LG Limburg, Urteil vom 30.12.2019 - 2 O 252/17
Fundstelle
openJur 2020, 45296
  • Rkr:
Tenor

Der Zeuge ist wegen des Beweisthemas aus dem Beschluss vom 15.07.2019 nach § 384 Nr. 2 ZPO umfassend zur Zeugnisverweigerung berechtigt.

Die Kosten des Zwischenstreits hat der Kläger zu tragen.

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Tatbestand

Der Kläger nimmt die beklagte Rechtsanwältin auf Schadensersatz in Anspruch, weil er sich bei einer Vollstreckungsgegenklage wegen Unterhaltsansprüchen seiner Ehefrau fehlerhaft vertreten sieht.

Der Kläger hatte sich nach seinem Scheidungsantrag spätestens am 17.05.2009 von seiner damaligen Ehefrau getrennt. In dem Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht verneinte der Zeuge in seiner Vernehmung im Termin vom 21.12.2011 (Anlage K1, Bl. 15 ff. GA) die klägerische Behauptung, er lebe mit der Ehefrau des Klägers zusammen. Im Anschluss verpflichtete sich der Kläger seiner Ehefrau im Vergleichswege, bis zum 31.12.2013 monatlich 675,00 € nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Gestützt auf Beobachtungen einer von ihm beauftragten Detektei leitete der Kläger vor dem Amtsgericht Kusel zu dessen Aktenzeichen ein Abänderungsverfahren ein. Das Amtsgericht ordnete die Vernehmung des Zeugen zu der Frage an, in welchem Verhältnis er zu der Ehefrau des Klägers steht (Bl. 100, 175 der Beiakte AG). Wegen seiner Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28.01.2015 (Bl. 178. ff. der Beiakte AG) verwiesen. Das Amtsgericht änderte mit Beschluss vom 06.05.2015 (Anlage K2, Bl. 24 ff. GA) die vorausgegangene Entscheidung dahin ab, dass der Kläger ab dem 21.12.2011 keinen weiteren Unterhalt mehr schuldet.

Auf Strafanzeige des Klägers vom 23.02.2012 ordnete die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren (Bl. 3 der BA) am 27.03.2012 die Vernehmung des Zeugen als Beschuldigter an. Das Verfahren ist am 14.05.2012 (Bl. 41 ff. der BA) und nach zwischenzeitlicher Wiederaufnahmen nochmals am 13.02.2013 (Bl. 137 ff. BA) und 02.02.2016 (Bl. 269 ff. BA) jeweils nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Zu dem gegen die frühere Ehefrau des Klägers auf dessen Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren sind die Akten nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet worden.

In dem vorliegen Verfahren soll gemäß Beschluss vom 15.07.2019 (Bl. 433 f. GA) der Zeuge zu der Behauptung des Klägers vernommen werden, er und die geschiedene Ehefrau des Klägers hätten bewusst und planmäßig zusammengewirkt, um den Kläger dadurch zu schädigen, dass sie im Termin vom 21.12.2011 bei dem Amtsgericht die Umstände ihres Zusammenlebens wahrheitswidrig dargestellt hätten. Der Zeuge erklärte im Termin vom 25.10.2019 auf Hinweis, nach § 384 Ziffer 2 ZPO von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.

Der Kläger ist der Auffassung, für den Zeugen bestehe aufgrund Verjährung keine Gefahr strafrechtlicher Verfolgung. Dieser habe im Termin vom 28.01.2015 wahrheitsgemäß ausgesagt.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Zeuge zu einer Verweigerung des Zeugnisses nicht berechtigt ist.

Gründe

I. Der Antrag des Klägers auf Durchführung eines Zwischenstreits ist zulässig. Über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung des Zeugen ist gemäß § 387 Abs. 1 ZPO zu entscheiden.

II. Dem Zeugen ist gemäß § 384 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt. Würde er die Beweisbehauptung des Klägers bestätigen, würde er sich der Gefahr aussetzen, wegen seiner Aussage im Termin vom 28.01.2015 wegen versuchten Prozessbetruges strafrechtlich belangt zu werden.

In diesem Termin hat der Zeuge u.a. in Bezug auf die dortige Antragsgegnerin, die Ehefrau des Klägers, bekundet:

"... Wenn ich danach gefragt werde, in welchem Verhältnis ich zu der Antragsgegnerin im Zeitraum von Dezember 2011 bis 31.12.2013 gestanden habe, so sind wir befreundet, wir kennen uns schon seit der Schulzeit. Das Verhältnis war nicht anders gewesen. Wir gehen zusammen spazieren, fahren am Wochenende weg auf Messen, z.B. auf Haushalts-, Handels- oder andere Messen. Wir fahren auch am Wochenende weg, um spazieren zu gehen und das war‘s auch schon. ..."

Eine falsche uneidliche Aussage liegt auch in dem Verschweigen von Tatsachen, die für den Vernehmungsgegenstand ersichtlich wesentlich sind, selbst wenn hiernach nicht besonders gefragt wird (vergleiche BGHSt 1,23). Hätte der Zeuge, so wie es der Kläger in sein Wissen stellt, mit der geschiedenen Ehefrau des Klägers bewusst und planmäßig zusammengewirkt, um den Kläger dadurch zu schädigen, dass sie bei ihren vorhergehenden Aussagen die Umstände ihres Zusammenlebens wahrheitswidrig dargestellt hätten, so wäre dies ein offensichtlich so wesentlicher Umstand für das Beweisthema gewesen, dass der Zeuge ihn von sich aus hätte offenbaren müssen. Würde er die klägerische Beweisbehauptung nun bestätigen, so würde er sich der Gefahr aussetzen, wegen einer am 28.01.2015 begangenen falschen uneidlichen Aussage strafrechtlich belangt zu werden. Das Delikt wird gemäß § 153 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren bestraft. Demgemäß beträgt die Verjährungsfrist der mit einer im Höchstmaß mit mehr als einem Jahr bedrohten Tat gemäß § 78 Abs. 3 Z. 5 StGB 5 Jahre. Verjährung tritt demgemäß erst im Januar 2020 ein, so dass aktuell eine Strafverfolgung noch droht.

In diesem Zusammenhang gestattet sich das Gericht den Hinweis, dass es für die Entscheidung des Hauptverfahrens nicht darauf ankommen wird, ob der Zeuge aktuell zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist. Entscheidungserheblich für den geltend gemachten Anwaltsregress ist nämlich die Frage, ob die Beklagte durch Benennung der Zeuge mit der Vollstreckungsabwehrklage im Jahre 2016 in dem Verfahren AG hätte obsiegen können. Seinerzeit wäre sogar eine etwaige Falschaussage bei der 1. Vernehmung noch nicht verjährt gewesen. Da der Zeuge, wie auch im vorliegenden Verfahren, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte, hätte sich durch seine Benennung kein positives Ergebnis erzielen lassen.

Auch wenn § 384 Nr. 2 ZPO grundsätzlich nur ein gegenständlich beschränktes Zeugnisverweigerungsrecht enthält, führt dies im vorliegenden Fall nicht dazu, dass dem Zeugen einzelne Fragen zu stellen und daran zu prüfen wäre, ob jeweils ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht. Auch das gegenständlich beschränkte Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO kann inhaltlich so weit reichen, dass der Zeuge überhaupt keine Fragen beantworten muss (vgl. hierzu OLG Celle, Urteil vom 14. Juni 2010 - 8 U 21/09 -, Rn. 14 - 15, juris, m.w.N.). Bezogen auf das Beweisthema des Beschlusses vom 15.07.2019 sind keine sachdienlichen Fragen ersichtlich, die an den Zeugen Jaworksi gerichtet werden könnten, ohne von dessen Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO umfasst zu sein. Das ist mit den Parteien im Termin vom 25.10.2019 so ausdrücklich erörtert worden, ohne dass hierzu Einwände erhoben worden sind.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.

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