OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.04.2020 - 26 Sch 14/19
Fundstelle
openJur 2020, 45767
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des Antragstellers, den in der Schiedssache der Parteien von den Schiedsrichtern RiLG B (Obmann), RA A und RA C am 11. Juni 2019 erlassenen Schiedsspruch aufzuheben, wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 337.977,67 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Aufhebung eines am 11.06.2019 in Frankfurt am Main ergangenen Schiedsspruchs, mit dem seine gegen die Antragsgegnerin gerichtete Schiedsklage auf Leistung einer weiteren Abfindungszahlung wegen seines Ausscheidens als Kommanditist der Antragsgegnerin abgewiesen worden ist.

Der Schiedsklage lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsteller war einer der Kommanditisten der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin beabsichtigte im Jahr 2015, einen chinesischen Investor als weiteren Kommanditisten aufzunehmen. Im Zusammenhang mit dem Eintritt dieses Investors war vorgesehen, dass der Antragsteller und eine weitere Kommanditistin gegen Abfindungszahlung aus der Antragsgegnerin ausscheiden.

Die zu diesem Zweck geschlossene "Ausscheidensvereinbarung" (im Folgenden auch: AV) vom 22.06.2015 (Anlage K 6), auf die anstelle einer Darstellung der Einzelheiten Bezug genommen wird, sah unter Ziff. II. neben der Regelung eines Ausscheidens der Kommanditisten zum Ablauf des 30.06.2015 für die Abfindungszahlung Folgendes vor:

"2. Als Gegenleistung erhalten Sie jeweils - vorbehaltlich der Ziffer 4 - eine Abfindung in Höhe von bis zu jeweils € 1.900.000,00."

Die Vereinbarung enthielt unter Ziff. II. 4. außerdem eine Regelung, nach der die Abfindungen "zeitlich und in der Höhe im Verhältnis der Ratenzahlungen" im Zusammenhang mit dem Einstieg des chinesischen Investors fünf Banktage nach dem Eingang der jeweiligen Ratenzahlung der Einlage des Investors erfolgen sollten. Ferner war unter Ziff. II. 7. geregelt, dass mit den Zahlungen der Abfindungen alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Kommanditisten und der Antragsgegnerin erledigt seien.

Die Kommanditisten der Antragsgegnerin schlossen nachfolgend unter Beteiligung des Antragstellers und der weiteren ausgeschiedenen Kommanditistin mit dem chinesischen Investor einen "Vertrag über den Beitritt eines weiteren Kommanditisten" (im Folgenden: Beitrittsvertrag oder BV) vom 26./28.08.2015 (Anlage K 3), auf den anstelle einer Darstellung der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Der Vertrag enthielt unter "§ 2 Beitritt zur X-KG" in Ziff. 2.2. unter der Überschrift "Zahlung der Bareinlage" u.a. folgende Regelung:

"Änderungen der Bareinlage führen zu einer ihren ehemaligen Beteiligungen entsprechenden Anpassung der Abfindungen an die ehemaligen Kommanditisten (...) und Vorname1 X."

Ferner war in den Schlussbestimmungen des Vertrages unter Ziff. 16.5 geregelt, dass der Vertrag sämtliche Vereinbarungen der Parteien enthalte und alle mündlichen oder schriftlichen Verhandlungen, Vereinbarungen und Abreden ersetze, die zuvor zwischen den Parteien im Hinblick auf den Vertragsgegenstand geschlossen wurden.

In der Folgezeit leistete der chinesische Investor als eintretender Kommanditist die vertraglich vorgesehenen Ratenzahlungen. Der Antragsteller erhielt in Abhängigkeit von Zeitpunkt und Höhe der von dem Investor geleisteten Raten eine Abfindungszahlung von insgesamt 1,9 Mio. Euro.

Der Antragsteller hat mit der von ihm gegen die Antragsgegnerin erhobenen Schiedsklage einen Anspruch auf weitere Abfindungszahlung geltend gemacht und sich zur Begründung darauf berufen, dass der geleisteten Abfindungszahlung als Bemessungsgrundlage das sich aus dem Konzernjahresabschluss zum 31.12.2014 ergebende Eigenkapital zugrunde gelegen habe und ihm wegen der Erhöhung des Eigenkapitals im Konzernjahresabschluss zum 31.12.2015 eine höhere Abfindungszahlung zustehe.

In dem Schiedsverfahren wechselten die Parteien zunächst sieben Schriftsätze. Anschließend kam es zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht mit einer Dauer von 3 ½ Stunden und einem Wechsel von weiteren fünf Schriftsätzen der Parteien.

Das Schiedsgericht wies die Klage des Antragstellers mit dem Schiedsspruch vom 11.06.2019 ab und führte zur Begründung der Entscheidung aus, dass sich der geltend gemachte Anspruch weder aus den einschlägigen Regelungen der Ausscheidensvereinbarung vom 22.06.2015 in Verbindung mit Ziff. 2.2 des Beitrittsvertrages vom 26./28.08.2015 noch aus einer dieser Regelungen alleine ergebe. Im Übrigen wird anstelle einer Darstellung der Einzelheiten der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Schiedsgerichts auf den Schiedsspruch (Anlage K 1) Bezug genommen.

Der Schiedsspruch ist den Bevollmächtigten des Antragstellers im Schiedsverfahren am 16.06.2019 zugestellt worden.

Der Antragsteller begehrt mit seiner bei dem Oberlandesgericht am 10.09.2019 eingegangenen Antragsschrift die Aufhebung des Schiedsspruchs.

Der Antragsteller meint, der Schiedsspruch sei aus mehreren Gründen verfassungswidrig. Insbesondere beruhe er in verschiedener Hinsicht auf einer Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und einer willkürlichen Auslegung der vorgelegten Dokumente. Außerdem sei die Argumentation des Schiedsgerichts zur Auslegung der Vertragsklauseln derart widersprüchlich und fehlerbehaftet, dass der Schiedsspruch den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine Rechtsfindung in keiner Weise entspreche.

Das Schiedsgericht stütze die klageabweisende Entscheidung letztlich ausschließlich darauf, dass es aus dem Wortlaut der Formulierung "bis zu" in Ziff. II. 2. der AV eine angebliche "Deckelung" des Abfindungsanspruchs ableite. Dabei übergehe das Schiedsgericht in einer das rechtliche Gehör des Antragstellers verletzenden Weise dessen Vortrag zum Zustandekommen des Vertrages und der dem Vertrag zugrundeliegenden Willenserklärungen. Danach sei der Zusatz "bis zu" in dem vom Antragsteller geänderten Vertragsentwurf der AV vom 16.06.2015 (Anlage K 5) noch nicht enthalten gewesen, sondern nach der Erörterung des geänderten Vertragsentwurfs mit den Gesellschaftern in der Gesellschafterversammlung vom 22.06.2015 auf Verlangen des Gesellschafters Vorname2 X deshalb eingeführt worden, weil der Gesellschafter - wie die anderen Gesellschafter auch - zum Abschlusszeitpunkt befürchtet habe, dass das Konzern-Eigenkapital der Gesellschaft zum 31.12.2015 weiter absinken werde und er nicht gewollt habe, dass der Antragsteller auch in diesem Fall eine Abfindung in Höhe von 1,9 Mio. Euro erhalten sollte. Der Antragsteller sei nur unter dieser Voraussetzung mit der Formulierung einverstanden gewesen, ohne dass dem - auf ausdrückliche Frage des damaligen Beiratsvorsitzenden D - ein Gesellschafter widersprochen habe. Der Antragsteller habe diesen Sachverhalt mit der Schiedsklage unmissverständlich vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht noch einmal hervorgehoben. Das Schiedsgericht habe den Antragsteller mit diesem Vortrag, der von der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren nicht bestritten worden sei, nicht gehört und sich in den Gründen des Schiedsspruchs mit keinem Satz zu dem Vorbringen geäußert. Es ergebe sich aus diesem Zustandekommen der Formulierung in Ziff. II. 2. der AV und dem ihr zugrundeliegenden Erklärungswillen und -inhalt, dass die AV gerade keine Begrenzung auf eine Anpassung "nach unten" enthalten sollte. Dass eine Anpassung des Abfindungsanspruchs in beide Richtungen vorzunehmen sei, habe der Beiratsvorsitzende D den Gesellschaftern im Folgenden vor dem Abschluss des BV auch in der Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015 erklärt. Das Schiedsgericht habe diesen Vortrag des Antragstellers ignoriert und damit offenkundig gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs verstoßen.

Der Antragsteller beruft sich ferner darauf, dass das Schiedsgericht die Ausgleichsklausel in Ziff. II. 7 der AV falsch ausgelegt und diese so verstanden habe, als ob mit der Zahlung eines Betrages von 1,9 Mio. Euro alle Ansprüche erledigt seien. Es werde dadurch - auch im Gesamtkontext mit anderen Fehlern - die Systematik ordnungsgemäßer Rechtsfindung auf den Kopf gestellt.

Der Antragsteller meint, der von ihm geltend gemachte Anspruch ergebe sich, ohne dass es einer Auslegung der klaren und verständlichen Formulierung bedürfe, auch unmittelbar aus Ziff. 2.2 Abs. 7 des BV. In dieser Bestimmung sei geregelt, dass dem Antragsteller ein Anpassungsanspruch bezüglich seiner Abfindung zustehe, wenn sich die Einlage des Investors ändere. Bedingung für die Änderung der Einlage des Investors sei gewesen, dass sich das geprüfte Eigenkapital der Antragsgegnerin zum 31.12.2015 im Vergleich zum geprüften Eigenkapital zum 31.12.2014 um mehr als 500.000,00 € nach oben oder nach unten verändert. Diese Bedingung sei in Form einer Veränderung nach oben eingetreten. Der BV enthalte insoweit keine Beschränkung der Anpassung auf eine Änderung nach unten. Dies sei unbestritten und auch von dem Schiedsgericht zutreffend so gesehen worden. Insbesondere bestätigten sämtliche Ausführungen des Schiedsspruchs von S. 7 Abs. 3 bis S. 8 Abs. 2 den Anspruch des Antragstellers. Das Schiedsgericht habe den klar formulierten Anspruch in dem Schiedsspruch verbal relativiert, indem es mit Begriffen wie "Semantik" und "systematische Auslegungsmethode" versucht habe, "Stimmung zu machen". Anschließend habe das Schiedsgericht den Anspruch dann in einer ominösen und undurchsichtigen "Gesamtschau" untergehen lassen. Es handele sich um ein nicht verfassungskonformes - willkürliches - Vorgehen des Schiedsgerichts.

Nicht nur unzutreffend sondern ganz und gar unsinnig sei die Behauptung des Schiedsgerichts, dass der Anpassungsanspruch gemäß Ziff. 2.2 des BV als "Fremdkörper" an der betreffenden Stelle des Vertrages stehe. Tatsächlich wäre der Anspruch an keiner anderen Stelle besser angesiedelt. Zudem werde in dem Beitrittsvertrag nicht zwischen dem beitretenden Investor und dem Antragsteller differenziert. Es gelte Gleichbehandlung. Auffällig sei auch, dass das Schiedsgericht auf S. 9 des Schiedsspruchs spekuliere, dass aus der Vorgehensweise der Antragsgegnerin, nur 1,9 Mio. Abfindung zu zahlen, Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen der Parteien gezogen werden könnten. Tatsächlich habe die vertragsgerechte Zahlung der Grundsumme von 1,9 Mio. Euro mit dem Klageanspruch - dem Anpassungsanspruch gemäß Ziff. 2.2 des BV - nichts zu tun. Die Ausführungen des Schiedsgerichts verschleierten lediglich die fehlende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Antragstellers zum Zustandekommen der Formulierung in Ziff. II. 2. der AV.

Das Schiedsgericht habe das rechtliche Gehörs des Antragstellers auch deshalb verletzt, weil es seinen Vortrag ignoriert habe, dass der Beitrittsvertrag als später abgeschlossener Vertrag etwa entgegenstehende frühere Bestimmungen der AV ändere. Das Schiedsgericht habe darüber hinaus - trotz mündlichen und schriftlichen Sachvortrags - auch die Bestimmung in Ziff. 16.5 des BV unberücksichtigt gelassen. Es handele sich um eine Vertragsklausel, die das Schiedsgericht auch von sich aus hätte beachten müssen, zumal aus ihr mit nicht zu überbietender Deutlichkeit hervorgehe, dass sie entscheidungserheblich sei. Die Klausel besage, dass der BV sämtliche Vereinbarungen der Parteien enthalte und alle mündlichen und schriftlichen Verhandlungen, Vereinbarungen und Abreden, die zuvor zwischen den Parteien im Hinblick auf den Vertragsgegenstand geschlossen wurden, ersetze. Es habe gerade, wenn man davon ausgehen wolle, dass die AV eine Deckelung enthalte, zwangsläufig erörtert und entschieden werden müssen, in welchem Verhältnis die Verträge zueinander stünden und welche Auswirkungen Ziff. 16.5 des BV dabei habe, zumal das von dem Antragsteller schriftlich und mündlich vorgetragen worden sei.

Hinsichtlich des Protokolls der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015 (Anlage K 3) seien die Ausführungen des Schiedsgerichts mit rechtsstaatlichen Anforderungen nicht in Einklang zu bringen. Der Beiratsvorsitzende D habe den Antragsteller in der Gesellschafterversammlung mit der klaren Weisung vertreten, die Gesellschafter darüber aufzuklären, dass sich der Anpassungsanspruch gemäß späterem Beitrittsvertrag sowohl ermäßigen als auch erhöhen könne. Der Beiratsvorsitzende habe dementsprechend - was im Protokoll vermerkt sei - darauf hingewiesen, dass die Abfindung nach oben und nach unten anzupassen sei. Die Gesellschafter hätten dem durch Unterlassen eines Widerspruchs in der Versammlung, spätestens aber mit der späteren Protokollgenehmigung, zugestimmt. Es habe damit schon in der Gesellschafterversammlung ein übereinstimmendes Verständnis bestanden. Vor allem habe D aber mit seiner Erklärung gleichzeitig bestätigt, mit welchem Verständnis und welchem Inhalt er Ziff. 2.2 des BV mit notarieller Bevollmächtigung durch die weit überwiegende Mehrzahl der Gesellschafter abschließen werde. Der gesamte Sachverhalt sei vom Antragsteller schriftlich und durch Dokumentenvorlage vorgetragen worden. Indem sich das Schiedsgericht damit nicht auseinandergesetzt und die außerordentliche Gesellschafterversammlung offenbar als unbeachtliche "Plauderstunde" behandelt habe, habe es den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt.

Soweit sich das Schiedsgericht auf S. 12 des Schiedsspruchs mit der Frage befasst habe, ob Äußerungen der Herren E und D einen Anspruch begründen könnten, diene dies offenkundig zur Ablenkung, da der Antragsteller Entsprechendes weder vorgetragen noch beansprucht habe. Allerdings sei bedenklich, dass das Schiedsgericht ausgeführt habe, dass sich die Herren bei der Antragsgegnerin - soweit ersichtlich - nicht dafür eingesetzt hätten, dass diese auch entsprechend handele. Das Schiedsgericht habe übergangen, dass D genau dies getan habe, indem er die Gesellschafter auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015 über den Erhöhungsanspruch informiert und an anderer Stelle dem Antragsteller gegenüber das Einvernehmen der Antragsgegnerin und der Gesellschafter mit diesem Erhöhungsanspruch bestätigt habe. Es ergebe sich aus dem bereits im Schiedsverfahren vorgelegten E-Mails des Beiratsvorsitzenden D vom 26.02.2016 und 07.06.2014 (Anlage K 14), welchen Inhalt der von dem Beiratsvorsitzenden als Bevollmächtigter abgeschlossene Beitrittsvertrag in Bezug auf den Anpassungsanspruch in Ziff. 2.2 habe. Die Auffassung, dass ein Erhöhungsanspruch des Klägers bestehe, habe im Übrigen auch der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Antragsgegnerin E vertreten.

Im Hinblick auf die Äußerungen des Beiratsvorsitzenden D sei es sachlich falsch und widersprüchlich, dass das Schiedsgericht zu dem Ergebnis komme, dass die Formulierungen nicht in eine der tatsächlichen Vereinbarungen aufgenommen worden seien. Das Schiedsgericht verdrehe vorsätzlich die Fakten, wenn es auf S. 11 des Schiedsspruchs ausführe, dass sich die aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung ersichtlichen Formulierungen dazu, dass sich die Abfindungen nach unten und oben anpassen könnten, in dem abgeschlossenen Beitrittsvertrag nicht wiederfänden, obwohl dies wörtlich im Beitrittsvertrag stehe, was von dem Schiedsgericht an anderer Stelle des Schiedsspruchs auch ausdrücklich bestätigt worden sei. Der Schiedsspruch sei danach von Anfang bis Ende widersprüchlich und könne keinesfalls mit dem ordre public übereinstimmen.

Soweit sich der Schiedsspruch auf S. 10 mit Quotenfolgen des Eintritts des neuen Gesellschafters beschäftige, seien diese weder Gegenstand des Vortrags der Parteien gewesen, noch ergäben sie sich in dieser Interpretation aus dem Beitrittsvertrag. Die Ausführungen des Schiedsgerichts hätten auch nichts mit der Frage zu tun, ob dem Antragsteller ein Anpassungsanspruch zustehe oder nicht. Es entziehe sich der Kenntnis des Antragstellers, wie das Schiedsgericht zu solchen Informationen gekommen sei. Es sei in diesem Zusammenhang die Kenntnis des Akteninhalts eines zwischen der Antragsgegnerin und dem beitretenden chinesischen Investor geführten Schiedsverfahren notwendig, um auszuschließen, dass Erwägungen aus diesem Verfahren zur Abweisung der Schiedsklage des Antragstellers beigetragen hätten. Der Antragsteller beantragt insoweit die Beiziehung der Verfahrensakte dieses Schiedsverfahrens.

Der Antragsteller beruft sich mit Schriftsatz vom 16.10.2019 auch darauf, dass fraglich sei, warum das Schiedsgericht kein Protokoll der mündlichen Verhandlung erstellt habe. Der Antragsteller stellt in dem Schriftsatz zudem die Behauptung auf, dass das Schiedsgericht gleich zu Beginn der Verhandlung verkündet habe, dass in dem Verfahren "keinesfalls" Zeugen angehört würden.

Der Antragsteller beantragt:

Der in der Schiedssache der Parteien von den Schiedsrichtern RiLG B (Obmann) und den Schiedsrichtern RA A (Kläger) und RA C (Beklagte) am 11. Juni 2019 abgefasste Schiedsspruch wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Aufhebungsantrag des Antragstellers abzuweisen.

Die Antragsgegnerin meint, der Aufhebungsantrag sei bereits unzulässig, in jedem Fall aber unbegründet. Der Aufhebungsantrag erfülle nicht die Voraussetzungen des § 1059 ZPO für eine Aufhebung des Schiedsspruchs. Vielmehr begehre der Antragsteller mit seinem Antrag, eine Rechtsmittelinstanz zu schaffen, welche das Schiedsverfahrensrecht nicht vorsehe. Es lasse sich bereits der Lektüre des Schiedsspruchs entnehmen, dass sich das Schiedsgericht detailliert und im Einzelnen mit allen wesentlichen von den Parteien vorgebrachten Argumenten einschließlich der wesentlichen Argumente des Antragstellers beschäftigt und diese gewürdigt habe.

Der Antragsteller hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsätzen vom 06.03.2020, 13.03.2020 und 22.03.2020 ergänzend zur Sache Stellung genommen.

II.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist für die Entscheidung über den Aufhebungsantrag des Antragstellers gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig, da der Schiedsspruch vom 11. Juni 2019 in Frankfurt am Main als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ergangen ist.

Der Aufhebungsantrag ist zulässig. Er richtet sich gegen einen von allen Schiedsrichtern unterschriebenen, formwirksamen inländischen Schiedsspruch im Sinne des § 1054 ZPO und ist von dem Antragsteller gemäß § 1059 Abs. 3 S. 1, 2 ZPO innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Übermittlung des Schiedsspruchs an seine anwaltlichen Vertreter im Schiedsverfahren bei dem Oberlandesgericht gestellt worden.

In der Sache hat der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs keinen Erfolg, weil kein Aufhebungsgrund im Sinne des § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt.

Die von dem Schiedsgericht in dem Schiedsspruch vom 11.06.2019 vorgenommene Vertragsauslegung, nach der sich aus der Ausscheidensvereinbarung und dem Beitrittsvertrag kein Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf eine den geleisteten Betrag von 1,9 Mio. Euro übersteigende Zahlung ergibt, rechtfertigt keine Aufhebung des Schiedsspruchs wegen eines ordre public-Verstoßes im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO. Die Vertragsauslegung des Schiedsgerichts ist - unabhängig von ihrer vom Senat nicht zu überprüfenden sachlichen Richtigkeit - weder willkürlich noch liegt ihr ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör des Antragstellers zugrunde. Es ergibt sich im Hinblick auf den im Schiedsverfahren auch durch § 1042 Abs. 2 S. 1 ZPO gewährleisteten Schutz des rechtlichen Gehörs zugleich auch kein Aufhebungsgrund gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d) ZPO wegen Verletzung einer das schiedsrichterliche Verfahren betreffenden Bestimmung.

Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO aufgehoben werden, wenn seine Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt zugleich einen Verstoß gegen den inländischen (verfahrensrechtlichen) ordre public dar (BGH, Beschluss vom 07.06.2018, I ZB 70/17, Rn. 14; Beschluss vom 02.05.2017, I ZB 1/16, Rn. 16, jeweils m.w.N., zit. nach juris). Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung rechtlichen Gehörs gilt im Schiedsverfahren der Grundsatz, dass Schiedsgerichte das rechtliche Gehör im gleichen Umfang wie staatliche Gerichte gewähren müssen (Zöller/Geimer, ZPO 33. Aufl., § 1042 Rn. 5 m.w.N.; BGH, Urteil vom 11.11.1982, III ZR 77/81, Rn. 12, zit. nach juris; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.11.2018, 26 Sch 7/17; Beschluss vom 02.02.2017, 26 Sch 3/16).

Es ist allerdings für Schiedsgerichte - ebenso wie für staatliche Gerichte - grundsätzlich davon auszugehen, dass diese das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs setzt deshalb voraus, dass im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht in Erwägung gezogen worden ist (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 02.05.2017, I ZB 1/16, Rn. 18; BGH, Beschluss vom 18.07.2019, I ZB 90/18, Rn. 24; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12.09.2016, 1 BVR 1311/16, Rn. 3, jeweils zit. nach juris). Dabei ist zugrunde zu legen, dass sich das Schiedsgericht in den Gründen des Schiedsspruchs mit dem wesentlichen Kern des Vorbringens einer Partei, das eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft, inhaltlich auseinandersetzen muss, während die schlichte Auflistung von Schriftsätzen und die Wiedergabe eines Vorbringens als Parteivortrag die gebotene inhaltliche Auseinandersetzung nicht ersetzen können (BGH Beschluss vom 18.07.2019, I ZB 90/18, Rn. 25; vgl. zum Ganzen auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.01.2018, 26 Sch 12/16, Rn. 31, zit. nach juris).

Das Willkürverbot ergibt sich als verfassungsrechtliche Anforderung an Entscheidungen staatlicher Gerichte aus dem Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG. Willkürlich ist ein Richterspruch danach, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Dabei ist die Beurteilung anhand objektiver Kriterien zu treffen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird (zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 14.09.2011, 2 BvR 449/11, Rn. 28; Beschluss vom 04.02.2016, 2 BvR 2223/15, Rn. 64, jeweils zit. nach juris). Dem Willkürverbot kommt allerdings für Entscheidungen staatlicher Gerichte nur in Ausnahmefällen Bedeutung zu, weil die Gesetzesauslegung und -anwendung Sache der dafür zuständigen Fachgerichte ist und keiner Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2011, 2 BvR 449/11, Rn. 28).

Für das schiedsgerichtliche Verfahren gehören die Grundrechte zum Kern des (nationalen) ordre public (Zöller/Geimer, ZPO 33. Aufl., § 1059 Rn. 64; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.01.2013, 26 Sch 24/12, Rn. 24, zit. nach juris). Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot kann damit bei Schiedssprüchen einen Verstoß gegen den ordre public begründen und zu einer Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO führen. Zu beachten ist allerdings, dass das Willkürverbot wegen des im Aufhebungsverfahren geltenden Verbots der révision au fond (vgl. dazu Zöller/Geimer, a.a.O., § 1059 Rn. 47, 74) nicht dazu dienen kann, die Rechtsanwendung des Schiedsgerichts zu überprüfen und aus der sachlichen Unrichtigkeit eines Schiedsspruchs einen Aufhebungsgrund herzuleiten. Vielmehr ist der Anwendungsbereich des Willkürverbots in Übereinstimmung mit der vorstehend dargestellten verfassungsgerichtlichen Judikatur auf Fälle zu beschränken, in denen sich der Schluss auf eine durch sachfremde Erwägungen begründete Rechtsanwendung aufdrängt und daher ein Missbrauch der Rechtsprechungsbefugnis naheliegt.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich weder im Hinblick auf die von dem Antragsteller im Einzelnen gegen die Begründung des Schiedsspruchs erhobenen Rügen noch bei einer Gesamtbetrachtung der dem Schiedsspruch zugrundeliegenden rechtlichen und tatsächlichen Würdigung des Schiedsgerichts ein Verstoß des Schiedsspruchs gegen den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör oder das Willkürverbot.

Das Schiedsgericht ist in dem Schiedsspruch zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bestimmung in Ziff. II. 2. der AV vom 22.06.2015, die das Ausscheiden des Antragstellers und einer weiteren Gesellschafterin aus der Antragsgegnerin regelt, keine Anspruchsgrundlage für eine über 1,9 Mio. Euro hinausgehende Abfindungszahlung des Antragstellers zu entnehmen ist, und hat diese Auslegung in dem Schiedsspruch im Einzelnen näher begründet. Das Schiedsgericht ist dabei in Übereinstimmung mit allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen vom Wortlaut der Bestimmung ausgegangen und hat diesen wegen der Verwendung der Worte "bis zu" so verstanden, dass die an den Antragsteller zu leistende Abfindung "zwar dynamisch zu bestimmen", aber auf eine "Höchstsumme" von 1,9 Mio. Euro "gedeckelt" ist (Schiedsspruch, S. 8). Es bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür, dass das Wortlautverständnis des Schiedsgerichts, nach dem die Wendung "bis zu" in Verbindung mit der Bezeichnung mit einer bestimmten Geldsumme eine Obergrenze für den Anspruch des Antragstellers festlegt, sprachlich unzutreffend oder sogar willkürlich ist. Der Antragsteller beruft sich zumindest in erster Linie auch selbst nicht auf ein unzutreffendes sprachliches Verständnis des Schiedsgerichts, sondern darauf, dass das Schiedsgericht unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Bestimmung wegen eines ihr übereinstimmend zugrunde gelegten abweichenden Verständnisses der Gesellschafter zu einem anderen Auslegungsergebnis hätte gelangen müssen. Der Senat hat im Aufhebungsverfahren unter Berücksichtigung des Verbots einer révision au fond nicht zu prüfen, ob eine abweichende Auslegung der Bestimmung trotz deren Wortlauts möglich oder sogar zutreffend gewesen wäre. Maßgebend ist vielmehr allein, dass das Schiedsgericht bei seiner Würdigung das Vorbringen des Antragstellers zur Entstehungsgeschichte der Bestimmung in einer das rechtliche Gehör des Antragstellers wahrenden Weise in Erwägung gezogen und ohne Verstoß gegen das Willkürverbot als nicht ausreichend angesehen hat, um der Bestimmung entgegen ihrem Wortlaut einen 1,9 Mio. Euro übersteigenden Anspruch des Antragstellers entnehmen zu können. Das Schiedsgericht hat das Vorbringen des Antragstellers zur Entstehungsgeschichte der Bestimmung in den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs zusammenfassend wiedergegeben, indem es dargestellt hat, dass sich der Antragsteller darauf berufe, dass sich aus dem auf den 15.06.2015 datierten Entwurf der AV eine Bindung der Höhe der Abfindungszahlungen an die für die Einlage des eintretenden Gesellschafters zu stellende Bemessungsgrundlage ergäbe (Schiedsspruch, S. 9), und sich mit dem Vorbringen auch inhaltlich auseinandergesetzt, indem es dem Entwurf der AV für die Auslegung der Bestimmung deshalb keine maßgebende Bedeutung zugemessen hat, weil die Parteien in der von ihnen tatsächlich unterzeichneten Vereinbarung einen abweichenden Willen kundgetan hätten, indem sie die Bestimmung in dieser Form nicht mehr aufgenommen hätten (Schiedsspruch, S. 9 f.). Das Schiedsgericht hat bei dieser Würdigung, die im Aufhebungsverfahren wegen des Verbots einer révision auf fond nicht überprüfbar ist, auch nicht den Vortrag des Antragstellers übersehen, nach dem der vorgenommenen Änderung der Bestimmung die Befürchtung zugrunde lag, dass das Konzern-Eigenkapital der Gesellschaft zum 31.12.2015 weiter absinken würde. Vielmehr hat das Schiedsgericht im Rahmen der von ihm vorgenommenen Gesamtabwägung ausdrücklich auf - auch schon im Vorhergehenden (vgl. Schiedsspruch, S. 11) dargestellte - Erklärungen des Antragstellers in der Schiedsverhandlung Bezug genommen, nach denen die Parteien ursprünglich eine Steigerung des Eigenkapitals von 2014 zu 2015 "nicht im Blick hatten" und die Vereinbarungen "in dem Duktus einer fehlenden Möglichkeit der Verbesserung des Eigenkapitals abgefasst haben" (Schiedsspruch, S. 12 f.). Das Schiedsgericht hat das betreffende Vorbringen des Antragstellers aber im Rahmen der von ihm bei der Vertragsauslegung abschließend vorgenommenen Gesamtabwägung nicht für ausreichend erachtet, um Ziff. II. 2. der AV entgegen dem im Vorhergehenden dargestellten Verständnis des Wortlauts der Bestimmung einen Anspruch für eine Konstellation entnehmen zu können, die die Parteien bei Abschluss der AV auch nach dem Vorbringen des Antragstellers noch nicht bedacht hatten. Das Schiedsgericht hat sich damit bei der Auslegung von Ziff. II. 2. der AV inhaltlich in einer das rechtliche Gehör des Antragstellers wahrenden Weise mit dem wesentlichen Kern von dessen Argumentation zur Entstehungsgeschichte der Bestimmung und dem ihr zugrundeliegenden Willen der Vertragsparteien auseinandergesetzt und eine rechtliche Würdigung vorgenommen, die unter dem Aspekt des Willkürverbotes nicht zu beanstanden und im Übrigen wegen des Verbots einer révision au fond der Nachprüfung durch den Senat entzogen ist.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers oder eine willkürliche Rechtsanwendung des Schiedsgerichts ist auch in Bezug auf die Auslegung von Ziff. 2.2 des BV vom 26./28.08.2015 nicht feststellbar. Die Argumentation des Antragstellers, dass es wegen der klaren und verständlichen Formulierung der Ausgleichsklausel in Ziff. 2.2 Abs. 7 des BV keiner diesbezüglichen Vertragsauslegung bedurft habe, stellt allein auf den Wortlaut der Vertragsklausel ab und lässt unbeachtet, dass das Schiedsgericht unter Einbeziehung des Wortlauts der Klausel im Hinblick auf andere Auslegungsaspekte näher begründet hat, warum es die in dem Beitrittsvertrag zwischen den Gesellschaftern der Antragsgegnerin und dem neu beitretenden Investor enthaltene Vertragsklausel nicht als Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Antragstellers versteht. Die Begründung, mit der das Schiedsgericht einen Charakter der Ausgleichsklausel als Anspruchsgrundlage unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte der Vertragsauslegung verneint hat, bietet keine Anhaltspunkte für einen Verstoß des Schiedsspruchs gegen den ordre public insbesondere wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs oder des Willkürverbots und ist im Übrigen von dem Senat wegen des Verbots einer révision au fond nicht auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Das Schiedsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Antragstellers davon ausgegangen, dass der Wortlaut der Bestimmung ihrer Qualifizierung als Anspruchsgrundlage für sich betrachtet nicht entgegensteht (Schiedsspruch, S. 8), hat im Folgenden jedoch anhand "einer Gesamtschau aller zu berücksichtigenden Umstände" begründet, dass es sich bei der Bestimmung nicht um eine Anspruchsgrundlage für eine weitergehende Abfindungszahlung an den Antragsteller handele (Schiedsspruch, S. 8 f.). Dabei hat das Schiedsgericht seine Würdigung insbesondere darauf gestützt, dass sich die Vertragsklausel nach ihrer systematischen Stellung innerhalb der in § 2 des Beitrittsvertrages zum Beitritt des Investors und zur Zahlung der Bareinlage des Investors getroffenen Regelungen "als Fremdkörper" darstellen würde, wenn es für "eine dritte Person, nämlich einen austretenden Gesellschafter," eine Anspruchsgrundlage gegenüber der Antragsgegnerin bilden würde (Schiedsspruch, S. 8). Die mit dem konkreten Inhalt des von den Gesellschaftern mit dem Investor geschlossenen Beitrittsvertrages begründete systematische Vertragsauslegung des Schiedsgerichts bietet für eine Willkür des Schiedsgerichts keine Anhaltspunkte. Soweit der Antragsteller meint, dass ein ihm zustehender Anpassungsanspruch an keiner anderen Stelle des Vertrages besser angesiedelt wäre, stellt dies nicht in Frage, dass in der betreffenden Passage des Vertrages im Übrigen nur Modalitäten des Beitritts des Investors und insbesondere dessen Einlagepflicht geregelt worden sind. In diesem Zusammenhang kann eine Willkür der Rechtsanwendung des Schiedsgerichts auch nicht daraus hergeleitet werden, dass das Schiedsgericht im Rahmen der von ihm vorgenommenen Gesamtschau aller Umstände auch darauf verwiesen hat, dass die Bestimmung "in ihrem semantischen Sinne" lediglich darstelle, wie sich die Änderung der Bareinlage auf andere Umstände auswirken könne (Schiedsspruch, S. 8).

Das Schiedsgericht hat seine Argumentation zu Ziff. 2.2 des BV überdies auch darauf gestützt, dass eine Auslegung der Bestimmung als Anspruchsgrundlage mit dem Wortlaut der Regelung in Ziff. II. 2. der AV vom 22.06.2015 kollidieren würde und im Lichte dieser Regelung und der Abgeltungsklausel in Ziff. II. 7. der AV zu verstehen sei (Schiedsspruch, S. 8 f.). Dabei hat das Schiedsgericht hervorgehoben, dass die Regelung in Ziff. II. 2. der AV einen "eindeutigen Charakter als Anspruchsgrundlage" im systematischen Zusammenhang der Regelungen des Ausscheidens der Gesellschafter aufweise und es an einer deutlichen Formulierung eines Willens zur Abbedingung der in der AV enthaltenen Abgeltungsklausel fehle (Schiedsspruch, S. 9). Das Schiedsgericht hat damit ohne Verstoß gegen das Willkürverbot unter Berücksichtigung des Inhalts der beiden geschlossenen Verträge begründet, dass es die Bestimmung in Ziff. II. 2. der AV aufgrund ihres eindeutigen Charakters als Anspruchsgrundlage, die in einem systematischen Zusammenhang mit den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausscheiden der Gesellschafter aus der Antragsgegnerin steht, als abschließende Regelung der Ansprüche zwischen den ausscheidenden Gesellschaftern und der Antragsgegnerin versteht. Es bedurfte danach weder einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit einer Argumentation, nach der der Beitrittsvertrag als später abgeschlossener Vertrag etwaige entgegenstehende frühere Bestimmungen der AV ändert, noch kann die ergänzende Bezugnahme auf die in Ziff. II. 7. der AV getroffene Abgeltungsregelung vor dem Hintergrund der von dem Schiedsgericht argumentativ begründeten Maßgeblichkeit der Regelungen der AV als willkürlich angesehen werden.

Soweit das Schiedsgericht darauf hingewiesen hat, dass die Antragsgegnerin tatsächlich entsprechend den Ziff. II. und IV. der AV Ratenzahlungen in Höhe von insgesamt 1,9 Mio. Euro entsprechend dem prozentualen Verhältnis der jeweiligen Raten des beitretenden Investors geleistet habe, und davon ausgegangen ist, dass diese tatsächliche Handhabung "insoweit auch ein Rückschluss auf den tatsächlichen Willen der Parteien zulassen kann" (Schiedsspruch, S. 8 f.), handelt es sich im Gesamtzusammenhang der Argumentation des Schiedsgerichts lediglich um eine untergeordnete Erwägung, die selbst bei Unterstellung einer mangelnden Tragfähigkeit nicht dazu führt, dass die von dem Schiedsgericht umfassend begründete Vertragsauslegung als willkürlich erscheint.

Es kann ferner keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers daraus hergeleitet werden, dass das Schiedsgericht bei seiner Vertragsauslegung nicht auf die in Ziff. 16.5 des BV enthaltene Klausel eingegangen ist, nach der der Beitrittsvertrag sämtliche Vereinbarungen der Parteien enthält und alle zuvor getroffenen mündlichen oder schriftlichen Verhandlungen, Vereinbarungen und Abreden ersetzt. Es bedurfte nach der Vertragsauslegung des Schiedsgerichts keiner Erwägungen zur Frage einer Änderung der AV durch den BV, da das Schiedsgericht begründet hat, dass sich der mit dem Investor abgeschlossene BV seinem Regelungsbereich nach nicht auf die den ausgeschiedenen Gesellschaftern gegen die Antragsgegnerin zustehenden Abfindungsansprüche erstreckt.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers oder eine willkürliche Rechtsanwendung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Tatsachenvorbringen des Antragstellers zu den Erklärungen des Beiratsvorsitzenden D in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015. Das Schiedsgericht hat in den Gründen des Schiedsspruchs ausdrücklich berücksichtigt, dass sich in dem Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015 (Anlage K 3) unter Top 3. die Formulierung findet, dass sich die Abfindungen der Gesellschafter nach unten und nach oben anpassen können, und die betreffenden Erklärungen des Beiratsvorsitzenden in der Gesellschafterversammlung rechtlich dahingehend gewürdigt, dass sie "als alleinige Verbalisierung" der Möglichkeit, die Abfindungen nach oben anzupassen, nicht ausreichen, um die in Ziff. II. 2. der AV geregelte "Deckelung" für den Fall einer Erhöhung des Eigenkapitals im Jahr 2015 aufzuheben (Schiedsspruch, S. 11). Dabei hat das Schiedsgericht ergänzend darauf hingewiesen, dass es gerade dann, wenn die Parteien bei Abschluss der AV gemäß dem Vorbringen des Antragstellers noch nicht daran dachten, dass das Eigenkapital im Jahre 2015 höher sein könnte als im Jahre 2014, es sich für die Parteien angeboten hätte, ihren Willen der neuen Erkenntnislage entsprechend kundzutun und in der im August 2015 getroffenen vertraglichen Vereinbarung zu berücksichtigen. Die Würdigung des Schiedsgerichts beruht danach maßgebend darauf, dass das Schiedsgericht die Äußerungen des damaligen Beiratsvorsitzenden in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung nicht als die AV ändernde oder ergänzende Vereinbarung der Vertragsparteien im Sinne entsprechender rechtsverbindlicher Willenserklärungen ausgelegt und damit zumindest der Sache nach zwischen unverbindlichen Äußerungen und rechtsverbindlichen Willenserklärungen differenziert hat. Die Begründung des Schiedsspruchs wahrt danach durch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den protokollierten Erklärungen des Beiratsvorsitzenden das rechtliche Gehör des Antragstellers und bietet für eine willkürliche Rechtsanwendung keine Anhaltspunkte. Es stellt sich insbesondere als vertretbare Erwägung des Schiedsgerichts dar, dass die Äußerung des Beiratsvorsitzenden - auch wenn sie in der Gesellschafterversammlung unwidersprochen geblieben ist - gerade in Anbetracht des den Abfindungsanspruch der ausscheidenden Gesellschafter begrenzenden Wortlauts der Regelung in Ziff. II. 2. der AV von den Parteien dieser Vereinbarung bei Bestehen eines entsprechenden Regelungswillens gegebenenfalls noch schriftlich niedergelegt worden wäre.

Das Schiedsgericht hatte vor dem Hintergrund seiner Würdigung, nach der der Äußerung des damaligen Beiratsvorsitzenden in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung nicht der Charakter einer rechtsverbindlichen Willenserklärung zukommt, auch keinen Anlass, sich noch ausdrücklich damit zu befassen, dass der damalige Beiratsvorsitzende die Erklärung in der Gesellschafterversammlung auf Weisung und mit Vollmacht des Antragstellers abgegeben hat und dass der Äußerung von keinem Gesellschafter widersprochen wurde. Denn es kommt für die Frage, wie die Äußerung des Beiratsvorsitzenden rechtlich zu qualifizieren ist, weder auf eine Bevollmächtigung des Beiratsvorsitzenden noch auf das Ausbleiben eines Widerspruchs der Gesellschafter an. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des von dem Antragsteller hervorgehobenen Umstands, dass der Beiratsvorsitzende D durch seine Äußerung in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung kundgetan habe, mit welchem Inhalt er Ziff. 2.2 des Beitrittsvertrages mit notarieller Vollmacht der Mehrzahl der Gesellschafter der Antragsgegnerin abschließen werde. Denn der von den Gesellschaftern mit dem Investor geschlossene Beitrittsvertrag regelt nach der oben dargestellten Würdigung des Schiedsgerichts im Gegensatz zu der AV nicht die den ausscheidenden Gesellschaftern gegen die Antragsgegnerin zustehenden Ansprüche. Es ist vor dem Hintergrund der rechtlichen Würdigung des Schiedsgerichts auch nicht - wie der Antragsteller meint - im Sinne einer Verdrehung von Fakten widersprüchlich, dass das Schiedsgericht in seiner Würdigung davon ausgeht, dass der Beitrittsvertrag keine die Deckelung in der AV aufhebende Regelung enthält. Vielmehr setzt der Antragsteller insoweit lediglich sein von der Auslegung des Schiedsgerichts abweichendes Verständnis der Bestimmung in Ziff. 2.2 des BV an die Stelle der von dem Schiedsgericht begründeten Vertragsauslegung, nach der die in dem BV getroffene Regelung keine Anspruchsgrundlage zugunsten des ausscheidenden Gesellschafters bildet.

Das Schiedsgericht ist ferner in dem Schiedsspruch auch auf die weiteren von dem Antragsteller zitierten Äußerungen des Beiratsvorsitzenden D und des Geschäftsführers der Antragsgegnerin E eingegangen und hat diese dahin gewürdigt, dass sie als Äußerungen auf die Frage des Antragstellers nach einer bestehenden Rechtslage per se nicht geeignet seien, einen Anspruch zu begründen (Schiedsspruch, S. 12). Soweit das Schiedsgericht in diesem Zusammenhang auch ausgeführt hat, dass sich die betreffenden Personen, soweit ersichtlich, bei der Antragsgegnerin nicht für ein entsprechendes Handeln eingesetzt hätten, bezieht sich das Schiedsgericht erkennbar lediglich darauf, dass die betreffenden Personen gegenüber der Antragsgegnerin nicht auf eine über die geleistete Abfindung hinausgehende Zahlung an den Antragsteller hingewirkt haben. Die die Möglichkeit einer Anpassung der Abfindung nach oben betreffende Äußerung des Beiratsvorsitzenden D in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung steht zu dieser Argumentation des Schiedsgerichts in keinem Zusammenhang.

Es liegt schließlich auch nicht deshalb eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers vor, weil sich das Schiedsgericht in dem Schiedsspruch damit befasst hat, welche finanziellen Konsequenzen sich für die Antragsgegnerin in Bezug auf die für die Leistung der Abfindungen verfügbaren Mittel aus dem Umstand ergeben, dass sich die Einlagezahlung des eintretenden Gesellschafters wegen der Erhöhung des Eigenkapitals zum 31.12.2015 ebenfalls erhöht (Schiedsspruch, S. 10). Der Umstand, dass die Argumentation des Schiedsgerichts nicht Gegenstand des Vortrags der Parteien war, hinderte das Schiedsgericht nicht daran, bei der Vertragsauslegung selbst abstrakte Überlegungen zu den Auswirkungen der erhöhten Einlagezahlung des Investors auf die finanzielle Situation der Antragsgegnerin anzustellen. Es ist von dem Antragsteller auch nicht dargetan oder ersichtlich, dass den rechtlichen Erwägungen des Schiedsgerichts Tatsachenmaterial aus einem zwischen der Antragsgegnerin und dem beigetretenden Investor geführten Schiedsverfahren zugrunde liegt oder dieses Schiedsverfahren für die von dem Schiedsgericht getroffene Entscheidung sonst in irgendeiner Weise von Bedeutung war.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Würdigung ergeben sich auch bei einer Gesamtschau der die klageabweisende Entscheidung begründenden Würdigung des Schiedsgerichts keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den ordre public. Das Schiedsgericht hat seine für die getroffene Entscheidung maßgebende Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen auf rund sieben Seiten unter Anwendung verschiedener Kriterien der Vertragsauslegung ausgehend vom Wortlaut der jeweiligen Bestimmungen eingehend begründet. Der Umstand, dass das Schiedsgericht dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Abfindungsanspruch des Antragstellers ausschließlich in der zwischen den Gesellschaftern der Antragsgegnerin geschlossenen AV geregelt ist und der mit dem Investor geschlossenen Beitrittsvertrag mit den Bestimmungen zur Beitragszahlung des eintretenden Investors keine Anhaltspunkte für eine Auslegung der AV bietet, die der dem Wortlaut dieser Vereinbarung zu entnehmenden Deckelung der Abfindungsansprüche der ausscheidenden Gesellschafter entgegensteht, vermag einen Verstoß gegen den ordre public nicht zu begründen. Die Würdigung des Schiedsgerichts weist auch keine für einen Verstoß gegen den ordre public relevanten Lücken oder Widersprüche auf. So hat das Schiedsgericht bei seiner Würdigung neben den vertraglichen Regelungen auch die sonstigen für eine Vertragsauslegung maßgebenden Umstände, insbesondere die Entstehungsgeschichte der Regelungen und das Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015, berücksichtigt und im Gesamtzusammenhang nachvollziehbare rechtliche Erwägungen angestellt.

Soweit der Antragsteller mit seinem Schriftsatz vom 16.10.2019 bemängelt hat, dass das Schiedsgericht über die mündliche Verhandlung kein Protokoll erstellt habe, und zudem die Behauptung aufgestellt hat, dass das Schiedsgericht erklärt habe, in dem Verfahren Zeugen keinesfalls anzuhören, sind das schiedsrichterliche Verfahren betreffende Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d) ZPO von dem Antragsteller bereits nicht begründet geltend gemacht worden, da nicht erkennbar ist, welche Auswirkungen die von dem Antragsteller bemängelten Umstände auf das schiedsrichterliche Verfahren gehabt haben sollen. Darüber hinaus wären entsprechende Aufhebungsgründe, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, mit dem Schriftsatz vom 16.10.2019 auch nicht fristgerecht geltend gemacht, da der betreffende Schriftsatz erst nach Ablauf der 3-Monatsfrist des § 1059 Abs. 3 S. 1 ZPO eingegangen ist.

Soweit der Antragsteller nach Schluss der mündlichen Verhandlung in seinen Schriftsätzen vom 06.03.2020, 13.03.2020 und 22.03.2020 neuen Tatsachenvortrag gehalten hat, ist dieser bei der Entscheidung entsprechend § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen und bietet keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Es ergeben sich aus dem Vorbringen des Antragstellers in den Schriftsätzen auch keine für die rechtliche Würdigung des Senats relevanten neuen Aspekte. Insbesondere wird dadurch, dass das Schiedsgericht den Begriff "Duktus" in dem Schiedsspruch möglicherweise in einem vom üblichen Sprachgebrauch abweichenden Sinne verwendet sowie die im Tatbestand des Schiedsspruchs zutreffend dargestellte außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 17.07.2015 im Folgenden versehentlich auf den 15.07.2015 datiert und teils als "Hauptversammlung" bezeichnet hat, nicht in Frage gestellt, dass das Schiedsgericht die von ihm vorgenommene Vertragsauslegung in verständlicher Weise begründet hat.

Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 91 Abs. 1 ZPO aus dem Unterliegen des Antragstellers.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats die vom Antragsteller mit seiner Schiedsklage verfolgte Hauptforderung berücksichtigt.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte