VG Gießen, Beschluss vom 23.12.2019 - 9 L 2757/19.GI
Fundstelle
openJur 2020, 45067
  • Rkr:

Die Kandidatur eines parteilosen Kandidaten auf der Kommunalwahlliste der NPD genügt in der Regel für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3a WaffG.

Eine Mitgliedschaft im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. ist nicht geeignet, Rückschlüsse auf eine Abkehr oder Distanzierung vom Verfolgen oder Unterstützen verfassungsfeindlicher Bestrebungen zuzulassen.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis.

Der Antragsteller, geb. am ...., ist seit dem 30.01.2003 Inhaber einer Waffenbesitzkarte. Mit Schreiben vom 15.05.2019 teilte die Waffenbehörde des Antragsgegners dem Antragsteller mit, dass er nach den vorliegenden Erkenntnissen aktives Mitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sei und bei der Kommunalwahl 2016 für diese kandidiert habe. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seiner Entscheidung vom 17.01.2017 festgestellt, dass die NPD nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung anstrebe. Vor dem Hintergrund der Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 a und b des Waffengesetzes (WaffG) sei deshalb beabsichtigt, die waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen. Wegen der aktiven Mitgliedschaft und Unterstützung der NPD fehle es dem Antragsteller an der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21.06.2019 gegeben. Mit Schreiben vom 14.06.2019 teilte der Antragsteller der Waffenbehörde daraufhin mit, dass er kein Mitglied der NPD sei, sondern vielmehr im Jahr 2016 als parteiloser Kandidat auf der Kreistagsliste der NPD kandidiert habe. Die Entscheidung des BVerfG sei erst ein gutes Jahr später getroffen worden. Er sei zudem Mitglied im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. Gemäß der Mitgliedersatzung träten Reservisten aktiv für die freiheitliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. Bei Wehrübungen und Wettkämpfen bekomme er regelmäßig G36-Gewehre ausgehändigt und nehme aktiv an Schießübungen teil. Eine Auslegung des Gesetzes, wonach es § 5 Abs. 2 Nr. 3 a und b WaffG erlaube, eine einzelne Person nur aufgrund ihrer Meinung oder der eventuellen Mitgliedschaft in einer Partei pauschal als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen, sei diskriminierend und entziehe haltlos die in der Verfassung und Gesetzgebung festgelegten Rechte. Der Antragsteller bat zudem um schriftliche Mitteilung der Quelle, aus der die falsch dargestellte Erkenntnis einer Mitgliedschaft in der NPD bezogen wurde.

Die Waffenbehörde des Antragsgegners widerrief mit Bescheid vom 26.06.2019 die waffenrechtliche Erlaubnis des Antragstellers gemäß § 45 Abs. 2 WaffG (Ziff. 1) und forderte ihn zugleich auf, alle Gegenstände, die er aufgrund der waffenrechtlichen Erlaubnis erworben habe oder über die er befugt die tatsächliche Gewalt ausübe, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Verfügung dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen oder einem Berechtigten zu überlassen und drohte für den Fall der Nichtbefolgung die Sicherstellung von Waffen und Munition an (Ziff. 2). Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziff. 4). Die Kosten des Verfahrens wurden auf insgesamt 162,70 EUR festgesetzt (Ziff. 5). Zur Begründung führte die Waffenbehörde aus, der Antragsteller habe anlässlich der Kreistagswahl im Jahr 2016 für die NPD auf Listenplatz F. kandidiert und nach dem amtlichen Endergebnis G. Stimmen erhalten. Die NPD habe damals insgesamt 2 Sitze im Kreistag errungen. Bei der NPD handele es sich um eine Vereinigung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sei. Die Waffenbehörde verwies hierzu auf die Entscheidung des BVerfG, wonach die NPD nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung anstrebe. Der Antragsteller habe im Rahmen seiner Anhörung zwar behauptet, kein NPD-Mitglied zu sein und als parteiloser Kandidat auf der Kreistagsliste der NPD kandidiert zu haben, dies spiele für die Entscheidung jedoch keine ausschlaggebende Rolle, da er die NPD durch seine Kandidatur unterstützt habe. Dieser Unterstützungsbeitrag gehe jedenfalls in seiner Außenwirkung über den eines passiven Parteimitglieds, das sich auf die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen beschränke, deutlich hinaus. Vielmehr habe er durch seine Kandidatur gegenüber der Öffentlichkeit zu erkennen gegeben, dass er die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der NPD unterstütze und mittrage und hierdurch den erforderlichen qualifizierten Unterstützungsbeitrag für eine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Vereinigung erbracht. Die Mitgliedschaft im Verband der Reservisten der deutschen Bundeswehr sei hierbei unerheblich. Gefahren gingen grundsätzlich auch von Personen mit Waffenbesitz aus, wenn diese eine Vereinigung unterstützten, die Bestrebungen verfolge, die als verfassungsfeindlich einzustufen seien. Bei dem Antragsteller handele es sich um einen solchen Regelfall. Atypische Umstände seien vorliegend nicht erkennbar. Auch ein langjähriger beanstandungsfreier Waffenbesitz sei notwendige, nicht aber hinreichende Voraussetzung, um die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit zu widerlegen, denn ein waffenrechtskonformes Verhalten in der Vergangenheit müsse ohnehin bei jedem Waffenbesitzer vorausgesetzt werden.

Der Antragsteller legte am 04.07.2019 Widerspruch gegen diesen Bescheid ein.

Am 05.07.2019 hat der Antragsteller Eilantrag gestellt. Zur Begründung verweist er auf seinen langjährigen beanstandungsfreien Waffenbesitz und führt aus, die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei sei notwendige Bedingung für die regelmäßige Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, so dass er, der gerade kein Mitglied der NPD sei, den Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG von vornherein nicht erfüllen könne. Die einzig ihm vorgeworfene Kandidatur bei den hessischen Kommunalwahlen im Jahr 2016 sei daher irrelevant. Selbst wenn die Vorschrift auch auf Nicht-Mitglieder anwendbar wäre, griffe die Regelvermutung vorliegend nicht zu seinen Lasten ein. Hierfür müsste er als parteiloser Waffenbesitzer vielmehr ein Verhalten an den Tag legen, welches über das seitens des Gesetzgebers tolerierte Maß der Unterstützung durch eine bloße Mitgliedschaft hinausgehe. Durch seine Kandidatur seien der NPD keine Vorteile entstanden, die mit einer Parteimitgliedschaft vergleichbar wären, vielmehr handele es sich um ein rein punktuelles Ereignis, welches keine nachhaltige Sicherung der Parteiexistenz darzustellen vermöge. Sie bringe im Übrigen auch keinen Nutzen im Hinblick auf die staatliche Parteienfinanzierung, weil insofern nur die Wahlergebnisse bei überregionalen Wahlen mit staatlichen Mitteln begünstigt würden. Dass die Kandidatur eines völlig Unbekannten, wie er es sei, auf einem aussichtslosen Listenplatz zu einem quantifizierbaren Stimmenzuwachs geführt habe, könne ausgeschlossen werden, weil die Wähler entgegen der gesetzgeberischen Grundkonzeption in erster Linie Parteien und nicht Personen wählten. Der Parteistatus könne mit Hilfe von Kandidaturen bei Kommunalwahlen angesichts der Regelungen des Parteiengesetzes (PartG) ebenfalls nicht gesichert werden; auch auf die Parteienfinanzierung habe diese politische Ebene keinen Einfluss. Der Antragsteller meint, dass auch das BVerwG in seiner jüngsten Rechtsprechung davon ausgehe, dass selbst bei Parteimitgliedern ein zusätzlicher Unterstützungsbeitrag von erheblichem Gewicht notwendig sei, um die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auszulösen. Seine einmalige Kandidatur erfülle demnach nicht die Voraussetzungen des geforderten Unterstützungsgrades. Hinzukomme, dass die NPD auch nach Ansicht des BVerfG zur Verwirklichung ihrer Ziele weder Gewalt anwende, noch zur Gewalt aufrufe oder in irgendeiner Form billige. Die einmalige Kandidatur für die nicht gewaltaffine NPD lasse demnach nicht zu, ihm als ehemaligem Kandidaten einen potentiellen Zweckentfremdungsvorsatz zu unterstellen. Die gesetzgeberische Regelvermutung, auf die der Bescheid gestützt werde, sei daher grundlegend erschüttert. Wenn eine Partei keinen gewaltsamen Umsturz anstrebe, könne ihre Unterstützung auch nicht die Prognose rechtfertigen, der Unterstützer werde seine Waffen zum gewaltsamen politischen Kampf missbrauchen. Eine restriktive Auslegung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG sei außerdem geboten, um Wertungswidersprüche zu den anderen Nummern der Vorschrift zu vermeiden. Andernfalls wäre es denkbar, dass jemandem wie ihm die Zuverlässigkeit abgesprochen werde, nur weil er von seinem grundgesetzlich verbürgten passiven Wahlrecht Gebrauch mache, wohingegen selbst ein vorsätzlicher Straftäter unterhalb eines Strafmaßes von 60 Tagessätzen als waffenrechtlich zuverlässig gelte. Schließlich habe der Antragsgegner versäumt, die Einzelfallprüfung vorzunehmen, die nach der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG gefordert werde. Der Antragsgegner hätte vor Erlass des verfahrensgegenständlichen Bescheides daher konkrete beanstandungswürdige Äußerungen von NPD-Funktionären ermitteln müssen, bezüglich derer eine Distanzierungsobliegenheit des Antragstellers hätte bestehen können. Der streitgegenständliche Bescheid sei schon alleine wegen des Fehlens derartiger Ermittlungen rechtswidrig.

Der Antragsgegner beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 04.07.2019 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26.06.2019 hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte anzuordnen und im Übrigen wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Eilantrag zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die streitgegenständliche Verfügung vom 26.06.2019.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakte verwiesen, die Gegenstand der Beratungen waren.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist statthaft gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO. Die Rechtsbehelfe gegen die in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides getroffene Anordnung nach § 45 Abs. 2 WaffG hat gemäß § 45 Abs. 5 Waffengesetz (WaffG) keine aufschiebende Wirkung; die aufschiebende Wirkung der Kostenfestsetzung in Ziff. 5 entfällt nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die sofortige Vollziehbarkeit der übrigen Verfügungen wurde in Ziff. 4 des Bescheides angeordnet. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.

Er ist jedoch unbegründet, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis (Ziff. 1 des Bescheides) sowie der Kostenfestsetzung (Ziff. 5 des Bescheides) das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Im Rahmen der Abwägung des kraft Gesetzes bestehenden Interesses des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs in der Hauptsache trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs anhand einer summarischen Prüfung. Wird der Rechtsbehelf (hier Widerspruch) in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos sein, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Wird er voraussichtlich erfolgreich sein, überwiegt regelmäßig das Interesse des Antragstellers, da an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes kein überwiegendes öffentliches Interesse bestehen kann, wenn dieser an schwerwiegenden Mängeln leidet oder dessen sofortige Vollziehung eine unbillige Härte darstellen würde. Ist dagegen der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.

Ausgehend von diesem Maßstab besteht hier keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Widerspruchs.

Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis aus Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids.

Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse, der seine Ermächtigungsgrundlage in § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i. V. m. §§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 3 WaffG findet, ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Hierzu gehört nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 auch die mangelnde Zuverlässigkeit gemäß § 5 WaffG. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind.

Im für den Widerruf maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung lagen Tatsachen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller in den letzten fünf Jahren Bestrebungen verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Anknüpfungspunkt für diese Annahme ist der Umstand, dass sich der Antragsteller bei der Kommunalwahl im Jahr 2016 für die NPD um ein Kreistagsmandat beworben, auf Listenplatz F. kandidiert und dabei nach dem amtlichen Endergebnis G. Stimmen erhalten hat.

Die NPD fällt als Partei unter den Begriff der Vereinigung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz (PartG) handelt es sich bei Parteien um Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen.

Neben dem eindeutigen Wortlaut spricht auch die Systematik des § 5 Abs. 2 WaffG dafür, dass Parteien von dem Begriff der Vereinigung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG erfasst sind. Die Unzuverlässigkeitstatbestände der § 5 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 WaffG stehen nebeneinander und lassen keine Spezialität der Nr. 2 erkennen (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.06.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 14 ff.; Urteil v. 30.09.2009 - Az. 6 C 29/08 -, NVwZ-RR 2010, 225; Hess. VGH, Urteil v. 12.10.2017 - Az. 4 A 626/17 -, BeckRS 2017, 130683, Rn. 12). Maßgeblicher Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen ist der Umstand, dass der Versagungsgrund nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das BVerfG nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetz festgestellt hat, oder verbotenen Vereinigung genügen lässt, wohingegen § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG ein darüber hinausgehendes Verfolgen bzw. Unterstützen der verfassungsfeindlichen Bestrebungen der einschlägigen Vereinigung erfordert und damit ein tätigkeitsbezogenes Merkmal enthält (Hess. VGH, Urteil v. 12.10.2017 - Az. 4 A 626/17 -, BeckRS 2017, 130683, Rn. 12). Das Merkmal der "Mitgliedschaft" ist dabei rein organisationsbezogen, wohingegen sich das Merkmal "Bestrebungen verfolgen" und "unterstützen" auf die Tätigkeit bezieht (BVerwG, Urteil v. BVerwG, Urteil v. 19.06.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 15). Nach dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 WaffG soll das mit jedem Waffenbesitz vorhandene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BT-Drs. 14/7758, S. 54). Nach dem ausdrücklichen Ziel des Gesetzgebers ist dies beim Verfolgen extremistischer Bestrebungen nicht der Fall, vielmehr soll jedwede - individuelle oder kollektive - verfassungsfeindliche Betätigung in der Regel zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führen (BT-Drs. 14/7758, S. 50, 55). Wenn aber das Unterstützen verfassungsfeindlicher, wenngleich nicht verbotener Parteien vor diesem Hintergrund im Unterschied zur reinen Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG waffenrechtlich folgenlos bliebe, wäre dies mit dem Normzweck nicht zu vereinbaren (vgl. BVerwG, Urteil v. 30.09.2009 - Az. 6 C 29/08 -, NVwZ-RR 2010, 225).

Bei der NPD handelt es sich um eine Vereinigung, deren Bestrebungen sich im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Zur Auslegung des Begriffs der verfassungsfeindlichen Bestrebungen kann auf die wesensverwandten Begriffsbestimmungen in § 92 Abs. 2 StGB sowie § 4 des BVerfSchG zurückgegriffen werden (Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 5 Rn. 21).

Die NPD steht für Antiparlamentarismus und Antipluralismus und wendet sich mit ihrer fremdenfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Programmatik offen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Sie will die parlamentarische Demokratie von innen heraus, das heißt mittels Parteiarbeit, abschaffen und die politische und gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, von ihr in Anlehnung an die Sprache des Nationalsozialismus als rein machtorientierte Herrschaft der "Systemparteien" diffamiert, durch eine ethnisch homogene "Volksgemeinschaft" ersetzen (Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Verfassungsschutz in Hessen, Bericht 2018, S. 91). Das BVerfG hat mit Urteil vom 17.01.2017 festgestellt, dass die Ziele der NPD und das Verhalten ihrer Anhänger gegen die Menschenwürde und den Kern des Demokratieprinzips verstoßen und Elemente der Wesensverwandtschaft mit dem historischen Nationalsozialismus aufweisen. Die Programmatik der NPD ist danach auf die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung gerichtet (vgl. BVerfG, Urteil v. 17.01.2017 - Az. 2 BvB 1/13 - NJW 2017, 611 Rn. 634 ff.).

Der Antragsteller hat die NPD als verfassungsfeindliche Vereinigung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG durch seine Kandidatur unterstützt.

Anknüpfungspunkt für die aktive Unterstützungshandlung des Antragstellers ist dessen Kandidatur für die NPD bei den hessischen Kommunalwahlen im Jahr 2016. Die Kandidatur des Antragstellers liegt innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG und erfüllt auch im Übrigen dessen Anforderungen. Diese Vorschrift ist nicht ausschließlich auf Parteimitglieder anwendbar, sondern auch dann einschlägig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass jemand einzeln Bestrebungen verfolgt oder unterstützt bzw. in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Anknüpfungspunkt für das "Verfolgen" verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist die aktive individuelle Betätigung des Einzelnen (BT-Drs. 14/7758, S. 55; Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 5 Rn. 21). Hierin unterscheidet sich § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG von § 5 Abs. 2 Nr. 2, der keine über die bloße Parteimitgliedschaft hinausgehende Unterstützungshandlung fordert. Durch ein aktives, über eine bloße Parteimitgliedschaft hinausgehendes Engagement wird eine Vereinigung in ihrer Existenz gesichert. Damit wird deren Bestand möglich, was wiederum der Vereinigung erst ermöglicht, ihre Bestrebungen weiter fortzuführen (vgl. Hess. VGH, Urteil v. 12.10.2017 - Az. 4 A 626/17 -, BeckRS 2017, 130683, Rn. 19). Als Unterstützungshandlung im waffenrechtlich relevanten Sinne sind daher solche Betätigungen anzusehen, bei denen jemand innerhalb der Vereinigung oder für die Vereinigung nach außen erkennbar Funktionen wahrnimmt und dadurch in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt, dass er hinter den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Vereinigung steht und diese mit tragen will (Sächs. OVG, Urteil v. 16.03.2018 - Az. 3 A 556/17 -, juris, Rn. 52). Ein Unterstützen liegt daher jedenfalls bei der Wahrnehmung von Mandaten auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene vor, da die Besetzung von Mandaten auf den verschiedensten Ebenen für die Existenz und Beständigkeit einer solchen Vereinigung von großer Bedeutung ist (ebenda, Rn. 53). Gleiches gilt, wenn jemand als Bewerber einer verfassungsfeindlichen Partei an Wahlen teilnimmt, auch wenn er hierbei kein Mandat erringt, denn auch in diesen Fällen ist von einer besonders intensiven Identifikation mit den gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Bestrebungen der Partei auszugehen (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 30).

Der Antragsteller hat durch seine Kandidatur für die NPD nach außen zu erkennen gegeben, dass er die politische Arbeit der NPD - auch ohne formell Mitglied zu sein - jedenfalls auf kommunaler Ebene unterstützt. Sie ist auch ohne formelle Parteimitgliedschaft geeignet, Stimmen für die NPD zu akquirieren und daher als Unterstützungshandlung für diese Partei zu werten. Als Kandidat für die NPD muss sich der Antragsteller deren verfassungsfeindliche Bestrebungen jedenfalls zurechnen lassen.

An dieser Lesart ändert auch der Einwand des Antragstellers nichts, wonach seine Kandidatur ein rein punktuelles Ereignis sei, welches keine nachhaltige Sicherung der Parteiexistenz darzustellen vermöge und auch im Hinblick auf die staatliche Parteienfinanzierung keinen Nutzen bringe. Zwar ist dem Antragsteller zuzugestehen, dass der NPD-Landesverband Hessen als nicht handlungsfähig gilt (Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Verfassungsschutz in Hessen, Bericht 2018, S. 82) und auch das BVerfG in seinem Urteil vom 17.01.2017 festgestellt hat, dass die NPD im parlamentarischen Bereich weder über die Aussicht verfügt, bei Wahlen eigene Mehrheiten zu gewinnen, noch über die Option, sich durch die Beteiligung an Koalitionen eigene Gestaltungsspielräume zu verschaffen (BVerfG, Urteil v. 17.01.2017 - Az. 2 BvB 1/13 - NJW 2017, S. 611 Rn. 897). Gleichwohl gehört der Kreisverband Wetterau, wo der Antragsteller bei der Kommunalwahl 2016 angetreten ist, zu den wenigen aktiven Kreisverbänden, die auch öffentlich in Erscheinung treten. Demgemäß beschränkte die NPD ihren Wahlkampf in der Vergangenheit auch überwiegend auf diese Regionen und wurde hierbei von Bundesvorstandsmitgliedern und Funktionären anderer Landesverbände unterstützt (Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Verfassungsschutz in Hessen, Bericht 2018, S. 82, 84). Kandidaturen bei anstehenden Wahlen sind daher für die NPD - wie für jede andere Partei auch - von großer Bedeutung, da sie dabei helfen, die Partei in ihrem Bestand zu sichern. Zudem wird das Erscheinungsbild einer Partei in der Öffentlichkeit von dem Auftreten ihrer Kandidaten bei Wahlen und ihrer Vertreter in Parlamenten und kommunalen Vertretungen maßgeblich bestimmt (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 30). Auch der Umstand, dass der Antragsteller auf Listenplatz F. kandidiert hat und die NPD letztlich nur zwei Mandate erringen konnte, ändert nichts an der Bewertung seiner Kandidatur als aktive Unterstützungshandlung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG. Zum einen kann Listenplatz F. aufgrund des Umstands, dass die NPD in der Wetterau bei der vorangegangenen Kommunalwahl 2, 5 % der Stimmen und damit zwei Listenplätze erringen konnte, nicht als von vornherein aussichtlos angesehen werden. Darüber hinaus ist es angesichts der bei Kommunalwahlen vorgesehenen Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4 Hessisches Kommunalwahlgesetz (KWG)) nie gänzlich ausgeschlossen, dass ein Bewerber - z.B. aufgrund seines wenn auch nur regional begrenzten Bekanntheitsgrades - trotz an sich aussichtsloser Listenplatzierung Einzug in eine kommunale Vertretungskörperschaft hält. Insofern geht der Einwand des Antragstellers, wonach Wähler entgegen der gesetzgeberischen Grundkonzeption in erster Linie Parteien und nicht Personen wählen, fehl. Die Kandidatur des Antragstellers war daher jedenfalls geeignet, Stimmen für die NPD zu akquirieren und hat so dazu beigetragen, zur Sicherung ihrer Existenz und Beständigkeit in einem für die NPD wichtigen Landkreis beizutragen.

Diese Lesart des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG führt nicht zu der von Seiten des Antragstellers vorgetragenen Diskriminierung und greift auch nicht unzulässig in seine Rechte ein; vielmehr beeinträchtigt die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eines Parteimitglieds oder Anhängers der NPD nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG die von Art. 21 GG geschützte Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung nicht in rechtserheblicher Weise und entzieht dem Antragsteller auch nicht sein aktives Wahlrecht. Aufgrund der aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG abzuleitenden allgemeinen staatlichen Schutzpflicht für das Leben und die körperliche Unversehrtheit ist der Gesetzgeber berechtigt, Gründe für eine regelmäßig anzunehmende waffenrechtliche Unzuverlässigkeit auch im Verhältnis zu Mitgliedern und Anhängern politischer Parteien aufzustellen und auszugestalten (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 19). Angesichts der Gefährlichkeit, die mit dem Umgang mit Waffen verbunden ist, ist der Staat aufgrund seiner Schutzpflicht gehalten, die Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern zu beschützen. Es obliegt dabei dem Gesetzgeber darüber zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Art und Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen (vgl. BVerwG, Urteil v. 30.09.2009 - Az. 6 C 29/08 -, NVwZ-RR 2010, 225). § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG stellt vor diesem Hintergrund kein Sonderrecht dar, das gegen Parteien und die Aktivitäten ihrer Mitglieder gerichtet ist, sondern dient, ähnlich den geltenden Strafgesetzen, dem Schutz fundamentaler Rechtsgüter der Allgemeinheit. Die Vorschrift beansprucht ihre Geltung gegenüber den Mitgliedern und Unterstützern von Parteien ebenso wie gegenüber allen anderen Bürgern (vgl. BVerwG, Urteil v. 30.09.2009 - Az. 6 C 29/08 -, NVwZ-RR 2010, 225; Hess.VGH, Urteil v. 12.10.2017 - Az. 4 A 626/17 -, BeckRS 2017, 130683, Rn. 13). Dies ist auch sachgerecht, da es für die Erfüllung der Schutzpflicht unerheblich ist, ob die Betätigung, welche die Unzuverlässigkeit begründet, innerhalb oder außerhalb einer Partei ausgeübt wird (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 20). Die Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG beeinträchtigt daher die Mitglieder und Anhänger von Parteien nicht in ihrer verfassungsrechtlich garantierten parteipolitischen Betätigungsfreiheit und verletzt auch keine Grundrechte (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 21; Urteil v. 30.09.2009 - Az. 6 C 29/08 -, NVwZ-RR 2010, 225). Bei der an die Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen einer Vereinigung anknüpfenden Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit handelt es sich nicht um eine staatliche Sanktion wegen der Äußerung einer politischen Einstellung, sondern um ein allgemeines Gesetz, das dem Schutz fundamentaler Rechtsgüter der Allgemeinheit dient (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 21). Insofern ist auch nicht ersichtlich, dass die politische Willensbildung der NPD infolge des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers beeinträchtigt sein könnte (so auch Sächs. OVG, Urteil v. 16.03.2018 - Az. 3 A 556/17 -, juris, Rn. 39). Ein Wertungswiderspruch mit der Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 1 a) WaffG, wonach die Regelunzuverlässigkeit bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat erst ab einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen ausgelöst wird, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht zu erkennen. Bei den in der Vorschrift genannten 60 Tagessätzen handelt es sich um einen Mittelwert, der im Kompromiss mit den Ländern gefunden wurde und der Tatsache Rechnung trägt, dass in der Praxis der Gerichte 60 Tagessätze ein erhebliches Unwerturteil bei einer Geldstrafe darstellen, das einiges Gewicht der konkreten Tat voraussetzt, so dass Bagatell-Taten nicht erfasst werden (Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 13). Mit den Strafanforderungen will der Gesetzgeber sicherstellen, dass bei einer erstmaligen Verurteilung Bagatelldelikte in waffenrechtlicher Hinsicht unberücksichtigt bleiben und sich bei Berücksichtigung der gängigen Spruchpraxis der Strafgerichte geringfügige Strafaussprüche insgesamt nicht auf die waffenrechtliche Beurteilung des Antragstellers auswirken (Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 22; BT-Drs. 14/7758, 128 f.). Diese gesetzgeberische Wertung steht ebenso wie die Nummern 2 und 3 des § 5 Abs. 2 WaffG im Zusammenhang mit dem Gesetzeszweck, wonach es das zentrale Anliegen des Waffengesetzes ist, den Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern zu verstärken, d.h. das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen (vgl. statt vieler BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 16). Vor dem Hintergrund dieses Gesetzeszwecks stehen die einzelnen Tatbestände der Regelunzuverlässigkeit selbstständig nebeneinander.

Gleichwohl müssen nach der jüngsten Rechtsprechung des BVerwG diejenigen Fallgestaltungen ausgesondert werden, in denen die vom Gesetzgeber typisierend vorausgesetzte Verbindung zwischen der Verfolgung bzw. dem Unterstützen verfassungsfeindlicher Bestrebungen und dem Schutzgut des Waffenrechts ausnahmsweise fehlt (BVerwG, Urteil v. 19.09.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 35). Denn selbst wenn die generalisierende Annahme eines waffenrechtlich relevanten Sicherheitsrisikos, die an die legale Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen einer politischen Partei anknüpft, nicht als staatliche Sanktion oder zielgerichtete Behinderung zu qualifizieren ist, können mittelbare bzw. faktische Beeinträchtigungen der nach Art. 21 GG geschützten politischen Tätigkeit nicht ausgeschlossen werden. Daher muss die Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalles darauf erstreckt werden, ob die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit möglicherweise deshalb widerlegt ist, weil der vom Gesetzgeber typisierend vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der relevanten Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen und dem Schutzzweck des Waffengesetzes ausnahmsweise fehlt (BVerwG, Urteil v. 19.06.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 34). Atypische Umstände in diesem Sinne sind bei Funktions- und Mandatsträgern einer nicht verbotenen Partei grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn - neben einem in waffenrechtlicher Hinsicht beanstandungsfreien Verhalten - feststeht, dass sie sich von hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen von Mitgliedern und Anhängern der Partei unmissverständlich und beharrlich distanziert haben. Wer sich zur Widerlegung der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG auf derartige in seiner Sphäre liegende Umstände beruft, dem obliegt im Verfahren vor der Waffenbehörde oder dem Verwaltungsgericht zudem eine besondere Darlegungslast (BVerwG, Urteil v. 19.06.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 36).

Derartige atypische Umstände, die Rückschlüsse auf eine eindeutige Abkehr oder Distanzierung von dem tatbestandsmäßigen Verhalten des Antragstellers zulassen, sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Sie ergeben sich zum einen nicht aus dem von ihm angeführten und unstreitigen beanstandungsfreien Waffenbesitz. Dieser ist nicht geeignet, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) WaffG zu widerlegen (BVerwG, Urteil v. 19.06.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 34). Ein langjähriger, beanstandungsfreier Waffenbesitz ist zwar notwendige, nicht jedoch hinreichende Bedingung für die Widerlegung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, da waffenrechtskonformes Verhalten ohnehin bei jedem Waffenbesitzer vorausgesetzt werden kann. Auch ein schlichtes Aufgeben bzw. Unterlassen der tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen innerhalb der gesetzlichen Wohlverhaltensfrist des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG von fünf Jahren kann grundsätzlich nicht ausreichen, um die gesetzliche Regelvermutung zu widerlegen. Es müssen hierzu vielmehr weitere Umstände im Verhalten des Antragstellers im Sinne einer eindeutigen Abkehr oder Distanzierung hinzutreten (Hess. VGH, Urteil v. 12.10.2017 - Az. 4 A 626/17 -, BeckRS 2017, 130683, Rn. 28).

Der Antragsteller hat vorgetragen, Mitglied im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. zu sein. Diese träten gemäß ihrer Mitgliedersatzung aktiv für die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. Bei Wehrübungen bekomme er regelmäßig G36-Gewehre ausgehändigt und nehme aktiv an Schießübungen teil. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, Rückschlüsse auf eine eindeutige Abkehr oder Distanzierung von seinem Unterstützungsbeitrag für die NPD zuzulassen. Bei dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundewehr e.V. handelt es sich ausgehend von seiner Mitgliedersatzung in der Fassung vom 21.11.2015 um einen rechtsfähigen Verein, der nach seinem in Art. 2 Nr. 1 seiner Satzung niedergelegten Selbstverständnis die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland vertritt und zu deren nationalen Verpflichtungen steht. Aus der Mitgliedschaft des Antragstellers lässt sich jedoch weder in zeitlicher noch in tatbestandlicher Hinsicht schlussfolgern, dass er sich hierdurch von hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen von Mitgliedern und Anhängern der NPD unmissverständlich und beharrlich distanziert hätte, so dass die Regelvermutung seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit widerlegt wäre. Im Übrigen hat die Mitgliedschaft im Verband ebenso wenig Auswirkungen auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers, wie sich umgekehrt aus dem Innehaben einer waffenrechtlichen Erlaubnis ableiten ließe, dass er im Sinne des Vereinszwecks aktiv für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintritt. Dass der Verband es selbst für möglich hält, dass seine Mitglieder im Einzelfall nicht dem Selbstverständnis und den Zielen des Verbandes entsprechend handeln, ergibt sich aus Art. 3 Nr. 10 seiner Satzung, wonach gegen ein Mitglied Ordnungsmaßnahmen verhängt werden können, falls es der Satzung oder satzungsgemäßen Beschlüssen zuwider handelt. Ob und wie sich die Kandidatur des Antragstellers für die NPD auf seine Mitgliedschaft im Verband der Reservisten auswirkt, ist vorliegend nicht streitgegenständlich und bedarf daher keiner weiteren Ausführungen.

Weitere Umstände, die als atypische Umstände im Sinne der aktuellen BVerwG-Rechtsprechung geeignet wären, die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit zu widerlegen, hat der Antragsteller nicht vorgetragen, so dass die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache keinen Anlass bietet, von der angenommenen Regelunzuverlässigkeit abzuweichen. Mit seiner Ansicht, wonach der Antragsgegner vor Erlass des verfahrensgegenständlichen Bescheides konkrete beanstandungswürdige Äußerungen von NPD-Funktionären habe ermitteln müssen, die seine Distanzierungsobliegenheit hätten auslösen können, verkennt er, dass die Darlegungslast für die atypischen Umstände - wie bereits ausgeführt - bei ihm liegt und nicht beim Antragsgegner. Ausgehend von den Ausführungen des BVerwG müssen die befassten Behörden und Gericht nur diejenigen Tatsachen anhand des im Urteil dargelegten Maßstabs würdigen, die der Betroffene dargelegt hat (BVerwG, Urteil v. 19.06.2019 - Az. 6 C 9/18 - juris, Rn. 36 ff.). Dass der Kläger in dem diesem Urteil des BVerwG zugrunde liegenden Sachverhalt keine entsprechenden Darlegungen tätigen musste, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass das BVerwG den Maßstab in seiner Entscheidung neu definiert hat und daher ausführt, dass der Kläger bisher nicht davon ausgehen musste, dass es auf die Darlegung entsprechender Anhaltspunkte ankommen würde (ebenda, Rn. 37). Der Antragsteller hingegen musste davon ausgehen, dass es auf deren Darlegung ankommt, schließlich beruft er sich selbst auf das Urteil.

Die Kostenfestsetzung in Ziff. 5 des angegriffenen Bescheids erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Das Gericht verweist hierbei auf die Begründung im angegriffenen Bescheid.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO ebenfalls statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung selbst ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Eine dieser Vorschrift genügende, auf den konkreten Einzelfall abgestellte, substantiierte und nicht bloß formelhafte Begründung des besonderen Vollzugsinteresses liegt vor. Der Antragsgegner hat in seiner Entscheidung, die sofortige Vollziehung anzuordnen, die Überlegung zugrunde gelegt, die missbräuchliche Verwendung der streitgegenständlichen Schusswaffen zu verhindern und so potentiellen Schaden von der Allgemeinheit abzuhalten und verdeutlicht, dass ihm der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung bewusst ist (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 84).

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Aufforderungen nach § 46 Abs. 2 WaffG das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil ein Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos sein wird. Die Aufforderung zur dauerhaften Unbrauchbarmachung bzw. Überlassung aller Gegenstände, die der Antragsteller aufgrund seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse erworben hat oder über die er die tatsächliche Gewalt ausgeübt hat, an einen Berechtigen (Ziff. 2 des Ausgangsbescheids), folgt aus § 46 Abs. 2 WaffG. Die Anordnung ist Folge des rechtmäßigen Widerrufs der entsprechenden waffenrechtlichen Erlaubnisse und ebenso wie dieser rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Ziff. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Auffangwert zzgl. 750,-- EUR je weitere Waffe). Der danach festzusetzende Streitwert in Höhe von 5.000 EUR für die Pistole des Antragstellers ist nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs hälftig anzusetzen.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte