Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs im Rahmen der Abschlussprüfung in der Berufsausbildung zum Verkäufer und zur Verkäuferin in Form einer persönlichen Assistenz, die die Prüfungsfragen in die sogenannte "Einfache Sprache" überträgt und dem Prüfling Unterstützung bei der Formulierungen der Antworten auf diese Fragen gibt, ist unzulässig, da hierdurch der wahre Leistungsstand eines Prüflings nicht ermittelbar ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung eines Nachteilsausgleichs im Rahmen seines Prüfungsverfahrens zur Ausbildung zum Verkäufer.
Der Kläger erlitt im Dezember 2009 eine Hirnblutung. In der Folgezeit erwarb er den Hauptschulabschluss und begann im Jahr 2013 eine Ausbildung zum Verkäufer bei einer Tankstelle in E.
Mit Schreiben vom 16.01.2015 an die Beklagte beantragte der Kläger für die nächsten Klassenarbeiten im Rahmen seiner Abschlussprüfung einen Nachteilsausgleich in Form einer Zeitverlängerung um ein Drittel der normalen Prüfungszeit sowie eine Unterstützung durch eine neutrale Person bei inhaltlichen und Verständnisfragen. Der Kläger verwies auf ein Attest von Frau F., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Frankfurt am Main, vom 28.01.2015. Hiernach leide der Kläger nach einer schweren Hirnblutung im Jahr 2009 an den Folgeschäden einer Gesichtsfeldeinschränkung und einer Sprachstörung. Er benötige in der Zwischenprüfung (sic) eine Zeitverlängerung um ein Drittel der Prüfungszeit sowie Hilfestellung.
Mit Bescheid vom 27.03.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Abschlussprüfung Sommer 2015 einen Nachteilsausgleich für den schriftlichen Teil in Form einer Prüfungszeitverlängerung in Höhe von 30 %.
Die Abschlussprüfung Sommer 2015 bestand der Kläger insgesamt nicht. Er bestand weder die schriftlichen Prüfungen in den Fächern "Verkauf und Marketing" sowie "Warenwirtschaft und Rechnungswesen" noch die mündliche Prüfung ("Fallbezogenes Fachgespräch"). Lediglich die schriftliche Prüfung im Fach "Wirtschafts- und Sozialkunde" absolvierte er mit Erfolg.
Mit Schreiben vom 11.06.2015 beantragte der Kläger erneut die Gewährung eines Nachteilsausgleichs in Form einer Zeitverlängerung um ein Drittel der normalen Prüfungszeit sowie eine Unterstützung durch eine neutrale Person bei inhaltlichen Verständnisfragen. Der Kläger legte hierzu ärztliche Bescheinigungen vor, wonach er insbesondere unter "Dysphasie und Aphasie" leide.
Mit Bescheid vom 08.09.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Abschlussprüfung Winter 2015 erneut einen Nachteilsausgleich für die schriftliche Abschlussprüfung in Form einer Prüfungszeitverlängerung in Höhe von 30 %.
Der Kläger trat von der Abschlussprüfung Winter 2015 krankheitsbedingt zurück.
Mit Schreiben vom 10.02.2016 beantragte der Kläger die Gewährung eines Nachteilsausgleichs in Form einer Zeitverlängerung um 50 % sowie einer Hilfsperson, die Aufgaben erklärt und Fragestellungen in eine leichte Sprache umformuliert. Zur Begründung trug er vor, dass es ihm nicht um prüfungsrelevante Zusammenhänge und Fachbegriffe, sondern darum gehe, die Fragestellungen in einfache Abschnitte zu zergliedern, so dass er deren Sinn verstehen könne. Zudem bitte er, die Prüfungsaufgaben in Großdruck zur Verfügung zu stellen, damit der Nachteil seiner Gesichtsfeldeinschränkung ausgeglichen werde. Der Kläger legte hierzu ein augenärztliches Gutachten der Accumed Augenarztpraxis E. vom 27.01.2016 vor, wonach er unter einer kompletten Hemianopsie nach rechts leide.
Mit Bescheid vom 27.04.2016 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Abschlussprüfung Sommer 2016 einen Nachteilsausgleich für die schriftliche Abschlussprüfung in Form einer Prüfungszeitverlängerung im Fach "Verkauf und Marketing" in Höhe von 27 Minuten und im Fach "Warenwirtschaft und Rechnungswesen" in Höhe von 18 Minuten sowie eine Vergrößerung der Prüfungsaufgaben auf DIN A3.
In der Sommerkampagne 2016 absolvierte der Kläger nur die schriftlichen Prüfungen in den Fächern "Verkauf und Marketing" sowie "Warenwirtschaft und Rechnungswesen", die er jedoch wiederum nicht bestand. Von der Teilnahme an der mündlichen Prüfung trat der Kläger krankheitsbedingt zurück.
Mit Schreiben vom 23.11.2016 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten für die noch ausstehenden Prüfungen, insbesondere für die mündliche Prüfung im Januar 2017, einen Nachteilsausgleich. Der Kläger leide an einer Aphasie und einer Gesichtsfeldeinschränkung. Als Folge der Hirnverletzung habe er zudem Schwierigkeiten, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren und aufmerksam zu bleiben. Die chronische Erkrankung und Mehrfachbehinderung des Klägers sei durch mehrere ärztliche und therapeutische Befundberichte nachgewiesen. Als Nachteilsausgleich sei eine persönliche Assistenz erforderlich. Diese sollte den Kläger kennen, weswegen hierfür der Nachhilfelehrer bzw. der Klassenlehrer aus der Berufsschule oder Frau G., die dem Kläger schon während seiner Abschlussprüfung in der Hauptschule assistiert habe, in Frage komme. Da wegen der Assistenz eine längere Prüfungszeit erforderlich sei, werde eine Zeitverlängerung von mindestens 50 % beantragt. Diese diene auch dazu, notwendige Pausen durchführen zu können. Denn wegen seiner Hirnverletzung bedürfe der Kläger in Prüfungssituationen der Regeneration. Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention garantiere das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit. Auch das Handbuch "Nachteilsausgleich für behinderte Auszubildende" des Bundesinstituts für Berufsbildung schlage für Auszubildende mit Aphasie vor, dass in Vorgesprächen mit Ausbildern des Prüflings die Gestaltung einer bedarfsgerechten Prüfung erörtert werde, notwendige Zeitverlängerungen in den schriftlichen und mündlichen Prüfungsteilen vorgesehen, Prüfungsfragen und Texte in "einfacher Sprache" vorgelegt und Schriftgröße/Druckbild angepasst würden sowie die Anwesenheit einer bevollmächtigten Person (Assistenz) vorgesehen werde.
Mit Bescheid vom 03.01.2017 gab die Beklagte dem Antrag des Klägers auf Nachteilsausgleich dahingehend statt, dass ihm für das Fallbezogene Fachgespräch in Bezug auf die Vorbereitungsphase eine Zeitverlängerung von mehr als 50 % gewährt werde. Die ihm zur Verfügung gestellte Vorbereitungszeit betrage nicht 15 Minuten, sondern 25 Minuten. An die Vorbereitung schließe sich eine 10-minütige Pause an, bevor das 20-minütige Prüfungsgespräch durchgeführt werde. Für später folgende Prüfungen werde weiterhin eine Zeitverlängerung um 30 % gewährt bzw. die Prüfungsunterlagen in Großdruck zur Verfügung gestellt. Im Übrigen werde der Antrag abgelehnt.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass Maßnahmen zum Nachteilsausgleich, die über eine Zeitverlängerung, Prüfungsunterlagen im Großdruck oder sonstige technische Hilfsmittel zum Lesen oder Schreiben hinausgingen, zu einer Modifizierung der Prüfinhalte führten. Eine Gleichwertigkeit der Prüfungsleistungen sei daher nicht mehr gegeben. Die gewünschte erläuternde oder erklärende Assistenz, die dem Kläger Prüfungsfragen darlege und bei Verständnisfragen helfe, greife erheblich in den Prüfungsablauf ein und ändere objektiv die Prüfungssituation. Aufgrund der Interaktion mit der Assistenz lasse sich der Wissensstand nicht erkennen. Gerade bei Erklärungen durch Dritte sei es immanent, dass Vereinfachungen vorgenommen und Teile der Antwort bereits in der Erläuterung genannt bzw. die Auswahlmöglichkeiten für eine Antwort so eingeschränkt würden, dass die richtige Beantwortung auf der Hand liege. Der Wissensstand eines Prüflings könne somit nicht und schon gar nicht chancengleich im Hinblick auf andere Prüflinge abgefragt werden. Auch bereits das Vorlesen von schriftlich gestellten Prüfungsfragen ändere das Anforderungsprofil und sei ein schwerwiegender Eingriff in die Prüfungssituation und die Prüfungsbedingungen. Schon das Betonen bestimmter Worte und sonstiges sprachliches Hervorheben von Teilen der Frage sei geeignet, den Prüfling zu beeinflussen, insbesondere dann, wenn Vorleser und Prüfling sich gut kennen und bereits Nuancen der Kommunikation Entscheidungen erleichtern oder gar vorgeben würden. Andere Prüflinge, insbesondere die, die ebenfalls ein schwaches Leistungsvermögen hätten, ohne dass eine Behinderung im Sinne der gesetzlichen Wertung vorliege, würden offensichtlich benachteiligt und in ihren Rechten verletzt. Das Erfassen von Texten und das Ableiten der Anforderungen oder Handlungsgebote aus dem verschriftlicht dargelegten Sachverhalt sei für die Verkäuferprüfung zum Nachweis der beruflichen Kenntnisse notwendiger Bestandteil der Prüfung. Es gehöre notwendig zum Nachweis der beruflichen Handlungsfähigkeit, ohne Hilfe von Dritten unter einem gewissen zeitlichen Rahmen schriftlich festgelegte Sachverhalte zu verstehen und darauf reagieren zu können. Auch die Übertragung von Aufgaben in die sogenannte leichte Sprache verändere die Prüfungsinhalte und -anforderungen dergestalt, dass eine Vergleichbarkeit der Prüfungsleistung nicht mehr gegeben sei. Im beruflichen Alltag finde sich kaum eine Wiedergabe in "einfacher Sprache". Prüfungsunterlagen in dieser Sprachform seien damit nicht geeignet, Aufschluss über den berufsbezogenen Kenntnisstand zu geben bzw. Nachweis in Bezug auf die berufliche Handlungsfähigkeit zu führen.
Mit Schreiben vom 09.01.2017, das am 10.01.2017 bei der Beklagten einging, legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.01.2017 ein. Wegen der Widerspruchsbegründung verwies er auf seinen Antrag auf Nachteilsausgleich vom 23.11.2016. Ergänzend trug er vor, dass bei der "einfachen Sprache" Texte dahingehend verändert würden, dass auch Menschen, die Probleme beim Lesen hätten, diese Texte verstehen könnten. Zudem habe die Beklagte selbst eingeräumt, dass auch gehörlose Auszubildende in Prüfungen einen Anspruch auf Assistenz durch Gebärdensprachdolmetscher hätten.
Mit Schreiben vom 10.01.2017 teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei und an der für denselben Tag geplanten mündlichen Prüfung nicht teilnehmen könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017, der dem Bevollmächtigten des Klägers am 20.03.2017 zugestellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Beurteilung eines Nachteilsausgleiches seien die §§ 65 ff. BBiG i.V.m. § 16 der Prüfungsordnung der Industrie- und Handelskammer C. für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen in der Fassung vom 20.11.2013. Mit der gewährten Zeitverlängerung und einer Vergrößerung der Prüfungstexte seien angemessene Vorkehrungen getroffen worden, um die Einschränkung des Sehfeldes und die neuropsychologischen Beeinträchtigungen auszugleichen. Eine erläuternde oder erklärende Assistenz, die Prüfungsunterlagen darlege und bei Verständnisfragen helfe, sei eine Überkompensation. Eine notwendige Übersetzung der Prüfungstexte in die sog. "Einfache Sprache" sei nicht ersichtlich und von Seiten des Klägers auch nicht konkret anhand der übersandten Prüfungsaufgaben dargetan. Die Prüfungstexte bzw. -fragen würden insbesondere Schachtelsätze, Fremdwörter und doppelte Verneinungen vermeiden.
Der Kläger trat von der Abschlussprüfung Sommer 2017 zurück.
Mit Schreiben vom 04.12.2017 wurde der Kläger zur Abschlussprüfung Winter 2017 und das "Fallbezogenes Fachgespräch" am 29.01.2018 geladen.
Am 15.01.2018 suchte der Bevollmächtigte des Klägers bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nach und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, den Kläger von der für den 29.01.2018 angesetzten Abschlussprüfung Winter 2017 (Fallbezogenes Fachgespräch) freizustellen, zeitnah einen Anschlusstermin für die Abschlussprüfung Winter 2017 zu benennen, dem Kläger für Vorbereitungen auf den von ihm zu benennenden Anschlusstermin eine adäquate, der Behinderung des Klägers angemessene Vorbereitung in Form von Nachhilfeunterricht zu gewähren, und für die Abschlussprüfung Winter 2017 dem Kläger persönliche Assistenz sowie eine Zeitverlängerung von 50 % zu bewilligen und die Anwendung der "Einfachen Sprache" vorzusehen (Az.: 8 L 285/18.GI).
Mit Beschluss vom 23.01.2018 gab das Gericht dem Eilantrag teilweise statt und verpflichtete die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Kläger für das Fallbezogene Fachgespräch am 29.01.2018 im Rahmen der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf "Verkäufer" einen Nachteilsausgleich zu gewähren, indem die Vorbereitungszeit von 15 Minuten auf 22,5 Minuten und das Prüfungsgespräch von 20 Minuten auf 30 Minuten verlängert wird. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
Der Kläger trat vom "Fallbezogenen Fachgespräch" am 29.01.2018 krankheitsbedingt zurück. Im weiteren Verlauf meldete sich der Kläger für die Abschlussprüfungen Sommer 2018, Winter 2018 und Sommer 2019 an, trat aber ebenfalls jeweils krankheitsbedingt zurück.
Der Kläger ist derzeit für die Abschlussprüfung Winter 2019, welche im Januar stattfinden soll, angemeldet.
Bereits am 19.04.2017 hat der Bevollmächtigte des Klägers Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er vor, dass der Kläger aufgrund seiner Aphasie verlangsamt spreche und Wortfindungs- sowie Sprachverständnisstörungen habe. Zudem habe er Textverständnisprobleme und Schwierigkeiten mit der Schriftsprache. Ferner seien seine Aufmerksamkeits- und seine Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt und er leide an einer kompletten Gesichtsfeldeinschränkung nach rechts. Aufgrund seiner Behinderungen habe der Kläger einen Grad der Behinderung von 70. Um seine Nachteile auszugleichen, benötige der Kläger eine Assistenz. Soweit die Beklagte befürchte, dass diese dem Kläger bei der Beantwortung von Prüfungsfragen helfe, sei dies gerade nicht deren Aufgabe. Die Assistenz ermögliche dem Kläger lediglich, eine Prüfungsaufgabe überhaupt zu verstehen, indem sie die Frage in für den Kläger geeignete Worte "übersetze". Sie habe das Ziel, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen, nicht aber Hilfestellung in der Aufgabenerfüllung zu geben. Eine Aphasie sei nicht gleichzusetzen mit einer geistigen Behinderung. Ein Aphasiker habe Probleme mit der Darstellung des vorhandenen Wissens. Insoweit sei die gesundheitliche Beeinträchtigung mit der eines gehörlosen Menschen gleichzusetzen, der in ähnlichen Situationen einen Gebärdendolmetscher benötige. Das Berufsbildungsgesetz erkenne die Notwendigkeit der persönlichen Assistenz in der Berufsausbildung an. § 65 BBiG regele ausdrücklich, dass die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen zu berücksichtigen seien, und erwähne die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter. Darüber hinaus sei die "Einfache Sprache" für Menschen mit Aphasie Grundvoraussetzung, um am beruflichen Leben teilhaben zu können. Auch für Gehörlose gebe es die Gebärdensprache, die insoweit eine besondere Form der "Einfachen Sprache" sei. Im Übrigen rüge die Beklagte zu Unrecht, dass die Klage wegen eines unklaren Klagegegenstandes teilweise unzulässig sei. Die Beklagte führe selbst verschiedene Belege für die Verwendung der sog. "Einfachen Sprache" bzw. "Leichten Sprache" an.
Der Kläger hat eine gutachterliche neurolinguistische Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. I., Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Aachen, vom 26.10.2018 sowie einen logopädischen Befundbericht von Frau J., Logopädin, Frankfurt am Main, vom 15.12.2018 vorgelegt.
Der Kläger hat zunächst wörtlich beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 dahingehend abzuändern, dass über die in dem Bescheid festgesetzten Nachteilsausgleiche hinaus der Kläger bei seinen noch ausstehenden Abschlussprüfungen (schriftliche Prüfung sowie Fallbezogenes Fachgespräch) eine persönliche Assistenz erhält, die die Aufgabe hat, Prüfungsfragen in die sog. Einfache Sprache zu übertragen und dem Kläger Unterstützung bei der Formulierung seiner Antworten auf diese Fragen zu geben, sowie dass der Kläger in den Prüfungen eine Zeitverlängerung von 50 % erhält.
Im Anschluss an den Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Berichterstatter am 23.10.2019 hat die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 06.11.2019 den Bescheid vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 dahingehend geändert, dass dem Kläger für alle noch ausstehenden Prüfungsversuche im "Fallbezogenen Fachgespräch" ein Nachteilsausgleich dahingehend gewährt wird, dass die Vorbereitungszeit von 15 Minuten auf 22,5 Minuten und das Prüfungsgespräch von 20 Minuten auf höchstens 30 Minuten verlängert wird, und für alle ausstehenden Prüfungsversuche in den schriftlichen Prüfungsbereichen eine Zeitverlängerung von jeweils 50 % pro Prüfungsbereich gewährt wird. Im Übrigen blieben der Bescheid vom 03.01.2017 und der Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 aufrechterhalten.
Nachdem die Beteiligten mit Blick auf den Änderungsbescheid vom 06.11.2019 den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger nunmehr,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 und des Änderungsbescheides vom 06.11.2019 zu verpflichten, dem Kläger bei seinen noch ausstehenden Abschlussprüfungen über den in dem Bescheid festgesetzten Nachteilsausgleich hinaus einen Nachteilsausgleich dahingehend zu gewähren, dass der Kläger eine persönliche Assistenz erhält, die die Aufgabe hat, Prüfungsfragen in sogenannte einfache Sprache zu übertragen und dem Kläger Unterstützung bei der Formulierung seiner Antworten auf diese Fragen zu geben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf ihre Bescheide vom 03.01.2017 und 15.03.2017. Ergänzend trägt sie vor, dass die Klage bereits unzulässig sei, soweit die Übertragung von Prüfungsaufgaben in die sog. "Einfache Sprache" durch die Assistenzperson beantragt werde. Insoweit sei § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, wonach die Klage unter anderem den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen müsse. Dies sei vorliegend insoweit nicht der Fall, als es die "Einfache Sprache" als solche nicht gebe. Hierfür existiere auch kein Regelwerk. Der Kläger habe sein Klagebegehren auch nicht konkretisiert, indem er etwa angegeben habe, welche "Empfehlungen" für die Anwendung der "Einfach Sprache" die Beklagte aus seiner Sicht anwenden solle bzw. konkrete Beispiel dazu genannt habe.
Die Klage sei darüber hinaus auch unbegründet. Die vom Kläger infolge seiner Hirnblutung erlittenen Einschränkungen würden nicht allein die bloße Darstellung vorhandenen Wissens, sondern ebenso die geistige Leistungsfähigkeit selbst betreffen. Sowohl aus dem Vortrag des Klägervertreters als auch den eingeholten Attesten und Privatgutachten sowie sonstigen Stellungnahmen ergebe sich zumindest eine Mitbeeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit des Klägers und damit eine behinderungsbedingte Einschränkung der Leistungserbringung als solche. Bei der persönlichen Assistenz zur Übersetzung der Prüfungsaufgaben in die sog. "Einfache Sprache" und zur Hilfestellung bei der Formulierung der Antworten handele es sich nicht um eine Maßnahme des Nachteilsausgleichs, sondern des Notenschutzes. Die begehrte Maßnahme berühre die einheitliche Anwendung des allgemeinen Maßstabs der Leistungswertung. Sie betreffe die Leistungsfähigkeit des Klägers im engeren Sinne, nämlich seine Fähigkeit, die Aufgabenstellung intellektuell zu erfassen und selbständig zu einer Lösung zu finden. Im Gegensatz zu einer Prüfungszeitverlängerung, welche den Wortlaut der Prüfungsaufgaben unberührt lasse und den Kläger - zur Kompensation seiner Textverständnisprobleme und Schwierigkeiten mit der Schriftsprache - lediglich in die Lage versetzte, durch langsameres und gegebenenfalls wiederholtes Lesen ihren Inhalt zu erfassen und eine Antwort darauf zu formulieren und niederzuschreiben, würden durch eine Übersetzung in die sog. "Einfache Sprache" die Prüfungsfragen selbst inhaltlich verändert bzw. vereinfacht. Gleichwertige Leistungsanforderungen an alle Prüflinge seien damit nicht mehr gegeben. Der Einsatz von "Leichter" und "Einfacher Sprache" komme zwar in Betracht, um für den Adressatenkreis alltagsbedingte Verständnishürden abzubauen und zu überwinden, nicht aber dann, wenn - wie im Fall des Klägers - gerade das Erfassen und Verstehen einer bestimmten (Schrift-)Sprache Gegenstand des abzufragenden Prüfungswissens sei. Auch die Hilfestellung bei der Beantwortung der Prüfungsaufgaben solle gerade nicht nur - wie bei einer reinen Übersetzung der Antworten des Klägers - dazu dienen, die eigenständig durch den Kläger erarbeiteten Lösungen den Prüfern zu übermitteln, sondern vielmehr die sprachlichen Defizite und kognitiven Einschränkungen des Klägers schon bei der Erarbeitung der Lösung selbst auszugleichen. Damit werde aber die eigene Leistung des Klägers verfälscht und nicht nur ihre Darstellung ermöglicht. Es gehe also nicht darum, eine behinderungsbedingte verlangsamte Auffassungsgabe des Klägers auszugleichen, sondern die Prüfungsaufgaben für ihn so umzuformulieren, dass er überhaupt in die Lage versetzt werde, sie intellektuell zu verstehen und zu beantworten. Dies sei mithin keine Hilfestellung beim Abruf einer beim Kläger vorhandenen Leistungsfähigkeit, sondern die Anpassung des Prüfungsniveaus an die Fähigkeiten des Klägers. Eine (erklärende) Assistenz und die Übersetzung der Prüfungsaufgaben in die sog. "Leichte Sprache" führten zu einer Modifikation der Prüfungsinhalte. Es sei nicht mehr feststellbar, ob der Kläger die Anforderungen, welche die Abschlussprüfung an das Berufsbild "Verkäufer" stelle, (selbständig) erfüllen könne. Auch gebe es keine entsprechenden Hilfestellungen in seinem späteren Berufsalltag als Verkäufer. Der Kläger müsse gerade im Verkaufsgespräch mit Kunden in der Lage sein, auch schnell sprachlich reagieren zu können. Zudem gehöre das Fachvokabular eines Verkäufers zu den unerlässlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Tätigkeit. Die Prüfungsaufgaben verlangten von dem Kandidaten keine sprachlichen Fähigkeiten, welche über diese Fachsprache hinausgingen. Insbesondere würden dort keine fachfremden Fremdwörter benutzt und schwierige Satzkompositionen vermieden. Sollte man die begehrten Maßnahmen gleichwohl als Nachteilsausgleich einordnen, handele es sich hierbei um eine Überkompensation der Behinderung des Klägers.
In der mündlichen Verhandlung am 19.11.2019 wurden der Kläger und die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Frau K., informatorisch angehört. Insoweit wird auf die Verhandlungsniederschrift verwiesen.
Mit Beschluss vom 19.11.2019 wurde das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem Az.: 8 K 4553/19.GI fortgeführt, als der Kläger beantragt hat, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 (und des Abänderungsbescheides vom 06.11.2019) zu verpflichten, dem Kläger bei den Prüfungen im Rahmen der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Verkäufer über den in dem Bescheid festgesetzten Nachteilsausgleich hinaus einen Nachteilsausgleich dahingehend zu gewähren, dass der Kläger in den Prüfungen eine Zeitverlängerung von 50 % erhält.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des hiesigen Verfahrens sowie des Eilverfahrens 8 L 285/18.GI, des vorgelegten Verwaltungsvorgangs der Beklagten (ein Ordner, Bl. 1 bis 311) sowie auf die Protokolle des Erörterungstermins vom 23.10.2019 und der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2019 Bezug genommen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
I. Soweit der Kläger einen Nachteilsausgleich dahingehend begehrt, dass er in seinen Prüfungen eine persönliche Assistenz erhält, die die Aufgabe hat, Prüfungsfragen in die "Einfache Sprache" zu übertragen, bestehen bereits Bedenken an der Zulässigkeit der Klage.
Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO soll die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Ein Antrag hat nicht nur aus sich selbst heraus verständlich zu sein, sondern muss auch Art und Umfang des Rechtsschutzzieles erkennen lassen. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt, der Rahmen der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis abgesteckt und dem Prozessgegner eine präzise Verteidigung ermöglicht. Schließlich soll aus einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung eine Zwangsvollstreckung möglich sein, die das gerichtliche Vollstreckungsverfahren nicht unter Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens mit Sachfragen überfrachtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.09.2019 - 6 VR 2/19 -, Rn. 18 m.w.N.). Dies aber wäre im Fall einer dem Klageantrag des Klägers folgenden stattgebenden Entscheidung zu befürchten.
Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass für die "Einfache Sprache" - anders als bei der sog. "Leichten Sprache" - kein Regelwerk existiert. Dieser Befund wird in der Fachliteratur bestätigt (vgl. etwa Kellermann, Leichte und Einfache Sprache - Versuch einer Definition, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 9-11/2014, S. 7; Baumert, Leichte Sprache - Einfache Sprache, 2016, S. 94). Zwar mag es zutreffen, dass allen Definitionsversuchen gemein ist, dass wesentliches Element der "Einfachen Sprache" die Reduzierung der Komplexität der ("normalen") Sprache ist. Die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Frau K., führte in der mündlichen Verhandlung insoweit aus, dass beispielsweise kurze Sätze sowie möglichst keine Kommasätze gebildet werden sollen und es manchmal auch erforderlich sei, Synonyme zu suchen. Diese Ausführungen bestätigen jedoch nur, dass es zu den Einzelheiten der "Einfachen Sprache" keine verbindlichen Regeln gibt. Dieser Umstand aber ließe befürchten, dass im Fall einer stattgebenden Entscheidung zwischen den Beteiligten nicht hinreichend klar wäre, welche Übersetzungsleistungen der persönlichen Assistenz zulässig wären und welche nicht. Es läge auf der Hand, dass es während eines Vollstreckungsverfahrens zu erheblichen Unsicherheiten - und damit verbunden auch Differenzen - zwischen den Beteiligten kommen könnte. Diese könnten sich schließlich im Rahmen eines hypothetischen Prüfungsanfechtungsverfahrens fortsetzen.
II. Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 und des Änderungsbescheides vom 06.11.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte darauf, dass ihm bei seinen noch ausstehenden Abschlussprüfungen im Ausbildungsberuf Verkäufer über den von der Beklagten bereits gewährten Nachteilsausgleich hinaus ein Nachteilsausgleich dahingehend gewährt wird, dass er eine persönliche Assistenz erhält, die die Aufgabe hat, Prüfungsfragen in sogenannte einfache Sprache zu übertragen und ihm Unterstützung bei der Formulierung seiner Antworten auf diese Fragen zu geben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 16 der Prüfungsordnung der Industrie- und Handelskammer C. für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen vom 22.08.2007, zuletzt geändert am 20.11.2013 (nachfolgend: PrüfO). Diese Vorschrift, die auf § 65 Abs. 1 i.V.m. § 47 BBiG beruht bzw. umsetzt, sieht vor, dass bei der Prüfung die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden sollen (Satz 1). Dies gilt insbesondere für die Dauer der Prüfung, die Zulassung von Hilfsmitteln und die Inanspruchnahme Dritter wie Gebärdensprachdolmetscher für hörbehinderte Menschen (Satz 2). § 64 BBiG verweist hinsichtlich des Begriffs "behinderte Menschen" auf § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Nach dieser Vorschrift sind Menschen behindert, wenn sie körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.
Die vorgenannten Normen setzen letztlich das verfassungsrechtliche Gebot auf Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG um und erfahren durch diese Grundrechtsnormen Inhalt und Grenzen (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 25.07.2019 - 4 B 1320/19 SN -, juris, Rn. 19 in Bezug auf § 15 Abs. 4 JAPO M-V). Das Gebot der Chancengleichheit soll sicherstellen, dass alle Prüflinge möglichst gleiche Chancen haben, die Leistungsanforderungen zu erfüllen. Zu diesem Zweck sollen die Bedingungen, unter denen die Prüfung abgelegt wird, für alle Prüflinge möglichst gleich sein. Es müssen grundsätzlich einheitliche Regeln für Form und Verlauf der Prüfungen gelten; die tatsächlichen Verhältnisse während der Prüfung müssen gleichartig sein. Allerdings sind einheitliche Prüfungsbedingungen geeignet, die Chancengleichheit derjenigen Prüflinge zu verletzen, deren Fähigkeit, ihr vorhandenes Leistungsvermögen darzustellen, erheblich beeinträchtigt ist. Daher steht diesen Prüflingen ein Anspruch auf Änderung der einheitlichen Prüfungsbedingungen im jeweiligen Einzelfall unmittelbar aufgrund des Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG zu. Den Schwierigkeiten des Prüflings, seine vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Geltung der einheitlichen Bedingungen darzustellen, muss durch geeignete Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Dieser Nachteilsausgleich ist erforderlich, um chancengleiche äußere Bedingungen für die Erfüllung der Leistungsanforderungen herzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.2015 - 6 C 33.14 -, juris, Rn. 15 f.).
Bezüglich der Prüfungsbehinderung ist zwischen akuten - gegebenenfalls zum Rücktritt von der Prüfung berechtigenden - Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes, die vorübergehen und somit den Urzustand der vorhandenen Befähigung des Prüflings nicht in Frage stellen, und den sogenannten Dauerleiden zu unterscheiden. Unter einem Dauerleiden versteht man eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes, die die Einschränkung der Leistungsfähigkeit trotz ärztlicher Hilfe bzw. des Einsatzes medizinisch-technischer Hilfsmittel prognostisch nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft oder doch auf unbestimmte Zeit ohne sichere Heilungschance bedingt. Erfasst werden auch Erkrankungen, die schubweise auftreten und in deren Verlauf es zu Phasen höherer und niedrigerer Leistungsfähigkeit kommt (vgl. Jeremias, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 258 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs für eine bestimmte Prüfung oder für einen abtrennbaren Prüfungsteil wegen eines Dauerleidens scheidet jedoch aus, wenn dieses inhaltlich prüfungsrelevant ist. Dies ist der Fall, wenn das Dauerleiden eine in der Person des Prüflings auf unbestimmte Zeit begründete generelle Einschränkung seiner durch die Prüfung festzustellenden Leistungsfähigkeit darstellt. Denn durch die Mitberücksichtigung eines Dauerleidens wird der Aussagewert des Ergebnisses der Leistungskontrolle nicht verfälscht, sondern der Sache nach bekräftigt, weil das Dauerleiden als generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit das normale und reguläre Leistungsbild des Prüflings bestimmt. Die dauerhafte krankheitsbedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit ist Mitbestandteil des durch die Prüfung zu belegenden Leistungsbildes. Wenn sich eine persönlichkeitsbedingte generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Ergebnis der Prüfung widerspiegelt, wird dessen Aussagewert grundsätzlich gerade nicht beeinträchtigt. Deshalb gebietet und rechtfertigt einerseits der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit die Rücksichtnahme auf persönliche Belastungen des Prüflings - etwa in Form eines Nachteilausgleichs - nicht, wenn der Prüfling (auch) erweisen soll, dass er mit solchen Schwierigkeiten fertig wird und mithin die Grundvoraussetzungen der durch die Prüfung zu ermittelnden Eignung für einen bestimmten Beruf oder eine bestimmte Ausbildung besitzt. Vielmehr würde eine derartige Rücksichtnahme dazu führen, durch Prüfungsvergünstigungen Leistungsschwächen auszugleichen, die für Art und Umfang der Eignung und Befähigung, die mit dem Leistungsnachweis gerade festgestellt werden sollen, von wesentlicher Bedeutung sind. Die Prüfungsanforderungen, die eine bestimmte Leistung (etwa im Rahmen eines vorgegebenen Zeitbudgets) mit dem Ziel abfordern, Aufschluss über Eignung und Befähigung des Prüfkandidaten zu erlangen, dürfen aber gerade nicht an seine Leistungsfähigkeit angepasst werden; anderenfalls würde die Prüfung ihren Zweck von vornherein verfehlen. Vor diesem Hintergrund ist in einem derartigen Fall auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu erblicken, der es verbietet, jemanden wegen seiner Behinderung zu benachteiligen. Denn fehlen einer Person aufgrund ihrer Behinderung bestimmte Fähigkeiten, die notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung eines Rechts sind, verstößt die Verweigerung dieses Rechts nicht gegen das Benachteiligungsverbot; die Anlegung gleicher Bewertungsmaßstäbe bei behinderten und nichtbehinderten Prüflingen ist vielmehr ein Gebot der Chancengleichheit (vgl. Jeremias, in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 258 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs scheidet mithin aus, wenn die Einschränkungen, denen der Kläger aufgrund des Dauerleidens unterworfen ist, in den Kernbereich dessen führen, was mit der jeweiligen Prüfung festgestellt werden soll (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 25.07.2019 - 4 B 1320/19 SN -, juris, Rn. 19; VG Ansbach, Beschluss vom 26.04.2013 - AN 2 E 13.00754 -, juris, Rn. 20).
Handelt es sich dagegen um Behinderungen, die nicht die aktuell geprüften Befähigungen betreffen, sondern nur den Nachweis der vorhandenen Befähigung erschweren, und die in der Prüfung sowie - und das ist das Entscheidende - in dem angestrebten Beruf durch Hilfsmittel ausgeglichen werden können, ist dies in der Prüfung in der Regel in Form eines Nachteilsausgleichs angemessen zu berücksichtigen. Die Einräumung besonderer Prüfungsbedingungen im Wege des Nachteilsausgleichs muss ihrerseits jedoch im Verhältnis zu den anderen Prüflingen die Chancengleichheit wahren. Sie darf daher weder zu einer Überkompensation, also einer Übervorteilung des betreffenden Prüflings führen, noch darf mit ihr eine Modifizierung der Prüfungsinhalte einhergehen (vgl. Jeremias, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 259 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Hieran gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung des von ihm begehrten Nachteilsausgleichs.
1. Es spricht bereits einiges dafür, dass die Beeinträchtigungen, an denen der Kläger leidet, inhaltlich prüfungsrelevant sind, da sie eine Einschränkung seiner gerade durch die einzelnen Prüfungen im Rahmen der Abschlussprüfung in der Berufsausbildung zum Verkäufer und zur Verkäuferin festzustellenden Leistungsfähigkeit betreffen.
a) Der Kläger leidet ausweislich der von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nach einer im Jahr 2009 stattgefundenen intrazerebralen Blutung unter Dysphasie und Aphasie, einer Hemianopsie nach rechts sowie Aufmerksamkeits-, Gedächtnis und Konzentrationsstörungen. Laut logopädischem Befundbericht von Frau J., Logopädin, Frankfurt am Main, vom 15.12.2018 bestehe beim Kläger nach Durchführung des Aachener Aphasie-Tests eine leichte nicht-klassifizierbare Aphasie. Hinsichtlich Spontansprache und Kommunikationsverhalten lägen einige sprachliche Beeinträchtigungen vor. Die Fragen der Interviewerin würden nicht immer sicher verstanden. Der Kläger bitte teilweise um eine Reformulierung gestellter Fragen bzw. um Worterklärungen. Antworten fielen eher knapp und unpräzise aus. Der Kläger antworte überwiegend in kurzen Sätzen oder elliptisch, so dass zur Klärung ein kooperatives Gesprächsverhalten seitens der Untersucherin nötig sei. Es ließen sich wenige semantische Paraphasien beobachten und es lägen starke Wortfindungsstörungen vor. Die schriftsprachlichen Leistungen seien leicht beeinträchtigt. Das Zusammensetzen von Schriftkärtchen (Grapheme/Wörter) und das Schreiben nach Diktat seien leicht gestört. Die Leistungen beim Benennen von Objekten seien leicht gestört; deutliche Schwierigkeiten zeigten sich jedoch beim beschreibenden Benennen von Situationen und Handlungen. Das auditive und das Lesesinnverständnis seien gleich stark betroffen. Es gebe keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Leistungen im Wort- und Satzverständnis. Beim auditiven Sprachverständnis würden einige Wiederholungen angefordert. Die Bearbeitungszeit beim Lesesinnverständnis sei verlängert. Im Rahmen eines Untertestes "Narrative Textrezeption", bei dem der Kläger Fragen zu einem narrativen Text habe beantworten müssen, habe sich gezeigt, dass die Bearbeitung der Fragen unauffällig, die Lesezeit jedoch ungewöhnlich lang gewesen sei. Die Bearbeitungszeit der Fragen habe im Normbereich gelegen. Insgesamt sei festzustellen, dass der Kläger starke sprachliche Probleme mit der Aufgabenstellung habe. Dies wirke sich dahingehend aus, dass die Lesezeiten stark verlängert gewesen seien. Der Kläger habe bei den multiple-choice-Fragen die Aufgabenstellung und die Lösungsvorschläge mehrfach vorgelesen bekommen müssen. Es hätten Schwierigkeiten beim Verstehen des durchgehend komplexen Satzbaus bestanden und Fachbegriffe sowie Abkürzungen seien schlecht verstanden worden. Gleichzeitig sei die Auswahl der richtigen Lösung schwer gefallen, da Probleme bei der Aufrechterhaltung der Inhalte im Gedächtnis bestanden hätten. Um die Aufgabe bearbeiten zu können, seien unter anderem langwierige Erklärungen zu Wortbedeutungen und syntaktischen Bezügen notwendig gewesen.
b) Die genannten Beeinträchtigungen, unter denen der Kläger leidet, greifen in den Kernbereich dessen ein, was mit den einzelnen Prüfungen im Rahmen der Abschlussprüfung in der Berufsausbildung zum Verkäufer und zur Verkäuferin festgestellt werden soll.
Gemäß § 11 Abs. 1 der Verordnung über die Berufsausbildungen zum Verkäufer und zur Verkäuferin sowie zum Kaufmann im Einzelhandel und zur Kauffrau im Einzelhandel (nachfolgend: VerkEHKflAusbV) ist durch die Abschlussprüfung festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat. Die Abschlussprüfung erstreckt sich nach § 12 VerkEHKflAusbV auf die im Ausbildungsrahmenplan (Anlage 1) genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie den im Berufsschulunterricht zu vermittelnden Lehrstoff, soweit er den im Ausbildungsrahmenplan genannten Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht.
Ausweislich des Ausbildungsrahmenplans soll den Auszubildenden beispielsweise vermittelt werden, Kunden über das betriebliche Warensortiment Orientierung zu geben, sie über Eigenschaften und Möglichkeiten der Verwendung von Waren aus dem Warenbereich, in dem ausgebildet wird, unter Berücksichtigung von Aspekten der Nachhaltigkeit sowie sie über das Dienstleistungsangebot des Betriebes zu informieren (vgl. Anlage 1 zur VerkEHKflAusbV, Abschnitt A, Nr. 1). Weiterhin soll etwa vermittelt werden, Kunden über Werbeaktionen zu informieren, auf Kunden mit Vorrang vor anderen Arbeiten freundlich und hilfsbereit einzugehen, verbale und nonverbale Kommunikationsformen einzusetzen und auf Kundenverhalten situationsgerecht zu reagieren, die Wünsche von Kunden in Informations-, Beratungs- und Verkaufsgesprächen unter Einsatz von Frage- und Gesprächsführungstechnik zu ermitteln, Angebote zu unterbreiten und auf Kundeneinwände und Kundenargumente verkaufsfördernd zu reagieren und in Kundengesprächen Kenntnisse über Waren anzuwenden (vgl. Anlage 1 zur VerkEHKflAusbV, Abschnitt A, Nr. 2 und 6).
Hieraus wird deutlich, dass eine Vielzahl der im Ausbildungsrahmenplan genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sich auf sprachliche Aktivitäten beziehen und diese mithin zum Kernbereich dessen zählen, was durch die einzelnen Prüfungen der Abschlussprüfung festgestellt werden soll. Die sprachlichen Einschränkungen, unter denen der Kläger leidet, betreffen mithin diesen Kernbereich und sind damit ebenso inhaltlich prüfungsrelevant und das Leistungsbild des Klägers prägend wie dessen kognitiven Beeinträchtigungen in Form von Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausbildung zum Verkäufer und zur Verkäuferin um eine Ausbildung handelt, die für die Ausübung eines ganz bestimmten Berufes qualifizieren und - wie bereits dargelegt - die Abschlussprüfung gerade die berufliche Handlungsfähigkeit des Auszubildenden feststellen soll (vgl. § 11 Abs. 1 VerkEHKflAusbV). Demgemäß ist in den Blick zu nehmen, dass die Beeinträchtigungen des Klägers in seinem Berufsalltag nur schwerlich auszugleichen sein dürften. Denn in der Praxis prägt das Berufsbild des Verkäufers vor allem die sprachliche Interaktion mit anderen Menschen, insbesondere mit Kunden, aber auch mit Mitarbeitern oder sonstigen Dritten (z.B. Lieferanten). Der Kläger führte in der mündliche Verhandlung auch entsprechend aus, dass etwa die Beratung von Kunden für ihn schwierig sei und er teilweise darauf angewiesen sei, dass sein Chef da sei, um ihm zu helfen. Auch auf die Frage, ob er beispielsweise in einem Warenhaus - in dem der Beratungsbedarf von Kunden deutlich höher als an einer Tankstelle sein dürfte - arbeiten könne, antwortete der Kläger zunächst, er traue sich dies nicht zu. Später führte er aus, er wolle dies ohnehin nicht.
2. Ungeachtet der inhaltlichen Prüfungsrelevanz der Beeinträchtigungen des Klägers ist die von ihm begehrte Form des Nachteilsausgleichs an sich rechtlich nicht zulässig. Durch den Nachteilsausgleich in Form der von ihm geforderten persönlichen Assistenz wäre der wahre Leistungsstand des Klägers im Vergleich zu seinen Mitprüflingen nicht mehr ermittelbar.
a) Soweit der Kläger begehrt, dass er eine persönliche Assistenz erhält, die ihm Prüfungsfragen in die sogenannte "Einfache Sprache" überträgt, würde eine derartige Vereinfachung oder Umgestaltung der Frage- bzw. Aufgabenstellung im Hinblick auf eine geringere Komplexität in den Kernbereich der Prüfung eingreifen. Ein Prüfer muss berechtigt sein, die Frage bzw. Aufgabe in der Komplexität zu stellen, wie er dies für eine sachgerechte Überprüfung des Leistungsbildes des Prüflings für erforderlich hält. Nur dann kann er die Antwort auf eine bestimmte Frage - gerade auch im Vergleich zu den Mitprüflingen des Klägers - ordnungsgemäß beurteilen und bewerten. Dies aber wäre nicht der Fall, wenn die persönliche Assistenz die Fragen bzw. Aufgabenstellungen in die "Einfache Sprache" übertragen würde. Offensichtlich wird dies insbesondere bei der vom Prüfer verwendeten Fachsprache, die nach der "Einfachen Sprache" wohl durch Erklärungen vereinfacht und verständlich gemacht werden müsste. Gerade aber auch das Verständnis von Fachsprache kennzeichnet das Leistungsbild eines Prüflings. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob durch die Verwendung der "Einfachen Sprache" auch der Inhalt der Frage bzw. der Aufgabenstellung verändert wird. Denn durch die Übertragung in die "Einfache Sprache" handelt es sich gerade nicht mehr um die ursprüngliche Frage bzw. Aufgabe des Prüfers, so dass deren Beantwortung durch den Kläger nicht mehr einer sachgerechten Beurteilung bzw. Bewertung zugänglich ist. Ohnehin ließe es sich in der Praxis kaum vermeiden, dass durch die Verwendung der "Einfachen Sprache" gerade auch der Inhalt der Frage bzw. Aufgabenstellung verändert wird. Zwar hält die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen die Gefahr einer Inhaltsveränderung beim Transformieren in die "Einfache Sprache" für eher gering. Dieser Einschätzung vermag sich die Kammer jedoch nicht anzuschließen. Soweit die Landesbeauftragte unter "Einfacher Sprache" versteht, dass hierbei komplizierte oder lange Sätze verkürzt, Synonyme verwendet und möglichst keine Kommasätze gebildet werden sollen, liegt es auf der Hand, dass mit diesen Veränderungen - zumindest in geringem Umfange - zugleich Veränderungen des Inhalts einhergehen.
Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten des Klägers ist das Übertragen in die "Einfache Sprache" auch nicht mit dem Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers - ungeachtet dessen, ob dessen Verwendung im vorliegenden Fall überhaupt ein zulässiger Nachteilsausgleich darstellen würde - vergleichbar. Ein Gebärdensprachdolmetscher überträgt die gesprochene Sprache in eine andere Sprache, nämlich die deutsche Gebärdensprache. Dies ist strukturell das gleiche wie das Dolmetschen in eine andere gesprochene Sprache, etwa Englisch oder Französisch (was aber - da die Prüfungssprache Deutsch ist, vgl. § 14 Abs. 4 PrüfO - ohnehin nicht zulässig wäre). Bei der "Einfachen Sprache" handelt es sich jedoch gerade nicht um eine eigene Sprache, sondern letztlich um die deutsche Sprache, deren Komplexität durch verschiedene Modifikationen reduziert wird.
b) Soweit der Kläger darüber hinaus begehrt, dass die persönliche Assistenz auch Unterstützung bei der Formulierung seiner Antworten auf Prüfungsfragen gibt, handelt es sich hierbei ebenfalls nicht um einen zulässigen Nachteilsausgleich, da auch hierdurch der wahre Leistungsstand des Klägers nicht ermittelt werden kann.
Die persönliche Assistenz kann sich - auch wenn sie mit den sprachlichen Besonderheiten des Klägers vertraut ist - nie ganz sicher sein, ob das, was der Kläger äußert, auch das ist, was der Kläger meint. Daraus folgt zugleich, dass sich die persönliche Assistenz nie ganz sicher sein, ob sie den Kläger lediglich sprachlich unterstützt oder in seine Äußerungen bereits etwas hineininterpretiert, was dieser inhaltlich gar nicht äußern wollte. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Unsicherheiten auch in der Person des jeweiligen Prüfers fortsetzen würden. Dann aber lässt sich der wahre Leistungsstand des Klägers nicht ermitteln.
Im Übrigen fällt auf, dass laut eines Berichts von Frau G. vom Beratungs- und Förderzentrum der O-Schule in A-Stadt vom 28.05.2015, in dem sie die Gewährung eines Nachteilsausgleich in Form der persönlichen Assistenz empfiehlt, dem Kläger im Unterricht, bei Klassenarbeiten und in Hauptschulabschlussprüfungen ein Nachteilsausgleich dahingehend gewährt worden sei, dass ihm schriftliche Aufgabenstellungen verbal vorgetragen und für ihn schwierige Wörter durch ihm verständliche ersetzt worden seien. Bei der Beantwortung von Aufgaben und bei der Reproduktion benötige er jedoch keine Unterstützung. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen und dem Umstand, dass seit den Hauptschulabschlussprüfungen mittlerweile sechs Jahre vergangen sind, bleibt unklar, warum der Kläger bei seinen aktuellen Prüfungen Unterstützung bei der Beantwortung von Fragen benötigt, zumal er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass - obwohl zuletzt eine Stagnation eingetreten sei - seine Erkrankung im Laufe der Zeit sich gebessert habe.
3. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers darauf verweist, dass aus fast allen vorgelegten fachlichen Stellungnahmen, insbesondere dem Gutachten von Herrn Prof. Dr. I., hervorgehe, dass der Kläger für das Absolvieren der Prüfungen eine persönliche Assistenz benötige, mag dieser Befund zutreffen. Hieraus folgt aber nicht zugleich, dass eine persönliche Assistenz auch rechtlich zulässig wäre. Dies ist - wie zuvor ausführlich dargelegt - vorliegend gerade nicht der Fall.
4. Ohne Erfolg beruft sich der Bevollmächtigte des Klägers auch darauf, dass es mittlerweile in vielen Lebensbereichen anerkannte Assistenzleistungen gebe, um behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen. Dies mag zwar ebenso zutreffen, wie der Umstand, dass der Kläger bereits bei der Ablegung des Hauptschulabschlusses einen Nachteilsausgleich in Form der persönlichen Assistenz erhalten hat. Hilfestellungen bei abzulegenden Prüfungen sind jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig. Diese Voraussetzungen sind - wie dargelegt - vorliegend jedoch nicht gegeben. Hieran ändert auch der (angebliche) Umstand nichts, dass andere Industrie- und Handelskammern aphasischen Auszubildenden Assistenz in Prüfungen gewähren.
5. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus dem Bundesteilhabegesetz, da es sich hierbei um ein Artikelgesetz handelt, das keine konkreten Anspruchsgrundlagen enthält. Gleiches gilt für Art. 24 bzw. Art. 27 der UN-Behindertenrechtskonvention, wonach die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung bzw. Arbeit anerkennen. Die Bestimmungen dieser Vorschriften erfüllen bereits nicht die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendbarkeit, da es ihnen an der hierfür erforderlichen Bestimmtheit fehlt. Es handelt sich in weiten Teilen um Programmsätze, wobei die Art und Weise sowie die Geschwindigkeit der Realisierung den Vertragsstaaten überlassen bleiben (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 12.11.2009 - 7 B 2763/09 -, juris, Rn. 27 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 04.04.2019 - 11 K 1830/18 -, juris, Rn. 61 f.). Schließlich greift auch der Verweis auf die Broschüre "Nachteilsausgleich für behinderte Auszubildende - Handbuch für die Ausbildungs- und Prüfungspraxis" des Bundesinstituts für Berufsbildung nicht durch. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Empfehlung ohne jede rechtliche Verbindlichkeit.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, § 52 Abs. 1 GKG. Nach Ziffer 36.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen (abgedruckt in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anhang zu § 164 Rn. 14), wird in prüfungsrechtlichen Verfahren hinsichtlich der sonstigen berufseröffnenden Prüfungen der Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Verdienstes, mindestens jedoch 15.000 Euro empfohlen. Da nach § 52 Abs. 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen ist, hält es die Kammer für sachgerecht, den Streitwert entsprechend zu reduzieren. Denn die vorliegende Streitigkeit betrifft nicht die berufseröffnende Prüfung selbst, sondern (nur) die Gewährung eines Nachteilsausgleichs im Rahmen der Einzelprüfungen. Unter weiterer Berücksichtigung des konkret geforderten Nachteilsausgleichs in Form einer persönlichen Assistenz war der Streitwert somit auf 7.500 Euro festzusetzen.
Die vorläufige Festsetzung des Streitwerts wird damit gegenstandslos.