Hessisches LSG, Urteil vom 11.03.2020 - L 6 AS 471/19
Fundstelle
openJur 2020, 45352
  • Rkr:

1. Auch während eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens wegen einer vorläufigen Entscheidung kommt es ggf. zu deren fiktiver Wandlung in eine endgültige Festsetzung nach § 41a Abs 5 SGB II; diese wird zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.

2. a) Zur rügelosen Einlassung in eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz.

b) Das Landessozialgericht ist für die Entscheidung über eine im Berufungsverfahren zulässig erweiterte Klage instanziell zuständig.

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klage wegen der im Wege der Klageerweiterung im Berufungsverfahren geltend gemachten Begehren des Klägers wird abgewiesen, soweit diese nicht auf Grund des Beschlusses des Senats vom heutigen Tage abgetrennt und an das zuständige Landgericht Darmstadt verwiesen worden sind.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Kosten nicht zu erstatten.

Ill. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten insbesondere um die Höhe der dem Kläger in der Zeit ab April 2016 - der Endzeitpunkt ist streitig - zustehenden laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Der 1991 geborene Kläger, der bis zum Sommer 2015 bei seiner Mutter lebte, bezog - in Bedarfsgemeinschaft mit Mutter und Geschwistern - Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem Beklagten. Er nahm ab dem 1. September 2015 eine Ausbildung zum Gerüstbauer bei der Fa. Gerüstbau C., C-Stadt, auf, wobei er - zur Überbrückung der Zeit bis zum Ausbildungsbeginn - dort bereits seit dem 1. August 2015 arbeitete.

Am 12. August 2015 meldete er sich bei dem Beklagten und teilte mit, er müsse umziehen, weil seine Mutter ihn "rausgeschmissen" habe. Der Beklagte akzeptierte durch Schreiben vom 28. August 2015 eine Umzugsnotwendigkeit aus sozialen Gründen - nach "Widerspruch" des Klägers gegen ein vorangegangenes, einen Umzug ablehnendes Schreiben und einem Hausbesuch bei dessen Mutter - und informierte den Kläger über das bei einem Umzug zu beachtende Procedere. Nach Übermittlung einer Bescheinigung über die Mietaufwendungen für eine D-Straße in B-Stadt gelegene Wohnung erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 14. September 2015 seine "Zustimmung zum Umzug". Wegen der Einzelheiten wird auf BI. 28 f. der vom Beklagten übermittelten elektronischen Leistungsakte Bezug genommen (die Blattzählung bezieht sich dabei auf das zum Verfahren L 6 AS 269/19 als pdf übermittelte Dokument, nicht auf die auf den gescannten Seiten teilweise ersichtlichen Blattzahlen und auch nicht auf die zum hiesigen Verfahren übermittelte Datei, die eine etwas andere Zählung aufweist).

Der Kläger mietete daraufhin die Wohnung, für die monatlich eine Kaltmiete von 250,- Euro und eine Nebenkostenvorauszahlung - einschließlich Heizung - von 100,- Euro anfiel, zum 1. Oktober 2015 an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 29. September 2015 (LA Bl. 62 ff.) sowie die vom Vermieter ausgestellte Mietbescheinigung (LA BI. 50) verwiesen. Wegen der mietvertraglich geschuldeten Kaution und der Erstausstattung der Wohnung war beim Senat das Verfahren zum Aktenzeichen L 6 AS 269/19 anhängig, über das der Senat durch Urteil ebenfalls vom 11. März 2020 entschieden hat.

Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger durch Bescheid vom 1. März 2016 (LA Bl. 89 ff.) Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 74,- Euro für die Zeit von Oktober 2015 bis Juli 2016 und von 124,- Euro für die Zeit von August 2016 bis März 2017 bewilligte hatte, gewährte der Beklagte ihm durch Bescheid vom 14. März 2016 für die Zeit von Oktober 2015 bis März 2016 einen Unterkunftskostenzuschuss in Höhe von 126,- Euro monatlich auf der Grundlage von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011, BGBI. I S. 2854, die vom 1. April 2012 bis zu den Änderungen durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 [BGBI. I S. 1824; im Folgenden: Rechtsvereinfachungsgesetz] galt - im Folgenden: alte Fassung - a.F. -). Widerspruch, Klage und Berufung (Hess. LSG, Urteil vom 28. September 2018 - L 9 AS 587/17 -) wegen der Höhe der gewährten Leistungen blieben erfolglos.

Unterdessen hatte der Beklagte auf Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 12. April 2016 mit dem streitigen Bescheid vom 30. Mai 2016 für den Folgezeitraum von April bis September 2016 wiederum einen Unterkunftskostenzuschuss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. in unveränderter Höhe von monatlich 126,- Euro bewilligt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bewilligungsbescheid (LA BI. 179 ff.) Bezug genommen. Der Kläger erhob durch seine Prozessbevollmächtigte am 29. Juni 2016 erneut Widerspruch (LA BI. 197), da der Beklagte "zu wenig" zahle; "die Freibeträge" seien vom "Ausbildungslohn" abzuziehen.

Vor dem Hintergrund der Änderungen, die durch das Rechtsvereinfachungsgesetz hinsichtlich der für Auszubildende zu gewährenden Grundsicherungsleistungen ab 1. August 2016 bewirkt worden waren, hob der Beklagte durch Bescheid vom 16. August 2016 (LA Bl. 203 f.) den Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2016 für die Zeit ab 1. August 2016 auf. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage gewährte er zu Gunsten des Klägers für die Monate August und September 2016 auf der Grundlage des ebenfalls durch das Rechtsvereinfachungsgesetz eingeführten § 41a SGB II vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von jeweils 349,30 Euro. Bei der Berechnung berücksichtigte er den Regelbedarf in Höhe von 404,- Euro sowie die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrer tatsächlichen Höhe von 350,- Euro. Dem stellte er - ausgehend von dem Ausbildungsentgelt des Klägers von brutto 608,- Euro - ein Nettoeinkommen von 482,30 Euro gegenüber, wie es sich aus den von diesem vorgelegten Entgeltabrechnungen (vgl. LA BI. 158, 171 und 172) ergab. Unter Berücksichtigung des Grundfreibetrags nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 100,- Euro und des weiteren Erwerbstätigenfreibetrags nach § 11b Abs. 3 SGB II in Höhe von 101,60 Euro sowie der von Seiten der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von 124,- Euro und damit eines bereinigten Einkommens von insgesamt 404,70 Euro ergab sich der monatliche Leistungsbetrag von 349,30 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf LA BI. 205 ff. Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 wies der Beklagte anschließend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Mai 2016 zurück, soweit ihm nicht mit Bewilligungsbescheid vom 16. August 2016 aufgrund der Gesetzesänderung für die Zeit ab 1. August 2016 abgeholfen worden sei. Wegen der Begründung wird auf LA BI. 222 ff. verwiesen.

Der Kläger widersprach auch dem Aufhebungsbescheid vom 16. August 2016 mit dem Ziel der Weiterzahlung der bewilligten Leistungen sowie dem Bewilligungsbescheid vom 16. August 2016 mit dem Ziel, dass Leistungen für zwölf Monate zu bewilligen seien. Diese Widersprüche verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2016 (LA BI. 245 ff.) als unzulässig, da die Bescheide Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 30. Mai 2016 geworden seien.

Bereits mit Eingang am 26. September 2016 hatte der Kläger zudem anwaltlich vertreten Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben und dabei beantragt,

"1.

den Bescheid des Beklagten vom 30.05.2016 in der Fassung des Bescheides vom 16.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 aufzuheben,

2.

den Beklagten zu verurteilen dem Kläger Leistungen nach SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen,

3.

den Beklagten zu verurteilen die Kosten des Vorverfahrens zu tragen ggf. teils". (Gerichtsakte - im Folgenden: GA - Bl. 1).

In einem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. November 2016 hat er ausgeführt, einem Auszubildenden stünden "mehr Leistungen zu, dies sogar vor der Gesetzesänderung ab 01.08.2016, Schulbedarf, Darlehensanspruch etc., menschenwürdige Existenzsicherung hilfsweise durch Darlehen etc.” (GA Bl. 6).

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger am 28. November 2016 mit sofortiger Wirkung einen Aufhebungsvertrag (LA Bl. 344 f.) zu seinem Ausbildungsvertrag geschlossen. Weiter hat sich seine Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2016 (LA BI. 250) unter Bezugnahme auf "B 16.08.2016 ab 08/2016" bei dem Beklagten gemeldet und ausgeführt, der Kläger habe trotz Zusage keinen Folgeantrag zugesandt bekommen und könne daher erst jetzt einen Folgeantrag stellen. Im Übrigen werde auf den Widerspruch verwiesen, wonach Leistungen ab August 2016 verlangt würden. Es werde "umgehend ein vorläufiger Bescheid beantragt ab 10/2016 ggf. eine sofortige Vorschusszahlung". Am selben Tag ist von Seiten des Klägers der Weiterbewilligungsantrag auf dem entsprechenden Vordruck bei dem Beklagten eingegangen. Der Beklagte hat ihm daraufhin durch Bescheid vom 20. Dezember 2016 (LA BI. 270 ff.) vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 31. Mai 2017 bewilligt. Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid ist nicht ersichtlich. Eine (ausdrückliche) endgültige Leistungsfestsetzung ist nicht erfolgt.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Bescheide seien rechtswidrig. Ihm stünden "i.ü. so oder so mehr Leistungen zu" (GA Bl. 2), und zwar auch vor der Gesetzesänderung und mit Blick etwa auf den Schulbedarf und seinen Anspruch auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz, hilfsweise als Darlehen. Hierzu hat er auf § 21 Abs. 4 SGB II hingewiesen: "35 % Zuschuss Schule etc." (GA Bl. 7). Die Unterkunftskosten seien ab April 2016 voll zu zahlen. Der Zuschuss nach § 27 Abs. 3 SGB II a.F. reiche nicht, um die Existenz zu sichern. Das Gericht habe den Beklagten aufzufordern, "Weisungen etc. zu den Ansprüchen Auszubildender vorzulegen, auch analog, entsprechend SGB II, SGB XII gewährte Ansprüche etc.” (GA Bl. 46). Zur Berufsausbildungshilfe, die lediglich 74,- Euro monatlich betrage, seien ergänzende Leistungen zu gewähren. Zudem hat er mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 5. August 2019 - auch in diesem Verfahren - geltend gemacht, dass ein Erstausstattungsanspruch auch für Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe bestehe. Er habe einen Mehr- und Sonderbedarf für Möbel gehabt. Hilfsweise habe der Beklagte schließlich die Kosten des Vorverfahrens zu tragen, da er mit Bescheid vom 16. August 2016 teilweise abgeholfen habe.

Das Sozialgericht hat die Klage, ausgehend von den bei Klageeingang gestellten Anträgen, durch Gerichtsbescheid vom 23. August 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, streitgegenständlich sei die Bewilligung von Leistungen für die Zeit von April bis September 2016. Soweit im Schreiben vom 5. August 2019 auch auf einen Anspruch auf Erstausstattung abgestellt werde, sei dies Gegenstand des Verfahrens S 19 AS 580/16.

Für die Zeit von April bis Juli 2016 stünden dem Kläger keine weiteren Leistungen zu. Der Beklagte habe ihm zutreffend nur einen Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. gewährt. Auch für die Zeit ab Juli 2016 [richtig: August 2016] seien keine weiteren Leistungen zu bewilligen. Der Beklagte habe die Kosten der Unterkunft und Heizung zutreffend bei der Berechnung der Höhe der Leistungen zugrunde gelegt. Er sei auch vom Regelbedarf in gesetzlicher Höhe ausgegangen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II beanspruchen könne, seien weder ersichtlich noch vorgetragen.

Über die Kosten des Vor- und Klageverfahrens sei einheitlich im Rahmen des Klageverfahrens zu entscheiden. Gemäß § 193 SGG habe das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten hätten. Die Kostenentscheidung beruhe auf der Anwendung von § 193 SGG und folge der Entscheidung in der Sache. Das Gericht weise darauf hin, dass die Bewilligung von Leistungen ab August 2016 auf der Gesetzesänderung zum 1. August 2016 beruht habe.

Der Kläger hat nach Zustellung des Gerichtsbescheides am 2. September 2019 mit Eingang am 30. September 2019 Berufung eingelegt.

Zur Begründung hat er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Soweit das Sozialgericht behauptet habe, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, sei dies "schier willkürlich und ohne Grundlage" (GA Bl. 55). Die Ansprüche von Auszubildenden seien "willkürlich sachfremd" (ebd.) übergangen, Wesentliches verkannt und die Ansprüche auf Gewährung rechtlichen Gehörs und auf ein faires Verfahren verletzt worden. Das Sozialgericht habe "willkürlich übergangen" (ebd.), dass eine Teilabhilfe vorliege, so dass der Beklagte gegen den "Anspruch auf Erlass eines zumindest Teil-Abhilfebescheides und Kostentragungspflicht" (ebd.) verstoßen habe. Soweit das Sozialgericht der Auffassung gewesen sei, dass ihm, dem Kläger, trotz der nunmehr günstigeren Rechtslage für die Zeit von April bis Juli 2016 keine weiteren Leistungen zustünden, sei "dies willkürlich und denkgesetzwidrig, da die Gesetzeslage zeigt, dass die Rechtslage vorher bereits verfassungswidrig war und daher die Rechtslage geändert wurde" (ebd.). Der Beklagte habe seinen "vollen Existenzbedarf" (ebd.) zu decken, hilfsweise als Darlehen. Das Sozialgericht habe "denkgesetzwidrig" (ebd.) verkannt, dass der Beklagte "zumindest im Ermessenswege die beantragten Ansprüche zur Deckung des vollen Existenzbedarfs hätte gewähren können, hilfsweise zumindest als Darlehen einzig sachgerecht aufgrund Ermessensreduzierung auf Null" (ebd.). Das Sozialgericht und der Beklagte hätten gegen den Bedarfsdeckungsgrundsatz verstoßen und in diesem Zusammenhang willkürlich weitere Ermittlungen unterlassen. Der Ausschluss von Auszubildenden von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach der früheren Rechtslage sei "nichtig und verfassungswidrig" (ebd.). Zu dem im Berufungsverfahren erstmals gestellten Feststellungsantrag hat er geltend gemacht, er habe "ein ideelles, rechtliches und finanzielles wirtschaftliches Interesse an den Feststellungen [...], da es um seine Grundrechte auf u.a. zeitnahe Existenzbedarfsdeckung geht in die der Odw. rechtswidrig verfassungswidrig verletzt hat" (GA Bl. 56). Die Ansichten des Sozialgerichts zur Kostentragung seien "willkürlich" (ebd.).

Der Kläger beantragt,

"den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 23.08.2019 Az.: S 19 AS 998/16, aufzuheben und beantragt,

1.

den Bescheid des Beklagten vom 30.05.2016 in Fassung des (Teil-Abhilfe)-Bescheides vom 16.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 aufzuheben,

2.

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach SGB II in gesetzlicher Höhe und Dauer zu zahlen ab Antragstellung nebst Zinsen ab 01.09.2016,

3.

festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig nicht zeitnah das Existenzminimum sicherte und nicht über den Antrag im Schreiben vom 18.11.2016 zeitnah entschieden hat und rechtswidrig das beantragte Darlehen nicht zeitnah gewährte und der Beklagte dies wieder gut zu machen hat,

4.

den Beklagten zu verurteilen, die Kosten des Vorverfahrens zu tragen und zumindest einen ordnungsgemäßen Teil-Abhilfebescheid zu erlassen.

5.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

6.

Es wird beantragt die SGB XII-Behörde des Odenwaldkreises beizuladen."

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt seine Bescheide sowie die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts und hat dazu namentlich darauf verwiesen, dass die von ihm ab 1. August 2016 gewährten höheren Leistungen allein auf die durch das Rechtsvereinfachungsgesetz bewirkten Rechtsänderungen zurückzuführen seien, so dass es sich nicht um eine Teilabhilfe im Widerspruchsverfahren mit entsprechender Kostentragungspflicht gehandelt habe. Mit Schreiben vom 24. Februar 2020 hat er darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 20. Dezember 2016 für den nachfolgenden Bewilligungszeitraum bindend geworden sei.

Der Senat hat mit Beschluss vom 11. März 2020 das Verfahren abgetrennt, soweit es den Antrag des Klägers betrifft, die vermeintlichen Rechtsverletzungen des Beklagten, namentlich durch die behauptete verzögerte Bearbeitung eines Antrags vom 18. November 2016, "wieder gut zu machen". Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten zum hiesigen wie zum Parallelverfahren L 6 AS 291/19 sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten - auch soweit sie zum Parallelverfahren übersandt wurden -.

Gründe

Der Kläger kann weder mit seinen Berufungs- noch mit den erstmals vor dem Landessozialgericht geltend gemachten Ansprüchen Erfolg haben. Die Berufung ist zulässig (dazu II.), aber unbegründet (dazu III.): Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen; dem Kläger stehen keine weiteren Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu. Schließlich kann er auch mit seinen erst im Verfahren vor dem Landessozialgericht im Wege der Klageerweiterung in das Verfahren eingeführten Begehren, über die der Senat "auf Klage" zu entscheiden hat, nicht durchdringen (dazu IV).

I. 1. a) Gegenstand des Verfahrens sind - neben dem angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. August 2019 - primär die durch die Bescheide des Beklagten vom 30. Mai 2016 sowie vom 16. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2016 geregelten laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende: Mit dem Bescheid vom 30. Mai 2016 hat der Beklagte einen Wohnkostenzuschuss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. in Höhe von 126,- Euro monatlich - ohne Vorläufigkeitsvorbehalt - bewilligt; durch die beiden Bescheide vom 16. August 2016 hat er diese Bewilligung für August und September 2016 aufgehoben und zugleich für diese beiden Monate - allerdings zunächst nur vorläufig - Arbeitslosengeld II in Höhe von 349,30 Euro monatlich bewilligt.

Inzwischen haben diese Leistungen als endgültig bewilligt zu gelten und sind als solche Gegenstand des hiesigen Verfahrens (vgl. in einem vglb. Fall i.Erg. ebs. Bay. LSG, Urteil vom 11. April 2019 - L 16 AS 627/17 -, juris, Rn. 29): Leistungen, die - wie hier - durch eine vorläufige Entscheidung auf der Grundlage des durch das Rechtsvereinfachungsgesetz mit Wirkung zum 1. August 2016 eingeführten § 41a SGB II gewährt wurden, gelten nach dessen Abs. 5 Satz 1 als abschließend festgesetzt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes keine ausdrückliche endgültige Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II erfolgt. Das ist hier der Fall, nachdem der Bewilligungszeitraum am 30. September 2016 endete, ohne dass zwischenzeitlich eine weitere diesen betreffende Entscheidung ergangen wäre.

Es greift auch keine der in § 41a Abs. 5 Satz 2 SGB II vorgesehenen Ausnahmen hierzu ein: Der Kläger hat zunächst zu keiner Zeit eine endgültige Entscheidung beantragt (§ 41a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SGB II); namentlich besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass Widerspruch und Klage gegen die vorläufige Entscheidung als - stillschweigender - Antrag auf endgültige Festsetzung angesehen werden könnten. Die Annahme eines entsprechenden konkludent gestellten Antrags verbietet sich vorläufig schon deswegen, weil der (anwaltlich vertretene) Kläger dann sinnvollerweise den hiesigen Rechtsstreit nicht mehr vorangetrieben, sondern zunächst die endgültige Bescheidung abgewartet beziehungsweise eingefordert hätte. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Leistungsanspruch aus einem anderen Grund als dem, den der Leistungsträger als maßgeblich für die zunächst nur vorläufige Bewilligung angegeben hat, nicht oder nur in geringerer Höhe besteht (§ 41a Abs. 5 Nr. 2 SGB II). Schließlich ergeben sich weder aus dem Wortlaut noch auf Grund der sonstigen gängigen Auslegungsmethoden Anhaltspunkte dafür, dass ein gegen die vorläufige Entscheidung gerichteter Rechtsbehelf die Frist aus § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II hemmen oder unterbrechen könnte (ebs. Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II [Werkstand: 12/18], § 41 Rn. 430).

Die danach als endgültig festgesetzt geltenden Leistungen sind Gegenstand des Verfahrens: Dabei liegt es nach Auffassung des Senats nahe anzunehmen, dass die vorläufige Entscheidung auf Grund der gesetzlichen Anordnung in § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II mit Ablauf der einjährigen Frist ihren Inhalt wandelt und sie nunmehr als Bewilligung einer endgültigen Leistung gilt. Dementsprechend würde sich der die vorläufige Entscheidung verfügende Bescheid - anders als nach einer ausdrücklichen endgültigen Entscheidung (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 38 sowie die weiteren Nachweise bei KaIlert, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 41a Rn. 74 [Stand: März 2017]) - nicht auf der Grundlage von § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ohne Weiteres von Gesetzes wegen erledigen, sondern, wenn auch mit anderem Inhalt, fortbestehen (so wohl auch Conradis, in: Münder, LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 41a Rn. 16) und bliebe mit diesem Inhalt Gegenstand des Verfahrens (vgl. dazu auch Kemper, in: Eicher/Luik, SGB II - Kommentar, 4. Aufl. 2017, § 41a Rn. 64, wonach sich der vorläufige Bescheid in seinem Wesen verändere und zum endgültigen Bescheid werde). Dies liegt näher als die Annahme, dass die endgültige Leistung ohne jeden ihre Gewährung tragenden Bescheid als bewilligt zu gelten hätte, was zwingende Konsequenz wäre, wenn man auch in diesem Fall von einer Erledigung des Verwaltungsaktes über die vorläufige Entscheidung statt einer inhaltlichen Verwandlung ausginge. Ausgehend von diesen Überlegungen ist und bleibt der Bewilligungsbescheid vom 16. August 2016 Gegenstand des Verfahrens, allerdings nunmehr mit dem Inhalt einer endgültigen Festsetzung von Arbeitslosengeld II für August und September 2016.

Letztlich käme man im Übrigen zu einem ähnlichen Ergebnis, wenn man entgegen der obigen Argumentation davon ausginge, dass die fiktive endgültige Leistungsfestsetzung auf der Grundlage von § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen ihr unterliegenden Bescheid benötige und sich der die vorläufige Entscheidung beinhaltende Bescheid durch die fiktive Festsetzung in gleicher Weise erledige wie durch eine ausdrückliche abschließende Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II. In diesem Fall wäre davon auszugehen, dass die fiktive und "bescheidlose" endgültige Festsetzung auf Grund einer analogen Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand eines die vorläufige Entscheidung betreffenden gerichtlichen Verfahrens würde (vgl. in diesem Sinne Bay. LSG, Urteil vom 11. April 2019 - L 16 AS 627/17 -, juris, Rn. 29), wie es das Bundessozialgericht für die ausdrückliche endgültige Festsetzung annimmt (vgl. hierzu nochmals BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 38 und Merold, NZS 2016, 926/926 f. sowie wiederum die weiteren Nachweise bei Kallert, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 41a Rn. 125 [Stand: März 2017]). Die (analoge) Anwendung von § 96 SGG ist in diesem Falle zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -) sogar in noch stärkerem Maße geboten als bei einer ausdrücklichen abschließenden Festsetzung (ähnl. Bay. LSG, Urteil vom 11. April 2019 - L 16 AS 627/17 -, juris, Rn. 29): Könnte und müsste bei deren Erlass die Behörde, wenn sie nicht von einer Anwendung von § 96 SGG ausginge, durch eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung den Betroffenen nachdrücklich darauf hinweisen, ob und gegebenenfalls was er tun muss, um zu verhindern, dass die abschließende Festsetzung bindend und seinem Rechtsbehelf damit - endgültig - die Grundlage entzogen wird, wäre die Erteilung eines Hinweises bei einer bloß fiktiven endgültigen Festsetzung im maßgeblichen zeitlichen Zusammenhang praktisch nur schwer möglich. Es bestünde daher die naheliegende Gefahr, dass der Betroffene - wie das auch vorliegend der Fall sein dürfte - in dem Bewusstsein, dass er sich auf Grund seiner Klage gegen die vorläufige Entscheidung bereits in einem Rechtsstreit wegen der Leistung befindet, keinen Anlass dafür sieht, zur Wahrung seiner Rechtsposition deren mögliche Wandlung in eine abschließende Festsetzung zu verhindern.

b) Der auf den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16. August 2016 ergangene Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2016 ist dagegen nicht Gegenstand des Verfahrens; der Beklagte hat damit nur - und im Übrigen in der Sache zutreffend - die vom Kläger erhobenen Widersprüche gegen die Bescheide vom 16. August 2016 (zutreffend) als unzulässig verworfen, da diese über § 86 SGG zum Gegenstand des bereits laufenden Widerspruchsverfahrens geworden waren. Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2016 dementsprechend auch zutreffend nicht zum Gegenstand seiner Anträge im hiesigen Verfahren gemacht; eine Sachentscheidung über die streitigen Leistungen wäre in einem Verfahren wegen dieses Widerspruchs nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2017 - B 14 AS 36/16 R -, SozR 4-1500 § 86 Nr. 3, Rn. 13).

Der Bewilligungsbescheid vom 5. Dezember 2016 über den nachfolgenden Bewilligungszeitraum ist ebenfalls nicht zum Gegenstand des Verfahrens geworden: Bescheide über Folgezeiträume werden von § 96 Abs. 1 SGG anerkanntermaßen nicht erfasst (vgl. für die st. Rspr. grdl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R -, BSGE 97, 242 = juris, Rn. 30). Ein Antrag auf Klageerweiterung, der sich mit hinreichender Deutlichkeit auf diesen Bescheid bezöge, ist nicht ersichtlich, auch wenn der Kläger auch im hiesigen Verfahren Leistungen für die Zeit nach Ablauf des durch die hier streitigen Bescheide geregelten Bewilligungszeitraums geltend macht. Zudem wäre die entsprechende Klage wegen Versäumung der Klagefrist und mangels durchgeführtem Vorverfahren unzulässig (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R -, BSGE 97, 242 = juris, Rn. 30).

Schließlich sind die Leistungen wegen der Kaution und der Erstausstattung der im Herbst 2015 angemieteten Wohnung nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens: Die Klägerbevollmächtigte hat zwar auch im hiesigen Verfahren - vor dem Sozialgericht - hierzu vorgetragen; bereits das Sozialgericht aber hat dies zutreffend als erkennbares Versehen bewertet, nachdem diese Ansprüche Gegenstand des Parallelverfahrens L 6 AS 269/19 sind und für den Kläger kein Grund bestand und besteht, sie - unzulässigerweise - auch im hiesigen Verfahren anhängig zu machen.

2. Zudem verfolgt der Kläger auch in der Berufungsinstanz unverändert den auf die Kosten des Vorverfahrens gerichteten eigenständigen Hauptsacheantrag weiter, so dass dieser - ungeachtet seiner Unzulässigkeit, auf die bereits das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat - Gegenstand des (Berufungs-)Verfahrens ist.

3. Der Kläger hat darüber hinaus mit der Berufung weitere Begehren in das Verfahren eingeführt: Zum einen stellt er nicht mehr wie erstinstanzlich nur die Höhe, sondern auch die Dauer der Leistungsbewilligung in Frage und macht damit Leistungen für Oktober und November 2016 geltend, während das Sozialgericht - angesichts der erstinstanzlich formulierten Anträge zutreffend - nur über die Zeit bis September 2016 entschieden hat. Zudem verlangt er Zinsen ab 1. September 2016. Gänzlich neu ist zudem der im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 30. September 2019 unter Ziffer 3 formulierte Feststellungsantrag. Die entsprechenden Begehren sind - ungeachtet ihrer (Un-)Zulässigkeit - auch zum Gegenstand des Verfahrens geworden: Eine Klageänderung und damit auch eine Klageerweiterung ist auf der Grundlage von § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 SGG grundsätzlich auch in der Berufungsinstanz zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 15/10 R -, BSGE 110, 93 = juris, Rn. 12; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 12 m.w.N.). Vorliegend hat sich der Beklagte zudem rügelos auf die erweiterte Klage eingelassen hat, so dass sie nach (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit) § 99 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 SGG unabhängig von ihrer (ersichtlich fehlenden) Sachdienlichkeit zulässig ist. Eine rügelose Einlassung liegt bereits vor, wenn der andere Beteiligte in der mündlichen Verhandlung oder in einem Schriftsatz einen Gegenantrag stellt oder sich zur Sache äußert (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 9), ohne durch eine Gegenerklärung die Zulässigkeit der Klageänderung wenigstens vorsorglich zu rügen. Ob er sich der Rechtsfolgen seiner Erklärung beziehungsweise seines Verhaltens bewusst war, ist dabei nicht erheblich (vgl. nochmals B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 9; Bieresborn, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 99 Rn. 50; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 267 Rn. 1; anders wohl Bay. LSG, Urt. v. 24. Februar 2011 - L 15 SB 43/06 -, juris, Rn. 33).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Klageerweiterung vorliegend als zulässig anzusehen - wenn auch ohne Präjudiz für die Zulässigkeit der geänderten Klage (vgl. zu dieser Unterscheidung BSG, Urteil vom 18. März 2015 - B 2 U 8/13 R -, juris, Rn. 14). Der Senat ist zwar der Auffassung, dass sich der Beklagte auf ein in der Berufungsinstanz erstmals in das Verfahren eingebrachtes Begehren nicht rügelos einlässt, wenn er allein einen auf "die Berufung" bezogenen Antrag formuliert und sich auf die Verteidigung der angegriffenen Entscheidung beschränkt oder sich sein Vorbringen eindeutig nur auf die Begehren bezieht, die bereits in erster Instanz Gegenstand des Verfahrens waren. Anders ist sein Vortrag aber zu bewerten, wenn er sich auch zu einem Teil der neu eingeführten Begehren äußert. In diesem Falle liegt eine rügelose Einlassung vor, selbst wenn der Beklagte zwischen den im Berufungsrechtszug weiterverfolgten und den in zweiter Instanz neu zur gerichtlichen Entscheidungen gestellten Begehren im Einzelnen nicht erkennbar unterschieden hat und sich möglicherweise der Klageerweiterung gar nicht bewusst war. Überwiegend wird das selbst dann angenommen, wenn der Betroffene schuldlos in Unkenntnis vom Vorliegen einer Klageänderung ist (vgl. Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Auflage 2019, § 267 Rn. 1; a.A. Becker-Eberhard, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 267 Rn. 10).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt im konkreten Fall auch der Umstand, dass der Beklagte einen seinem Wortlaut nach ausschließlich auf die Berufung bezogenen Antrag formuliert hat, nicht zu einem anderen Ergebnis. Dies legt zwar nahe, dass ihm die Erweiterung der vom Kläger gemachten Begehren nicht aufgefallen war. Das ändert aber nichts daran, dass er sich auch zu diesen inhaltlich geäußert hat und letztlich erkennbar davon ausging, dass die Begehren des Klägers insgesamt in der Sache keinen Erfolg haben können. Dies wird jedenfalls durch den letzten Schriftsatz des Beklagten vom 24. Februar 2020 deutlich, in dem er sich - im Übrigen vor dem Hintergrund der Hinweise des Berichterstatters auf die mit der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz verbundenen Probleme - durch den Verweis auf die Bestandskraft des Bescheides vom 20. Dezember 2016 inhaltlich zu dem auf die Dauer des Leistungsbezugs und die Gewährung von Leistungen für Oktober und November 2016 gerichteten neuen Begehren geäußert hat. Angesichts der soeben dargestellten (grundsätzlich geringen) Anforderungen an eine rügelose Einlassung sind damit die Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 SGG erfüllt, ohne dass in einem derartigen Falle bei mehreren gleichzeitig neu eingebrachten Klagebegehren noch im Einzelnen zu unterscheiden wäre, zu welchen sich der Beklagte eingelassen hat.

Für den im Berufungsverfahren neu gestellten Zinsantrag gilt im Übrigen, dass dieser, jedenfalls soweit er als Antrag auf Prozesszinsen zu verstehen ist, nicht als Klageerweiterung anzusehen ist (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Wegen der Zulässigkeit der Klageänderung auf der Grundlage von (§ 153 Abs. 1 i.V.m.) § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGG ist nicht zu entscheiden, ob dies für einen auf § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) gestützten Zinsanspruch anders zu beurteilen sein könnte.

II. Die Berufung ist zulässig. Sie ist zunächst, worauf schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, nach § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, ohne dass sie der Zulassung bedürfte: Der Kläger ist ersichtlich der Auffassung, dass er - von Verfassungs wegen - monatlich auch für die Zeit von April bis Juli 2016 statt des bewilligten Unterkunftskostenzuschusses in Höhe von 126,- Euro Leistungen (zumindest) in der ab August 2016 bewilligten Höhe und also von (mehr als) 349,30 Euro verlangen kann. Schon der damit geltend gemachte Betrag von (4 x 223,30 Euro =) 893,20 Euro übersteigt den maßgeblichen Wert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.

Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, namentlich ist sie entsprechend den Anforderungen aus § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Weitere Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen nicht; namentlich hat der Beklagte im hiesigen Verfahren - anders als in vielen anderen - die Vollmacht der für den Kläger auftretenden Rechtsanwältin nicht gerügt, so dass der Senat darauf verzichtet hat, eine Vollmachtsurkunde anzufordern (vgl. § 73 Abs. 6 Satz 4 SGG).

Ill. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die ihm unterbreitete Klage zu Recht abgewiesen. Allerdings war sie, soweit sie sich gegen den Aufhebungsbescheid vom 16. August 2016 richtete, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits unzulässig (geworden).

1. Der Aufhebungsbescheid vom 16. August 2016 beschwert den Kläger nicht (mehr).

Der Beklagte hatte durch den Bescheid vom 30. Mai 2016 zu Gunsten des Klägers Leistungen in Höhe von 126,- Euro monatlich für die Zeit bis einschließlich September 2016 bewilligt, und zwar ohne Vorläufigkeitsvorbehalt. Insoweit führte der Aufhebungsbescheid vom 16. August 2016 für die Zeit ab 1. August 2016 durchaus zu einer Beschwer: Zwar hatte der Beklagte - zeitgleich und bei einem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang beider Bescheide vom 16. August 2016, so dass von einer einheitlichen Entscheidung auszugehen ist - für den Aufhebungszeitraum höhere Leistungen, nämlich von 349,30 Euro monatlich, bewilligt, allerdings insgesamt nur vorläufig. Der Kläger verlor also hinsichtlich der ursprünglichen Bewilligung seine gesicherte Rechtsposition.

Die darin liegende Beschwer ist jedoch zwischenzeitlich entfallen. Die zunächst nur vorläufig bewilligten Leistungen in Höhe von 349,30 Euro monatlich gelten nämlich, wie bereits ausgeführt, zwischenzeitlich über § 41a Abs. 5 SGB II als endgültig festgesetzt. Der Kläger kann sich daher (zwischenzeitlich wieder) auf eine endgültige Festsetzung für den von der Aufhebung betroffenen Zeitraum berufen, die in ihrer Höhe über den Betrag der aufgehobenen Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 30. Mai 2016 hinausgeht. Da der Kläger die maßgeblichen Bescheide auf Grund des Gesamtzusammenhangs auch nicht so verstehen konnte, dass beide Bewilligungen - die endgültige aus dem Bescheid vom 30. Mai 2016 einerseits und die vorläufige aus dem Bescheid vom 16. August 2016 andererseits - nebeneinander Bestand haben und die bewilligten Beträge daher zu addieren sein könnten, hat der Aufhebungsbescheid vom 16. August 2016 inzwischen keine für den Kläger nachteiligen Wirkungen mehr. Seine Klage, soweit sie als auch gegen diesen gerichtet zu verstehen ist, kann schon aus diesem Grunde keinen Erfolg haben; auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides kommt es danach nicht mehr an.

2. Weiter kann der Kläger höhere Leistungen für die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 30. September 2016, also für den Zeitraum, über den das Sozialgericht entschieden hat, nicht verlangen. Seine Berufung kann daher auch insoweit keinen Erfolg haben. Das gilt sowohl für den bis 31. Juli 2016 gewährten Unterkunftskostenzuschuss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. als auch für das ab 1. August 2016 bewilligte Arbeitslosengeld II.

a) Nach der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Rechtslage war der Kläger als Auszubildender vom Bezug von Arbeitslosengeld II ausgeschlossen und konnte nur den vom Beklagten in zutreffender Höhe bewilligten Unterkunftskostenzuschuss erhalten.

aa) § 7 Abs. 5 SGB II sah in seiner bis zu den Änderungen durch das Rechtsvereinfachungsgesetz geltenden alten Fassung ausdrücklich vor, dass - abgesehen von den hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen nach Abs. 6 - Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 51, § 57 und § 58 SGB Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig war, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hatten.

Die dem Kläger günstigen Änderungen durch das Rechtsvereinfachungsgesetz, die zum Wegfall des Leistungsausschlusses für viele Auszubildende führten, die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch erhalten, wurden erst zum 1. August 2016 wirksam: Eine Übergangsregelung, der die Anordnung einer rückwirkenden Anwendung entnommen werden könnte, enthielt das Rechtsvereinfachungsgesetz vom 26. Juli 2016 nicht. Vielmehr traten die Änderungen von § 7 und § 27 SGB II nach dessen Art. 4 Abs. 1 am ersten Tag des auf die Verkündung (durch das Bundesgesetzblatt vom 29. Juli 2016) folgenden Kalendermonats in Kraft.

In Ermangelung einer Übergangsvorschrift ist für die Klärung der intertemporalen Geltung der Neuregelungen auf das Geltungszeitraumprinzip zurückzugreifen: Danach ist in Rechtsstreitigkeiten über abgeschlossene Bewilligungszeiträume das damals geltende Recht weiter anzuwenden (vgl. für viele BSG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - B 14 AS 2/19 R -, juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 - B 14 AS 53/15 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 78 = juris, Rn. 14 f.); angesichts der jeweils monatsabschnittsweisen Bewilligung von Leistungen muss dies auch bei Rechtsänderungen innerhalb eines Bewilligungszeitraums für die vor der Gesetzesänderung liegenden Monate gelten; auf die insoweit von Zufälligkeiten abhängige Lage des Bewilligungszeitraums im Verhältnis zu dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes kommt es nicht an. Im konkreten Fall ist daher für die streitigen Ansprüche bis 31. Juli 2016 weiterhin die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der im Streit stehenden Regelungen maßgeblich.

bb) Der Kläger hatte somit, wie andere Auszubildende, deren Ausbildung nach § 51, § 57 oder § 58 SGB Ill förderungsfähig war, nur Ansprüche nach § 27 SGB II (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.); entsprechende Leistungen, die der Beklagte zutreffend berechnet hat, galten ausdrücklich nicht als Arbeitslosengeld II (§ 27 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F.).

Die betriebliche Berufsausbildung des Klägers im sogenannten dualen System gehörte zu den nach § 57 Abs. 1 SGB III durch Berufsausbildungsbeihilfe - die der Kläger im Übrigen tatsächlich auch erhalten hat - förderfähigen Ausbildungen.

Der Kläger hatte danach auf der Grundlage von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II insbesondere Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II), soweit der Bedarf in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 SGB II ungedeckt war. Der Zuschuss ist, wie bereits der bislang für Verfahren des Klägers zuständige 9. Senat sowohl in seinem Urteil vom 28. September 2019 im Verfahren L 9 AS 587/17 für den vorangegangenen Bewilligungszeitraum als auch in dem Beschluss vom 20. Mai 2019 - L 9 AS 149/19 B - im Beschwerdeverfahren wegen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das hiesige erstinstanzliche Verfahren ausgeführt hat, auf die Differenz zwischen dem angemessenen Unterkunftsbedarf im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch und dem in der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch enthaltenen Unterkunftsbedarfsanteil begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 69/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 = juris, Rn. 29; BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 - B 4 AS 27/15 R -, juris, Rn. 21 ff.).

Das sind vorliegend, wie vom Beklagten bewilligt, 126,- Euro monatlich. Denn der in der Berufsausbildungsbeihilfe enthaltene Unterkunftsbedarfsanteil betrug 224,- Euro monatlich (§ 61 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB Ill); die vom Beklagten in ihrer tatsächlichen Höhe berücksichtigten Unterkunfts- und Heizkostenbedarfe nach § 22 Abs. 1 SGB ll bezifferten sich auf 350,- Euro monatlich. Auf die vom Kläger wiederholt angesprochene Frage, ob der Beklagte sein Einkommen zutreffend berechnet hat, kommt es damit nicht an.

Anders als der Kläger meint, ist bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses auch nicht der konkret bewilligte Betrag der Berufsausbildungsbeihilfe zugrunde zu legen, sondern der gesetzlich abstrakt vorgesehene Anteil für Unterkunftskosten. Dieser pauschale Anteil ist rechnerisch zur Sicherung der Unterkunft einzusetzen, unabhängig davon, ob Leistungen hierfür nicht in vollständiger Höhe erbracht werden, weil anrechenbares Einkommen vorhanden ist, das den ungedeckten Bedarf insoweit senkt (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 69/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 32 = juris, Rn. 29; BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 - B 4 AS 27/15 R -, juris, Rn. 21 ff.). Die Unterschiedlichkeit der Regelungen bei der Einkommensberücksichtigung im Rahmen des Sozialgesetzbuches Zweites Buch einerseits und den Ausbildungsförderungsleistungen andererseits ist hierbei hinzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 - B 4 AS 27/15 R -, juris, Rn. 24; Hess. LSG, Urteil vom 28. September 2018 - L 9 AS 587/17 -).

Anhaltspunkte für einen Mehrbedarf, der nach § 27 Abs. 2 SGB II a.F. berücksichtigungsfähig wäre, sind nicht ersichtlich und vom Kläger nicht konkret dargetan.

cc) Der Kläger macht darüber hinaus, wie dem Berufungsschriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30. September 2019 (dort S. 2, GA BI. 55) zu entnehmen ist, ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 SGB II a.F. geltend. Der Senat geht davon aus, dass ein entsprechender Anspruch - als minus im Verhältnis zu der zweifellos von Anfang geltend gemachten Leistung in Form eines Zuschusses - durchgängig Gegenstand des Klagebegehrens war. Die mit einer Klageerweiterung (erst) im Berufungsverfahren und der Zulässigkeit der erweiterten Klage verbundenen Fragen stellen sich insoweit nicht.

Die für ein derartiges Darlehen vorausgesetzte besondere Härte ist jedoch nicht erkennbar; der Kläger hat eine solche nur pauschal behauptet, dagegen nicht ansatzweise konkret dargetan. Soweit sich sein Vortrag überhaupt auf diese Problematik beziehen lässt, rügt er nur allgemein die Höhe der Leistungen und des Ausbildungsentgelts im Verhältnis zu dem Bedarf eines Auszubildenden unter Einbeziehung seiner Aufwendungen zum Beispiel für die Unterkunft und die mit der Ausbildung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen etwa für Fahrten zum Betrieb und zur Berufsschule. Damit aber beanstandet er letztlich die - für alle Auszubildende geltende - Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe und der für diese geltenden Berechnungsvorschriften einschließlich der Anrechnung des Ausbildungsentgelts. Eine besondere Härte mit Bezug auf den nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch zu erbringende Unterkunftskostenzuschuss ist dagegen nicht ersichtlich. Damit fehlte es an den sogenannten Eingangsvoraussetzungen für die nach § 27 Abs. 4 SGB II a.F. vorgesehene Ermessensentscheidung, so dass der vom Kläger erhobene Vorwurf, der Beklagte habe Ermessen nicht (korrekt) ausgeübt, ins Leere geht.

dd) Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung ist nicht zu erkennen und lässt sich insbesondere nicht aus der nachfolgenden Rechtsänderung durch das Rechtsvereinfachungsgesetz herleiten. Anders als die Bevollmächtigte des Klägers offenbar meint, ergibt sich aus der Änderung einer gesetzlichen Regelung zu Gunsten der Betroffenen nicht einmal ein Hinweis darauf, dass der vorherige Rechtszustand als verfassungswidrig angesehen werden müsste.

ee) Ein vergleichbarer Leistungsausschluss wie bis zum 31. Juli 2016 im Sozialgesetzbuch Zweites Buch fand sich in § 22 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch lässt sich somit auch nicht aus dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch herleiten. Schon aus diesem Grund hatte der Senat keinen Anlass, dessen Antrag auf Beiladung des zuständigen Sozialhilfeträgers zu entsprechen.

b) Auch für die Zeit ab 1. August 2016 kann der Kläger höhere Leistungen nicht verlangen.

aa) Der Beklagte ist in Anwendung der durch das Rechtsvereinfachungsgesetz bewirkten Änderungen zutreffend und zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen, dass § 7 Abs. 5 SGB II in seiner nunmehr gültigen Fassung die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nur noch für Bezieher von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Abs. 2, § 62 Abs. 3, § 123 Nr. 2 sowie § 124 Nr. 2 SGB III bemisst, auf die Leistungen nach § 27 SGB II beschränkt. Der Leistungsausschluss griff zu Lasten des Klägers daher nicht mehr ein, da sein Bedarf nach § 61 Abs. 1 SGB III zu bemessen war, weil er sich in Berufsausbildung befand und im streitigen Zeitraum einen eigenen Haushalt führte. Sein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende war daher regulär und ohne Einschränkungen - allerdings selbstverständlich unter Berücksichtigung des Ausbildungsentgeltes und der vorrangigen Berufsausbildungsbeihilfe - nach den Vorschriften des §§ 19 ff. SGB II zu bemessen. Das hat der Beklagte auch zutreffend getan; höhere Leistungen als die von ihm bewilligten in Höhe von 349,30 Euro monatlich standen dem Kläger nicht zu, so dass der Senat der Frage, ob die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach vorlagen, nicht im Einzelnen nachgehen muss; Anlass für diesbezügliche Zweifel besteht allerdings auch nicht.

Der Beklagte ist zunächst zutreffend von dem im streitigen Zeitraum maßgeblichen Regelbedarf von 404,- Euro monatlich ausgegangen (vgl. die Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2016 [Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2016] vom 22. Oktober 2015, BGBI. I S. 1788, und die durch deren § 2 geänderte Anlage zu § 28 SGB XII). Der Kläger rügt zwar dessen Höhe als verfassungswidrig, ohne dies allerdings - außer einem pauschalen Verweis auf die vermeintlich unzureichende Berücksichtigung von Stromkosten und "Bankgebühren" (vgl. die Ausführungen im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. Mai 2019, GA BI. 31) - näher darzutun; daher erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu (vgl. zur Problematik - zu dem seiner Höhe nach identischen Regelsatz des Sozialhilferechts - Hess. LSG, Urteil vom 9. Oktober 2019 - L 4 SO 204/18 -).

Hinweise auf Mehrbedarfe sind nicht ersichtlich und vom Kläger nicht konkret vorgetragen, namentlich ist ein spezifischer Ausbildungsmehrbedarf, der über die Absetz- und Freibeträge zu dem berücksichtigten Einkommen hinausginge, nicht erkennbar. Der Kläger behauptet dies zwar wiederum (vgl. namentlich die Ausführungen im Schriftsatz vom 6. Dezember 2016, GA Bl. 7). Soweit er sich dabei allerdings auf § 21 Abs. 4 SGB II, also die Regelungen über einen behinderungsbedingten Mehrbedarf, bezieht, bleiben die Ausführungen gänzlich unnachvollziehbar. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II, also eines Härtefallmehrbedarfs, sind nicht einmal ansatzweise dargetan, so dass sich weitere Ermittlungen hierzu als Ermittlungen "ins Blaue hinein" darstellen würden.

Der Beklagte hat weiter die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in ihrer tatsächlichen Höhe von 350,- Euro monatlich in die Berechnung eingestellt. Dem daraus sich ergebenden Gesamtbedarf von 754,- Euro stand das Ausbildungsentgelt von monatlich 608,- Euro brutto beziehungsweise 482,30 Euro netto gegenüber, wie es sich aus dem Ausbildungsvertrag und den zu den Akten gereichten Entgeltabrechnungen ergibt (vgl. LA BI. 155 ff.; Hinweise, dass es im streitigen Zeitraum zu Abweichungen hiervon gekommen wäre, sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger nicht geltend gemacht). Hiervon war der Grundfreibetrag von 100,- Euro nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II sowie der zusätzliche Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II von 20 Prozent aus dem den Grundfreibetrag übersteigenden Einkommen (bis 1.000,- Euro), also von ([608,- Euro - 100,- Euro] ./. 5 =) 101,60 Euro, abzuziehen. Damit ergibt sich anrechenbares Einkommen aus der Ausbildungsvergütung von 280,70 Euro monatlich sowie der Berufsausbildungsbeihilfe - hinsichtlich derer nicht erneut Freibeträge berücksichtigt werden können - von 124,- Euro monatlich, insgesamt also von 404,70 Euro.

Weitere Leistungen standen dem Kläger nicht zu; namentlich kann er keine Leistungen zur Bildung und Teilhabe beanspruchen. Das gilt auch für den Betrag von 70,- Euro aus § 28 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Zwar hat der Kläger das 25. Lebensjahr erst am 20. September 2016 vollendet und es ist zudem davon auszugehen, dass er im streitigen Zeitraum eine (berufsbildende) Schule besucht hat; der Anspruch setzt aber zudem voraus, dass der Leistungsberechtigte - anders als der Kläger - keine Ausbildungsvergütung erhält (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Nachdem anrechenbares Vermögen oder sonstiges Einkommen nicht ersichtlich sind, hat der Beklagte das Arbeitslosengeld II zutreffend mit 349,30 Euro monatlich berechnet.

bb) Soweit der Kläger auch insoweit weitere Leistungen jedenfalls hilfsweise in Darlehensform geltend macht, hat er auch und erst recht für den Zeitraum ab 1. August 2016 das Vorliegen entsprechender Bedarfe nicht konkret dargelegt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

3. Der Kläger hält überdies auch im Berufungsverfahren an seinem eigenständigen Hauptsacheantrag wegen der Vorverfahrenskosten fest.

Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, gehören die Vorverfahrenskosten jedoch, wenn nachfolgend ein gerichtliches Verfahren durchgeführt wird, zu den Verfahrenskosten im Sinne von § 193 SGG. Sie sind daher nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung in die gerichtliche Kostenentscheidung einzubeziehen. Das wäre selbst dann nicht anders, wenn man - wie vom Kläger geltend gemacht - vorliegend von einer Teilabhilfe im Widerspruchsverfahren ausgehen wollte: Auch in diesem Fall kommt eine isolierte Geltendmachung der Vorverfahrenskosten auf der Grundlage von § 63 SGB X nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 - B 14 AS 50/15 R -, SozR 4-1300 § 63 Nr. 25 = juris, Rn. 15 ff., Rn. 29; Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 193 SGG, Rn. 79).

IV. Schließlich kann der Kläger auch mit seinen im Berufungsverfahren erstmals geltend gemachten Anträgen, über die der Senat "auf Klage" zu entscheiden hat, keinen Erfolg haben.

1. Allerdings ist der Senat für die Entscheidung zuständig. Das gilt auch für die instanzielle Zuständigkeit. Einer Verweisung an das sachlich und örtlich zuständige Sozialgericht bedarf es daher nicht.

Im Ausgangspunkt zweifellos zutreffend, weist das Bundessozialgericht in seinen diesbezüglichen Entscheidungen darauf hin, dass (1.) die Zulässigkeit einer Klageänderung noch nichts über die Zulässigkeit der geänderten Klage beziehungsweise der Berufung aussagt und diese daher eigenständig zu prüfen ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 4/15 R -, juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 KN 2/07 U R -, juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 54/02 R -, BSGE 91, 287 = juris, Rn. 6) und dass (2.) die Funktion der Landessozialgerichte gemäß § 29 SGG auf die Kontrolle sozialgerichtlicher Entscheidungen und nicht auf die Erstentscheidung eines Rechtsstreits gerichtet ist, sofern nicht ausnahmsweise eine rechtliche Grundlage für eine erstinstanzliche Entscheidung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 113/00 R -, juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 18. März 2015 - B 2 U 8/13 R -, juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 23/14 R -, BSGE 118, 294 = juris, Rn. 12). Das Bundessozialgericht hat vor diesem Hintergrund zum Beispiel in der zitierten Entscheidung aus dem Jahr 2015 ausgeführt, zu den nach einer Klageerweiterung zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen zähle auch die funktionelle (instanzielle) Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, an der es bei einer im Berufungsverfahren neu eingeführten Streitgegenstand fehle, da die Landessozialgerichte nach § 29 Abs. 1 SGG grundsätzlich im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2015 - B 2 U 8/13 R -, juris, Rn. 14 f.; dem folgend z.B. Stotz, in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 29 Rn. 64; Guttenberg, in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 99 Rn. 47; Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 99 Rn. 21; Berchtold/Lüdtke, in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017, § 29 Rn. 3; Roller, in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017, § 99 Rn. 25; offen nunmehr - unter Verweis auf die Bindung aus § 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG, die auch bei einer unzutreffenden Beurteilung der Zuständigkeit durch das Landessozialgericht einer darauf gestützten Revision entgegenstehe - BSG, Urteil vorn 23. Januar 2018 - B 2 U 4/16 R -, BSGE 125, 120 = juris, Rn. 14; ohne auf die Frage näher einzugehen von einer zulässigen Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend dagg. z.B. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 15/10 R -, BSGE 110, 93).

Der Senat ist der Auffassung, dass für den Fall einer zulässigen Klageänderung auch im Falle einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz von einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für eine Sachentscheidung des Landessozialgerichts auszugehen ist (vgl. in diesem Sinne auch - mit Differenzierungen dahin, ob es sich um eine "erstinstanzliche" oder eine "erstmalige" Entscheidung im Berufungsverfahren handelt - z.B. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 13b; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 29 Rn. 3b; Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 29 Rn. 7; Bieresborn, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 99 Rn. 42; Burkiczak, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 29 Rn. 32; für die anderen Verfahrensordnungen wird die Problematik, soweit ersichtlich, selten aufgeworfen, sondern weitgehend unproblematisch vom Verlust einer Tatsacheninstanz ausgegangen: vgl. für die Verwaltungsgerichtsbarkeit BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14/98 -, juris, Rn. 22; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 125 Rn. 29; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Werkstand: 37. EL Juli 2019, § 91 Rn. 93; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 91 Rn. 33, der nur eine Fristenproblematik thematisiert; zur funktionellen Unzuständigkeit, wenn ein "gänzlich anderes Begehren" geltend gemacht wird, Bub, Zur Zulässigkeit der Berufung bei einer Auswechslung des Streitgegenstandes, MDR 1995, 1191/1194; ähnl. OLG Koblenz, Urteil vom 22. September 2000 - U 734/98 Kart. -, OLGR Koblenz 2001, 185). Entscheidendes Argument hierfür ist, dass andernfalls die formal bestehende Möglichkeit einer Klageänderung im Berufungsverfahren faktisch leerliefe: Geht man - wie ganz überwiegend jedenfalls für (Anfechtungs- und) Leistungsklagen vertreten (vgl. nur BSG, Urteil vom 7. November 2017 - B 1 KR 2/17 R -, SozR 4-1500 § 171 Nr. 2 = juris, Rn. 13) - von dem sogenannten zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff aus, so ist mit jeder echten Klageänderung eine Änderung des Streitgegenstandes verbunden. Ausgehend von der angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wäre daher in jedem Fall einer Änderung und gegebenenfalls Erweiterung der Klageanträge davon auszugehen, dass dem Landessozialgericht insoweit ein neuer Streitgegenstand unterbreitet wird, über den das Sozialgericht noch nicht entschieden hat und für den eine instanzielle Zuständigkeit des Landessozialgerichts daher zu verneinen wäre (vgl. hierzu auch Ulmer, Klageerweiterung im Berufungsverfahren - Skylla und Charybdis, SGb 2013, 207/210); ausgenommen wären nur die - unter Umständen schwierig abzugrenzenden - Fälle aus § 99 Abs. 3 SGG, in denen kraft gesetzlicher Fiktion nicht von einer Klageänderung auszugehen ist. Das Landessozialgericht hätte den Rechtsstreit daher regelmäßig hinsichtlich des durch die Klageänderung eingeführten Streitgegenstandes (abzutrennen und) an das zuständige Sozialgericht zu verweisen (vgl. anders allerdings BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 4/15 R -, juris, Rn. 22, das die Frage nach der instanziellen Zuständigkeit offenlässt und jedenfalls eine Verweisung offenbar nicht für notwendig erachtet, sondern die klageabweisende Entscheidung des Landessozialgerichts - wenn auch aus anderen Gründen als von diesem angeführt - als im Ergebnis zutreffend bestätigt). Der mit einer zulässigen Klageänderung verbundene Zweck, bei deren Sachdienlichkeit oder einem entsprechenden Willen der Beteiligten eine einheitliche Entscheidung und ein prozessökonomisches Vorgehen zu ermöglichen, ließe sich in diesem Falle nicht wahren (vgl. in diesem Sinne etwa auch Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 29 Rn. 3b; zum Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit auch BAG, Urteil vom 14. Juni 2017 - 10 AZR 308/15 -, juris, Rn. 38, das demensprechend offensichtlich auch von der Möglichkeit für das Berufungsgericht ausgeht, eine einheitliche abschließende Sachentscheidung zu treffen). Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz wäre danach zwar formal zulässig, aber letztlich sinnentleert (vgl. in diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 92/11 -, juris, Rn. 18; ähnl. Ulmer, Klageerweiterung im Berufungsverfahren - Skylla und Charybdis, SGb 2013, 207).

Das lässt sich nach Auffassung des Senats mit der allgemein und für alle Prozessordnungen angenommenen Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz und deren Zweck nicht vereinbaren. Diese Zulässigkeit ergibt sich für das sozialgerichtliche Verfahren daraus, dass § 153 Abs. 1 SGG für das Berufungsverfahren auf die Vorschriften für das erstinstanzliche Verfahren verweist, ohne die Regelungen über die Klageänderung aus § 99 SGG auszunehmen, wobei das daraus erwachsende Argument zusätzlich dadurch gestützt wird, dass der Gesetzgeber für das Revisionsverfahren eine ausdrückliche Regelung (§ 168 Satz 1 SGG) für notwendig erachtet hat, um eine Klageänderung dort auszuschließen (vgl. in diesem Sinne für das entsprechende Verhältnis von § 125 VwGO und § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO: Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 125 Rn. 29). Namentlich in der Zivilprozessordnung ist der grundsätzliche gesetzgeberische Wille, eine Klageänderung auch noch im Berufungsverfahren zu ermöglichen, noch ausdrücklicher formuliert, so dass die Entscheidungsmöglichkeit des Berufungsgerichts dort offenbar grundsätzlich nicht als problematisch wahrgenommen wird (vgl. für viele BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 209/14 -, NJW 2015, 1826/1827; Heßler, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 533 Rn. 7; Rimmelspacher, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 533 Rn. 16): So heißt es in § 533 ZPO bezogen auf das Berufungsverfahren, Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage seien nur zulässig, wenn (1.) der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und (2.) diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist im Sozialgerichtsgesetz entbehrlich, nachdem sich die unter Ziffer 1 formulierten Voraussetzungen aus § 99 SGG (in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG) ergeben und das Berufungsverfahren ohnehin uneingeschränkt als Tatsacheninstanz ausgestaltet ist. Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz - unter bestimmten Bedingungen - offenbar für sachgerecht erachtet, lässt sich kaum damit vereinbaren, im Ergebnis doch nur - nach Verweisung - ein Verfahren vor dem Sozialgericht zu ermöglichen.

Ein durchaus gewichtiger Einwand gegen eine Durchführung des Rechtsstreits bezüglich eines im Wege der Klageänderung neu in das Verfahren eingeführten Streitgegenstands sogleich vor dem Landessozialgericht greift nach Auffassung des Senats letztlich nicht durch (vgl. wie hier auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30. September 2015 - L 3 U 209/12 -, juris, Rn. 26 f.): Insoweit wird angeführt, dass die Annahme einer instanziellen Zuständigkeit des Landessozialgerichts in derartigen Fällen dem Kläger im Zusammenwirken mit den anderen Beteiligten (im Falle von deren Zustimmung, ggf. durch rügelose Einlassung) beziehungsweise mit dem Gericht (im Falle der Annahme von Sachdienlichkeit) eine Veränderung der Zuständigkeitsordnung ermögliche, die aber weder zur Disposition der Beteiligten noch des Gerichts stehe. Auch wenn dies im Grundsatz zweifellos zutreffend ist, kennen die Verfahrensordnungen doch auch sonst Fälle, in denen dem Kläger Möglichkeiten eröffnet sind zu beeinflussen, welches Gericht über sein Begehren (zuerst) entscheidet (vgl. wie hier Ulmer, Klageerweiterung im Berufungsverfahren - Skylla und Charybdis, SGb 2013, 207/208): Besonders deutlich ist dies in den Fällen des § 96 SGG. Unstreitig ist dieser auch im Berufungsverfahren anzuwenden, so dass ein während der Anhängigkeit des Rechtsstreits vor dem Berufungsgericht ergehender ändernder oder ersetzender Bescheid in diesen einbezogen wird. Dem Kläger bleibt es allerdings im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit unbenommen, die Klage insoweit zurückzunehmen und, wenn er dies rechtzeitig tut, zulässig vor dem Sozialgericht Klage zu erheben. Eine ähnliche Wahlmöglichkeit ergibt sich in den Fällen des § 99 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGG, die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als Klageänderung gelten und bei denen die Möglichkeit einer Sachentscheidung durch das Berufungsgericht, soweit ersichtlich, nicht in Frage gestellt wird: Auch in diesen Fällen bleibt es dem Kläger letztlich überlassen, ob er den neuen Antrag in das Berufungsverfahren einbringt oder statt dessen Klage vor dem Sozialgericht erhebt (vgl. in diesem Sinne auch Ulmer, Klageerweiterung im Berufungsverfahren - Skylla und Charybdis, SGb 2013, 207/209). Als weitere derartige Möglichkeit sei schließlich die Sprungrevision erwähnt. Diese Beispiele zeigen, dass Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die Zuständigkeitsordnung durch die Verfahrensgestaltung und den übereinstimmenden Willen der Beteiligten oder des Gerichts nicht beeinflusst werden soll, durchaus vorhanden sind - und ihre Zulässigkeit nur einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Eine solche aber lässt sich nach Auffassung des Senats den erwähnten Vorschriften, aus denen sich - verfahrensordnungsübergreifend - die Zulässigkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz ergibt, mit ausreichender Deutlichkeit auch für diese entnehmen.

Trotz der vom Bundessozialgericht mit Nachdruck betonten Notwendigkeit, zwischen der Zulässigkeit der Klageänderung und der der geänderten Klage zu unterscheiden, ist der Senat damit auch für die im Wege der Klageerweiterung in das Verfahren eingeführten Begehren - abgesehen von dem auf Feststellung eines Schadensersatzanspruchs gerichteten Antrag - zuständig. Da insoweit eine erstinstanzliche Entscheidung bislang nicht vorliegt, erscheint es sachgerecht, von einer Entscheidung des Senats "auf Klage" auszugehen (und nicht von einer nur schwer einzuordnenden Kategorie einer nicht erstinstanzlichen, aber erstmaligen Entscheidung; so aber offenbar Burkiczak, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 29 Rn. 32).

2. Auch insoweit kann der Kläger in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.

a) Soweit er - neu und wohl zur Vorbereitung seines Schadensersatzbegehrens - beantragt, "festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig nicht zeitnah das Existenzminimum sicherte und nicht über den Antrag im Schreiben vom 18.11.2016 zeitnah entschieden hat und rechtswidrig das beantragte Darlehen nicht zeitnah gewährte", ist die Klage unzulässig. Soweit es dem Kläger damit um die streitige Leistungsgewährung geht, ist die Feststellungsklage subsidiär im Verhältnis zu der entsprechenden (Anfechtungs- und) Leistungsklage. Im Übrigen und also namentlich hinsichtlich der Feststellung einer vermeintlich rechtswidrig verzögerten Entscheidung ist ein Feststellungsinteresse nicht konkret dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich: Insbesondere ist nicht erkennbar, welche für ihn nachteiligen Folgen die behauptete Verzögerung als solche - bei in der Sache zutreffender Entscheidung - gehabt haben könnte. Ein Bescheidungsanspruch wäre im Wege der Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG durchzusetzen gewesen.

Zudem ist der Antrag, dessen verspätete Bescheidung der Kläger behauptet, gar nicht ersichtlich. Der Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 18. November 2016 im hiesigen Verfahren (GA BI. 6) erwähnt zwar die nach Auffassung des Klägers unzureichende Existenzsicherung und einen vermeintlichen Darlehensanspruch. Bei Auslegung aus dem Empfängerhorizont handelte es sich dabei aber um Vorbringen im gerichtlichen Verfahren als Duplik auf die Ausführungen des Beklagten in seiner Klageerwiderung vom 18. Oktober 2016. Dass mit diesem Vorbringen ein neuer Antrag an den Beklagten hätte gestellt werden sollen, ist aus dem Empfängerhorizont nicht ersichtlich, so dass ihm eine rechtswidrig unterlassene Bescheidung nicht vorzuhalten ist.

In der Sache ist, wie bereits ausgeführt, die Leistungsgewährung des Beklagten nicht zu beanstanden; auch ein Anspruch auf ein Darlehen bestand nicht, so dass aus der "nicht zeitnahen" Gewährung ein Rechtsverstoß nicht ableitbar ist. Im Übrigen kennt das sozialrechtliche Verfahrensrecht - abgesehen von § 88 SGG - keine zeitlichen Vorgaben für die Bescheidung, die eine "nicht zeitnahe" Bescheidung als solche rechtswidrig werden lassen könnten.

b) Weiter kann der Kläger im hiesigen Verfahren nicht mit Erfolg Ansprüche für die Zeit nach dem 30. September 2016 geltend machen.

Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Beklagte mit den im hiesigen Verfahren streitigen Bescheiden eine Entscheidung über Ansprüche für die Zeit ab 1. Oktober 2016 getroffen hätte. Der Bescheid vom 30. Mai 2016 regelte nur die Leistungsbewilligung bis Ende September 2016 und damit den nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. maßgeblichen sechsmonatigen Regelbewilligungszeitraum; ein weitergehender Regelungswille ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Die beiden Bescheide vom 16. August 2016 ersetzten vor dem Hintergrund der mit dem Rechtsvereinfachungsgesetz bewirkten Rechtsänderungen die (endgültige) Bewilligung eines Zuschusses zu den Unterkunftskosten nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II durch die (vom Betrag her höhere, allerdings vorläufige) Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Monate August und September 2016. Auch diese Bescheide und der Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 lassen eine zeitlich über den 30. September 2016 hinausgehende Regelung daher nicht erkennen. Zwar hat der Kläger nach deren Erteilung, nämlich am 31. August 2016, dem Bewilligungsbescheid vom 16. August 2016 unter anderem mit dem Argument widersprochen, ihm seien Leistungen für zwölf Monate zu bewilligen. Eine Sachentscheidung hierzu, die sich als - gegebenenfalls auch nur konkludente - Leistungsablehnung für die Zeit ab dem 1. Oktober 2016 verstehen ließe, hat der Beklagte jedoch nicht getroffen. Der Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2016 beschränkte sich auf die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig. Dem im hiesigen Verfahren angegriffenen Bescheid des Beklagten lässt sich eine Entscheidung für die Zeit ab 1. Oktober 2016 somit nicht entnehmen. Da eine reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG im Über-Unterordnungsverhältnis, wie es für die Leistungsbeziehungen der Beteiligten kennzeichnend ist, regelmäßig nicht in Betracht kommt, ist das auf entsprechende Leistungen gerichtete Klagebegehren im hiesigen Verfahren bereits unzulässig.

Im Übrigen hat der Kläger später, wenn auch erst im Dezember 2016, Leistungen für die Zeit ab Oktober 2016 ausdrücklich beantragt. Der Beklagte hat daraufhin durch den Bescheid vom 20. Dezember 2016 Arbeitslosengeld II (erst) ab dem 1. Dezember 2016 bewilligt. Vor dem Hintergrund der gestellten Anträge war dies - anders als die im hiesigen Verfahren streitigen Bescheide - als Ablehnung der Leistungsgewährung für die davorliegende Zeit zu verstehen. Nachdem der Kläger jedoch Widerspruch gegen diesen Bescheid nicht eingelegt hat und die zunächst vorläufige Entscheidung nach Ablauf der Jahresfrist aus § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II als endgültige Festsetzung mit entsprechendem Inhalt gilt, ist diese Leistungsablehnung bindend geworden (§ 77 SGG). Der streitige Anspruch ließe sich daher, wenn überhaupt, nur im Rahmen eines auf den Bescheid vom 20. Dezember 2016 bezogenen Überprüfungsantrags realisieren, wobei ein Erfolg eines derartigen Begehrens zwischenzeitlich schon im Hinblick auf die Frist aus § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB ll als ausgeschlossen erscheint, jedenfalls aber nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist.

Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die auf sechs Monate von April bis September 2016 begrenzte Bewilligung durch die streitigen Bescheide rechtswidrig gewesen sein könnte. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Bescheidung des Fortzahlungsantrags des Klägers vom 12. April 2016 durch den Bescheid vom 30. Mai 2016 erstreckte sich der Regelbewilligungszeitraum noch auf (nur) sechs Monate (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F.). Mit Blick auf das Geltungszeitraumprinzip entsprach die Regelung im Bescheid vom 30. Mai 2016 also gerade den gesetzlichen Vorgaben. Auch ergibt sich ein Rechtsfehler nach Auffassung des Senats nicht daraus, dass sich der Beklagte anlässlich der Rechtsänderungen zum 1. August 2016 darauf beschränkt hat, diese durch die beiden Bescheide vom 16. August 2016 für den laufenden und bis 30. September 2016 dauernden Bewilligungsabschnitt umzusetzen. Der für eine zeitlich darüber hinausgehende Bewilligung notwendige Fortzahlungsantrag lag zu diesem Zeitpunkt im Übrigen noch gar nicht vor.

c) Da der Kläger mit seinen auf höhere Leistungen gerichteten Anträgen keinen Erfolg hat, kann er schon aus diesem Grunde auch keine Zinsen verlangen. Überdies kennt das Sozialgerichtsgesetz einen Anspruch auf Prozesszinsen nicht. Ein Anspruch auf Zinsen nach § 44 SGB I wäre zunächst bei dem Beklagten geltend zu machen und von diesem zu bescheiden, bevor eine diesbezügliche Klage zulässig wäre.

d) Soweit der Kläger "zumindest einen ordnungsgemäßen Teil-Abhilfebescheid" verlangt, ist nicht ersichtlich, welche Verbesserung seiner Rechtsposition damit einhergehen könnte und auf welche Rechtsgrundlage sich dieses Begehren - soweit es ihm nicht um eine inhaltliche Änderung der bewilligten Leistungen, sondern um einen formal "ordentlichen" Bescheid geht - stützten ließe.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen der dabei vom Senat zu treffenden Ermessensentscheidung, in die alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen sind, besteht kein Grund, den Beklagten zu einer auch nur teilweisen Übernahme der dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten zu verpflichten. Ein entsprechender Anlass ergibt sich namentlich nicht aus dem vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Umstand, dass der Beklagte während des anhängigen Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 30. Mai 2016 für August und September 2016 höhere Leistungen gewährt hat, auch wenn er selbst im Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 davon gesprochen hat, damit sei dem Widerspruch insoweit "abgeholfen" worden. Die erhöhte Bewilligung beruhte vielmehr in der Sache und im Übrigen auch für den Kläger erkennbar allein auf den Rechtsänderungen zum 1. August 2016 durch das Rechtsvereinfachungsgesetz, so dass kein Anlass besteht, den Beklagten zu einer (Teil-) Übernahme der Kosten zu verpflichten.

VI. Die Revision ist zuzulassen. Der Rechtsstreit hat namentlich mit Blick auf die Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Frage der instanziellen Zuständigkeit des Landessozialgerichts im Falle einer Klageerweiterung und der Problematik, ob und inwieweit eine fiktive endgültige Entscheidung nach § 41a Abs. 5 SGB II zum Gegenstand eines wegen der vorläufigen Entscheidung geführten Rechtsstreits wird, grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG; hinsichtlich der erstgenannten Frage kommt zudem eine Zulassung auf der Grundlage von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG in Betracht.