OLG Köln, Urteil vom 13.12.1995 - 26 UF 28/95
Fundstelle
openJur 2012, 75051
  • Rkr:
Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 5. Juli 1995 - 26 UF 28/95 - wird aufrechterhalten. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 829,82 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Mai 1994 zu zahlen. Die weiteren Kosten des 2. Rechtszuges hat der Kläger zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil des Senats

vom 5. Juli 1995 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht

eingelegt und begründet worden. Auf Grund der neuen Verhandlung

bleibt das Versäumnisurteil, mit welchem auf die Berufung des

Beklagten die Klage abgewiesen worden ist, aufrechterhalten. Die

nach Einspruch erhobene Widerklage des Beklagten führt zur

Verurteilung des Klägers nach dem Widerklageantrag.

Dazu ist im einzelnen folgendes auszuführen:

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Der Beklagte hat das

Rechtsmittel zutreffend bei dem Oberlandesgericht eingelegt, dessen

Zuständigkeit sich aus § 119 Abs. 1 Satz 1 GVG ergibt. Nach dieser

Vorschrift entscheiden die Oberlandesgerichte unter anderem über

Berufungen gegen Endurteile der Amtsgerichte "... in den von den

Familiengerichten entschiedenen Sachen ...". Der vorliegende

Rechtsstreit hat zwar keine Familiensache im Sinne der §§ 606 ff

ZPO zum Gegenstand. Darauf kommt es aber nach § 119 Abs. 1 Satz 1

ZPO auch nicht an. Maßgebend ist vielmehr, ob das Amtsgericht "als

Familiengericht" entschieden hat (sog. formelle Anknüpfung). Dies

ist hier jedenfalls dem äußeren Anschein nach der Fall. Die

Bezeichnung "Familiengericht" ist im Eingang des angefochtenen

Urteils enthalten. Daß die Entscheidung nicht das für

Familiensachen vorgesehene F-Aktenzeichen, sondern ein

C-Aktenzeichen (allgemeine Zivilsachen) trägt, ist demgegenüber

ohne Bedeutung (in diesem Sinne bei gleichgelagerter Konstellation

auch BGH MDR 1993,382).

Mangels entsprechender Rüge - § 529 Abs. 3 ZPO - ist dem Senat

auch eine Prüfung der Frage verwehrt, ob wegen Vorliegens einer

Nichtfamiliensache das Verfahren zur Entscheidung in der Sache an

einen allgemeinen Zivilsenat abzugeben wäre.

II.

Das Rechtsmittel des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht die geltend gemachte Honorarforderung aus der

Abrechnung vom 28. April 1994 (Bl. 32 f.) gegen den Beklagten nicht

zu. Denn der Kläger hat den Beklagten in dem Rechtsstreit, auf den

sich die Honorarforderung bezieht, fehlerhaft beraten und damit

seine Pflichten aus dem Mandatsverhältnis mit dem Beklagten

schuldhaft verletzt. Durch dieses vertragswidrige Verhalten des

Klägers war die Mandatskündigung seitens des Beklagten veranlaßt.

Demzufolge kann der Kläger gemäß § 628 Abs 1 Satz 2 BGB insoweit

eine Vergütung nicht verlangen, als seine Leistungen infolge der

Kündigung für den Beklagten kein Interesse mehr haben. Dies ist

jedenfalls in dem Umfang, in welchem der Kläger noch Zahlung von

dem Beklagten fordert, der Fall. Hierzu wird auf die Abrechnung in

dem außergerichtlichen Schreiben des Beklagten vom 2.5.1994 (Bl. 34

f.) verwiesen.

a) Eine fehlerhafte Beratung des Beklagten ist dem Kläger im

Zusammenhang mit dem von der damaligen Ehefrau des Beklagten gegen

diesen erhobenen Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts

anzulasten. Insoweit hätte es dem Kläger oblegen, den Beklagten im

einzelnen über die Berechnung des Unterhaltsanspruchs im Hinblick

auf das von der damaligen Ehefrau des Beklagten erzielte

Eigeneinkommen aufzuklären. Hierbei hätte der Kläger insbesondere

deutlich machen müssen, daß nach der im Jahre 1993 erfolgten

Ausweitung der Berufstätigkeit durch die damalige Ehefrau des

Beklagten nur der ihrem bisherigen Arbeitsumfang entsprechende Teil

ihres Einkommens als die ehelichen Lebensverhältnisse prägend nach

der sogenannten Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung

einzustellen war. Der darüber hinausgehende Teil des Einkommens war

hingegen nicht eheprägend und daher nach der sogenannten Abzugs-

oder Anrechnungsmethode zu behandeln, also (zu 6/7) auf die aus der

Differenz der eheprägenden Einkünfte der Eheleute ermittelte (3/7)

Unterhaltsquote anzurechnen. Einen Hinweis auf diese für den

Beklagten günstige Mischung aus Differenz- und Anrechnungsmethode

(vgl. dazu auch Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des

Unterhalts, 5. Aufl. 1993, Rdn. 444 mit Nachweisen aus der Rspr.)

hat der Kläger dem Beklagten nicht erteilt, wie noch näher

ausgeführt werden wird. Für den Beklagten bestand damit die Gefahr,

daß er sich - aus Rechtsunkenntnis - auf eine überhöhte

Unterhaltsforderung seiner damaligen Ehefrau einließ.

Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, daß die gesamten

Einkünfte der damaligen Ehefrau des Beklagten ohnehin nach der

Differenzmethode zu berücksichtigen gewesen seien, weil die

Ausweitung auf eine vollschichtige Tätigkeit im April 1993 bereits

während des Zusammenlebens der Eheleute geplant gewesen sei und

daher die Erwartung des künftigen höheren Einkommens schon die

ehelichen Lebensverhältnisse geprägt habe (Bl. 220 f.). Es kann

nicht davon ausgegangen werden, daß dahingehende Pläne tatsächlich

bestanden. Denn andernfalls hätte nach Lage der Dinge für die

damalige Ehefrau des Beklagten keine Veranlassung bestanden, auf

den Scheidungsfolgenvergleich vom 8. November 1994 (Bl. 141, 56)

mit der darin enthaltenen Unterhaltsregelung einzugehen. Im übrigen

hatte sich die Ehefrau des Beklagten schon 1967 - zu diesem

Zeitpunkt war der 2. Sohn der Eheleute noch nicht geboren - ihre

Beiträge aus der Rentenversicherung auszahlen lassen (Bl. 231,

232), was dafür spricht, daß sie nach ihrer damaligen Lebensplanung

nicht mehr davon ausging, noch einmal eine

sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufzunehmen. Anhaltspunkte

dafür, daß sie in der Folgezeit, solange die Ehe intakt war,

anderen Sinnes geworden sein könnte, sind nicht dargetan. Vielmehr

hat die damalige Ehefrau des Beklagten sogar ihre Mitarbeit in der

Firma des Beklagten im Jahre 1983 eingestellt, und der Kläger hat

auch auf persönliche Befragung im Termin vom 8.11.1995 nicht sagen

können, wann Frau L. ihre geringfügige Tätigkeit bei der

Stadtsparkasse K. aufgenommen hat. Jedenfalls spricht auch dies

nicht für eine Planung des Beklagten und seiner früheren Ehefrau

dahingehend, daß diese nach dem 18. Geburtstag des jüngeren Sohnes

der Parteien im Jahre 1987 eine mehr als geringfügige Tätigkeit

aufnehmen oder beibehalten sollte. Auf dieser Linie liegt es auch,

daß Frau L. nach dem Tode ihrer Mutter nicht ohne weiteres

gedachte, ihre Berufstätigkeit auf einen vollschichtigen Umfang

auszudehnen, daß dies vielmehr auf intensives Drängen des Beklagten

hin geschah. Mit all diesen Tatsachen hat sich der Kläger bei

seiner Behauptung, die frühere Ehefrau des Beklagten wäre nach

gemeinsamer Lebensplanung ab 1987 vollschichtig berufstätig

geworden, wenn sie sich nicht im Einverständnis mit dem Beklagten

veranlaßt gesehen hätte, ihre kranke Mutter zu pflegen, nicht

auseinandergesetzt. Der dahingehende Sachvortrag des Klägers ist

daher ohne Substanz und gibt zu weiterer Aufklärung keinen

Anlaß.

b) Seiner Verpflichtung, den Beklagten im dargestellten Sinne

umfassend aufzuklären, war der Kläger auch nicht deshalb enthoben,

weil der Beklagte zunächst offensichtlich bereit war, seiner

damaligen Ehefrau im Hinblick auf deren Leistungen in der Ehe und

bei der Pflege ihrer schwerkranken Mutter in der Frage des

Unterhalts entgegenzukommen und sich mit ihr unmittelbar - ohne

Hinzuziehung der beauftragten Rechtsanwälte - zu einigen. Denn der

Beklagte änderte seine Einstellung zu der Unterhaltsfrage um die

Jahreswende 1992/1993 und drängte nunmehr auf eine gerichtliche

Klärung der Höhe des zu zahlenden Unterhalts. Dies machte er auch

dem Kläger deutlich durch seine Notiz zum Schreiben der Anwälte

seiner damaligen Ehefrau vom 2.12.1992 (Bl.92) und - nach weiteren

gescheiterten Versuchen einer einvernemlichen Regelung - durch sein

Schreiben an den Kläger vom 10.8.1993 (Bl. 95). Spätestens zu

diesem Zeitpunkt, zu dem auch die damalige Ehefrau des Beklagten

ihre Berufstätigkeit bereits ausgedehnt hatte, bestand für den

Kläger Anlaß, den Beklagten über die Auswirkungen des von seiner

damaligen Ehefrau erzielten Einkommens auf die Höhe ihres

Unterhaltsanspruchs aufzuklären. Dies galt erst recht, nachdem der

Beklagte den Kläger darüber unterichtet hatte, daß er - der

Beklagte - sich mit seiner damaligen Ehefrau bezüglich des

Ehegattenunterhalts entsprechend dem Schreiben des Klägers vom 10.

September 1993 (Bl. 98 f.) verständigt habe. Der danach ermittelte

Unterhaltsanspruch der damaligen Ehefrau in Höhe von 1.400,-- DM

monatlich war bei zugrundegelegten Nettoeinkünften des Beklagten

von jährlich 64.000,-- DM und seiner damaligen Ehefrau von jährlich

24.000,-- DM nur nachvollziehbar, wenn das Einkommen der damaligen

Ehefrau trotz der zwischenzeitlich erfolgten Ausweitung ihrer

Berufstätigkeit fälschlicherweise in vollem Umfang nach der

Differenzmethode behandelt wurde. Es hätte daher dem Kläger

oblegen, seinen Mandanten darauf hinzuweisen, daß diese

Berechnungsweise nicht der Rechtslage entsprach und für ihn

ungünstig war. Dem kann der Kläger auch nicht entgegenhalten, daß

die fragliche Berechnung nicht von ihm selbst stammte, sondern ihm

von dem Beklagten vorgegeben wurde (Bl. 197). Gerade deshalb war es

seine Aufgabe als Anwalt, den Beklagten über die für ihn

ungünstigen Auswirkungen der in Aussicht genommenen Regelung

aufzuklären.

Daß der Kläger auf die für seinen Mandanten vorteilhafte

Anrechnungsmethode hinweisen mußte, gilt auch unabhängig davon, ob

der Kläger - wie er behauptet - immer wieder vergeblich versucht

hat, von dem Beklagten alle erforderlichen Informationen über die

Höhe seines - des Beklagten - Einkommens zu erhalten. Denn das

Einkommen der damaligen Ehefrau des Beklagten war in jedem Falle

ein Faktor innerhalb der Unterhaltsberechnung, der sich je nach

Berechnungsweg - reine Differenzmethode oder "Mischmethode" - mehr

oder weniger günstig für den Beklagten auswirken mußte. Óber diese

Auswirkungen mußte der Kläger den Beklagten aufklären, auch wenn

die genaue Höhe des Einkommens des Beklagten dem Kläger noch nicht

bekannt war oder die Unterhaltsparteien - wie jedenfalls zeitweilig

geschehen - insoweit nur von einem Einkommen in einer unterstellten

Größenordnung ausgingen.

c) Der in diesem Sinne konkretisierten Verpflichtung zur

anwaltlichen Beratung des Beklagten ist der Kläger nicht

nachgekommen. Sein wiederholtes Vorbringen, der Beklagte sei über

alle Einzelheiten der Unterhaltsberechnung informiert worden, ist

in dieser Allgemeinheit nichtssagend und daher unerheblich. Denn

daraus wird nicht erkennbar, daß gerade die Frage der

Anrechnungsmethode von dem Kläger angesprochen worden ist. Soweit

der Kläger dies erstmals in der Einspruchsbegründung vom 17.8.1995

konkret behauptet, ergibt sich aus den hierfür als Beleg

angeführten schriftlichen Unterlagen (Bl. 78 ff., 87) nicht, daß

der Kläger seiner Beratungspficht genügt hat. Danach sind zwar der

Kläger - in seinem Schreiben vom 19.11.1992 (Bl. 87 f.) -wie auch

der Prozeßbevollmächtigte der damaligen Ehefrau des Beklagten

zeitweilig davon ausgegangen, daß ein bestimmter Teil des

Einkommens der damaligen Ehefrau "anrechnungsfrei" bleiben sollte.

Aus diesem Begriff allein ist aber eine Berechnung des Unterhalts

nach der oben dargestellten Anrechnungsmethode nicht zu erkennen.

Allenfalls der rechtskundige Leser kann daraus im Wege der

Schlußfolgerung - auch dies keineswegs zwingend - ableiten, daß der

nicht anrechnungsfreie Teil des Einkommens auf die Unterhaltsquote

angerechnet werden sollte. Für den Beklagten war hingegen der

richtige Berechnungsweg aus dem genannten Schreiben des Klägers

nicht zu erkennen, zumal der Kläger in seinem früheren Schreiben

vom 14. September 1992 (Bl. 83) nur darauf hingewiesen hatte, daß

der Beklagte 3/7 der Differenz zwischen den Einkünften der Eheleute

als Unterhalt schulde, ohne auf die Möglichkeit einer Anwendung der

Anrechnungsmethode einzugehen. Es kommt hinzu, daß auch die

Prozeßbevollmächtigten der Ehefrau des Beklagten in ihrem

Antwortschreiben vom 2.12.1992 (Bl. 89 ff.) auf das vorgenannte

Schreiben des Klägers vom 19.11.1992 deutlich gemacht hatten, daß

der den anrechnungsfreien Teil des Einkommens ihrer Mandantin

übersteigende Betrag nach der Differenzmethode in die

Unterhaltsberechnung eingestellt werden sollte (Bl. 91). Dieser

Berechnungsmethode widersprach der Kläger in seinem

Erwiderungsschreiben vom 19. Januar 1993 (Bl. 93 f.) nicht, auch

nicht in anderen Schreiben, so daß auch von daher der richtige

Berechnungsweg bei Anwendung der Anrechnungsmethode für den

Beklagten nicht deutlich wurde. Nach alledem ist der Umstand, daß

der Kläger seine jetzt erstmals vorgetragene Behauptung auf die

genannten Unterlagen stützt, - im Gegensatz zur Auffassung des

Klägers - ein Indiz dafür, daß entgegen seiner Darstellung die -

richtig verstandene - Anrechnungsmethode von ihm nicht, jedenfalls

nicht ausdrücklich und mit der angesichts der

Erkenntnismöglichkeiten des Beklagten gebotenen Deutlichkeit, zur

Sprache gebracht worden ist.

Dem Beweisantritt des Klägers, zur Frage der Erörterung der

Anrechnungsmethode den Prozeßbevollmächtigten der früheren Ehefrau

des Beklagten, Rechtsanwalt v. als Zeugen zu vernehmen (Bl. 215),

war nicht nachzugehen. Denn es ist nicht dargetan oder ersichtlich,

was der Zeuge zu dieser Frage über den Inhalt der zwischen den

damaligen Parteien gewechselten Korrespondenz hinaus sollte

bekunden können.

Es genügte auch nicht, den Beklagten nur allgemein - und sei es

auch mehrmals - darauf hinzuweisen, daß er zuviel Unterhalt an

seine Ehefrau zahle, worauf sich der Kläger in der mündlichen

Verhandlung vom 8.11.1995 berufen hat. Um dem Beklagten die

Möglichkeit einer sachgerechten Entscheidung in dieser Frage zu

geben, war vielmehr eine Erläuterung erforderlich, aus welchem

Grunde die Unterhaltszahlungen überhöht waren. Dem ist der Kläger -

wie dargestellt - nicht nachgekommen.

Seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung hat der Kläger

schließlich auch nicht durch seine dem Beklagten mit Schreiben vom

13.8.1993 (Bl. 97) erteilte Empfehlung erfüllt, die

Unterhaltszahlungen vollständig einzustellen, um damit die damalige

Ehefrau des Beklagten zu veranlassen, eine gerichtliche Klärung der

Unterhaltsfrage herbeizuführen. Denn es stand - auch aus der Sicht

des Klägers - nicht in Frage, daß der Beklagte seiner damaligen

Ehefrau überhaupt Unterhalt schuldete. Vielmehr ging es darum, die

Höhe des zu zahlenden Unterhalts zu klären. Unter diesen Umständen

war mit der Empfehlung des Klägers ein unnötiges, erhebliches

Prozeßrisiko für den Beklagten verbunden. Sinn der Inanspruchnahme

anwaltlicher Hilfe des Klägers war es aber nicht zuletzt, ein

solches Risiko zu vermeiden. Nach ständiger Rechtsprechung des

Bundesgerichtshofs (Nachweise bei Palandt/Heinrichs, BGB, 54.

Aufl. 1995, Rdn. 42 zu § 276) ist es im übrigen Aufgabe des

Rechtsanwalts, bei der Vertretung der Interessen seiner Partei den

sichersten Weg zu wählen. Diesen Anforderungen wurde die genannte

Empfehlung des Klägers nicht gerecht.

d) Der Kläger kann nicht mit dem Einwand durchdringen, der

Beklagte habe sich ohnehin ständig über seinen - des Klägers -

anwaltlichen Rat hinweggesetzt und Aufklärungsversuche des Klägers

schon im Ansatz abgeblockt. Dies sei insbesondere im Hinblick auf

die in dem Schreiben des Klägers vom 10.9.1993 (Bl. 98) skizzierte

Unterhaltsregelung der Fall gewesen, die der Beklagte unbedingt

habe durchsetzen wollen, ohne dem Kläger Gelegenheit zu geben,

insoweit Bedenken zu äußern. War dies tatsächlich so, hätte der

Kläger den Beklagten zumindest - gegebenenfalls schriftlich -

darauf hinweisen müssen, daß und aus welchen Gründen die

Unterhaltsberechnung in dem Schreiben vom 10.9.1993 im Hinblick auf

die darin zugrunde gelegten Einkünfte der Eheleute falsch war, und

daß er - der Kläger -unter diesen Umständen eine Verantwortung für

die Folgen der beabsichtigten Vereinbarung nicht übernehmen könne.

Daß der Kläger sich so oder in ähnlicher Weise geäußert hätte, hat

der Senat nicht feststellen können..

Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte einer entsprechenden

Empfehlung des Klägers gefolgt wäre. Nach ständiger Rechtsprechung

(Nachweise bei Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdn 42 zu § 276 und Rdn.

15 zu § 282) spricht eine Vermutung dafür, daß sich der Mandant

gemäß der Aufklärung durch den Rechtsanwalt ("aufklärungsrichtig")

verhält. Diese Vermutung ist im vorliegenden Falle nicht widerlegt,

sie wird im Gegenteil durch das spätere Verhalten des Beklagten

nach Einschaltung seiner neuen Rechtsanwälte bestätigt.

e) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es auch nicht an

der in § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB vorausgesetzten Kausalität zwischen

der dem Dienstverpflichteten - hier dem Kläger - anzulastenden

Vertragswidrigkeit und der Mandatskündigung durch den anderen Teil.

Für die Kausalität - wie auch für die Vertragswidrigkeit - ist zwar

der Beklagte darlegungspflichtig. Sie ergibt sich aber hier ohne

weiteres aus dem Ablauf der Ereignisse. Der Beklagte war jedenfalls

allgemein mit der Tätigkeit des Klägers unzufrieden und hat deshalb

andere Anwälte eingeschaltet. Es kann dahinstehen, ob erst die

seitens der neuen Anwälte dem Beklagten zuteil gewordene Aufklärung

über die dem Kläger anzulastende Falschberatung zur

Mandatsbeendigung führte, oder ob der Beklagte nur aufgrund seiner

allgemeinen Unzufriedenheit und vor entsprechender Aufklärung durch

die Nachfolgeanwälte das Mandatsverhältnis mit dem Kläger gekündigt

hatte, wofür das Schreiben der Rechtsanwälte B. und Partner vom

25.4.1994 (Bl. 31) spricht. In beiden Fällen ist die Kausalität im

Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB gegeben. Wenn es um den Vorwurf

mangelhafter Beratung durch einen Rechtsanwalt geht, kann der

Mandant hierauf eine Kündigung des Anwaltsvertrages in aller Regel

erst stützen, wenn er von anderer Seite entsprechende Aufklärung

erfahren hat. Die Anwendung des § 628 Abs.1 Satz 2 BGB hängt nicht

davon ab, daß der Mandant erst nach dieser Aufklärung die

Konsequenzen zieht und das Mandat kündigt. Vielmehr muß die

Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch dann zum Zuge kommen,

wenn der Mandant zunächst kündigt, weil er allgemein mit der Arbeit

des Anwalts unzufrieden ist, und erst durch nachträgliche Beratung

von anderer Seite erfährt, daß seine Unzufriedenheit berechtigt war

und hierfür konkreter Anlaß bestand.

2. Zur Widerklage

a) Die Widerklage ist gemäß § 530 ZPO zulässig. Die Zulässigkeit

ergibt sich, ohne daß es auf die Frage der Sachdienlichkeit der

Rechtsverfolgung ankommt, schon daraus, daß der Kläger im Termin

vom 8.11.1995 zur Widerklage in der Sache verhandelt hat, womit

gemäß §§ 523, 267 ZPO seine Einwilligung vermutet wird.

b) Die Widerklage ist auch begründet. Der Anspruch auf

Rückzahlung des geleisteten Vorschusses ergibt sich in der geltend

gemachten Höhe aus §§ 347, 628 Abs.1 Satz 3 BGB. Wegen der

Berechnung im einzelnen wird auf die zutreffenden Ausführungen im

Schreiben der Rechtsanwälte B. und Partner vom 2.5.1994 (Bl. 34 f.)

verwiesen. Die Zinsforderung ist im Hinblick auf das vorgenannte

Schreiben nach §§ 284, 288 BGB gerechtfertigt, außerdem auch gemäß

§ 347 S. 3 BGB.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91

(Kosten), 708 Nr. 10, 713 (Vorläufige Vollstreckbarkeit) ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren:

a) bis zur Einreichung der Widerklage : 2.065,88 DM

b) danach: 2.895,70 DM