VG Wiesbaden, Urteil vom 19.08.2019 - 6 K 5918/17.WI
Fundstelle
openJur 2020, 44607
  • Rkr:

Das Interesse des Hessischen Landtags, erfahrenes und hochqualifiziertes Personal als Abgeordnete zu gewinnen und zu halten, stellt ein hinreichendes sachliches Kriterium für eine "Ungleichbehandlung" von ehemaligen Abgeordneten hinsichtlich der Berechnung ihrer Altersentschädigung dar, wenn diese erst nach dem Ausscheiden aus dem Landtag ein höher dotiertes Amt außerhalb des Bundeslandes bekleidet haben.

Eine Regelung, hier § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG, die eine Berechnung der Altersentschädigung eines ehemaligen Landtagsabgeordneten aus einem Amt mit höheren ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen nur für den Fall bestimmt, dass das höhere Amt vor Eintritt oder vor Wiedereintritt in den Landtag innegehabt wurde, ist verfassungsgemäß. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Der Gesetzgeber ist unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gehindert, Sachverhalte für die Zukunft neu zu regeln. Lediglich unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sind ihm hierbei Grenzen gesetzt.

Ein besonderer Härtefall, der unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes zwingend durch Schaffung einer Übergangsregelung zu berücksichtigen wäre, liegt regelmäßig nicht vor, wenn der Betroffene durch sein eigenes Verhalten Einfluss darauf nehmen kann, ob später ein "Härtefall" überhaupt eintritt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Neubescheidung seiner Altersentschädigung nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz.

Der 19XX geborene Kläger war von 1983 bis 2005 Mitglied des Hessischen Landtags. Von 2005 bis 2017 war er Mitglied des Deutschen Bundestags, von 2005 bis 2009 Bundesminister der Verteidigung und im Oktober und November 2009 Bundesminister für Arbeit und Soziales.

Mit Bescheid des Beklagten vom 24.10.2017 wurde die Altersentschädigung des Klägers nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz (HessAbgG) auf monatlich 950,52 Euro festgesetzt. Aufgrund seiner langjährigen Mitgliedschaft im Hessischen Landtag hat der Kläger ausweislich des Bescheides gemäß § 11 HessAbgG einen Anspruch auf den Höchstsatz von 71,75 % der Grundentschädigung für Hessische Landtagsabgeordnete, vgl. § 5 Abs. 1 HessAbgG. Dieser Höchstsatz betrug bei Ausfertigung des Bescheides 5.560,63 Euro. Auf diesen Betrag wurden Rentenansprüche in Höhe von 519,70 Euro sowie weitere 4.090,41 Euro angerechnet. Den letztgenannten Betrag erhält der Kläger monatlich als Ruhegehalt für seine Tätigkeit als Bundesminister.

Mit weiteren Bescheiden, zuletzt mit Bescheid vom 25.02.2019, wurde der dem Kläger monatlich auszuzahlende Betrag aufgrund von Anpassungen der Grundentschädigung nach dem HessAbgG sowie Änderungen der übrigen Bezüge des Klägers mehrfach angepasst.

Der Fall des Zusammentreffens mehrerer Versorgungsansprüche ist in § 21 HessAbgG geregelt. Bei Ausscheiden des Klägers aus Hessischen Landtag im Jahr 2005 hatte § 21 Abs. 1 Satz 1 HessAbgG noch den Wortlaut: "Treffen Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz mit Versorgungsansprüchen aus einer Mitgliedschaft im Europäischen Parlament oder einer Verwendung im öffentlichen Dienst oder mit Rentenansprüchen zusammen, so ruhen die Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 71,75 vom Hundert der Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1 übersteigen."

§ 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG lautete: "Sind jedoch die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge höher als die Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1, so ruhen die Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 71,75 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigen."

Am 05.07.2007 verabschiedete der Hessische Landtag das Neunte Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes (GVBl. I S. 352), welches am 05.04.2008 in Kraft trat.

Hintergrund der Gesetzesänderung war ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 11.12.2006, Az.: 9 E 159/06 (3). Gegenstand dieses Verfahrens waren die Altersversorgungsansprüche eines ehemaligen Hessischen Landtagsabgeordneten, der später Präsident der Deutschen Bundesbank geworden war. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte entschieden, dass § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG a. F. verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass er nur solche Fälle erfasse, in denen die Mandatszeit der maßgeblichen Amtszeit mit höheren ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen nachfolge, nicht aber solche, in denen erst nach dem Ausscheiden aus dem Hessischen Landtag höhere ruhegehaltsfähige Dienstbezüge erzielt würden.

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens fand am 20.06.2007 in der 60. Sitzung des Ältestenrates eine öffentliche Anhörung zu zwei Gesetzentwürfen zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes statt. Im Rahmen seiner Anhörung trug der Regierungsdirektor a. D. und vormalige Landtagsabgeordnete X. Y. vor, der § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG solle nur deklaratorisch geändert werden und die durch das Verwaltungsgericht Frankfurt vorgenommene Auslegung des Hessischen Abgeordnetengesetzes in das Gesetz übernehmen. Bei Verabschiedung der vormals gültigen alten Fassung des Hessischen Abgeordnetengesetzes 1989 sei es bereits der Wille des Gesetzgebers gewesen, den Fall zu berücksichtigen, dass jemand aus einer höher dotierten Tätigkeit in das Parlament eintrete. Habe jemand in seinem Berufsleben schon einen höheren Versorgungsanspruch erworben, als er ihn jemals im Landtag erwerben könne, so sei für diesen Fall hinsichtlich der Altersentschädigung eine Ausnahme zugelassen worden. Nämlich dass dann die Altersversorgung nicht aus der Grundentschädigung für Abgeordnete, sondern aus dem Betrag berechnet werden sollte, den derjenige bekommen hätte, wenn er in seinem Beruf in seiner alten Stellung verblieben wäre. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt habe diese Auslegung ja auch bestätigt. Es sei nicht in gesetzgeberische Intention gewesen, den Fall zu schützen, dass jemand aus dem Parlament ausscheide, in eine höhere Position des öffentlichen Bereichs eintrete und dann anschließend mit seinen Bezügen aus dem Hessischen Landtag auf eine höhere Gesamtversorgung gebracht werde. Dies habe das Verwaltungsgericht Frankfurt ausgeschlossen. Das neue Gesetz solle dies im Rahmen einer deklaratorischen Änderung des § 21 Abs. 1 S. 2 HessAbgG klarstellen. Im Übrigen wird auf den Bericht über die Sitzung des Ältestenrates (ÄR/16/60 - 20.06.2007) und das Protokoll über die 138. Plenarsitzung Bezug verwiesen, in welcher auf den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD (LT-Drs. 16/7083) und auf die o. g. Sitzung des Ältestenrates Bezug genommen und das Änderungsgesetz verabschiedet wurde.

Durch das Änderungsgesetz erhielt § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG folgende Fassung:

"Sind jedoch die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des vor Eintritt oder Wiedereintritt zuletzt innegehabten Amtes in den Landtag höher als die Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1, so ruhen die Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 71,75 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigen."

Das o. g. Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt wurde nach erfolgter Gesetzesänderung durch die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 24.06.2008, Az.: 1 UE 319/07, aufgehoben. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichtshofes war die verfassungskonforme restriktive Auslegung, die das Verwaltungsgericht Frankfurt vorgenommen hatte, nicht geboten. Einer solchen Auslegung habe auch bereits der eindeutige Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG a. F. entgegengestanden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17.11.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Wiesbaden am 21.11.2017, Klage erhoben.

Er trägt im Wesentlichen vor, der Bescheid des Beklagten vom 24.10.2017 sei rechtswidrig, da er auf einer verfassungswidrigen Norm beruhe. Die Gesetzesänderung im Jahr 2008 führe dazu, dass zwar ein höheres Amt vor Eintritt in den Landtag zu höheren Altersansprüchen führe. Werde allerdings das höhere Amt nach dem Ausscheiden aus dem Landtag übernommen, dann erfolge die Berechnung aus dem höheren Amt nicht. Dies stelle eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar und widerspreche somit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Land Hessen sei verpflichtet, die höheren Amtsinhaber vor Eintritt in den Landtag sowie nach dem Ausscheiden aus dem Landtag, gleich zu behandeln. Daher sei § 21 HessAbgG in seiner alten Fassung anzuwenden. Dies auch deshalb, weil der Kläger bereits 2005 aus dem Hessischen Landtag ausgeschieden sei und die Rechtsänderung im Jahr 2008 für ihn unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keine Gültigkeit habe. Nicht nachvollziehbar und rechtswidrig sei, dass durch die Regelung § 21 Abs. 2 HessAbgG eine Tätigkeit als Landesminister positive Folgen für die Höhe der Altersentschädigung habe, nicht aber eine Tätigkeit als Bundesminister.

Zudem seien auch die Übergangsregelungen der § 38a und § 38b HessAbgG extensiv so auszulegen, dass der Kläger von ihnen erfasst werde; andernfalls seien sie verfassungswidrig. Der § 38a HessAbgG müsse auch für den Kläger Anwendung finden. Dieser könne zur Anwendung der ehemals gültigen Fassung des § 21 HessAbgG führen, sodass die Berechnung der Altersentschädigung aus dem höheren Amt erfolgen würde. Es sei völlig willkürlich, dass die Vorschrift auf ein Ausscheiden aus dem Hessischen Landtag bis Ende der 15. Wahlperiode abstelle, den Kläger, der während der 16. Wahlperiode, aber vor Änderung der Rechtslage ausgeschieden sei, dagegen nicht erfasse. Auch komme eine Anwendung des § 38b Abs. 2 HessAbgG in Betracht. Dieser solle nach der Gesetzesbegründung Härtefälle vermeiden. Ein eben solcher liege hier vor. Der Bescheid des Beklagten sei daher aufzuheben und der Altersversorgungsanspruch auf Basis der Rechtslage im Jahr 2005 neu zu bescheiden.

Mit der Klagebegründung legt der Kläger ein Gutachten des Richters am Bundesverwaltungsgericht a. D. E. G. vom 18.09.2014, erstellt im Auftrag des Direktors des Hessischen Landtags, vor, dessen Inhalt sich der Kläger zu eigen macht. Das Gutachten kommt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass tragfähige Gründe für die durch § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG geschaffene Zweiteilung zwischen vor und nach der Mandatszeit erworbenen ruhegehaltfähigen Dienstbezügen fehlten, sodass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vorliege. Nur auf den ersten Blick einleuchtend sei die Begründung, mit der Regelung sollten besondere Anreize für qualifizierte Politiker geschaffen werden, sich um ein Landtagsmandat zu bemühen und möglichst dort auch zu bleiben. Gegen die Anreiz-Relevanz spreche nämlich, dass schon nach altem Recht solche "mitgebrachten" höheren ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge Berücksichtigung hätten finden können, sodass ein neuer Anreizeffekt gar nicht habe geschaffen werden können. Insoweit liege eine objektive Zweckverfehlung der neuen Vorschrift vor. Der Gesetzgeber sei bei der Gesetzesänderung einem Rechtsirrtum unterlegen, da er davon ausgegangen sei, nur eine deklaratorische, nicht aber eine inhaltliche Änderung des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG vorzunehmen. Dies wäre nur dann richtig gewesen, wenn allein die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Frankfurt maßgeblich gewesen wäre. Dessen Urteil sei aber nicht rechtskräftig, sondern vielmehr im Berufungsverfahren durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden. Tatsächlich sei erst durch die Neufassung die Unterscheidung zwischen Landtagsabgeordneten, die die höheren ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge in den Landtag schon "mitbringen" und solchen, die diese erst nach ihrer Mandatszeit erwerben, vorgenommen worden. Es leuchte nicht ein, warum die Übernahme von Verantwortung in einem anderen Amt nach der Mandatszeit mit einer verschlechterten Ruhensregelung aus der Mandatszeit bestraft werden solle. Dies widerspreche dem Leistungsgedanken, der auch im Gesamtstaatsinteresse liege. Ferner werde der Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens tangiert, aus dem auch folge, dass ein Berufs- bzw. Aufgabenwechsel zwischen Bund, Land und Kommunen barrierefrei und neutral ausgestaltet sein müsse und nicht durch Versorgungssanktionen beeinträchtigt werden dürfe. Eventuell sei es aber möglich, offene Einzelfälle durch verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der vorhandenen Übergangsregelungen nach § 38a, § 38b und § 38c HessAbgG administrativ auch ohne neues Gesetzgebungsverfahren zu regeln.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 24.10.2017 bis zum Bescheid vom 25.02.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, entsprechend § 21 a. F. Hessisches Abgeordnetengesetz neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, eine extensive Auslegung der Übergangsregelungen des HessAbgG komme nicht in Betracht, da diese dafür nicht weit genug gefasst seien. Er sei aufgrund der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG an den Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG gebunden, der keine andere Auslegung als die durch ihn vorgenommene erlaube. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Abgeordneten sei er gehalten, die Vorschrift einheitlich anzuwenden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen eigenen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG wurde im vorliegende Fall korrekt angewendet (1.). Die Norm stellt auch eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide dar (2.). Auch die Übergangsregelungen des HessAbgG erweisen sich als verfassungsgemäß, führen also zu keinem anderen Ergebnis (3.).

1. Eine fehlerhafte Gesetzesanwendung ist weder vom Kläger vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere ist die Anrechnung des Ruhegehalts, welches der Kläger für seine Dienste als Bundesminister monatlich erhält, auf die Altersentschädigung vom Wortlaut des § 21 Abs. 1 HessAbgG gedeckt. Dieser normiert die Anrechnung von Versorgungsansprüchen aus "einer Verwendung im öffentlichen Dienst."

Der Begriff des öffentlichen Dienstes ist im HessAbgG nicht legaldefiniert. Es existiert auch keine allgemeingültige, abschließende und verbindliche Bestimmung und Abgrenzung des Begriffs "öffentlicher Dienst." Der Begriff "öffentlicher Dienst" wird im geltenden Recht nicht als einheitlicher Begriff gebraucht. Was unter öffentlichem Dienst im Sinne der jeweiligen gesetzlichen Regelung zu verstehen ist, erschließt sich aus der ratio der entsprechenden Gesetzesvorschriften und den Rechtszusammenhängen, in die das jeweilige Rechtsgebiet eingebettet ist, einschließlich der dazugehörigen historischen Zusammenhänge (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.1980 - 2 BvL 7/76 u.a. -, BVerfGE 55, 207, 227 f.). § 29 Abs. 9 (Bundes)AbgG i.V.m. § 53 Abs. 8 BeamtVG definiert die Verwendung im öffentlichen Dienst als die Beschäftigung im Dienst von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des deutschen öffentlichen Rechts oder ihrer Verbände; ausgenommen ist die Beschäftigung bei öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften oder ihren Verbänden.

Vom öffentlichen Dienst im engeren Sinne wird in der Literatur das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis abgegrenzt. Auch der Begriff des Amtsverhältnisses ist weder im Hessischen Abgeordnetengesetz noch anderweitig allgemeingültig definiert. Der Begriff des Amtsverhältnisses kann beschrieben werden als eine aufgrund einer Ernennung zustande gekommene öffentlich-rechtliche Rechts- und Pflichtenstellung im Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder zu einer zwischen- und überstaatlichen Einrichtung (so: Austermann für § 29 (Bundes)AbgG in Austermann/Schmahl Abgeordnetenrecht, § 29 Rn. 21).

Gemäß § 1 BMinG stehen die Mitglieder der Bundesregierung zum Bund in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, sind also nicht im öffentlichen Dienst tätig.

Jedoch bestimmt § 26 Abs. 4 Satz 1 HessAbgG, dass als Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst im Sinne dieses Gesetzes auch das Einkommen aus einer Beschäftigung im Dienst-, Arbeits- oder Amtsverhältnis bei juristischen Personen oder sonstigen Organisationen des öffentlichen Rechts gilt. Dies gilt dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschriften nach (Vermeidung von Doppelalimentationen) auch für Versorgungsansprüche bzw. Ruhegehälter aus einer solchen Beschäftigung.

Aber selbst ohne die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 26 Abs. 4 Satz 1 HessAbgG wäre die Tätigkeit des Klägers als Bundesminister als eine Verwendung im öffentlichen Dienst anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient die Forderung nach einem Abhängigkeitsverhältnis für Beschäftigte im öffentlichen Dienst allein der Abgrenzung von einer selbstständigen Tätigkeit für eine öffentliche Einrichtung, etwa als Privatunternehmer, nicht jedoch zur Abgrenzung von einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Maßgebliches Kriterium ist die Eingliederung in eine Organisationsstruktur, die auch bei demjenigen gegeben ist, der an ihrer Spitze steht und im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeiten die Organisation nach Maßgabe eigenverantwortlicher politischer Richtungsentscheidungen leitet. Deshalb werden auch in herausgehobener Stellung und Funktion tätige Mitglieder von Verfassungsorganen im öffentlichen Dienst verwendet (BVerwG, Urteil vom 28.04.2011 - 2 C 39.09 -). Die Begrifflichkeit der "Verwendung im öffentlichen Dienst" stellt im Kontext von Ruhensvorschriften also einen Auffangbegriff dar, der auch öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse umfasst.

Mithin ist die Anrechnung des Ruhegehalts des Klägers auf seine Versorgungsansprüche nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz zu Recht erfolgt und § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG einfachgesetzlich korrekt angewendet worden.

2. Das Gericht ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG überzeugt. Nur in diesem Fall kommt aber eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bzw. den Hessischen Staatsgerichtshof im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 GG bzw. Art. 133 HessVerf in Betracht. Eine einfache Anwendung der alten Fassung der Norm, wie sie der Kläger begehrt, scheidet von vornherein aus, da das Gericht nicht über die Kompetenz zur Verwerfung formeller Parlamentsgesetze verfügt. Für den Fall, dass das Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt ist, ist stattdessen die entsprechende Vorschrift in ihrer aktuellen Fassung anzuwenden. So liegt der Fall hier.

Nach der Überzeugung des Gerichts verstößt § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG weder gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 1 HessVerf (a) noch gegen das Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens (b) und verletzt den Kläger auch nicht in rechtswidriger Weise in einem schutzwürdigen Vertrauen (c).

a) Im Abgeordnetenrecht gilt, neben dem allgemeinen Gleichheitssatz (hierzu sogleich), der sogenannte formalisierte Gleichheitssatz. Die Geltung dieses Grundsatzes, der eine streng formale Gleichbehandlung gebietet, ist grundsätzlich auf die Wahl und den Wahlvorgang beschränkt; er setzt sich nach der Wahl im Grundsatz der strengen Gleichheit der Abgeordneten und Mandatsträger fort, deren Rechtsstellung und deren Mitwirkungsbefugnisse in der Vertretung deshalb ebenfalls in einem streng formalen Sinne gleich sein müssen (BVerwG, Urteil vom 05.07.2012 - 8 C 22.11 - m.w.N.). In seinem sog. Diätenurteil hat das Bundesverfassungsgericht diesen Grundsatz auch auf die Abgeordnetenentschädigung für anwendbar erklärt. Es hat dies aus dem in den Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zum Ausdruck gelangten Prinzip abgeleitet, wonach jedermann seine staatsbürgerlichen Rechte in formal möglichst gleicher Weise solle ausüben können. Das gelte nicht nur für die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts im engeren Sinne, sondern auch für die Ausübung des Mandats. Denn das Grundgesetz kenne keine für den Status des Abgeordneten erheblichen besonderen, in seiner Person liegenden Umstände, die es rechtfertigten, innerhalb des Status zu differenzieren. Aus diesem Recht auf gleiche Teilhabe im Prozess der politischen Willensbildung folge auch das Gebot der gleichen Entschädigung. Denn nur dann könnten die Abgeordneten praktisch als Vertreter des ganzen Volkes gelten, wenn Vertreter aus allen Schichten des Volkes Abgeordnete sein könnten (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.11.1975 -2 BvR 193/74 -, BVerfGE 40, 296, 317 f.).

Dieser Grundsatz wird durch den vom Kläger angegriffenen § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG n. F. nicht verletzt. Der formalisierte Gleichheitssatz dient dazu, Chancengleichheit unter den Abgeordneten sowohl bezüglich ihrer Wahl als auch der Mandatsausübung zu gewährleisten. Bei Fragen der Altersversorgung von ehemaligen Abgeordneten wird deren Statusamt und Teilhabe als Mandatsträger am Prozess der politischen Willensbildung aber bereits nicht mehr unmittelbar betroffen. So erschiene es evident als unbillig, allen ehemaligen Landtagsabgeordneten Altersversorgung in gleicher Höhe zu gewähren. Unstrittig und unproblematisch ist es zulässig, hier zu differenzieren - beispielswiese danach, wie lange die Betroffenen dem Parlament angehört haben. Im Bereich der Altersversorgung findet mithin eine streng formelle Gleichbehandlung aller ehemaligen Abgeordneten von vornherein nicht statt. Eine solche wird vom Kläger, der einen bestimmten Berechnungsvorteil, von dem ohnehin nur eine kleine Gruppe von Parlamentariern jemals profitiert, für sich in Anspruch nehmen möchte, auch gar nicht begehrt. Soweit der Kläger also eine Ungleichbehandlung zu einer anderen Gruppe von Abgeordneten rügt, findet nur der allgemeine Gleichheitssatz Anwendung.

Das neben der formalisierten Mandatsgleichheit natürlich auch im Abgeordnetenrecht und im Besoldungsrecht geltende allgemeine Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 1 HessVerf verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln.

Bei Regelungen des Besoldungsrechts hat der Gesetzgeber eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit. Mit Rücksicht darauf hat sich das Gericht besondere Zurückhaltung aufzuerlegen. Von Willkür im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG kann nur dann gesprochen werden, wenn sich keine sachlichen Gründe für die beanstandete Regelung finden lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.07.1982 - 2 BvL 14/78 -, BVerfGE 61, 43 (62) m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht kann nicht überprüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Regelung getroffen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.03.1980 - 1 BvR 121/76 -, BVerfGE 54, 11 (26) m.w.N.). Im Rahmen der ihm zustehenden Entscheidungsfreiheit kann er darüber befinden, was in concreto als im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.1983 - 2 BvL 22/80 -, BVerfGE 65 (148) m.w.N.); er ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.06. 1973 - 1 BvL 39/69 -, BVerfGE 35, 263 (272) m.w.N.).

Der Gesetzgeber hat die Grenzen der ihm zustehenden weiten Gestaltungsfreiheit - mit der Folge einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG - erst dann überschritten, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, mit anderen Worten, wo ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt, es sich also um Regelungen handelt, die unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheinen, sodass die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 01.07.1964 - 1 BvR 375/62 -, BVerfGE 18, 121).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die hier zu beurteilende Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG ergibt sich, dass diese mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 1 HessVerf vereinbar ist. Die Unterscheidung zwischen Abgeordneten, die bei Eintritt oder Wiedereintritt in den Hessischen Landtag aus dem zuletzt von ihnen bekleideten Amt ruhegehaltsfähige Dienstbezüge erworben haben, die die Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1 HessAbgG übersteigen und solchen Abgeordneten, die höhere ruhegehaltsfähige Dienstbezüge erst nach Ausscheiden aus dem Hessischen Landtag erwerben, erweist sich nicht als evident unsachlich. Ein nachvollziehbarer und sachlich vertretbarer Gesichtspunkt, der den Gesetzgeber zu dieser Ungleichbehandlung im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraumes ermächtigt, ist gegeben.

Der Hessische Landtag hat naturgemäß ein nachvollziehbares Interesse daran, erfahrenes und hochqualifiziertes Personal als Abgeordnete zu gewinnen. Die Übernahme eines Mandats stellt für solche Personen jedoch ein gewisses Risiko dar, da sie sich regelmäßig aus dem bisherigen erfolgreichen Berufsleben entfernen müssen, um das Mandat auszuüben, das unter Umständen bereits nach einer Legislaturperiode wieder endet. Um erfahrene, qualifizierte und bereits hohe ruhegehaltsfähige Dienstbezüge beziehende Personen dazu zu ermutigen, den Schritt in das Landesparlament zu wagen, ist es aus Sicht des Hessischen Gesetzgebers durchaus sinnvoll, diese Option möglichst attraktiv zu gestalten und zumindest dafür zu sorgen, dass die betreffenden Personen bei Übernahme eines Mandats nicht mit finanziellen Einbußen hinsichtlich ihrer Altersversorgung zu rechnen haben. Die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG trägt diesem nachvollziehbaren Ziel Rechnung. Sie führt dazu, dass jemand, der in seinem Berufsleben schon einen höheren Versorgungsanspruch erworben hat, als er ihn jemals im Landtag erwerben kann, 71,75 % des Betrages als Altersentschädigung erhält, den er bekommen hätte, wenn er in seinem Beruf in seiner vormaligen Stellung verblieben wäre und nicht "nur" 71,75 % der Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1 HessAbgG. Damit ist sie objektiv geeignet dazu beizutragen, durch Abschwächung des finanziellen Verlustrisikos in Bezug auf Altersversorgungsansprüche einen Anreiz zu schaffen, sich für ein Mandat im Hessischen Landtag zu bewerben.

Demgegenüber hat der Hessische Landtag kein Interesse daran, dass qualifizierte Parlamentarier abwandern und ihre Kompetenz anderweitig zur Verfügung stellen und erst recht nicht daran, dies durch entsprechende Regelungen bezüglich der Altersversorgung besonders anzuregen, zu unterstützen oder zu fördern. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es notwendig wäre, für den Übergang in ein anderes öffentliches Amt mit höheren ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen und zumindest potenziell höheren Altersversorgungsansprüchen als denen eines Hessischen Landtagsabgeordneten - wie beispielsweise das Amt eines Bundesministers - besondere Anreize zu schaffen. Regelmäßig wird dabei, insbesondere in Fällen, in denen der oder die Betroffene durch langjährige Mitgliedschaft im Landesparlament Ansprüche auf Altersversorgung in nicht unerheblicher Höhe bereits erworben hat, ohnehin nicht das finanzielle Interesse an der neuen Position im Vordergrund stehen.

Es liegt in der Schaffung eines Anreizes zum Eintritt in den Hessischen Landtag für hochqualifiziertes Personal mithin ein sachlich nachvollziehbarer Grund vor, um Personen, die hohe ruhegehaltsfähige Dienstbezüge in das Parlament "mitbringen" anders zu behandeln, als Personen, die solche erst nach Ausscheiden aus dem Landtag erwerben. Dieser Funktion des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG war sich der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Neunten Änderungsgesetzes zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes am 05.07.2007 auch durchaus bewusst. In einer zuvor erfolgten öffentlichen Anhörung von Experten im Rahmen der 60. Sitzung des Ältestenrates vom 20.06.2007, auf die in der 138. Plenarsitzung des Hessischen Landtags in der 16. Wahlperiode am 05.07.2007, in welcher der Gesetzentwurf verabschiedet wurde, mehrfach Bezug genommen wurde, wurde dieses Argument vom angehörten Regierungsdirektor a. D. X. Y. angeführt (vgl. ÄR/16/60 - 20.06.2007, S. 5 ff.).

Aus demselben Grund ist auch die vom Kläger gerügte unterschiedliche Behandlung von Personen, die der Landesregierung angehört haben und solchen, die an anderer Stelle ruhegehaltsfähige Dienstbezüge erworben haben (vgl. § 21 Abs. 2 HessAbgG), gerechtfertigt. Denn die Erstgenannten stellen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen - anders als es der Kläger selbst getan hat - weiter in den Dienst des Landes Hessen. Insofern droht hier nicht die Situation, dass das Land Hessen stark erhöhte Altersversorgungsansprüche deshalb zu zahlen hat, weil ein ehemaliger Abgeordneter des Hessischen Landtags später außerhalb Hessens höhere Dienstbezüge, als die eines Hessischen Landtagsabgeordneten bezieht.

Unerheblich ist, dass der angesprochene "Anreizeffekt" auch nach der alten Fassung des § 21 HessAbgG bereits bestand, damals allerdings nicht zwischen den beiden Gruppen der vor Eintritt in bzw. nach Ausscheiden aus dem Landtag höhere ruhegehaltsfähige Dienstbezüge beziehenden Abgeordneten unterschieden wurde. Allein entscheidend ist das Bestehen eines vernünftigen und nachvollziehbaren Differenzierungsgrundes für die nach nunmehr geltendem Recht stattfindende Unterscheidung. Es kommt also gerade nicht darauf an, ob der Hessische Landesgesetzgeber auch die Möglichkeit gehabt hätte, von der Differenzierung abzusehen und das Ziel der Schaffung des benannten Anreizes dennoch zu erreichen. Denn es ist gerade nicht Aufgabe der Gerichte zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die sinnvollste, zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gewählt hat. Allein entscheidend ist vielmehr, ob die jetzige Regelung den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers aufgrund evidenter Unsachlichkeit der Unterscheidung der beiden Gruppen von Abgeordneten überschreitet. Dies ist nicht der Fall.

Ebenfalls irrelevant ist der behauptete Rechtsirrtum des Gesetzgebers bei Erlass der nun gültigen Fassung des § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG. Selbst wenn der Gesetzgeber tatsächlich verkannt haben sollte, dass die Änderung nicht nur deklaratorischer Natur war, sondern auch eine inhaltliche Abweichung zu der alten Fassung der Vorschrift herbeiführte, so hätte dies keinerlei Einfluss auf die Gültigkeit des verabschiedeten und verkündeten Änderungsgesetzes. Insofern kommt der vom Bundesverfassungsgericht in gefestigter Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit entwickelte Grundsatz der Unverrückbarkeit des parlamentarischen Willens durch die Veröffentlichung eines Gesetzes zur Anwendung. Es gibt danach keine versehentlich oder rechtsirrtümlich beschlossenen Gesetze. Ohne neuen Gesetzesbeschluss können nur offensichtliche förmliche Fehler, wie z.B. Druckfehler, korrigiert werden. In allen anderen Fällen ist das beschlossene und verkündete Gesetz formell rechtsgültig und somit rechtswirksam. Es steht in Ermessen des Gesetzgebers, eine von ihm nicht gewollte Fassung eines Gesetzes durch einen förmlichen actus contrarius wieder zu ändern, zu streichen oder zu ersetzen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 15.02.1978 - 2 BvL 8/74 -, BVerfGE 48, 1-29)

b) Die Entscheidung, den Vorteil der Berechnung der Altersversorgung aus den höheren Dienstbezügen nicht auch denjenigen Abgeordneten zukommen zu lassen, die diese erst nach ihrem Ausscheiden aus dem Landtag erhalten, verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens.

Die Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten hat das Bundesverfassungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtslehre aus dem Wesen des Bundesstaates entwickelt (vgl. BVerfG, Urteil vom 21.05.1952 - 2 BvH 2/52 -, BVerfGE 1, 299-322). Es verlangt, dass sowohl der Bund als auch die Länder bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen die gebotene und ihnen zumutbare Rücksicht auf das Gesamtinteresse des Bundesstaates und auf die Belange der Länder nehmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.02.2002 - 2 BvG 2/00 -, BVerfGE 104, 249-287).

Die durch § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG vorgenommene Unterscheidung erweist sich nicht als rücksichtlos oder treuwidrig gegenüber dem Bundesstaat. Die Regelung hindert keinen Hessischen Abgeordneten daran, den Landtag zu verlassen und an anderer Stelle - beispielsweise durch die Übernahme eines Mandats auf Bundesebene - tätig zu werden und in diesem Zusammenhang auch ruhegehaltsfähige Dienstbezüge zu beziehen und/oder Altersversorgungsansprüche zu erwerben, die diejenigen nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz übersteigen. Den Abgeordneten werden in dieser Hinsicht keine Steine in den Weg gelegt, sondern ihnen wird die Möglichkeit gegeben, diese Entscheidung ihrer persönlichen und beruflichen Lebensplanung entsprechend frei zu treffen. Sie werden auch nicht aktiv benachteiligt, vielmehr wird ihnen nur ein besonderer Vorteil - im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 1 HessVerf - nicht gewährt. Aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens folgt für das Land Hessen nicht die Pflicht, besondere Anreize für hochqualifizierte Abgeordnete zu schaffen, ihre Kompetenzen dem Bund anstelle des Landes Hessen zur Verfügung zu stellen.

c) Die Anwendung der aktuellen Fassung des § 21 HessAbgG verletzt den Kläger auch nicht in einem schutzwürdigen Vertrauen auf die Weitergeltung der alten, im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Landtag gültigen, Fassung dieser Vorschrift.

Es existiert kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf eine dauerhafte Beibehaltung einer günstigen Regelung im Besoldung- und Versorgungsrecht. Der Gesetzgeber ist berechtigt, Normen zu erlassen, die in erheblichem Umfang an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen und unter Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren oder durch eine solche Änderung erst bestimmte Gegebenheiten in einem gewissen Sinne zu beeinflussen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 - BvR 933/82 -, Rn. 172, - juris m.w.N.). Es besteht kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend, dass sich abstrakte gesetzliche Regelungen auf Jahre hinaus nicht mehr verändern werden. Die Anerkennung eines solch weitgehenden Rechtes unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes würde geradezu zu einer Lähmung des Gesetzgebers führen, die im Allgemeinwohlinteresse zu vermeiden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 - BvR 933/82 -, Rn. 172, - juris). Eine Ausnahme hiervon bildet der Fall einer sog. echten Rückwirkung von Gesetzen. Eine solche echte Rückwirkung liegt dann vor, wenn ein nachträglicher Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Lebenssachverhalt stattfindet, an den dann rückwirkend andere Rechtsfolgen geknüpft werden. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn nach seinem Ausscheiden aus dem Hessischen Landtag übernahm der Kläger unmittelbar ein Amt auf Bundesebene und war in der Folge noch für insgesamt zwölf Jahre als Bundesminister und Bundestagsabgeordneter tätig, sodass ohnehin eine Verrechnung mit den so erzielten Bezügen stattzufinden hatte und eine Auszahlung von Altersversorgung an den Kläger nach dem HessAbgG nicht in Betracht kam. In Bezug auf die Altersentschädigung lag also kein abgeschlossener Lebenssachverhalt vor.

3. Der Kläger kommt auch nicht in Anwendung der Übergangsregelungen des HessAbgG in den Genuss einer höheren Altersentschädigung. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Übergangsregelungen bereits tatbestandlich nicht. Die Übergangsregelungen sind - entgegen der Ansicht des Klägers - ihrerseits auch verfassungsgemäß.

Der fünfte Teil des HessAbgG enthält zur Vermeidung von Härtefällen und zur Gewährleistung von Vertrauensschutz Übergangsregelungen. Bei der Ausgestaltung solcher Übergangsregelungen steht dem Gesetzgeber erneut ein sehr weiter Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung zur Verfügung, in welchen Fällen er überhaupt in gewissem Maße schutzwürdiges Vertrauen anerkennt und durch Übergangsregelungen berücksichtigen möchte und wie er diese Regelungen ausgestaltet.

a) Ein Anspruch auf Berechnung seiner Altersentschädigung aus dem höheren Amt folgt für den Kläger zunächst nicht aus § 38 Abs. 3 HessAbgG. Diese Vorschrift stellt ausschließlich eine Regelung für die Versorgung für Zeiten vor Inkrafttreten "dieses Gesetzes" dar und setzt dementsprechend ein Ausscheiden aus dem Landtag vor diesem Datum voraus. Gemeint ist hiermit das Hessische Abgeordnetengesetz vom 18.10.1989 (GVBl. I S. 261). Der Kläger schied jedoch erst im Jahr 2005 aus dem Hessischen Landtag aus.

Zwar wurde der Wortlaut des § 38 HessAbgG in den Jahren 2003 und 2010 durch das Siebte Änderungsgesetz zum Hessischen Abgeordnetengesetz vom 15.07.2003 (GVBl. I S. 202) und das Gesetz zur Anpassung der Rechtsstellung von Lebenspartnerschaften und zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetztes vom 26.03.2010 (GVBl. I S. 114) leicht, aber nicht den Sinn und Zweck der Vorschrift oder ihren generellen Anwendungsbereich betreffend, geändert. Durch die Änderungen wurde jedoch aus der statischen Verweisung keine dynamische Verweisung. Diese Änderungen standen zudem in keiner Weise im Zusammenhang mit der Änderung des § 21 HessAbgG durch das Neunte Änderungsgesetzes zum Hessischen Abgeordnetengesetz vom 05.07.2007 (GVBl. I S. 352), sodass der Kläger hieraus nichts für sich herleiten kann. Auch entsprach es erkennbar nicht der Intention des Gesetzgebers, mit den 2003 und 2010 erfolgten Änderungen des § 38 HessAbgG Regelungen bezüglich der Altersentschädigung für den Fall des Innehabens einer Position mit höheren ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen als denen eines Hessischen Landtagsabgeordneten nach Ausscheiden aus dem Landtag zu treffen.

b) Ein Anspruch auf Berechnung seiner Altersentschädigung aus dem höheren Amt folgt für den Kläger auch nicht aus § 38a HessAbgG. Die aktuell geltende Fassung der Übergangsregelung des § 38a Abs. 1 HessAbgG verweist auf eine ältere, bis zum 30.06.2014 gültig gewesene Fassung des § 38a HessAbgG, die ihrerseits in Bezug auf Versorgungsansprüche nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz und ihr Ruhen eine Verweisung auf die bis zum 30.06.2003 geltende Rechtslage mit Maßgaben zur schrittweisen Anpassung des Höchstsatzes der Altersentschädigung von höchstens 75 % auf höchstens 71,75 % der Grundentschädigung enthält. Zum 01.07.2014 war diese Anpassung erreicht, sodass nach § 38a HessAbgG in der seit diesem Tag gültigen Fassung für die Berechnung der Ruhensgrenze in den Fällen des Absatzes 1 nunmehr der Vomhundertsatz von 71,75 zugrunde zu legen ist.

Die ursprüngliche Fassung des § 38a HessAbgG, deren Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall der Kläger für sich reklamiert, wurde durch das Siebte Änderungsgesetz zum Hessischen Abgeordnetengesetz vom 15.07.2003 (GVBl. I S. 202), also bereits vor Ausscheiden des Klägers aus dem Landtag, in das Gesetz aufgenommen. Schon damals traf der Gesetzgeber die Entscheidung, dass nur Abgeordnete, die bis zum Ende der 15. Wahlperiode am 04.04.2003 aus dem Landtag ausgeschieden waren, in den Genuss dieser Regelung kommen sollten, vgl. § 38a Abs. 2 HessAbgG in der Fassung vom 15.07.2003. Der Kläger schied jedoch erst im Jahr 2005 und damit während der 16. Wahlperiode aus dem Hessischen Landtag aus.

Der Gesetzgeber war entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, im Hinblick auf die Neufassung des § 21 HessAbgG eine weitere Übergangsregelung für den Fall des Ausscheidens eines Abgeordneten nach Ende der 15. Wahlperiode, aber vor Inkrafttreten des Neunten Änderungsgesetzes zum Hessischen Abgeordnetengesetz vom 05.07.2007 (GVBl. I S. 352) zu schaffen oder § 38a HessAbgG auf diesen Zeitraum zu erstrecken.

Soweit der Kläger in dem gesetzgeberischen Unterlassen eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Abgeordneten sieht, die bis Ende der 15. Wahlperiode aus dem Landtag ausgeschieden sind, folgt das Gericht dem nicht. Der Gesetzgeber ist unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gehindert, Sachverhalte für die Zukunft neu zu regeln. Lediglich unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sind ihm hierbei Grenzen gesetzt und kann er zur Abmilderung von besonderen Härten gezwungen sein, Übergangsvorschriften zu schaffen. Ansonsten und auch bei der Ausgestaltung von (erforderlichen) Übergangsregelungen steht ihm ein großer Gestaltungsspielraum zu. Dass der Gesetzgeber - anders als bei der Verringerung des Höchstsatzes der Altersentschädigung - anlässlich der Neureglung von § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG keinen Bedarf für eine Übergangsregelung gesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Es lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien zu § 38a HessAbgG nicht im Einzelnen entnehmen (vgl. Drs. 16/192 und Drs. 16/312 des Hessischen Landtags), warum der Gesetzgeber hinsichtlich der Absenkung der Versorgungshöchstsätze von 75 % auf 71,75 % schrittweise vorgegangen ist und inwieweit er dabei ein schutzwürdiges Vertrauen der ehemaligen Landtagsabgeordneten anerkannt und berücksichtigt hat. Jedenfalls ist aber eine besondere Schutzbedürftigkeit des Klägers, die der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes zwingend zu beachten gehabt hätte, nicht gegeben (dazu unten dd)).

c) Schließlich folgt eine Berechnung der Altersentschädigung des Klägers aus dem höheren Amt auch nicht aus § 38b HessAbgG. Der § 38b HessAbgG wurde durch das Neunte Änderungsgesetz zum Hessischen Abgeordnetengesetz vom 05.07.2007 (GVBl. I S. 352) eingefügt und bestimmt im Wesentlichen, dass im Falle des Bestehens der Mitgliedschaft im Landtag bereits vor der 17. Wahlperiode die bis zum Inkrafttreten des Neunten Änderungsgesetzes erreichten Anwartschaften auf Altersentschädigung gewahrt bleiben und in der Zukunft an den allgemeinen Anpassungen teilnehmen sollen.

Hieraus kann ein Anspruch des Klägers auf Berechnung seiner Altersentschädigung aus dem Amt des Bundesministers aus Gründen des Vertrauensschutzes bereits deshalb nicht folgen, weil er zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Hessischen Landtag noch gar keine Altersversorgungsansprüche aus einem höheren Amt erworben hatte. Die durch den Kläger erreichten Anwartschaften im Sinne des § 38b HessAbgG sind daher nur diejenigen, die er durch seine langjährige Tätigkeit als Abgeordneter des Hessischen Landtags erworben hat. Dass ihm diese zustehen, ist unzweifelhaft und sie wurden durch den Beklagten bei der Berechnung der Altersentschädigung des Klägers auch ordnungsgemäß zu Grunde gelegt.

Eine extensive Auslegung der Übergangsvorschrift des § 38b HessAbgG dahingehend, dass § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG zumindest bei allen bis zum 05.04.2008 (Inkrafttreten des Neunten Änderungsgesetzes) ausgeschiedenen Abgeordneten sowohl die Ämter vor als auch nach dem Mandat erfassen solle, ist nicht geboten.

d) Ein besonderer Härtefall, aufgrund dessen der Gesetzgeber verpflichtet gewesen wäre, eine den Fall des Klägers erfassende Übergangsregelung zu treffen, liegt ebenfalls nicht vor. Der Kläger ist insbesondere deshalb nicht in besonderer Weise schutzwürdig, weil er durch sein eigenes Verhalten dafür Sorge hätte tragen können, in den Genuss der Berechnung der Altersentschädigung aus dem höheren Amt zu kommen. Denn § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG spricht vom "Eintritt oder Wiedereintritt" in den Landtag, vor dem das Amt mit den höheren ruhegehaltfähigen Dienstbezügen innegehabt sein muss. Der Kläger hätte also nach seiner Zeit als Bundesminister in den Hessischen Landtag zurückkehren und diesem seine nun noch weiter angereicherten Fähigkeiten und Erfahrungen wieder zur Verfügung stellen können. Dies hätte dazu geführt, dass er vor seinem Wiedereintritt das höhere Amt inne gehabt hätte und so von § 21 Abs. 1 Satz 2 HessAbgG n. F. erfasst worden wäre. Diese Möglichkeit hätte für den Kläger zur Überzeugung der Kammer ohne weiteres auch praktisch bestanden. Nach seiner Zeit als Bundesminister war er Kläger noch viele Jahre lang Bundestagsabgeordneter und eine prominente Figur seiner politischen Partei. Es kann deshalb als sicher unterstellt werden, dass er bei entsprechendem Interesse hieran seinerseits auf der Landesliste seiner Partei in Hessen an vorderer Stelle gestanden und ein Mandat erhalten hätte. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht.

Insoweit hat der Gesetzgeber, ohne dabei den Rahmen seines Gestaltungsspielraumes zu überschreiten, ein schutzwürdiges Vertrauen für einen Fall wie den des Klägers gerade nicht anerkannt. Ob eine Einbeziehung von Abgeordneten, die erst in der 16. Wahlperiode aus dem Hessischen Landtag ausgeschieden sind, in den Anwendungsbereich der Übergangsregelungen des HessAbgG sinnvoller oder gerechter gewesen wäre, als die vorhandenen Regelungen, entzieht sich der Überprüfung durch das Gericht.

Nach alledem sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.