Hessischer VGH, Beschluss vom 16.04.2020 - 1 B 2734/18
Fundstelle
openJur 2020, 45493
  • Rkr:

1. Als Instrument zur Qualifikationsfeststellung von Bewerbern im Rahmen der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG hat ein Assessment-Center nicht den gleichen Erkenntniswert wie dienstliche Beurteilungen/Arbeitszeugnisse, da Erkenntnisse aus einem Assessment-Center als Momentaufnahmen lediglich Aussagen zu Eignung und Befähigung, nicht aber zur fachlichen Leistung ermöglichen.

2. Beruhen Beurteilungen von Bewerbern auf unterschiedlichen Beurteilungssystemen, hat der für die Auswahl zuständige Dienstherr einen objektiven Vergleichsmaßstab zu bilden, auf dessen Grundlage er die Qualifikationseinschätzungen der Bewerber miteinander vergleichen kann.

3. Konstitutive Merkmale eines Anforderungsprofils müssen objektiv und ohne zusätzliches Werturteil des Dienstherrn eindeutig und unschwer festgestellt werden können.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2018 - 9 L 2317/18.F - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 14.725,89 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die 1970 geborene Antragstellerin hat das erste und das zweite juristische Staatsexamen absolviert (sog. Volljuristin). Sie ist seit 2001 bei der Antragsgegnerin beschäftigt und hat das Amt einer Verwaltungsdirektorin (Besoldungsgruppe A15) inne.

Der 1968 geborene Beigeladene ist Diplom-Ökonom. Er war von November 1997 bis September 2016 bei der Landesbank Rheinland-Pfalz, der von dieser abgespaltenen und verselbständigten Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz, und nach deren Fusionierung mit der Landesbausparkasse Baden-Württemberg zur Landesbausparkasse Südwest bei dieser tätig. Im Zeugnis der Landesbausparkasse Südwest vom 30. September 2016 heißt es: "Herr B. erledigte alle ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit". Von Januar 2017 bis Dezember 2017 war der Beigeladene als Abteilungsleiter Personal bei der Sparkasse Fulda beschäftigt. Im Zeugnis der Sparkasse Fulda vom 29. Dezember 2017 heißt es: "Herr B. erledigte die ihm übertragenen Aufgaben, für die ihm umfangreiche Kompetenzen eingeräumt waren, jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit".

Die Antragsgegnerin schrieb am 15. Dezember 2017 folgende Stelle aus:

"Stv. Abteilungsleiterin/Stv. Abteilungsleiter undReferatsgruppenleiterin/Referatsgruppenleiter Personalmanagement/Personalentwicklung(BesGr A16 HbsG/Entgeltgruppe 16 AGRiL-TgDRV-Führungskräfte). Die Stelle wurde bei der Antragsgegnerin intern sowie extern bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über Online-Jobplattformen ausgeschrieben.

Die Stellenbeschreibung in der Ausschreibung hat folgenden Inhalt:

"Ihre Aufgaben:

die Koordination und Steuerung der Aufgaben der Referatsgruppe Personalmanagement und Personalentwicklung

Führungsverantwortung für ein motiviertes Team von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

die personelle und fachliche Vertretung des Abteilungsleiters

die verantwortliche Mitarbeit in internen und externen Arbeits-/Projektgruppen einschließlich deren Leitung".

Zum Anforderungsprofil heißt es in der Ausschreibung:

"Ihr Profil:

erfolgreich abgeschlossenes (Hochschul-)Studium, z. B. der Rechtswissenschaften oder Betriebswirtschaftslehre

vertiefte Kenntnisse und Erfahrung im operativen und strategischen Personalmanagement

Erfahrung im Bereich Personalentwicklung

Bereitschaft zur Veränderung und Innovationen

Fachliche Kompetenz und überzeugende Persönlichkeit

Identifikation mit dem Leitbild der DRV Hessen sowie den Grundsätzen für Führung und Zusammenarbeit

eine ausgeprägte Koordinations- und Steuerungsfähigkeit

umfassende Führungserfahrung

hohes Verantwortungsbewusstsein

Kooperationsbereitschaft, Engagement, sicheres sympathisches Auftreten

Kommunikationsstärke und Verbindlichkeit

Durchsetzungsvermögen, Eigeninitiative, Entscheidungsfreude, Verhandlungsgeschick und Belastbarkeit".

In das Stellenbesetzungsverfahren war die Personalberatung Kienbaum Consultants International GmbH in Frankfurt am Main eingebunden.

Die Antragstellerin und sieben weitere von Mitarbeitern der Kienbaum GmbH aufgrund telefonischer Interviews ausgewählte Bewerber nahmen an persönlichen Gesprächen mit Vertretern der Kienbaum GmbH teil. Das persönliche Gespräch mit der Antragstellerin fand am 7. März 2018 statt. Nach der von der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Antragsgegnerin erstellten und so bezeichneten "Dokumentation der Auswahlentscheidung" vom 11. Mai 2018 gehörte die Antragstellerin zu den vier Kandidatinnen bzw. Kandidaten, die in den persönlichen Gesprächen mit den Vertretern der Kienbaum GmbH zu bestimmten Aspekten nicht überzeugen konnten, deshalb vorerst "on hold" gesetzt und nicht für das weiterführende Management-Audit eingeladen wurden. Am von der Kienbaum GmbH durchgeführten Assessment-Center (AC) als Management-Audit am 24. April 2018 nahm die Antragstellerin demgemäß nicht teil. Die Bewertung der dorthin vier geladenen Kandidaten nahmen zwei Mitarbeiter der Kienbaum GmbH sowie von Seiten der Antragsgegnerin die Vorsitzende der Geschäftsführung, der Abteilungsleiter der Verwaltungsabteilung sowie die Frauenbeauftragte vor.

Die - mit Email vom 3. Mai 2018 angeforderte - Regelbeurteilung der Antragstellerin für den Zeitraum 12. Januar 2013 bis 31. März 2018, die die Antragstellerin der Antragsgegnerin am 9. Mai 2018 vorlegte, ergibt, dass sich die Antragstellerin im obersten Bereich von sechs Punkten ("übertrifft die Anforderungen häufig") mit Tendenz zu sieben Punkten ("übertrifft die Anforderungen ständig in hervorragender Weise") bewegt. Die Antragstellerin eignet sich nach der Beurteilung uneingeschränkt für höherwertige Aufgaben in der Funktionsebene nach Besoldungsgruppe A16 Besoldungsgesetz.

In der "Dokumentation der Auswahlentscheidung" vom 11. Mai 2018 der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Antragsgegnerin wird ausgeführt, dass Grundlage der Auswahlentscheidung die Ergebnisse des AC sowie die dienstlichen Beurteilungen/Zeugnisse inklusive des bisherigen beruflichen Werdegangs der vier Bewerber (gemeint: der vier Bewerber, die am AC teilgenommen haben) seien. Aufgrund der Aktualität und der vollumfänglichen Vergleichbarkeit aller Bewerber, aber auch aufgrund der auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle ausgerichteten Herausarbeitung von Kompetenzen habe das AC die höhere Aussagekraft bei der Frage der Eignung und Befähigung für die ausgeschriebene Stelle.

Zudem heißt es in der "Dokumentation der Auswahlentscheidung" vom 11. Mai 2018, aufgrund der positiven Ergebnisse des AC und unter Berücksichtigung der Zeugnisse/dienstlichen Beurteilungen aller acht Kandidaten sei entschieden worden, die vier "on hold" gesetzten Kandidaten nicht nachträglich für ein Management-Audit einzuladen. Der "Dokumentation der Auswahlentscheidung" vom 11. Mai 2018 sind beigefügt ein Vergleich der Zeugnisse/dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen und Bewerber im AC - darunter der Beigeladene - sowie ein Vergleich der Zeugnisse/dienstlichen Beurteilungen der "on hold" gesetzten Bewerber - darunter die Antragstellerin - zur Prüfung, ob diese in das Assessment-Center (AC) einzubeziehen sind. Die Vergleiche datieren jeweils auf den 9. Mai 2018.

Die "Dokumentation der Auswahlentscheidung" vom 11. Mai 2018 endet mit dem Vorschlag, den Beigeladenen in einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis mit sechsmonatiger Probezeit bei der Antragsgegnerin einzustellen und ihm die ausgeschriebene Stelle des stellvertretenden Abteilungsleiters und Referatsgruppenleiters Personalmanagement/Personalentwicklung in der Verwaltungsabteilung der Antragsgegnerin zu übertragen.

Der Vorstand der Antragsgegnerin traf die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen in seiner Sitzung vom 24. Mai 2018.

Nachdem die Vorsitzende der Geschäftsführung der Antragsgegnerin den Leiter der Abteilung Verwaltung darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass der Beigeladene ab dem 1. Juni 2018 als sein Stellvertreter eingestellt werden solle, und die Antragstellerin hiervon erfahren hatte, legte sie mit Schreiben vom 30. Mai 2018 Widerspruch gegen die Besetzung der Stelle mit dem Beigeladenen ein. Nachdem die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 11. Juni 2018 darüber informierte, dass die Stelle mit dem Beigeladenen besetzt werden solle, erhob die Antragstellerin vorsorglich mit Schreiben vom 19. Juni 2018 erneut Widerspruch. Über den Widerspruch ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

Am 30. Mai 2018 hat die Antragsgegnerin beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Die Antragsgegnerin habe versucht, Rechtsschutzmöglichkeiten der Antragstellerin zu vereiteln und ihr die Auswahl erst nach Beantragung des Eilrechtsschutzes mit - inhaltlich unzureichendem - Schreiben vom 11. Juni 2018 mitgeteilt. Die unbestimmte Ausschreibung entspreche nicht den Anforderungen der zu besetzenden Stelle, die in den letzten zwanzig Jahren ausschließlich mit Volljuristen besetzt gewesen sei. Die Kienbaum GmbH habe nur unzureichende Kenntnisse über Aufgaben und Organisation der Abteilung Verwaltung. Die aktuelle dienstliche Beurteilung der Antragstellerin sei nicht Grundlage ihres Ausschlusses vom weiteren Auswahlverfahren am 7. März 2018 gewesen.

Die Antragstellerin hat beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle des stellvertretenden Abteilungsleiters/Referatsgruppenleiters Personalmanagement/Personalentwicklung (Ausschreibung 43/2017) mit dem Beigeladenen oder sonst zu besetzen, bis die Antragsgegnerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein erneutes Auswahlverfahren durchgeführt hat,

hilfsweise,

die Aufhebung bzw. die Erklärung der Unwirksamkeit der Ernennung/des Arbeitsvertrags für den Fall, dass die Antragsgegnerin die Stelle des stellvertretenden Abteilungsleiters/Referatsgruppenleiters Personalmanagement/Personalentwicklung (Ausschreibung 4312017) mit dem Beigeladenen oder sonst besetzt hat, bevor das Gericht dies untersagt, bzw. die Besetzung trotz Einlassung des Gerichts vornimmt.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung im gerichtlichen Eilverfahren sei die Auswahlentscheidung noch nicht bekannt gegeben gewesen. Die Auslagerung des Verfahrens auf die Kienbaum GmbH sei erfolgt, um möglichen Interessenkonflikten bei der Stellenbesetzung in der (Personal-) Verwaltung zu begegnen. Die maßgeblichen Entscheidungen über Struktur des Verfahrens und Auswahl der Bewerber habe die Antragsgegnerin getroffen und im Einzelnen dokumentiert. Es stehe in ihrem Ermessen, die Zugangskriterien und Anforderungsprofile für die ausgeschriebene Stelle festzulegen und ggf. zu verändern. Vor diesem Hintergrund dürfe sie die Stelle auch mit einem Externen besetzen. Die Ausschreibung sei im Hinblick auf einen Hochschulabschluss bewusst offen erfolgt. Als wesentlich seien vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen im operativen und strategischen Personalmanagement sowie Erfahrungen im Bereich der Personalentwicklung erachtet worden. Diese Voraussetzungen erfülle die Antragstellerin nicht. Die von der Antragstellerin nachgereichte dienstliche Beurteilung habe der Auswahlentscheidung zugrunde gelegen. Es habe der dienstlichen Beurteilung aber nicht bedurft, um zu erkennen, dass die Antragstellerin bezogen auf das Anforderungsprofil deutlich gegenüber den anderen Bewerbern zurückstehe, die über vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen im Personalbereich verfügten.

Der Beigeladene hat die Ansicht vertreten, bereits aus der Begründung des Eilantrages werde die mangelnde Eignung und Befähigung der Antragstellerin deutlich, Führungsverantwortung für die Personalfunktion der Antragsgegnerin zu übernehmen. Externe Personaldienstleister seien eignungsdiagnostisch versiert und in der Lage, das Bewerbungsverfahren zu objektivieren. Die Antragstellerin erfülle nicht die Anforderungen für die zukünftige Ausrichtung der ausgeschriebenen Stelle. Er hingegen habe eine langjährige Berufspraxis in diesem Bereich.

Mit Beschluss vom 28. November 2018 hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin untersagt, die Stelle vorläufig bis zur Durchführung eines neuen Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts mit dem Beigeladenen zu besetzen. Die Antragsgegnerin habe ausweislich des Vermerks vom 11. Mai 2018 einen Bewertungsvergleich anhand der Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen nicht vorgenommen. Vielmehr sei die Antragstellerin bereits nach dem ersten persönlichen Gespräch vom weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen worden, zu einem Zeitpunkt, zu dem die aktuelle Regelbeurteilung vom 4. Mai 2018 noch nicht vorgelegen habe. Die Antragsgegnerin hätte nur dann über die Eignung der Bewerber in einem gestuften Auswahlverfahren mit Hilfe konstitutiver Anforderungsmerkmale befinden dürfen, wenn die ausgeschriebene Stelle zwingend besondere objektiv überprüfbare - und nicht wie hier einer Bewertung unterliegende - Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetze, die sich die Antragstellerin nicht in angemessener Zeit verschaffen könne.

Gegen den - ihr am 30. November 2018 zugestellten - Beschluss des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 13. Dezember 2018 Beschwerde eingelegt.

Mit am 28. Dezember 2018 beim Beschwerdegericht eingegangener Begründung vom selben Tag trägt sie vor, die Antragstellerin sei im Auswahlverfahren verblieben. Vier Bewerber hätten aber aufgrund der Unterlagen und Gespräche hinsichtlich ihrer Eignung, Befähigung und Leistung die weitreichendste Qualifikation vorweisen konnten. Die Berücksichtigung der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin sei vor der Auswahlentscheidung in der Sitzung des Vorstandes am 24. Mai 2018 erfolgt, und habe keinen Bewerbervorsprung ergeben. Die Antragstellerin sei als Referatsleiterin allenfalls am Rande mit Fragen des Personalmanagements und der Personalentwicklung befasst gewesen. Die vier Mitbewerber hätten sehr gute Bewertungen enthalten und seien zudem ganz oder in Teilen bereits auf Abteilungsleiterebene tätig gewesen. Bei im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten lägen die Bestimmung weiterer (Hilfs-)Kriterien ebenso wie die Festlegung der Anforderungen der Stelle im weiten Ermessen des Dienstherrn. Die erforderlichen besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten seien in das Anforderungsprofil der Stelle aufgenommen worden. Bei im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern dürfe die dienstliche Erfahrung den Ausschlag geben. Diese sei bei der Antragstellerin allenfalls gering ausgeprägt, aber notwendig für die zu besetzende Leitungsaufgabe mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Orientierung der Auswahlentscheidung an der konkreten Dienstposition und dem sich daraus ergebenden Anforderungsprofil sei zulässig, weil die Wahrnehmung der neuen Aufgabe zwingend besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetze, die sich ein Bewerber nicht in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigungen der Aufgabenwahrnehmung verschaffen könne. Der ausgewählte Bewerber müsse mit den Prozessen des Personalmanagements und der Personalentwicklung bereits weitreichend vertraut sein, damit er sie konzipieren, steuern und auswerten könne. Er dürfe als Leiter nicht weniger Kenntnisse und Fähigkeiten haben als die übrigen Mitarbeiter der Referatsgruppen, die angeleitet und geführt werden sollen. Bereits die Bezeichnung der ausgeschriebenen Stelle zeige offenkundig, dass die auszuübende Leitungsfunktion die im Anforderungsprofil vorgesehenen vertieften Kenntnisse und Erfahrungen im operativen und strategischen Personalmanagement sowie Erfahrung im Bereich Personalentwicklung zwingend erfordere. Diese Anforderungen seien auch hinreichend objektivierbar, erwerbsbiographisch erfassbar und quantifizierbar.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 2018 die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Soweit sich die Antragsgegnerin nicht mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts auseinandersetze, die Anforderungsmerkmale seien aufgrund der gewählten Formulierungen nicht objektiv überprüfbar, sei die Beschwerde bereits unzulässig.

Der Eignungsvergleich im April 2018 sei auf Grundlage der (bis zu diesem Zeitpunkt) "im Bewerbungsverfahren vorgelegten Unterlagen" und damit ohne dienstliche Beurteilung erfolgt, wie sich aus der Prozessdokumentation der Kienbaum GmbH ergebe. Das Auswahlgespräch sei nicht dokumentiert, was gegen Art. 19 Abs. 4 GG (i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG) verstoße. Die dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen enthielten keine Eignungsprognose i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG, sondern nur eine Leistungsbewertung und seien nicht miteinander vergleichbar (gemacht worden). Der Beigeladene habe seine Bewertung nicht in einem höheren Statusamt, sondern in der Privatwirtschaft erhalten. Die Auswahlentscheidung enthalte keine Gründe für die Ausnahme der Orientierung der Anforderungsmerkmale am Dienstposten. Soweit die Gründe im Schriftsatz vom 28. Dezember 2018 nachgeholt worden seien, würden die Voraussetzungen des § 114 Satz 2 VwGO umgangen. § 10 BeamtStG zeige, dass die Möglichkeit einer Einarbeitung bestehe und vorausgesetzt werde. Es sei nicht ersichtlich, wieso im Bereich Personal spezielle Fachkenntnisse gefordert würden, nicht aber in den sonstigen Fachabteilungen. Die Konkretisierung des Kriteriums "Erfahrung im Bereich Personalentwicklung" habe nicht erst im Auswahlvermerk und nach Sichtung der Unterlagen erfolgen dürfen.

Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und Akteninhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich der beigezogenen Gerichtsakte des unter dem Az. 1 B 185/19 geführten Beschwerdeverfahrens Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch der Antragstellerin als Voraussetzungen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO bejaht. Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, das die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bestimmt, rechtfertigt keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung.

Die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen hat die Antragstellerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.

Bei mehreren Bewerbern gilt folgendes:

Hat sich der Dienstherr in der Stellenausschreibung des Personalauswahlinstruments eines Anforderungsprofils bedient und hierbei in rechtmäßiger Weise den Kreis der Bewerber durch das Aufstellen eines sog. konstitutiven Anforderungsprofils, dessen Merkmale die Bewerber zwingend erfüllen müssen, gesteuert und eingeengt, scheiden Bewerber, die ein konstitutives Merkmal nicht erfüllen, aus dem Auswahlverfahren aus. Ein umfassender Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsvergleich (Qualifikationsvergleich) findet dann nur zwischen den Bewerbern statt, die das konstitutive Anforderungsprofil erfüllen.

Hat der Dienstherr kein konstitutives Anforderungsprofil geschaffen, so muss ein Qualifikationsvergleich sämtlicher Bewerber erfolgen.

Ausgangspunkt dieses für die Auswahlentscheidung vorzunehmenden Vergleichs sind in erster Linie die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber (erste Ebene). Beurteilungsmaßstab bei dienstlichen Beurteilungen sind dabei die Anforderungen des (ausgeübten oder angestrebten) statusrechtlichen Amtes, nicht hingegen die Anforderungen der (aktuellen oder beabsichtigten) konkreten dienstlichen Verwendung des Beamten (Amt im konkret-funktionellen Sinn, Dienstposten). Besteht auf der Grundlage der Gesamturteile der aktuellen dienstlichen Beurteilungen ein annähernder Gleichstand der Bewerber (sog. qualifikatorisches Patt), hat eine umfassende inhaltliche Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilung anhand der in ihnen enthaltenen statusamtsbezogenen Einzelbewertungen zu erfolgen (sog. Ausschöpfung/Ausschärfung).

Ergibt der Qualifikationsvergleich nach den Gesamturteilen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen sowie nach Ausschöpfung der in ihnen enthaltenen Einzelbewertungen eine im Wesentlichen gleiche Eignung der Bewerber, liegt es - vorbehaltlich normativer Regelungen wie § 33 Abs. 1 Satz 2 der Bundeslaufbahnverordnung - im Ermessen des Dienstherrn, welche weiteren leistungsbezogenen Erkenntnisquellen (zweite Ebene) er zur Bestenauslese im Auswahlverfahren heranzieht. Als leistungsbezogene Erkenntnisquellen kommen frühere dienstliche Beurteilungen unter dem Blickwinkel der Kontinuität und der (prognostischen) Entwicklung des Leistungsbildes der Bewerber in Betracht, aber auch in einem sog. nichtkonstitutiven (fakultativen) Anforderungsprofil enthaltene Qualifikationserwartungen des Dienstherrn, die zudem an Erfordernisse des zu vergebenden konkreten Dienstpostens anknüpfen können. Auf dieser zweiten Ebene sind auch auf konkrete Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens bezogene strukturierte Auswahlgespräche als leistungsbezogene Erkenntnisquellen zulässig.

Erst wenn sowohl nach den aktuellen dienstlichen Beurteilungen (erste Ebene) als auch nach der im jeweiligen Einzelfall auf Grund einer Ermessensentscheidung erfolgten Heranziehung bestimmter leistungsbezogener Erkenntnisquellen (zweite Ebene) ein qualifikatorisches Patt verbleibt, darf der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung auf nicht leistungsbezogene Hilfskriterien (dritte Ebene) zurückgreifen (vgl. zu Vorstehendem: Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2018 - 1 B 1830/17 - juris Rn. 14 ff.; vom 14. Juni 2018 - 1 B 2345/17 - juris Rn. 38 ff; vom 16. Januar 2019 - 1 B 229/18 - juris Rn. 19 ff. und vom 30. April 2019 - 1 B 1675/18 - juris Rn. 19 ff.).

Nach diesem Maßstab verstoßen das von der Antragsgegnerin gewählte Auswahlverfahren und die auf ihm beruhende Auswahlentscheidung gegen die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG.

Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin allerdings nicht im Hinblick auf ein von ihr nicht erfülltes konstitutives Merkmal des Anforderungsprofils in der Ausschreibung vom 15. Dezember 2017 aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden. Im Zusammenhang der gerichtlichen Überprüfung der von der Antragsgegnerin tatsächlich vorgenommenen Auswahl bedarf daher weder der Klärung, welche der in der Ausschreibung vom 15. Dezember 2017 unter "Ihr Profil" aufgeführten Merkmale konstitutiven und welche lediglich fakultativen Charakter haben (sollten) noch ob die Merkmale abhängig von ihrer entsprechenden Zuordnung den jeweils für sie geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen genügen.

Die Nichtauswahl der Antragstellerin hat vielmehr auf einem von der Antragsgegnerin initiierten und von ihr zu verantwortenden Qualifikationsvergleich unter Beteiligung der Kienbaum GmbH beruht, in dem ausgehend von den Resultaten eines Assessment-Centers dienstliche Beurteilungen herangezogen worden sind. Das hierbei von der Antragsgegnerin gewählte Vorgehen weist grundlegende Mängel auf.

Zunächst ist die durch die Antragsgegnerin erfolgte Verwendung eines Assessment-Centers als Instrument zur Qualifikationsfeststellung von Bewerbern, dessen Erkenntniswert mit dem deren dienstlicher Beurteilungen/Arbeitszeugnisse wenigstens gleichwertig, wenn nicht überlegen sein soll, mit dem Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbar. Dies folgt bereits daraus, dass sich vorliegenden dienstlichen Beurteilungen/Arbeitszeugnissen Aussagen zu Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung als den drei Elementen der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG entnehmen lassen. Erkenntnisse aus einem Assessment-Center als Momentaufnahmen ermöglichen hingegen lediglich Aussagen zu Eignung und Befähigung ("Potentialanalyse"), nicht aber Aussagen zur fachlichen Leistung, welche eine längerfristige Beobachtung voraussetzen (instruktiv zum Thema: Günther, Assessment-Center bei Beförderungsauswahl, ZBR 2019, 18 ff.).

Zum Übersehen des grundsätzlichen Vorrangs dienstlicher Beurteilungen/Arbeitszeugnisse als Instrument zur Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung durch die Antragsgegnerin tritt als weiterer wesentlicher Mangel hinzu, dass es an einem auf die zu vergebende Stelle bezogenen Qualifikationsvergleich, der die Antragstellerin einschließt, fehlt. Einen solchen Vergleich hat die Antragsgegnerin nur zwischen den vier Bewerbern vorgenommen, die - wie der Beigeladene - aufgrund der persönlichen Gespräche mit Vertretern der Kienbaum GmbH am Assessment-Center teilgenommen haben. Für die auf "on hold" gesetzten übrigen vier Bewerber - darunter die Antragstellerin - hat die Antragsgegnerin einen Vergleich deren dienstlicher Beurteilungen/Arbeitszeugnisse nur zur Prüfung der Frage vorgenommen, ob diese noch in das Assessment-Center einzubeziehen seien, und diese Frage verneint.

Wird der zuletzt genannte Vergleich auch als eine Form des Qualifikationsvergleichs zwischen dem Beigeladenen und der Antragstellerin interpretiert, so leidet dieser Qualifikationsvergleich seinerseits an einem schwer wiegenden Mangel: Beruhen - wie dann hier bei der Konkurrenz zwischen der Antragstellerin als Beamtin und dem Beigeladenen als Arbeitnehmer - die Beurteilungen der Bewerber auf unterschiedlichen Beurteilungssystemen ist vom für die Auswahl zuständigen Dienstherrn für die unterschiedlichen Beurteilungen ein objektiver Vergleichsmaßstab zu bilden, auf dessen Grundlage er die Qualifikationseinschätzungen der Bewerber miteinander vergleichen kann (Herstellung von Vergleichbarkeit/Kompatibilität). Hierzu ist es unerlässlich, dass die verschiedenen Beurteilungs- und Bewertungssysteme gegenüber zu stellen sind. Erforderlichenfalls hat der auswählende Dienstherr für den Vergleich der Bewertungsmaßstäbe eine erläuternde Stellungnahme zum angelegten Maßstab und zur Frage der Übereinstimmung und Einordnung in das eigene Beurteilungssystem einzuholen (vgl. Thüringisches OVG, Beschluss vom 9. Oktober 2017 - 2 EO 113/17 - juris Rn. 13 f.; OVG Bremen, Beschluss vom 5. Oktober 2018 - 2 B 141/18 - juris Rn. 25 ff.). Die Antragsgegnerin hat es versäumt, eine entsprechende Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin und des Arbeitszeugnisses des Beigeladenen herzustellen.

Der sonach an schwerwiegenden Mängeln leidende Qualifikationsvergleich der Antragsgegnerin ist auch unter Berücksichtigung des in der Ausschreibung vom 15. Dezember 2017 enthaltenen Anforderungsprofils kausal für die unterbliebene Auswahl der Antragstellerin. Das Anforderungsprofil enthält abgesehen vom Erfordernis eines erfolgreich abgeschlossenen (Hochschul-)Studiums, das die Antragstellerin erfüllt, keine konstitutiven Merkmale, bei deren Nichterfüllung die Antragstellerin ungeachtet der Defizite des durchgeführten Qualifikationsvergleichs ohnehin vom Auswahlverfahren ausgeschlossen wäre.

Ob ein konstitutives oder lediglich ein fakultatives Merkmal eines Anforderungsprofils vorliegt, bestimmt sich analog § 133 BGB nach dem objektiven Erklärungsinhalt der Ausschreibung. Rechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung konstitutiver Merkmale eines Anforderungsprofils ist u.a., dass diese objektiv und unmittelbar, d.h. ohne zusätzliches Werturteil des Dienstherrn, feststellbar sind. Danach sind als konstitutiv einzustufen zwingend vorgegebene Merkmale, die anhand objektiv überprüfbarer Kriterien eindeutig und unschwer festgestellt werden können (vgl. hierzu sowie zu den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen konstitutiver Merkmale eines Anforderungsprofils: Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 2018 - 1 B 1786/17 - juris Rn. 19 f. und vom 8. Februar 2018 - 1 B 1830/127 - juris Rn. 15 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. September 2018 - 10 S 72/17 - juris Rn. 16 ff.; Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBeamtenR, § 9 BeamtStG Rn. 105 ff., Bearbeitungsstand: August 2019).

Die im Anforderungsprofil in der Ausschreibung vom 15. Dezember 2017 enthaltenen Kriterien der vertieften Kenntnisse und der Erfahrung im operativen und strategischen Personalmanagement, der Erfahrung im Bereich Personalentwicklung, der Bereitschaft zur Veränderung und zu Innovationen, der fachlichen Kompetenz und der überzeugenden Persönlichkeit, der Identifikation mit dem Leitbild der DRV Hessen sowie den Grundsätzen für Führung und Zusammenarbeit, einer ausgeprägten Koordinations- und Steuerungsfähigkeit, der umfassenden Führungserfahrung, des hohen Verantwortungsbewusstseins, der Kooperationsbereitschaft, des Engagements, des sicheren sympathischen Auftretens, der Kommunikationsstärke und Verbindlichkeit, des Durchsetzungsvermögens, der Eigeninitiative, der Entscheidungsfreude sowie des Verhandlungsgeschicks und der Belastbarkeit sind nach diesem Maßstab schon infolge ihrer Wertungsabhängigkeit keine konstitutiven Merkmale des Anforderungsprofils, sondern fakultative Merkmale, die als Qualifikationserwartungen des Dienstherrn erst auf der zweiten (leistungsbezogenen) Ebene des Qualifikationsvergleichs Bedeutung erlangen können.

Im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main Bezug, die auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens weiterhin Geltung beanspruchen.

Die Antragsgegnerin hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da ihre Beschwerde erfolglos geblieben ist. Es besteht keine Veranlassung, der unterliegenden Partei oder der Staatskasse aus Billigkeit die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser im Beschwerdeverfahren keine eigenen Anträge gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung. Danach ist für Eilverfahren ¼ des Jahresbetrages der Bezüge maßgeblich, wenn - wie hier - durch die das Eilverfahren zu sichernde Klage allenfalls eine Neubescheidung erreicht werden kann (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 31. März 2020 - 1 B 1751/19 - juris).

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.