die Antragstellerin meint - die derzeitige Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei. Soweit die Antragstellerin ausführt, offensichtliche Genehmigungsfähigkeit liege vor, wenn das Vorhaben in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach zulässig sei, stellt die Antragstellerin die rechtlichen Anforderungen nicht umfassend dar. Die Anforderungen für die Erteilung einer Baugenehmigung ergeben sich aus § 71 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 62 Abs. 1 Nr. 2 BauO LSA. Danach setzt die Erteilung der Genehmigung die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach §§ 29 bis 38 BauGB, die Einhaltung der Anforderungen der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und der aufgrund der Bauordnung erlassenen Vorschriften sowie die Einhaltung der anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus. Die Anforderungen nach diesen Vorschriften sind nicht offensichtlich erfüllt.

Es ist steht nicht eindeutig ohne nähere Überprüfung in einem Baugenehmigungsverfahren fest, ob die derzeitige Nutzung den Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz gemäß § 14 Abs. 1 BauO LSA entspricht. Nach dieser Vorschrift sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Einen Brandschutznachweis (vgl. § 65 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA, §§ 3 Nr. 6, 15 BauVorlVO LSA) hat die Antragstellerin nicht vorgelegt. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, warum die gesetzlichen Anforderungen an den Brandschutz eindeutig eingehalten werden. Insbesondere geht aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor, welche Baustoffe verwendet werden, welche Rettungswege vorgehalten werden und auf welche Weise die Brandlöschung erfolgen kann. Die Unterlagen, die zu den Anträgen auf Erteilung von Bauvorbescheiden vorgelegt worden sind, enthalten hierzu keine Aussage, zumal sich die Bauvoranfragen nicht auf die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften bezogen haben. In der von der Antragstellerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten "Vorprüfung genehmigungsrelevanter Sachverhalte" des Dipl.-Ing. R. vom 18.06.2019 (Anlage A 6 zum Schriftsatz vom 21.06.2019) heißt es zwar, dass jedes Gebäude mindestens zwei Rettungswege besitze und die Zufahrtsmöglichkeiten für die Feuerwehr bestünden. Diese pauschalen Angaben gehen nicht auf alle Brandschutzanforderungen ein und sind nicht geeignet, qualifizierte Bauvorlagen zu ersetzen.

Es ist auch nicht offensichtlich, dass bauplanungsrechtliche Vorschriften eingehalten werden. Insbesondere spricht viel dafür, dass die Art der Nutzung des fraglichen Grundstücks als Hochzeits- und Eventlocation mit § 34 Abs. 2 BauGB nicht in Einklang steht. Die Annahme der Antragstellerin, dass es sich bei der näheren Umgebung nicht um ein allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO), sondern um ein faktisches Dorf- oder Mischgebiet (§§ 5, 6 BauNVO) handelt, drängt sich nicht auf. In dem angefochtenen Bescheid wird festgestellt, dass sich in dem Bereich, der nach Auffassung der Behörde als nähere Umgebung anzusehen ist, überwiegend Wohngebäude mit Hausgärten und Kleintierhaltung zu Freizeitzwecken befinden. Daneben werden fünf Grundstücke angegeben, die anderweitig genutzt werden. Auch die Antragstellerin hat nicht ausgeführt, dass in der Umgebung in nennenswertem Umfang weitere Nutzungen vorhanden sind, die nicht dem Wohnen dienen. Sie behauptet lediglich, dass während eines Ortstermins nicht der Eindruck entstanden sei, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten (Wohnen und nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe) überwiegend in Erscheinung trete. Aus der detaillierten Beschreibung in dem angefochtenen Bescheid geht jedoch hervor, dass der weit überwiegende Teil der Grundstücke zu Wohnzwecken genutzt wird und daher ein gleichberechtigtes Nebeneinander zwischen Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung, das ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) prägen würde, nicht vorliegen dürfte. Die Ausnahmen von der Wohnnutzung sind nach summarischer Prüfung nicht gebietsprägend und stehen mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets in Einklang. In dem angefochtenen Bescheid wird zutreffend ausgeführt, dass die Büroräume gemäß § 13 BauNVO und die Bäckerei sowie die Gaststätte gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sind. Die (eine) Bautischlerei dürfte nicht gebietsprägend sein und ist in einem allgemeinen Wohngebiet ebenfalls als nicht störender Handwerksbetrieb gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig. Eine Qualifizierung der näheren Umgebung als Dorfgebiet (§ 5 BauNVO) scheidet aus, da die für derartige Gebiete prägenden Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dort nicht (mehr) vorhanden sind. Ob der Bereich der näheren Umgebung in dem angefochtenen Bescheid zutreffend erfasst wurde, mag im Baugenehmigungsverfahren näher zu überprüfen sein. Jedenfalls gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass offensichtlich von einem anderen Bereich als näherer Umgebung auszugehen ist und dieser Bereich von einem gleichberechtigten Nebeneinander von gewerblichen Betrieben und Wohngebäuden geprägt ist.

Die fragliche Hochzeits- und Eventlocation ist nach der Art der Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet nicht offensichtlich zulässig. Die vorliegende Nutzungsart ist keiner der Fallgruppen des § 4 Abs. 2 BauNVO zuzuordnen. Insbesondere ist die Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, die neben nicht störenden Handwerksbetrieben nur der Versorgung des Gebiets dienende Anlagen erfasst, schon aufgrund der überregionalen Ausrichtung der vorliegenden Nutzung (siehe dazu die Internetauftritte https://hochzeits(...).info/hochzeits(...)/hochzeits(...)-g... und https://www.land(...).b./) weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Es ist zumindest zweifelhaft, ob es sich um einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handelt, der in einem allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig wäre. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, wenn das Vorhaben bei typisierender Betrachtungsweise bezogen auf den Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets keine gebietsunüblichen Störungen bewirkt. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind daher nicht zulässig, wenn das Vorhaben - bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, juris, Rdnr. 15 f.; Sächs OVG, Urteil vom 04.09.2018 - 1 A 279/18 -, juris, Rdnr. 52). Entscheidend ist dabei nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden (BVerwG, Urteil vom 21.03.2002, a. a. O., Rdnr. 16). Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob eine "Hochzeits- und Eventlocation", bei der - wie die Antragstellerin bei einem Gespräch mit Vertretern des Antragsgegners am 06.06.2019 eingeräumt hat - jedenfalls in der Zeit von Juni bis September an jedem Wochenende Veranstaltungen stattfinden, mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets noch in Einklang stehen kann.

Im Übrigen steht ohne nähere Prüfung nicht fest, dass die fragliche Nutzung im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Lärmimmissionen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme einhält. Nach diesem Gebot kann ein Bauvorhaben im Einzelfall unzulässig sein, wenn von ihm Beeinträchtigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der näheren Umgebung unzulässig sind. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme stellt, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Maßgebend ist u. a. Art und Ausmaß der schutzwürdigen Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten. Dessen Schutzbedürfnis ist gegen die ihrerseits schutzwürdigen Interessen des Bauherrn mit der Fragestellung abzuwägen, was dem einen und dem anderen nach Lage der Dinge - billigerweise - "zuzumuten" ist. Von einem Bauvorhaben und seinem Betrieb dürfen keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen auf die vorhandene Bebauung ausgehen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen werden regelmäßig die Richtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) herangezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - 4 C 8.11 -, juris, Rdnr. 19; Sächs. OVG, Beschluss vom 18.04.2019 - 1 B 10/19 -, juris, Rdnr. 19). Daran hat auch der Antragsgegner seine immissionsschutzrechtliche Prüfung in dem angefochtenen Bescheid orientiert. Allerdings sind nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgeschlossen (Ziffer 1 Buchst. b), so dass als Orientierungshilfe auch die Freizeitlärmrichtlinie der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 06.03.2015 in Betracht kommt. Sie gilt nach ihrer Ziff. 1 für Freizeitanlagen, die als Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG definiert werden, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden (vgl. zur Anwendbarkeit der Freizeitlärm-Richtlinie bei einem Kultur- und Gemeindezentrum: BVerwG, Beschluss vom 06.08.2018 - 7 B 4.18 -, juris, Rdnr. 5; OVG RhPf., Urteil vom 22.12.2017 - 1 A 11826/16 -, juris, Rdnr. 33, bei einer Festhalle: VGH BW, Urteil vom 24.02.2016 - 3 S 1256/15 -, juris, Rdnr. 50 f., bei einer "Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen": VGH BW, Urteil vom 04.08.2016 - 8 S 136/14 -, juris, Rdnr. 71 ff. und bei Räumlichkeiten für "Veranstaltungen verschiedener Art": OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 21.12.2015 - OVG 11 S 43.15 -, juris, Rdnr. 9). In dem Anhörungsschreiben vom 12.12.2018 im Bauvorbescheidverfahren hat der Antragsgegner die Heranziehung der Freizeitlärm-Richtlinie in Betracht gezogen.

Ob die fragliche Nutzung dem Anwendungsbereich der TA Lärm oder der Freizeitlärm-Richtlinie unterfällt, bedarf keiner abschließenden Beurteilung. Ohne nähere Prüfung in einem Baugenehmigungsverfahren kann jedenfalls weder angenommen werden, dass die Nutzung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm noch die Immissionsrichtwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie einhält.

Nach Nr. 6.1 der TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte in allgemeinen Wohngebieten tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A). Nr. 4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie sieht an Werktagen außerhalb der Ruhezeit einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A), an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) und nachts (allgemein) von 40 dB(A) vor. Als Ruhezeit wird u. a. die Zeit von 20 bis 22 Uhr gerechnet (Nr. 3.4 der Freizeitlärm-Richtlinie). Es spricht viel dafür, dass der nachts (für die Zeit ab 22:00 Uhr) sowohl nach der TA Lärm als auch nach der Freizeitlärm-Richtlinie maßgebliche Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nicht eingehalten wird. Eine Immissionsprognose hat die Antragstellerin nicht vorgelegt. Aus dem von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten "Vorab-Entwurf" eines Berichts über die "schall-technische Machbarkeit-Untersuchung" eines Sachverständigen für Technische Akustik / Schallschutz lässt sich die Einhaltung der Lärmimmissionswerte nicht entnehmen. Schon der Umstand, dass es sich um einen "Vorab-Entwurf" handelt, spricht gegen die Annahme, dass sich daraus verbindliche Aussagen über Schallimmissionen ableiten lassen. Darüber hinaus sind die in dem Entwurf getroffenen Feststellungen in mehrfacher Hinsicht zumindest fragwürdig und bedürften daher einer näheren Überprüfung. So weist der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid darauf hin, dass aus dem Berichtsentwurf eine Prüfung möglicher Schallreflexionen, des An- und Abfahrtsverkehrs und insbesondere der Gleichzeitigkeit von Ereignissen in den einzelnen angegebenen Emissionsbereichen (Hoffläche, Stall und Scheune) nicht hervorgeht. Im Übrigen geht selbst der vorgelegte Entwurf davon aus, dass das meistbetroffene Wohnhaus "M.-Straße" Schallimmissionen ausgesetzt ist, die einen Beurteilungspegel von 42 dB(A) und einen Maximalpegel von 65 dB(A) erreichen. Damit wären die nächtlichen Immissionsrichtwerte nach Ziffer 6.1 der TA Lärm sowie Ziffer 4.1 und 4.3 der Freizeitlärm-Richtlinie für ein allgemeines Wohngebiet von 40 dB(A) sowie für Geräuschspitzen in einem allgemeinen Wohngebiet von 60 dB(A) überschritten. Die Antragstellerin trägt zwar vor, Freiluftveranstaltungen würden um 22:00 Uhr beendet, so dass "mit gravierenden Lärmimmissionen nach 22 Uhr nicht zu rechnen" sei. Aus einer Nachbarbeschwerde vom 27.05.2019 geht demgegenüber hervor, dass um 23:18 Uhr noch immer laute Musik gespielt worden und "lautes Gelächter und Partygejohle" zu hören gewesen sei. Es kommt hinzu, dass auch bei einer Beendigung der Veranstaltung um 22:00 Uhr die Lärmquellen noch nicht unterbunden sind, weil die Teilnehmer den Veranstaltungsort nicht schweigend verlassen werden und mit Abfahrtsverkehr zu rechnen ist, selbst wenn ein Großteil der Teilnehmer mit dem Bus befördert werden sollte. Zudem bestehen - wie ausgeführt - erhebliche Zweifel, ob auf die Werte aus dem "Vorab-Entwurf" der "schall-technischen Machbarkeits-Untersuchung" zurückgegriffen werden kann. Daher kann ohne nähere Überprüfung auch die Einhaltung der tagsüber maßgeblichen Immissionsrichtwerte nicht als gesichert gelten.

3. Die Antragstellerin trägt weiter vor, sie habe einem Ingenieurbüro den Auftrag erteilt, einen Bauantrag einzureichen. Die Antragsunterlagen seien fertiggestellt und würden in Kürze eingereicht. Die Nutzungsuntersagung sei daher unverhältnismäßig.

Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Eine sich auf die formelle Illegalität einer Nutzung gestützte Nutzungsuntersagung stellt sich mit Blick auf eine mögliche Genehmigungsfähigkeit der Nutzung im Regelfall nur dann als unverhältnismäßig dar, wenn der erforderliche Bauantrag gestellt und nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der Erteilung der Baugenehmigung auch sonst keine Hindernisse entgegenstehen (OVG NW, Beschluss vom 10.06.2019 - 10 B 678/19 -, juris, Rdnr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Ein Bauantrag ist bislang nur angekündigt, aber nicht gestellt. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin in zwei Bauvorantragsverfahren auf bauplanungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Vorhaben hingewiesen. Die Bauvoranfragen wurden nicht beschieden, weil die Antragstellerin die Anfragen zurückgenommen hat. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass das Vorhaben nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig sei. Im Übrigen bestehen, wie ausgeführt, erhebliche Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der fraglichen Nutzung.

4. Weiter trägt die Antragstellerin vor, als milderes Mittel hätte sie aufgefordert werden müssen, einen Bauantrag zu stellen. Im Frühjahr 2018 hätten der Antragsgegner sowie der von ihr beauftragte Architekt und Planer ausdrücklich empfohlen, nur eine Bauvoranfrage einzureichen und zunächst keinen Bauantrag zu stellen. Der Antragsgegner habe ihr versichert, dass dies ausreiche und eine etwaige im Anschluss erforderliche Baugenehmigung kein Problem sei. Die Erteilung einer Baugenehmigung sei nach positiver Bescheidung der Bauvoranfrage reine Formsache. Sie, die Antragstellerin, habe sich deshalb darauf verlassen, dass vorerst, nach der Antragstellung zur Bauvoranfrage, nichts zu veranlassen sei und der Genehmigungsfähigkeit nichts entgegenstehe.

Aus diesem Vorbringen lässt sich nichts für die Unverhältnismäßigkeit der Nutzungsuntersagung entnehmen. Die Empfehlungen, die der Antragstellerin nach ihrem Vortrag erteilt worden sind, waren darauf gerichtet, das Verfahren zur Erteilung einer Baugenehmigung effektiv und zügig zu gestalten. Selbst wenn Mitarbeiter des Antragsgegners erklärt haben sollten, dass der Erteilung einer Baugenehmigung nichts entgegenstehe, wenn über die Bauvoranfrage positiv entschieden worden sei, ergibt sich daraus nicht, dass der Antragstellerin signalisiert worden ist, sie könne das Vorhaben bereits vor der Erteilung einer Baugenehmigung verwirklichen. Soweit die Antragstellerin vorträgt, ihr sei der Eindruck vermittelt worden, dass der Genehmigungsfähigkeit nichts entgegenstehe, hat sie nicht erläutert, aus welchen konkreten Aussagen sich dieser Eindruck ergeben haben sollte. Im Übrigen konnte sich die Antragstellerin selbst dann nicht zur Aufnahme der fraglichen Nutzung als berechtigt ansehen, wenn sie von der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ausgegangen wäre. Die Schilderung der Antragstellerin lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie sich sehr wohl darüber bewusst war, dass die Inbetriebnahme der Hochzeits- und Eventlocation eine Baugenehmigung voraussetzt. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass ihr - nach eigenem Vorbringen - das Bauvorantragsverfahren empfohlen wurde, um in Anschluss daran schnell und auf einfachem Wege eine Baugenehmigung zu erhalten. Von einer Entbehrlichkeit der Baugenehmigung kann die Antragstellerin demnach nicht ausgegangen sein.

Eine gegenüber der Antragstellerin erlassene Anordnung, einen Bauantrag zu stellen, erweist sich auch nicht als "milderes Mittel" gegenüber der Nutzungsuntersagung. Es kann dahinstehen, ob der Antragsgegner als Bauaufsichtsbehörde zu einer solchen Anordnung überhaupt befugt wäre (ablehnend zur Thüringer Bauordnung: Thür OVG, Beschluss vom 15.01.2019 - 1 EO 522/18 -, juris, Rdnr. 15 f.). Jedenfalls würde sich durch die Bauantragstellung an der formellen Rechtswidrigkeit der fraglichen Nutzung nichts ändern. Wie bereits ausgeführt, führt allein die Antragstellung regelmäßig nicht zur Unverhältnismäßigkeit einer auf die formelle Illegalität einer Nutzung gestützten Nutzungsuntersagung, wenn - wie hier - die Nutzung nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde nicht genehmigungsfähig ist und die Genehmigungsfähigkeit auch nicht offensichtlich ist. Die Antragstellerin hatte es selbst in der Hand, durch einen Bauantrag eine Klärung der Rechtmäßigkeit der fraglichen Nutzung herbeizuführen. Sie hat demgegenüber zweimal Bauvoranträge zurückgenommen und durch die Aufnahme des Betriebs einer Hochzeits- und Eventlocation ohne Baugenehmigung deutlich gemacht, dass sie ihr Vorhaben auch ohne Baugenehmigung durchführen will. Derjenige, der eine Nutzung ohne die erforderliche Baugenehmigung aufnimmt, kann nicht darauf vertrauen, die ungenehmigte Nutzung bis zu einer abschließenden gerichtlichen Klärung der Rechtslage beziehungsweise für die Dauer eines Genehmigungsverfahrens fortsetzen zu dürfen, sondern muss grundsätzlich jederzeit damit rechnen, mit einem sofort vollziehbaren Nutzungsverbot belegt zu werden. Sein Interesse, die ungenehmigte Nutzung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht einstellen zu müssen, ist in aller Regel rechtlich nicht schutzwürdig (OVG NW, Beschluss vom 27.05.2019 - 10 B 157/19 -, juris, Rdnr. 16).

5. Die Nutzungsuntersagung ist auch nicht im Hinblick auf einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unverhältnismäßig. Das Bundesverfassungsgericht hat offen gelassen, ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als tatsächliche Zusammenfassung der zum Vermögen eines Unternehmens gehörenden Sachen und Rechte zu den schutzfähigen Rechtspositionen der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gehört (BVerfG, Beschluss vom 30.11.2010 - 1 BvL 3/07 -, juris, Rdnr. 38; Beschluss vom 25.01.1984 - 1 BvR 272/81 -, BVerfGE 66, 116 und juris, Rdnr. 73). Jedenfalls handelt es sich bei § 79 Satz 2 BauO LSA, der die Bauaufsichtsbehörde zur Anordnung einer Nutzungsuntersagung berechtigt, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, um eine Inhalts-und Schrankenbestimmung i. S. des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt, weil die Anwendung der Norm im Einzelfall im Ermessen der Bauaufsichtsbehörden liegt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 15.05.2003 - 15 ZB 01.2359 -, juris, Rdnr. 4). Der Antragsgegner war nicht gehalten, bei der Ermessensentscheidung den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin am Bestand des Gewerbebetriebs größeres Gewicht einzuräumen. Zwar kann sich eine Nutzungsuntersagung gegenüber einem Unternehmen als unverhältnismäßig erweisen, wenn sie mit Blick auf das damit verbundene Insolvenzrisiko in ihren Auswirkungen nahezu einer Beseitigungsanordnung gleichkommen würde. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Behörde den illegalen Betrieb jahrzehntelang geduldet hat und viel dafür spricht, dass die im Streit stehenden Anforderungen, ggf. durch betriebliche Anordnungen, eingehalten werden können (vgl. OVG NW, Beschluss vom 27.05.2019 - 10 B 157/19 -, juris, Rdnr. 16; Beschluss vom 04.07.2014 - 2 B 508/14 -, juris, Rdnr. 5). Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Antragsgegner hat den Betrieb der Antragstellerin nicht über einen längeren Zeitraum geduldet. Wie bereits ausgeführt, spricht auch viel dafür, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist.

Zudem hat die Antragstellerin auf eigenes unternehmerisches Risiko gehandelt, indem sie in Kenntnis des Erfordernisses einer Baugenehmigung und der von der Bauaufsichtsbehörde geäußerten Bedenken gegen die Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzung den Betrieb aufgenommen hat, ohne vorab zu klären, ob die Nutzung der Örtlichkeiten baurechtlich zulässig ist (vgl. hierzu OVG NW, Beschluss vom 27.05.2019, a. a. O.). Die Antragstellerin hat am 07.05.2019 ein Gewerbe zur "Vermietung einer Eventlocation, Vermittlung von Serviceleistungen" angemeldet und als Beginn der angemeldeten Tätigkeit den 01.05.2019 angegeben. Der Antragstellerin war am 01.05.2019, als sie offenbar den Betrieb aufgenommen hat, aufgrund der Anhörungs- und Hinweisschreiben vom 03.05.2018, 31.07.2018, 12.12.2018 und 15.03.2019 in den Bauvorbescheidverfahren bekannt, dass der Antragsgegner erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Nutzung des Areals für Hochzeitsfeiern und ähnliche Veranstaltungen hatte. Zudem war ihr - wie oben ausgeführt - auch bewusst, dass die Aufnahme der Nutzung eine Baugenehmigung erfordert. Es lag auch in ihrem eigenen Risiko, wenn sie trotz der fehlenden Baugenehmigung und der Zweifel an der Zulässigkeit des Vorhabens vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist, die jetzt möglicherweise zu Schadensersatzforderungen führen. Es kommt hinzu, dass die Antragstellerin durch die illegale Nutzung auch wirtschaftliche Vorteile erlangt hat, die ihr bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht zugutegekommen wären (vgl. hierzu auch BayVGH, Beschluss vom 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 -, juris, Rdnr. 53).

6. Auch soweit sich die Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung richtet, hat sie keinen Erfolg. Die auf §§ 53 Abs. 1, 56, 59 SOG LSA gestützte Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 7.500 € begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, die der Zwangsgeldandrohung zugrunde liegende Nutzungsuntersagung sei nicht sofort vollziehbar, greifen ihre Einwände aus den vorstehenden Gründen nicht durch.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Höhe des Zwangsgeldes im Hinblick auf das Insolvenzrisiko rechtsfehlerhaft festgesetzt worden sei. Die Höhe des Zwangsgelds beträgt gemäß § 56 Abs. 1 SOG LSA mindestens fünf und höchstens 500.000,- €. Bei der Bemessung des Zwangsgelds innerhalb dieses Rahmens hat die Behörde ein weites Ermessen. Dabei richtet sich die Höhe des Zwangsgeldes nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Dringlichkeit der Sache und dem bisherigen Verhalten des Pflichtigen. Es ist ein Betrag zu wählen, der den Pflichtigen voraussichtlich veranlassen wird, seine Pflicht zu erfüllen; dabei wird auch seine finanzielle Leistungsfähigkeit eine Rolle spielen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2006 - 2 M 210/05 -, juris, Rdnr. 10; Nds. OVG, Urteil vom 23.02.2017 - 11 LB 94/16 -, juris, Rdnr. 43). Der Antragsgegner hat zur Begründung der gewählten Höhe des Zwangsgeldes insbesondere ausgeführt, dass die Antragstellerin das Vorhaben in Kenntnis der formellen Genehmigungspflicht und der bestehenden erheblichen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit verwirklicht und insofern den baurechtlichen Vorschriften keine Bedeutung beigemessen habe. Das Zwangsgeld werde in der angedrohten Höhe als erforderlich angesehen, weil sich die Antragstellerin bewusst über geltendes Baurecht hinweggesetzt habe. Damit hat der Antragsgegner zum Ausdruck gebracht, dass er ein Zwangsgeld in der angedrohten Höhe für geboten hält, um die Antragstellerin zur Befolgung der angeordneten Nutzungsuntersagung zu veranlassen. Hierbei durfte er berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin zuvor bewusst über Rechtsvorschriften hinweggesetzt hatte, also ein rechtmäßiges - der Anordnung entsprechendes - Verhalten nicht ohne weiteres zu erwarten ist. Weitergehende Ermessenserwägungen zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit waren nicht erforderlich, zumal sich die Höhe des Zwangsgeldes im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens bewegt und den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin im Hinblick auf die aufgenommene Nutzung in Kenntnis des Fehlens der Baugenehmigung und der Zweifel an der Zulässigkeit des Vorhabens - wie ausgeführt - eine allenfalls geringe Bedeutung zukommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 9.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei der Senat die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin anhand ihrer Angaben in der Antragsschrift geschätzt hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).