OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.03.2020 - 13 U 134/19
Fundstelle
openJur 2020, 45363
  • Rkr:

1. Gegenüber dem Käufer eines im Mai 2011 erworbenen Gebrauchtwagens der Marke Skoda mit Dieselmotor vom Typ EA 189 haftet VW als Herstellerin wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, weil bei diesem Motor eine gesetzwidrige Abgasmanipulationssoftware implementiert war.

2. Im Rahmen des Schadenersatzes kann der Käufer die (Rück-)Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges verlangen.

3. Auf den zu erstattenden Kaufpreis muss sich der Käufer den Nutzungsvorteil für den Gebrauch des Fahrzeugs anrechnen lassen.

4. Deliktszinsen nach § 849 BGB auf den Kaufpreis ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses stehen dem Kläger nicht zu.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.3.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 13.270,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.4.2017 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw Skoda Modell1 mit der Fahrgestellnummer ... .

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 2) mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeugs in Verzug befindet.

Die Beklagte zu 2) wird weiter verurteilt, den Kläger von seinen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosen bis zur Höhe von 1.029,35 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz haben zu tragen:

Von den Gerichtskosten der Kläger 86 % und die Beklagte zu 2) 14 %; von den außergerichtlichen Kosten des Klägers die Beklagte zu 2) 28 %; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) der Kläger 72 %; die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat der Kläger zu tragen; im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten zu 2) bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 47.232,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen des Erwerbs eines vom sog. VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens geltend.

Die Ehefrau des Klägers erwarb den streitgegenständlichen gebrauchten Pkw vom Typ Skoda Modell1 mit Kaufvertrag vom 31.5.2011 zu einem Kaufpreis von 30.950,00 € von der Beklagten zu 1). Das Fahrzeug wies zum Kaufzeitpunkt einen Kilometerstand von 10.365 auf. Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Dieselmotors vom Typ EA 189 war die Beklagte zu 2).

Sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Kauf trat die Ehefrau des Klägers an diesen ab.

In den Motoren des genannten Typs war eine von der Beklagten zu 2) entwickelte Software eingebaut, die erkennt, ob das Fahrzeug sich auf dem Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet, oder ob es im Straßenverkehr genutzt wird. Hierbei kam es im Modus 1 (Prüfstandsituation) zu einer deutlich höheren Abgasrückführung und somit zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxyden als im Modus 0 (Straßenbetrieb). Der Modus 1 war allerdings lediglich beim Durchfahren des "Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ)" - also auf dem Prüfstand - aktiv. Im normalen Straßenverkehr wurde der in den betroffenen Fahrzeugen verbaute Motor ausschließlich im Betriebsmodus 0 betrieben.

Mit schriftlicher Bestätigung vom 10.6.2016 gab das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als zuständige Behörde die Aufspielung des Software-Updates für das streitgegenständliche Fahrzeug frei und bestätigte gleichzeitig, dass die Durchführung des Software-Updates keine negativen Auswirkungen auf das Fahrzeug haben werde. Der Kläger lehnte das Software-Update ab und erklärte mit Anwaltsschriftsatz vom 3.4.2017 gegenüber der Beklagten zu 1) den Rücktritt vom Kaufvertrag. Gleichzeitig forderte er die Beklagte zu 1) auf, das Fahrzeug bis zum 21.4.2017 zurückzunehmen und den gezahlten Kaufpreis abzüglich eines angemessenen Nutzungsersatzes zu erstatten. Die Beklagte zu 2) ließ der Kläger ebenfalls mit Anwaltsschreiben vom 3.4.2017 zur Rücknahme des Fahrzeugs und Rückerstattung des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungsersatzes bis zum 21.4.2017 auffordern. Beide Beklagten lehnten eine Rücknahme und die Rückzahlung des Kaufpreises ab.

Erstmalig im September 2015 - mithin rund vier Jahre nach Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs - räumte die Beklagte zu 2) im Rahmen einer Ad-hoc Mitteilung betreffend den im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motor vom Typ EA 189 ein, dass bei diesem Motortyp eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand das angefochtene Urteils (Bl. 677 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit am 21.3.2019 verkündetem und dem Kläger am 1.4.2019 zugestelltem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger gegen beide Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz zustehe. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 26.4.2019 bei Gericht eingegangene Berufung (Bl. 738/739 d.A.), die er mit bei Gericht am 3.6.2019 (Montag) eingegangenem Schriftsatz vom 29.5.2019 (Bl. 756 ff. d.A.) begründet hat.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor:

Das angefochtene Urteil beruhe sowohl auf Verfahrensfehlern, als auch auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung durch das Landgericht.

Das Landgericht sei im Hinblick auf die Klageabweisung gegenüber der Beklagten zu 1) zu Unrecht davon ausgegangen, dass vor dem Rücktritt vom Kaufvertrag eine Nachfristsetzung zur Mangelbeseitigung erforderlich gewesen sei. Ebenso fehlerhaft sei die Auffassung, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) scheitere am fehlenden Schadenseintritt. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht die Anforderungen an die Substantiierungslast des Klägers deutlich überspannt. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Kläger "alle Befürchtungen", die mit dem Aufspielen des Software-Updates zusammenhängen, ausführlich dargetan. So sei insbesondere auch vorgetragen worden, dass das Software-Update den "Rechtsmangel", nämlich die fehlende Zulassungsfähigkeit, nicht beheben könne, da die Freigabebestätigung des KBA hierzu nicht geeignet sei. Der Schaden des Klägers liege im Abschluss des "nachteiligen Kaufvertrages", den das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise nicht anerkenne. Im Übrigen habe das Landgericht das rechtliche Gehör des Klägers dadurch verletzt, dass es seiner Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht nachgekommen sei, da in der mündlichen Verhandlung kein Hinweis auf die nach Ansicht des Landgerichts fehlende hinreichende Substantiierung zum Schaden erfolgt sei.

Hinsichtlich des vertragsrechtlichen Rückabwicklungsanspruches gegen die Beklagte zu 1), sei bereits zu beanstanden, dass das Landgericht es rechtsfehlerhaft habe "dahinstehen" lassen, ob das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs überhaupt mangelhaft gewesen sei. Das Landgericht habe hierbei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ignoriert, wonach in Fällen der vorliegenden Art auf Grund der vorhandenen illegalen Abschalteinrichtung ein Sachmangel vorliege. Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts sei eine Nachfristsetzung durch den Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) nach § 326 Abs. 5 BGB entbehrlich gewesen, da der Beklagten zu 1) eine Nachbesserung unmöglich gewesen sei (§ 275 BGB). Dass dem Kläger angebotene Software-Update sei weder geeignet gewesen die gesetzlich vorgeschriebene Stickoxydwerte auf ein zulässiges Maß zu reduzieren noch die Abschalteinrichtung zu beseitigen. Nach § 440 Satz 1, 3. Alternative BGB sei dem Kläger die Aufspielung des Software-Updates auch nicht zumutbar gewesen, da der Einbau der Abschalteinrichtung durch die Beklagte zu 2) eine arglistige Täuschung darstelle, die der Beklagten zu 1) zuzurechnen sei, weshalb der Kläger ein berechtigtes Interesse daran habe, von einer "weiteren Zusammenarbeit mit der Verkäuferin" Abstand zu nehmen. Selbst wenn die arglistige Täuschung durch die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) nicht zurechenbar sein sollte, führe jedenfalls die nachhaltige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu der Herstellerin, der sich die Beklagte zu 1) für die Nachbesserung bediene, zur Unzumutbarkeit für den Kläger.

Zu Unrecht sei das Landgericht auch davon ausgegangen, dass der Sachmangel unerheblich sei.

Entgegen der erstinstanzlichen Annahme lägen somit die Voraussetzungen für ein Rückgewährschuldverhältnis im Sinne des § 346 BGB vor, sodass die empfangenen Leistungen zurückzugewähren seien, wobei sich der Kläger ausnahmsweise keine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müsse. Die Beklagte zu 1) müsse sich auch hierbei das arglistige Verhalten der Beklagten zu 2) zurechnen lassen, wobei im Rahmen deliktischer Ansprüche kein Nutzungsersatz geschuldet sei. Hierbei würde der Schädiger unangemessen entlastet, wenn man ihm auch noch einen Nutzungsersatz zusprechen würde. Gleiche Grundsätze müssten ausnahmsweise auch für den Händler im sogenannten Dieselskandal gelten.

Schließlich habe das Landgericht in Bezug auf die Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) einen weiteren Rechtsanwendungsfehler dadurch begangen, dass es einen Anspruch des Klägers unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht geprüft habe. Durch den Abschluss des Kaufvertrages sei - durch die Beklagte zu 1) - gegen das Verbot des § 27 Abs. 1 EG-FGV verstoßen worden, was die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge habe.

Hinsichtlich der gegen die Beklagten zu 2) geltend gemachten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche habe das Landgericht unter Zugrundelegung seiner rechtsfehlerhaften Auffassung, dem Kläger sei durch den Abschluss des Kaufvertrages kein Schaden entstanden, verkannt, dass die Beklagte zu 2) auf Grund des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt habe, weshalb sich ein Anspruch jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der §§ 826, 31 BGB ergebe. Das Inverkehrbringen der Pkw mit den unzulässigen Abschalteinrichtungen stelle ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zu 2) dar, dass nur darauf abziele, den Umsatz und Gewinn der Beklagten zu 2) in verwerflicher Weise zu steigern. Das Verhalten der Ingenieure der Beklagten zu 2) sei dieser zuzurechnen. Darüber hinaus hafte die Beklagte zu 2) dem Kläger auch nach anderen Anspruchsgrundlagen, nämlich § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV.

Dem Kläger stünde darüber hinaus auch ein Anspruch auf Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen gemäß § 437 Nr. 3 BGB i.V.m. § 284 BGB gegen die Beklagte zu 1) sowie gemäß §§ 826, 823 BGB, § 263 StGB gegen die Beklagte zu 2) zu. Der Kläger habe seit dem Kauf "diverse Aufwendungen" getätigt, die ihm zu erstatten seien.

Der Kläger vertritt schließlich die Ansicht, dass ihm im Hinblick auf den seines Erachtens nach bestehenden Schadensersatzanspruch nicht nur Prozesszinsen gemäß §§ 288, 291 BGB ab dem Verzugseintritt sowie die Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, sondern auch ab dem Zeitpunkt des Kaufs Deliktszinsen nach § 849 BGB zustehen. Gemäß § 839 BGB könne derjenige, dem wegen Entziehung einer Sache deren Wert oder wegen Beschädigung der Sache die Wertminderung zu ersetzen sei, den zu ersetzenden Betrag verzinst verlangen. Dies gelte über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch für Fälle der vorliegenden Art der freiwilligen Überlassung von Geld, sofern dem eine deliktische Handlung zugrunde lag.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 30.950,00 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw Skoda Modell1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... ;

2.

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger Zinsen aus dem Kaufpreis in Höhe von 30.950,00 € in Höhe von 4 % p. a. seit dem 31.5.2011 bis zum 7.4.2017 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.4.2017, mindestens jedoch 4 %, zu zahlen;

3.

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger Zinsen aus dem Kaufpreis in Höhe von 4 % p. a. seit dem 31.5.2011 bis zum 20.4.2017 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 21.4.2017 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 21.4.2017, mindestens jedoch 4 % zu zahlen;

4.

festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Rücknahme des im Antrag zu 1) genannten Pkw im Verzug befinden;

5.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 16.281,90 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit;

6.

die Beklagten zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.419,08 € freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens

Die Beklagte zu 1) trägt vor:

Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Klageanspruch stehe entgegen, dass der Kläger nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Die Unwirksamkeit ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt habe, ohne der Beklagten zu 1) zuvor unter Fristsetzung zur Nachbesserung des behaupteten Mangels aufgefordert zu haben. Die Fristsetzung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen, da sie dem Kläger weder unzumutbar im Sinne des § 440 BGB noch die erfolgreiche Nachbesserung der Beklagten zu 1) unmöglich im Sinne der §§ 326 Abs. 5 BGB i.V.m. § 275 BGB gewesen sei. Die Annahme der Unzumutbarkeit wegen vermeintlichen Vertrauensverlustes sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, da es allein auf das Vertrauensverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer ankomme. Die Beklagte als Importeurin des streitgegenständlichen Fahrzeugs habe von den Umständen rund um die Entwicklung und Verwendung der vorliegenden Umschaltlogik selbst erst durch die mediale Berichterstattung erfahren. Für die Frage der Unzumutbarkeit der Nachbesserung gemäß § 440 Abs. 1 3. Alternative BGB, komme es im Verhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien, also dem Kläger und der Beklagten zu 1), ausschließlich auf die Zuverlässigkeit der Beklagten zu 1), nicht aber auf diejenige eines vorgelagerten, am Entstehungs- oder Verkaufsprozess der Kaufsache beteiligten Dritten an. Eine Rechtsgrundlage für die Zurechnung des Verhaltens des Herstellers auf die Beklagte zu 1) sei ebenfalls nicht ersichtlich. Ein Vertrauensverlust sei darüber hinaus wegen der behördlichen Begleitung der technischen Maßnahmen ausgeschlossen. Ebenso wenig seien die vom Kläger geäußerten pauschalen Befürchtungen, das Update werde nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen, geeignet, die Nachbesserung als unzumutbar erscheinen zu lassen. Der Verdacht des Klägers zum Eintritt von Folgeschäden nach Aufspielung des Software-Updates hätte die Unzumutbarkeit der Nachbesserung nur dann begründen können, wenn konkrete Anhaltspunkte vorhanden gewesen wären, die einen solchen Verdacht rechtfertigen würden. Solche konkreten Anhaltspunkte habe der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich substantiiert dargetan. Zudem habe die Beklagte zu 1) bereits erstinstanzlich ausführlich dargelegt, dass das Update zu keinen negativen Auswirkungen auf die Lebenserwartung des Motors und seiner Komponenten habe. Die Nachbesserung durch Aufspielung des Motorupdates sei der Beklagten zu 1) auch weder vorübergehend noch endgültig unmöglich gewesen. Eine solche lasse sich weder aus dem angeblichen Minderwert, zu dem der Kläger schon nicht substantiiert vorgetragen habe, noch aus der "bloßen Sorge" des Klägers herleiten, durch die Nachbesserung könne der Mangel nicht vollständig beseitigt werden. Darüber hinaus scheitere ein Rücktritt zusätzlich an der Unerheblichkeit der vermeintlichen Pflichtverletzungen (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Schließlich sei entgegen der Annahme des Klägers der streitgegenständliche Kaufvertrag auch nicht nichtig. Unzutreffend sei insoweit schon der Ansatz des Klägers, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug eine ungültige Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt worden und damit gegen §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV verstoßen worden sein solle. Nach mehreren zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte (vgl. OLG Köln, 5 U 82/17; OLG Stuttgart, 12 U 179/17; OLG Brandenburg, 12 U 127/17) seien die Übereinstimmungsbescheinigungen wirksam. Außerdem handele es sich bei § 27 Abs. 1 Satz 1 EG-FGV auch um kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, das zur Nichtigkeit des Kaufvertrages hätte führen können.

Die Beklagte zu 2) trägt vor:

Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Verletzung von Hinweispflichten durch das Landgericht komme ein Verfahrensfehler schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, welchen Vortrag er im Falle der Erteilung des Hinweises gehalten hätte. Eines Hinweises habe es im Übrigen auch bereits deshalb nicht bedurft, da die Beklagte zu 2) den Kläger bereits erstinstanzlich auf die fehlende Substantiiertheit seines Vortrags zum Rückabwicklungsanspruch des Kaufvertrages hingewiesen habe.

Die angefochtene Entscheidung verletze auch kein materielles Recht. Die Klage scheitere schon an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten zu 2), da sie nicht die Herstellerin des streitgegenständlichen Skoda Modell1 sei. Sie habe das Fahrzeug weder in Verkehr gebracht, noch gegenüber Behörden oder sonstigen Dritten irgendwelche Erklärungen im Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug abgegeben. Sie habe auch keine Typgenehmigung beantragt oder erhalten und weder eine Übereinstellungsbescheinigung ausgestellt noch Prospekte vertrieben. Zudem habe sie zu keinem Zeitpunkt in Kontakt mit dem Kläger gestanden und auch kein irgendwie geartetes Vertrauen für sich in Anspruch genommen. Für einen deliktischen Anspruch fehle es bereits an dem erforderlichen Schutzzweckzusammenhang. Dies gelte auch für § 826 BGB, da die Gebote der guten Sitten gerade im Hinblick auf den Geschädigten und zu dessen Schutz gelten müssten, was für die vom Kläger angeführten Schutzgesetze gerade nicht der Fall sei. Deliktische Schadensersatzansprüche würden darüber hinaus auch deshalb ausscheiden, weil der Kläger keinen Schaden erlitten habe. Bei der Beurteilung, ob ein Schaden entstanden sei, seien die Grundsätze der Differenzhypothese anzuwenden. Da die Klägerseite durch den Abschluss des Kaufvertrages im Gegenzug für die Zahlungspflicht einen gleichwertigen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs erhalten habe, sei durch den Kaufvertragsabschluss kein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Anhaltspunkte für die Annahme eines Schadenseintritts im Hinblick auf den vom Kläger behaupteten Wertverlust wegen der beanstandende Abschalteinrichtung lägen ebenfalls nicht vor. Der aktuelle Preisverfall bei gebrauchten Dieselfahrzeugen sei vielmehr auf drohende Fahrverbote in einigen Innenstädten zurückzuführen und betreffe alle Fahrzeugmarken gleichermaßen. Ebenso wenig weise das Fahrzeug einen merkantilen Minderwert auf Grund der vorhandenen Abschalteinrichtung auf, was jedenfalls dann gelte, wenn das angebotene und vom Kläger abgelehnte Aufspielen des Software-Updates erfolgt wäre. Selbst bei normativer Korrektur der Differenzhypothese sei dem Kläger kein Schaden in Form eines - vermeintlich - ungewollten Vertragsabschlusses entstanden. Ein Schaden könnte insoweit nur dann angenommen werden, wenn die für den Kaufpreis gezahlte Gegenleistung (hier das streitgegenständliche Fahrzeug) für die subjektiven Zwecke des Anspruchsstellers nicht oder nicht voll brauchbar sei. Eine solche nicht bestehende "volle Brauchbarkeit" habe der Kläger weder substantiiert vorgetragen, noch sei sie in sonstiger Weise ersichtlich. Ein Schadensersatzanspruch scheitere auch mangels Darlegung und Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitere bereits an einer sittenwidrigen Handlung der Beklagten zu 2). Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte zu 2) ihn über Eigenschaften des Fahrzeugs - durch aktives Tun oder Unterlassen - getäuscht habe. Die Programmierung der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware als solcher komme als Täuschungshandlung, abgesehen davon, dass es sich hierbei schon um keine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt habe, nicht in Betracht. Die Entwicklung der Software - mehr habe die Beklagte zu 2) nicht gemacht - sei eine neutrale Handlung. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitere daran, dass kein einziges Tatbestandsmerkmal des Betrugstatbestandes vorliege. Insbesondere sei der subjektive Tatbestand des Betruges nicht erfüllt, da die maßgeblichen Organe der Beklagten zu 2) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Kenntnis von der Software gehabt hätten, weshalb sie auch nicht mit dem Vorsatz, den Kläger zu täuschen, gehandelt haben könnten. Vorsorglich wendet die Beklagte zu 2) ein, dass der Kläger jedenfalls für den Fall der Korrektur des erstinstanzlichen Urteils durch den Senat eine Nutzungsentschädigung im Wege der Vorteilsausgleichung sich anrechnen lassen müsse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf die Berufungsbegründung vom 29.5.2019 (Bl. 756 ff. d.A.), die Berufungserwiderung der Beklagten zu 1) vom 13.8.2019 (Bl. 819 ff. d.A.) sowie die Berufungserwiderung der Beklagten zu 2) vom 14.8.2019 (Bl. 850 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 511 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg, soweit es sich gegen die Klageabweisung gegenüber der Beklagten zu 2) richtet und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang (dazu A.). Unbegründet ist die Berufung dagegen, soweit sich der Kläger gegen die Klageabweisung bezüglich der Beklagten zu 1) wendet (dazu B.).

A. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2) aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau, der Käuferin des Pkw (fortan: Zedentin), ein Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger, vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB auf Rückzahlung des für den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgewandten Kaufpreises (30.950,00 €) abzüglich eines Vorteilsausgleichs für die vom Kläger bzw. der Zedentin (fortan nur: Klägerseite) vom Erwerbszeitpunkt (31.5.2011) bis zur Stilllegung des Fahrzeugs (2017) gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs zu. Unter Berücksichtigung der gezogenen Nutzungen ergibt sich für den Kläger noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 13.270,35 €.

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 826 BGB, wonach derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlichen Schaden zufügt, diesem zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, liegen in Bezug auf die Beklagte zu 2) vor.

Die Beklagte zu 2) - bzw. einer ihrer verfassungsmäßigen Vertreter - hat der Klägerseite in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt, indem sie den mit der streitgegenständlichen manipulierten Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Dieselmotor vom Typ EA 189 produzierte und anschließend in Verkehr brachte. Die Verletzungshandlung der Beklagten zu 2) besteht in dem Herstellen des Dieselmotors der Baureihe EA 189 und im anschließenden Inverkehrbringen der mit diesem Motor versehenen Fahrzeuge. Die Steuerungssoftware der Motoren EA 189 waren so programmiert, dass sie den Betrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf dem Prüfstand im neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erkannte und die Abgasbehandlung in den sogenannten Modus 1 versetzte. Der Vertrieb von Fahrzeugen mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik unter bewusstem Verschweigen der gesetzwidrigen Softwareprogrammierung stellte nicht nur eine konkludente Täuschung der Beklagten, sondern sämtlicher potenzieller Käufer dar, die von der unzulässiger Weise verwendeten Software keine Kenntnis haben bzw. hatten (vgl. OLG Köln, Beschlüsse vom 16.7.2018 - 27 U 10/18; vom 3.1.2019 - 18 U 70/18; vom 1.3.2019 - 16 U 146/18; vom 1.7.2019 - 27 U 7/19; vom 29.4.2019 - 16 U 30/19; OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 und vom 18.7.2019 - 17 U 160/18; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 in NJW 2019, 2237). Mit der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen der hier in Rede stehenden Motoren ist konkludent die Erklärung der Beklagten zu 2) als Herstellerin verbunden, dass der Einsatz der Fahrzeuge in denen die Dieselmotoren vom Typ EA 189 verbaut sind, dem Straßenverkehr entsprechend ihrem Verwendungszweck uneingeschränkt zulässig ist, obwohl dies wegen der vorhandenen gesetzwidrigen Abschalteinrichtung gerade nicht der Fall ist. Dass es sich bei der in den Motoren vom Typ EA 189 ab Werk vorhandenen Motorsteuerungssoftware um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, mit der Folge, dass die entsprechenden Fahrzeuge mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB behaftet sind, steht zur Überzeugung des Senats fest, ungeachtet des diesbezüglichen weiteren Bestreitens durch die Beklagte zu 2). Den betreffenden Fahrzeugen mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189, durch die günstigere Emissionswerte im Prüfstandbetrieb vorgespiegelt werden, fehlt die Eignung für ihre gewöhnliche Verwendung, weil der ungestörte Betrieb der Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr wegen der Gefahr des Einschreitens der zuständigen Behörden nicht gewährleistet ist. Wegen der unzulässigen Abschaltvorrichtung sind die Fahrzeuge "nicht vorschriftsmäßig" im Sinne des § 5 Abs. 1 FZV. Dies hat zur Folge, dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung oder Beschränkung durch die zuständigen Zulassungsbehörden besteht. Vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung geht auch der Senat auf Grund des bestandskräftigen Bescheids des KBA aus, wonach bei dem Motor des Typs EA 189 eine solche unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) 715/2017 vorliegt. Dieser Ansicht sind auch der Bundesgerichtshof (vgl. Hinweisbeschluss BGH vom 8.1.2019 - VIII ZR 225/17) und - soweit ersichtlich - nahezu ausnahmslos sämtliche mit der streitgegenständlichen Problematik befassten Oberlandesgerichte gefolgt (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.9.2019 - 7 U 24/19; OLG Hamm, Urteil vom 14.2020 - 13 U 40/18; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18; OLG Köln, Beschluss vom 3.1.2019 - 18 U 70/18; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18; OLG Celle, Urteil vom 22.1.2020 - 7 U 445/18; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18).

2. Der Klägerseite ist aufgrund der konkludenten Täuschung auch ein adäquat kausaler Schaden durch den Abschluss eines ungewollten Kaufvertrages entstanden. Der Haftungsanspruch richtet sich auch zu Recht gegen die Beklagte zu 2). Entgegen ihrer Annahme kommt nicht entscheidungserheblich darauf an, dass unstreitig nicht sie, sondern die Skoda Auto a.s. in der Tschechischen Republik Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist. Es ist gerichtsbekannt und zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte zu 2) den Dieselmotor EA 189 entwickelt und produziert hat und dieser nicht nur für ihre Fahrzeuge des Haupt- bzw. Mutterkonzerns VW - sondern auch für die zum VW-Konzern gehörenden Tochtergesellschaften - wie die Beklagte zu 1) - vorgesehen war. Die von der Beklagten zu 2) hergestellten streitgegenständlichen Motoren vom Typ EA 189 wurden mit Wissen und Wollen der Beklagten zu 2) an die Tochtergesellschaften veräußert und von diesen jeweils in die herzustellenden Fahrzeuge eingebaut. Dadurch, dass die Beklagte zu 2) den von ihr entwickelten streitgegenständlichen Motor gezielt mit der unzulässigen Abschalteinrichtung allein zu dem Zweck entwickelt hat, dass dieser in den Dieselfahrzeugen ihres Gesamtkonzerns nach Erschleichung der erforderlichen Typgenehmigungen verwendet wird, hat sie über ihre Tochtergesellschaften konkludent zum Ausdruck gebracht, dass den Fahrzeugen uneingeschränkt die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen erteilt worden sind. Hierin ist die schadensrelevante Täuschung der Käufer zu erblicken, die unabhängig davon vorliegt, ob es sich bei dem veräußerten Fahrzeug um einen VW oder um ein anderes Fahrzeug von einem Tochterunternehmen des VW-Konzerns handelt, in dem der Motor verbaut wurde (OLG Köln, Beschluss vom 1.7.2019 - 27 U 7/19, betreffend ein Fahrzeug der Marke Audi; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.7.2019 - 17 U 160/18, betreffend ein Fahrzeug der Marke Skoda; OLG Köln, Beschluss vom 3.1.2019 - 18 U 70/18, betreffend ein Fahrzeug der Marke Audi).

Die Haftung der Beklagten zu 2) ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Kauf nicht um den Ersterwerb des Fahrzeugs, sondern um einen Gebrauchtwagenkauf handelt. Die mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit dem mangelbehafteten Motor erfolgte Täuschung, ist nicht auf den Ersterwerb beschränkt, sondern wirkt sich bei allen weiteren Verkäufen - wie auch vorliegend - in der Käuferkette vor Aufdeckung des sog. Dieselskandals fort (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 12/19; OLG Celle, Urteil vom 22.1.2020 - 7 U 445/18). Denn auch die Gebrauchtwagenkäufer gingen davon aus, dass das Fahrzeug die technischen und rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung nach wie vor erfüllt und die erteilte Typengenehmigung und Betriebszulassung Bestand hat, was auch der Beklagten zu 2) bewusst war, weil das Geschäftsmodell des VW-Konzerns jedenfalls auch auf eine Weiterveräußerung gebrauchter Fahrzeuge durch Händler ausgerichtet ist. Die durch die Beklagte zu 2) veranlasste Täuschung erfasste damit sämtliche auf dem Markt befindlichen mit dem streitgegenständlichen Motor ausgestatteten Fahrzeuge (vgl. KG Berlin, Urteil vom 26.9.2019 - 4 U 51/19).

Entgegen der Annahme der Beklagten zu 2) ist der Klägerseite auch ein täuschungsbedingter Schaden entstanden, da die Zedentin im Jahr 2011 in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware das streitgegenständliche mit der Abschalteinrichtung ausgerüstete Fahrzeug erworben und insoweit durch den Erwerb eines sachmängelbehafteten Fahrzeugs einen für sie wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag abgeschlossen hat (in diesem Sinne auch: OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.9.2019 - 27 U 24/19 - m.w.N.).

Der Abschluss des Kaufvertrags stellt für die Zedentin einen haftungsbegründenden Schaden dar. Insoweit kommt es entgegen der Annahme der Beklagten zu 2) auf Gesichtspunkte der vollwertigen technischen Nutzbarkeit und einer möglichen Weiterveräußerung ohne Wertverlust trotz der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht an, da es für die Annahme eines Schadens ausreicht, wenn sich der geschlossene Vertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für einen vernünftigen Käufer normativ als nachteilig erweist. Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob durch das von der Beklagten zu 1) der Klägerseite angebotene Software-Update der Mangel am Fahrzeug hätte beseitigt werden können. Ein Schaden liegt nämlich nicht nur dann vor, wenn sich beim Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetreten Vermögenslage mit derjenigen, die ohne das Ereignis eingetreten wäre, im Sinne der Differenzhypothese ein rechnerisches Minus ergibt, sondern auch dann, wenn der irregeführte Geschädigte durch eine auf sittenwidrigem Verhalten beruhende ungewollte Verpflichtung belastet ist, selbst wenn dieser einer objektiv gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 28.10.2014 - VI ZR 15/14; OLG des Landes Sachsen-Anhalt a.a.O. - mit weiteren Nachweisen). Dies folgt daraus, dass die grundsätzliche Schadensbetrachtung unter Zugrundelegung der Differenzhypothese stets der normativen Kontrolle unterliegt. Erforderlich ist insoweit eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (BGH, Urteil vom 28.4.2014 - VI ZR 15/14). Maßgebend ist hierbei, dass der geschlossene Kaufvertrag im Zusammenhang mit den Eigenschaften des Kaufgegenstandes nicht den berechtigten Erwartungen des Getäuschten entsprach und die Leistung deshalb für seine Zwecke nicht voll nutzbar war. Hierbei ist neben etwaigen wirtschaftlichen Nachteilen auch die enttäuschte Erwartung und die Zweckverfehlung als Schaden anzusehen (vgl. z. B. OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 = NJW 2019, 2237). Nach diesen Grundsätzen stellt der hier vorliegende, bei Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht geschlossene Kaufvertrages und die damit eingegangene Kaufpreiszahlungsverpflichtung den eingetretenen Schaden dar. Den auf Grund der installierten Motorsteuerungssoftware anzunehmenden erheblichen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB hat der Bundesgerichtshof in seinem Hinweisbeschluss vom 8.1.2019 (VIII ZR 120/17) damit begründet, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet gewesen sei, auf Grund derer die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bei Abschluss des Kaufvertrages bestanden habe und es damit an einer an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) gefehlt habe.

Die Zedentin hat mithin ein Fahrzeug von der Beklagten erworben, dass zwar von seinen technischen Voraussetzungen grundsätzlich geeignet war, am Straßenverkehr teilzunehmen, jedoch über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügte, derentwegen die Typgenehmigung für das Fahrzeug nicht erteilt worden wäre. Deshalb war das Fahrzeug der Zedentin - wie millionenfach weitere Fahrzeuge - von der "Rückrufaktion" betroffen und drohte ohne Durchführung des Software-Updates die Betriebsuntersagung, sodass der von der Zedentin mit dem Kauf verfolgte Zweck nicht erreicht wurde, nämlich mit dem Fahrzeug uneingeschränkt ohne zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung einer Betriebsuntersagung am Straßenverkehr teilzunehmen. Der Abschluss des Kaufvertrages, den die Zedentin in Kenntnis der vorhandenen unzulässigen Abschalteinrichtung nicht geschlossen hätte, begründet für das mangelbehaftete Fahrzeug im Hinblick auf die mit der Erforderlichkeit der Geltendmachung von Mängelrechten verbunden Vermögensgefährdung einen Schaden, da die Zedentin im Gegenzug zur Kaufpreiszahlung nicht das erhalten hat, was ihr vertraglich zugestanden hätte, nämlich ein technisch einwandfreies und den gesetzlichen Bestimmungen vollständig entsprechendes Fahrzeug (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt a.a.O. - m. w. N.).

Da es für die Frage des Schadenseintritts allein auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses ankommt, wird der entstandene Schaden auch nicht dadurch ausgeglichen, dass der Klägerseite nachträglich ein Software-Update für das Fahrzeug angeboten wurde. Der Schädiger kann sich seiner auf Grund des Vertragsschlusses entstandenen Haftung nicht nachträglich dadurch entziehen, dass er dem Vertragspartner nach Entdeckung bzw. Aufklärung der Täuschung Schadensbeseitigungsmaßnahmen zur Vermeidung der Stilllegung und Nichtnutzbarkeit des Fahrzeugs anbietet. Entgegen der Annahme der Beklagten zu 2) kann auch an der Kausalität zwischen der konkludenten Täuschung über die in Wirklichkeit nicht bestehende Ordnungsgemäßheit der Abgaswerte und der Kaufentscheidung der Klägerseite kein vernünftiger Zweifel bestehen. Sowohl nach dem Vortrag des Klägers - und im Übrigen auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung - ist davon auszugehen, dass die Zedentin das Fahrzeug bei Kenntnis der manipulierten Software auf Grund der hiermit verbundenen Risiken, insbesondere des Entzugs der Betriebserlaubnis, nicht erworben hätte.

3. Die Beklagte zu 2) hat den der Klägerseite entstandenen Schaden auch in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise herbeigeführt.

Sittenwidrig ist ein Verhalten, dass nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine vertragliche Pflicht oder das Gesetz verletzt und hierdurch einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung und den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 536/15; BGH, Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 124/12). Nach diesen Maßstäben rechtfertigt das Inverkehrbringen der manipulierten Dieselmotoren durch die Beklagte zu 2) das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit. Zwar genügt zur Bejahung der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB nicht allein der Umstand, dass die Beklagte zu 2) durch das Inverkehrbringen der manipulierten Dieselmotoren die Abgasnorm des EU-Rechts verletzt und hierbei insbesondere gegen die §§ 6 Abs. 1, 27 EG-FVG verstoßen haben könnte. Ebenso wenig ist das Gewinnstreben der Beklagten zu 2) für sich allein genommen als verwerflich anzusehen und gibt ihrem Handeln allein noch nicht das Gepräge der Sittenwidrigkeit. Hinzutreten muss vielmehr eine nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des Anstandsgefühls zu beurteilende besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung und den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.9.2019 - 7 U 24/19). Der Senat bewertet mit der nahezu einhelligen Auffassung der meisten Oberlandesgerichte das Verhalten der Beklagten zu 2) im vorstehenden Zusammenhang als sittenwidrig. Die Beklagte zu 2) hat planmäßig und systematisch sowohl die öffentlichen Kontrolleinrichtungen (KBA) und darüber hinaus Millionen von Fahrzeugkäufern weltweit getäuscht. Es handelt sich also nicht lediglich um eine Außerachtlassung gesetzlicher Abgaswerte. Vielmehr hat die Beklagte zu 2) durch die Implementierung der unzulässigen Abschalteinrichtung ein System zur gezielten Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den genannten Bereichen und Personengruppen geschaffen. Die Beklagte zu 2) hat sich hierbei nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit und aller potenziellen Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens zu Nutze gemacht und deren Arglosigkeit planmäßig ausgenutzt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18). Sie hat darüber hinaus zusätzlich mit der besonderen Umwelttauglichkeit und Verträglichkeit ihrer Fahrzeuge öffentlich geworben und damit jeden einzelnen Käufer der mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeuge in dem Glauben bestärkt, einen höheren Beitrag als andere Kraftfahrzeugkäufer zum Umweltschutz zu leisten, obwohl genau das Gegenteil der Fall war (vgl. hierzu auch OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18).

In subjektiver Hinsicht erfordert § 826 BGB einen Schädigungsvorsatz sowie die Kenntnis aller Tatumstände, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen.

Da es sich bei der Beklagten zu 2) um eine juristische Person handelt, setzt ein Anspruch nach §§ 826 BGB voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat.

Vorliegend ist ohne weiteres davon auszugehen, dass jedenfalls ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 2) umfassende Kenntnis von dem Einsatz der manipulierten Software hatte und die Herstellung und das Inverkehrbringen der mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motoren veranlasste, mit dem Ziel, dass die Fahrzeuge mit den verbauten Motoren ohne entsprechende Hinweise zu der Abschalteinrichtung an potenzielle Kunden veräußert werden würden.

Es wäre Sache der Beklagten zu 2) gewesen, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vorzutragen, inwieweit demgegenüber ein nicht als verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB tätiger sonstiger Mitarbeiter für die Installation der Software verantwortlich gewesen sein soll. Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte zu 2) nicht nachgekommen. Die sekundäre Darlegungslast beruht auf der Erwägung, dass die primär darlegungspflichtige Partei - hier der Kläger - keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und selbst auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während dem Gegner - hier der Beklagten zu 2) - nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH in ständiger Rechtsprechung z.B. Urteil vom 19.7.2019 - V ZR 255/17). In den Fällen der sekundären Darlegungslast ist vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände zu verlangen (vgl. BGH in ständiger Rechtsprechung, Beschluss vom 28.2.2019 - IV ZR 153/18). So liegt der Fall auch hier. Die Klägerseite steht vollständig außerhalb der maßgeblichen Geschehensabläufe im Geschäftsbereich der Beklagten zu 2), weshalb es ausreicht, dass der Kläger vorgetragen hat, dass dem Vorstand bzw. verfassungsmäßig berufenen Vertretern der Beklagten zu 2) die Manipulationen an den Motoren bekannt gewesen seien (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 30.7.2019 - 10 U 134/19).

Es kommt hinzu, dass es in Anbetracht der Tragweite der die unzulässige Motorsteuerungssoftware betreffenden Entscheidung, kaum vorstellbar ist, dass diese Entscheidung ohne Einbindung von zumindest Teilen des Vorstands oder verfassungsmäßig bestellten Vertretern erfolgt sein könnte, sondern allein untergeordneten Betriebsangehörigen - wie etwa Konstrukteuren - überlassen worden wäre. Der nach den vorstehenden Maßstäben verringerten primären Darlegungslast genügt das Vorbringen des Klägers, da er erstinstanzlich ausdrücklich vorgetragen hat, dass der Vorstand der Beklagten zu 2) bzw. ein verfassungsmäßig berufener Vertreter in objektiver wie subjektiver Hinsicht eingeweiht und im Sinne des § 31 BGB den Tatbestand der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB verwirklicht hat. Da die Beklagte zu 2) insoweit keinen substantiierten Gegenvortrag gehalten hat, ist das Vorbringen des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Die Beklagte zu 2) hat sich lediglich darauf berufen, dass es hierfür keine Erkenntnisse bzw. Beweise gebe. Konkreter Vortrag dazu, dass und weshalb auf Vorstands- bzw. verfassungsmäßiger Vertreterebene keine Kenntnis um die streitgegenständlichen Vorgänge vorgelegen hat, hat die Beklagte zu 2) jedoch nicht gehalten.

4. Als Rechtsfolge der vorstehend getroffenen Feststellungen hat die Beklagte zu 2) dem Kläger gemäß §§ 826, 249 BGB den aus der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung resultierenden Vermögensschaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist hierbei auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet (Palandt, BGB, 78. Auflage, § 826 Rn. 15). Der Kläger kann verlangen, so gestellt zu werden, wie die Zedentin gestanden hätte, wenn sie das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben hätte. Da die Zedentin, wenn sie den streitgegenständlichen Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug nicht abgeschlossen hätte, auch nicht zur Kaufpreiszahlung verpflichtet gewesen wäre, kann der Kläger aus abgetretenem Recht der Zedentin von der Beklagten zu 2) die (Rück-)zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs verlangen.

Auf den zu erstattenden Kaufpreis in Höhe von 30.950,00 € muss sich der Kläger allerdings im Wege des Vorteilsausgleiches eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, da andernfalls eine vom Schadensersatzrecht nicht gedeckte Überkompensation eintreten würde (sog. schadensrechtliches Bereicherungsverbot - vgl. z. B. OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.9.2019 - 7 U 24/19 Rn. 107 - m.w.N.). Die Klägerseite hat das Fahrzeug über einen mehrjährigen Zeitraum - jedenfalls von 2011 bis 2017 - genutzt und auf diese Weise einen geldwerten Vorteil erlangt. Ohne den streitgegenständlichen Vertragsschluss hätte die Klägerseite sich ein anderes Fahrzeug beschaffen müssen, für das Aufwendungen erforderlich geworden wären, die sie erspart haben.

Die Einwendungen des Klägers gegen den Abzug einer entsprechenden Nutzungsentschädigung von dem zurückgeforderten - vollen - Kaufpreis, greifen nicht durch. Der Abzug einer Nutzungsentschädigung erweist sich auch vor dem Hintergrund, dass sich die Beklagte zu 2) einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung schuldig gemacht hat, nicht als unbillig. Eine unbillige Entlastung der sittenwidrig handelnden Beklagten zu 2) ist mit der Anrechnung der von der Klägerseite gezogenen Nutzungsvorteile durch die mehrjährige Nutzung des Fahrzeugs nicht verbunden. Der Kläger verkennt insoweit, dass Rechtsfolge des § 826 BGB allein der Schadensausgleich ist, nicht jedoch eine zusätzliche Bereicherung des Geschädigten eintreten soll. Der Schadensersatzanspruch nach § 826 dient im Übrigen auch nicht dazu, das Verhalten des Schädigers zu sanktionieren und diesen über die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung durch Nichtanrechnung einer Nutzungsentschädigung zusätzlich zu bestrafen. Vielmehr geht es allein darum, die dem Kläger zugeflossene Nutzungsvorteile im Sinne des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots anspruchsmindernd zu berücksichtigen (vgl. z.B. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5.3.2013 - 13 U 142/18; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18; KG Berlin, Urteil vom 26.9.2019 - 4 U 517/19).

Die Berechnung des anzurechnenden und vom Kaufpreis letztlich abzuziehenden Nutzungsvorteils, erfolgt nach der gebräuchlichen Formel der zeitanteilig linearen Wertminderung, die auf den tatsächlichen Gebrauch im Vergleich zur voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs abstellt (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage, Rn. 3562; BGH, Urteil vom 17.51995 - VIII ZR 70/94; BGH, Beschluss vom 9.12.2014 - VIII ZR 196/14). Danach ist bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs, die vom Käufer für jeden gefahrenen Kilometer zu zahlende Nutzungsentschädigung in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte Bruttokaufpreis durch die voraussichtliche Restlaufleistung des Fahrzeugs (im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer) dividiert wird und der sich hieraus ergebende Quotient mit dem von der Klägerseite tatsächlich während der Nutzungszeit gefahrenen Kilometern multipliziert wird.

Der Kaufpreis für das streitgegenständliche Fahrzeug betrug unstreitig 30.950,00 €. Als Restlaufleistung waren 289.635 Kilometer anzusetzen, die sich ergeben, wenn von der Gesamtfahrleistung eines entsprechenden Neufahrzeugs, die der Senat bei dem streitgegenständlichen Dieselfahrzeug gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf 300.000 Kilometer schätzt (vgl. ebenso OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18; OLG Köln, Beschluss vom 3.1.2019 - 18 U 79/18, OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.9.2019 - 7 U 24/19), die bis zur Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerseite bereits gefahrenen 10.365 Kilometer abgezogen werden. Da das Fahrzeug zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unstreitig einen Kilometerstand von 175.814 Kilometer aufwies und der Kilometerstand des Gebrauchtwagens zum Erwerbszeitpunkt 10.365 Kilometer betrug, hat die Klägerseite mit dem streitbefangenen Pkw während der Nutzungszeit dementsprechend 165.449 Kilometer zurückgelegt. Die vorzunehmende Berechnung ergibt sich danach wie folgt:

30.950 € : 289.635 km (= 300.000 - 10.265)x 165.449 km (= 175.814 - 10.365)

Dies ergibt einen vom Kaufpreis abzuziehenden Nutzungswert in Höhe von 17.679,65 €. Der Kläger kann mithin von der Beklagten zu 2) einen aus dem Kaufpreis zurückzuzahlenden Betrag in Höhe von 13.270,35 € (30.950 - 17.679,65) verlangen.

5. Dem Kläger stehen weiterhin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf den zu erstattenden Betrag in Höhe von 13.270,35 € unter Verzugsgesichtspunkten seit dem 22.4.2017 gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB zu. Aufgrund des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 3.4.2017 (Anlage K19) befindet sich die Beklagte zu 2) seit dem 22.4.2017 mit der Zahlung in Verzug.

Ein weitergehender Anspruch gemäß § 849 BGB auf Verzinsung des Kaufpreises mit 4 % (§ 246 BGB) ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der damit einhergehenden Zahlung des Kaufpreises steht dem Kläger dagegen nicht zu.

Nach § 849 BGB ist der Schadensbetrag zu verzinsen, wenn wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache Wertminderung zu ersetzen ist. Diese Norm, bei der es sich um eine Ausnahmeregelung handelt, soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass der Geschädigte für die Zeit der Vorenthaltung bzw. Instandsetzung gehindert war, die Sache zu nutzen.

So liegt der Fall hier nicht. Die Klägerseite hat durch den Erwerb des Fahrzeugs in Bezug auf den gezahlten Kaufpreis keine Nutzungsbeeinträchtigung hinnehmen müssen. Sie haben für den aufgewandten Kaufpreis ein Fahrzeug erhalten, das sie durchgehend uneingeschränkt genutzt haben, sodass es an einem nach § 849 BGB verzinslichen Wertersatzanspruch fehlt (vgl. hierzu eingehend OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.11.2019 - 17 U 290/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 28.11.2018 - 14 U 89/19; OLG Oldenburg, Urteil vom 21.10.2019, 13 U 73/19; KG Berlin, Urteil vom 26.9.2019, 4 U 51/19; OLG Celle, Urteil vom 22.1.2020 - 7 U 445/18).

7.

Der Kläger kann von der Beklagten zu 2) jedoch die Freistellung von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß § 286 BGB verlangen, wobei bei der Berechnung der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten auf den Gegenstandswert des verfolgten Anspruchs zum Zeitpunkt des Tätigwerdens der Prozessbevollmächtigten abzustellen ist. Hierbei ist von dem zurückverlangten Kaufpreis der Nutzungsvorteil in Abzug zu bringen. Nach den Angaben im Anwaltsschreiben vom 3.4.2017 betrug die Laufleistung des streitgegenständlichen Pkw zum damaligen Zeitpunkt 171.200 Kilometer, sodass sich nach der obigen Formel die folgende Berechnung ergibt:

30.950 € : 289.635 km (= 300.000 - 10.365)x 160.835 km (= 171.200 - 10.365) = 17.186,60 €.

Freistellung kann der Kläger danach von einem Rechtsanwaltshonorar verlangen, das sich aus einem Gegenstandswert von 13.763,40 € (30.950 - 17.186,60) wie folgt ergibt:

1,3 Geschäftsgebühr

845,00 €

Pauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Mehrwertsteuer 19 %

164,35 €

gesamt

1.029,35 €.

Soweit der Kläger mit dem Berufungsantrag zu 6. Freistellung von einem höheren Betrag fordert, ist sein Anspruch unbegründet.

7. Das mit dem Klageantrag zu 4. verfolgte Begehren des Klägers auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 2) ist nach § 256 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 756 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet, da sich die Beklagte zu 2) mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet. Die Beklagte geriet mit Ablauf der ihr in dem vorprozessualen anwaltlichen Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 3.4.2017 gesetzten Frist ab dem 22.4.2017 gemäß §§ 293, 298, 295 BGB in Annahmeverzug. In diesem Schreiben forderte der Kläger die Beklagte zu 2) zur Zahlung des als Hauptforderung geltend gemachten Schadensbetrages abzüglich einer Nutzungsentschädigung auf und bot zugleich Zug um Zug die Bereitstellung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zur Abholung an. Darin liegt ein wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB, das der tatsächlich geschuldeten Leistung im Wesentlichen entspricht.

8. Keinen Anspruch hat der Kläger auf den mit dem Klageantrag zu 5. geltend gemachten Aufwendungsersatz in Höhe von 16.281,90 €. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, ist der geltend gemachte Anspruch bereits nicht hinreichend substantiiert, da der Kläger in der Klagebegründung ausschließlich auf beigefügte Rechnungen (Anlagen K29 ff.) Bezug nimmt, ohne die Aufwendungen im Einzelnen darzustellen und in Bezug zum Schadensereignis zu setzten. Überdies ist nicht vorgetragen bzw. erkennbar, inwieweit es sich um fehlgeschlagene Aufwendungen handelt, für die allein ein Ersatzanspruch in Betracht kommen kann.

B. Die gegen die Beklagte zu 1) mit den Berufungsanträgen zu 1., 2., 4. und 5. erhobenen Ansprüche sind unbegründet, wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt hat. Die Klägerseite hat keine Ansprüche im Zusammenhang mit dem Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs gegen die Beklagte zu 1) als Verkäuferin.

1. Rückabwicklungsansprüche nach §§ 437 Nr. 2, 434, 440, 323 BGB scheitern schon deshalb, weil die Klägerseite der Beklagten zu 1) keine Frist zur Nachbesserung nach § 323 Abs. 1 BGB gesetzt hat.

Eine Fristsetzung war auch nicht entbehrlich. Die Beklagte zu 1) hat die Nachbesserung weder verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) noch war ihr die Nachbesserung im Sinne der §§ 275, 326 Abs. 5 BGB unmöglich.

Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ergibt sich auch nicht aus § 440 BGB.

Aufgrund des vom KBA geprüften und für das streitbefangene Fahrzeug freigegebene Software-Updates wäre der Beklagten zu 1) die Beseitigung des Mangels möglich gewesen. Sie hat der Klägerseite auch unstreitig das Aufspielen des Updates angeboten; diese haben jedoch abgelehnt. Der pauschale Vortrag des Klägers, das Software-Update würde die Abschalteinrichtung nicht beseitigen, ist angesichts der Freigabe durch das KBA unsubstantiiert.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Durchführung des Software-Updates für die Klägerseite unzumutbar gewesen wäre. Entgegen ihrer Befürchtung hätte sich die Klägerseite nicht nochmals auf "betrügerische Machenschaften" der Beklagten zu 2) einlassen müssen; sie hätten lediglich zulassen müssen, dass ein vom KBA geprüftes und zugelassenes Update in die Motorsoftware eingespielt wird.

2. Ansprüche aus § 812 BGB i.V.m. § 134 BGB, § 27 Abs. 1 EG-FGV gegen die Beklagte zu 1) wegen Nichtigkeit des Kaufvertrages scheitern bereits daran, dass § 27 EG-FGV keine drittschützende Wirkung hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 9.1.2020 - 17 U 133/19), ein Verstoß gegen die Norm also keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages zwischen der Klägerseite und der Beklagten zu 1) haben kann.

3. Deliktische Ansprüche macht die Klägerseite ausweislich der Berufungsbegründung gegen die Beklagte zu 1) ausdrücklich nicht geltend, sodass dahinstehen kann, dass sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf solche Ansprüche berufen könnte, weil das Wissen der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Ausstattung des streitbefangenen Fahrzeugs mit einem Dieselmotor mit manipulierter Abgassoftware der Beklagten zu 1) nicht zugerechnet werden kann, wie der Senat bereits in einem Parallelfall entschieden hat (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 4.9.2019 - 13 U 136/18).

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes setzt sich aus der Summe der Beträge zusammen, die der Kläger mit den Berufungsanträgen zu 1. und 5. gefordert hat. Der Feststellungsantrag zu 4. hat keinen messbaren wirtschaftlichen Wert; die übrigen Anträge sind streitwertneutral, da sie nur Nebenforderungen betreffen.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil zur Frage der deliktischen Haftung in Fällen zum sog. VW-Abgasskandal in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.